Cannabis FAQ

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Max

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Cannabis am Steuer FAQ

Ich bin mit Cannabis am Steuer erwischt worden, was erwartet mich?


Diese Frage ist nicht ganz so einfach zu beantworten, da mehrere verschiedene Fälle möglich sind. Dieser Thread soll die häufigsten Fragen beantworten.

Grundsätzliches:

Wenn eure Führerscheinstelle/Fahrerlaubnisbehörde den Verdacht hat, dass ihr Cannabis (und/oder andere Drogen) konsumiert, dann wird sie überprüfen wollen, welches Konsummuster bei euch vorliegt und ob ihr fahrtauglich seid. Dafür gibt es verschiedene Überprüfungsmaßnahmen, dazu später mehr.

Die Polizei ist verpflichtet, alle auf Drogen bezogenen Informationen an die Führerscheinstelle weiterzuleiten. In der Regel geschieht dies auch. Wenn man also von der Polizei erwischt wird, erfährt es die Führerscheinstelle mit hoher Wahrscheinlichkeit.

Bei Auffälligkeiten im Straßenverkehr wird die Führerscheinstelle tätig. Dies gilt aber nicht bei Finden einer geringen Menge ohne Bezug zum Straßenverkehr. Der einmalige oder nur gelegentliche Cannabiskonsum ohne Bezug zum Straßenverkehr bildet für sich allein kein hinreichendes Verdachtselement


Überprüfungsmaßnahmen durch die Führerscheinstelle:

Die Führerscheinstelle kann verschiedene Überprüfungsmaßnahmen anordnen. Hier mal die zwei wichtigsten:

1. MPU:
Die Medizinisch Psychologische Untersuchung besteht aus einem medizinischen Test, unter anderem einem abschließenden Drogenscreening nach einer Abstinenzzeit und einem Reaktionstest sowie dem wichtigsten Teil, dem Gespräch mit einem Psychologen. WICHTIG! Für eine MPU benötigt man einen Abstinenznachweis (AN).

2. Ärztliches Gutachten:
Im Gegensatz zur MPU, mit der die Führerscheinstelle die Fahreignung für die Zukunft überprüft, wird im ärztlichen Gutachten geprüft, welches Konsummuster (einmalig, gelegentlich oder regelmäßig) in der Vergangenheit vorlag. Dies geschieht durch ein oder mehrere Drogenscreenings und eine Begutachtung durch einen Facharzt. Abhängig vom Ergebnis des äG folgen ein Führerscheinentzug, eine MPU-Anordnung oder keine weiteren Maßnahmen. ÄG und MPU sind aber keine alternativen Maßnahmen, sondern werden unabhängig voneinander zu unterschiedlichen Zwecken angeordnet.

Während ein äG zur Ermittlung des Konsummusters fast immer angeordnet werden darf, erfordert die Anordnung einer MPU nicht nur, dass gelegentlicher Konsum von Cannabis feststehen muss, es müssen auch noch weitere Tatsachen (wie zum Beispiel fehlendes Trennvermögen) bekannt sein, die die Eignung in Frage stellen (vgl. §14 FeV). Nach einem Entzug des FS auf Grund von Drogen ist in der Regel eine MPU vor Wiedererteilung zu absolvieren.
Welche Schritte die FSST genau einleitet, ist recht unterschiedlich. Wer sich zum Beispiel durch Konsumangaben gegenüber der Polizei selbst belastet und hohe THC-Blutwerte hat, hat aber gute Chancen, zu einer MPU gebeten zu werden oder gleich seinen FS abgeben zu müssen. Die Grundregel sollte es daher sein, keinerlei Angaben zum eigenen Konsummuster zu machen.



Cannabis: Wirk- und Abbaustoffe:

delta9-THC (im Forum hier auch gerne "aktives THC"):
Wirkstoff von Cannabis. Ohne THC keinen Rausch. Der Konsum von Cannabis führt zur Auffindung von Delta-9-THC. Die Einnahme von THC-Medikamenten führt zur Auffindung von Delta-8-THC.

THC-OH:
Ein Abbauprodukt des THC, nicht psychotrop wirkend. Es tritt nur für kurze Zeit nach dem letzten Konsum auf.

THC-COOH (auch THC Carbonsäure genannt):
Nicht psychotrop wirkendes Endabbauprodukt welches im Fettgewebe des Menschen längere Zeit gespeichert und erst nach und nach abgegeben wird. Der COOH-Wert halbiert sich einmal die Woche, wenn kein neüs zugeführt wird.


Informationen zum Abbau und zur Nachweisbarkeit dieser Substanzen:
Letztendlich ist der Wert des aktiven THC für die Führerscheinstelle ausschlaggebend. Wird aktives THC oberhalb von 1,0 nG gefunden, bedeutet dies eine berauschte Fahrt.

Wir gehen hier im Forum erfahrungsgemäß von einer Nachweisbarkeit des aktiven THC im Blut von ca. 24 bis 48 Stunden nach dem letzten Konsum aus. Es gab hier auch schon Einzelfälle, bei denen es bis zu 72 Stunden nachweisbar war.

Diese Zeitangaben zur Nachweisbarkeit von aktivem THC im Blut sind Erfahrungswerte aus dem Alltag des Forums, die von den Werten aus der Literatur abweichen. Anscheinend ist aktives THC länger nachweisbar, als allgemein angenommen wird.

THC-COOH ( THC-Carbonsäure) ist im Urin bei starkem Konsum bis zu 3 Monate, im Blut bis zu ca. 1 Monat nachweisbar. THC-OH ist nur wenige Stunden nach dem Konsum nachweisbar.


Verkehrskontrolle:

Ihr habt Cannabis konsumiert und am Straßenverkehr teilgenommen. Bei der Polizeikontrolle wurden erst ein Drogenvortest und dann eine Blutabnahme durchgeführt.

Bevor ihr eure Blutwerte habt, könnt ihr aber meist nur raten was euch erwartet. Deswegen empfehlen wir euch, so schnell wie möglich die Blutwerte bei der Polizei zu erfragen (das Ergebnis liegt der Polizei nach ungefähr 1-2 Wochen vor). Dies tut ihr bei der zuständigen Polizeidienststelle, die auch eure Kontrolle durchgeführt hat.

Wenn ihr dann diese Blutwerte habt, könnt ihr mit folgender Übersicht abschätzen, welche Maßnahme(n) eure Führerscheinstelle ergreifen wird. Alle Ausführungen gelten für Ersttäter, die noch nicht mit Drogen oder Alkohol im Verkehr auffällig geworden sind.


1.Fall:
In eurem Blut wurde nur wenig aktives THC unterhalb der Schwelle zur berauschten Fahrt von 1,0 nG THC gefunden. Damit erfolgen in der Regel keine weiteren Maßnahmen der Führerscheinstelle (auch wenn diese nicht ausgeschlossen sind).

2.Fall:
In eurem Blut wurde mehr als 1,0 nG aktives THC gefunden. Ohne Ausfallerscheinungen ist dies eine Verkehrsordnungswidrigkeit: Ihr bekommt 1 Monat Fahrverbot, vier Punkte in Flensburg und müsst ein Bußgeld von 500.- € sowie die Auslagen der Polizei bezahlen (Blutuntersuchung). Macht summa summarum ca. 750,- Euro. Mit Ausfallerscheinungen stellt dies eine Straftat dar (Trunkenheitsfahrt nach §316 StGB oder schlimmer) und wird entsprechend härter bestraft.

Ihr habt aber keinerlei Konsumangaben gemacht und der THC-COOH Wert lag unter 100 nG. Damit steht kein gelegentlicher Konsum fest. Dieser Fall ist in der Rechtsprechung relativ neu. Erst seit einiger Zeit weiß man, dass sehr kurzfristig zurückliegender Konsum auch die Abbauwerte mit nach oben zieht, so dass auch sehr hohe Abbauwerte keinen stichhaltigen Beweis für gelegentlichen Konsum darstellen. Dies hat aber noch nicht in allen Bundesländern Eingang in die Rechtsprechung gefunden.

In vielen Bundesländern wird die FSST erst einmal ein äG zur Feststellung des Konsummusters anordnen. Wenn ihr in diesem schlüssig darlegen könnt, wieso ihr auch als Erstkonsument in kurzer Zeit große Mengen THC aufgenommen habt, so kann es sein, dass die FSST an dieser Stelle keine weiteren Maßnahmen ergreift.

3.Fall:
In eurem Blut wurde mehr als 1,0 nG aktives THC gefunden aber unter 2,0 nG aktives THC gefunden. Es steht durch eure Aussagen oder andere Bestätigungen gelegentlicher Konsum fest.

Die Folgen der Ordnungswidrigkeit bleiben wie im 2. Fall beschrieben. Danach wird aber die FSST tätig. Im Bereich zwischen 1,0 und 2,0 nG wird in den meisten Bundesländern eine MPU zur Absicherung des Trennvermögens angeordnet. Es kann aber auch ein direkter Entzug der Fahrerlaubnis die Folge sein.

4.Fall:
In eurem Blut wurde mehr 2,0 nG aktives THC gefunden. Es steht gelegentlicher Konsum von THC fest.

Auch hier kommen die Folgen der Ordnungswidrigkeit wie beschrieben auf euch zu. Außerdem wird eure Fahrerlaubnisbehörde mit hoher Wahrscheinlichkeit eure Fahreignung anzweifeln und euren Führerschein entziehen. Ihr bekommt einen neün FS erst mit einer bestandenen MPU ausgestellt, wofür aber die bereits genannten Abstinenznachweise die Eintrittskarte sind.

Beim Führerschein gilt die sogenannte Beweislastumkehr, dass heißt ihr müsst der Fahrerlaubnisbehörde beweisen, dass IHR auch wirklich wieder geeignet seid, überhaupt ein Fahrzeug im Straßenverkehr zu führen. Das Mittel dazu ist die MPU.


5.Fall:
In eurem Blut wurden Abbauwerte von mehr als 150 nG THC-COOH bei einer Kontrolle oder mehr als 75 nG THC-COOH bei einem äG gefunden. Es steht dadurch oder aus anderen Gründen regelmäßiger Konsum von THC fest. Oder es wurde euch der Konsum einer harten Droge nachgewiesen.

Auch hier wird eure Fahrerlaubnisbehörde euren Führerschein entziehen. Ihr bekommet einen neün FS erst mit einer bestandenen MPU ausgestellt, wofür aber Abstinenznachweise von 12 Monaten die die Eintrittskarte sind.

Damit sollten die häufigsten Fälle grob umrissen sein. Leider sind die Vorgehensweisen der Führerscheinstellen und die Rechtsprechung nach Bundesländern keinesfalls einheitlich. Wenn ihr euch also in diesen Fällen nicht wiederfindet, hilft ausschließlich ein persönliches Beratungsgespräch bei eurem MPI (ist zwar nicht mehr gestattet, aber es gibt Wege zum Mittel).


Umgang mit den Folgen:

Ganz grundsätzlich empfiehlt es sich natürlich immer, den Konsum von Drogen sofort einzustellen.

Meist ist Zeit der wichtigste Faktor, besonders wenn man Gefahr läuft, zu einer MPU gebeten zu werden. Die FSST wird die Frist für eine MPU in der Regel so kurz ansetzen, dass für einen Abstinenznachweis keine Zeit mehr bleibt. Gelingt es nicht, den Termin einzuhalten, wird ein Entzug des FS unvermeidlich.

Es ist häufig ein gangbarer Weg, per Einspruch die Rechtskraft einen Bußgeldbescheides hinauszuzögern. In vielen Fällen reagiert die FSST erst 1-6 Monate nach der Rechtskraft des Bescheides. Ein Einspruch kostet nichts und kann, wenn schließlich ein Gerichtstermin angesetzt wird, problemlos wieder zurückgezogen werden. Mit Hilfe eines Anwalts sind auch weitere Verzögerungen kein Problem. Es kann natürlich auch sein, dass die FSST noch vor Rechtskraft des Bescheides reagiert dann hat man Pech.

Sobald der Körper sauber ist, kann man sich zu einem Screening anmelden. Ob der Körper sauber ist (je nach Konsum kann das 1-3 Monate daürn), erfährt man, indem man in der Apotheke einen Selbsttest kauft. Hinweis: wählt einen mit einem Cut-off Wert von 20.

Wird ein Entzug des FS angeordnet, so kann man wählen: FS freiwillig abgeben, kostet nichts aber die Punkte bleiben erhalten. Oder man lässt ihn entziehen, dann sind alle Punkte weg, aber es kostet ca. 150.- €. Manche Führerscheinstellen lassen sich auch auf einen kostenlosen Entzug ein, wenn man den FS vorbeibringt und dabei Rechtsmittelverzicht erklärt. Kann man versuchen.

Der Weg zu einem neün Führerschein führt dann über einen neün Antrag, den man aber erst stellen sollte, wenn die MPU Vorbereitungen einschließlich des Abstinenznachweises nahezu abgeschlossen sind. Dann kommt die Einladung zur MPU. Ist diese bestanden, wird die FSST einen neün FS ausstellen.

Hilfestellung: jurathek
 

Nancy

Super-Moderator und MPU Profi
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Hier mal ergänzend....



Tabelle der Cannabis-Konsumformen nach Daldrup



THC-COOH-Wert Konsumform


zeitnah nach Kontrolle
weniger als 5 ng/ml keine Aussage möglich
5 bis 10 ng/ml Verdacht auf gelegentlichen Konsum
von 10 bis 150 ng/ml gelegentlicher Konsum
mehr als 150 ng/ml regelmäßiger Konsum
in einem gerichtsfesten Screening
weniger als 5 ng/ml einmaliger Konsum möglich, Verdacht auf gelegentlichen Konsum
5 bis 75 ng/ml gelegentlicher Konsum
mehr als 75 ng/ml regelmäßiger Konsum
 
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