Exploration
8. Wann hatten Sie den ersten Kontakt mit Alkohol und wann haben Sie das erste Mal Alkohol zu sich genommen?
(Allererste Erinnerung und erster Konsum)
Schon im Kindesalter hatte ich Kontakt zu Alkohol, wenn auch nicht selbst konsumiert. Auf Geburtstagsfeiern, über Weihnachten, zu Silvester, das Feierabendbier von Vater zwischendurch... Selbst Alkohol getrunken habe ich "erst" im Alter von 14 Jahren, auf der Geburtstagsfeier eines Bekannten. Wieviel es genau war, weiß ich heute nicht mehr, es waren aber mindestens 5 kleine Flaschen "Pflaume".
9. Haben Sie regelmäßig Alkohol getrunken, und wie hat sich ihr Trinkverhalten in den letzten Jahren entwickelt?
Zwischen meinem ersten Rausch im Alter von 14 Jahren bis zu meinem 18. Lebensjahr habe ich aufgrund der eher schlechten Erinnerungen keinen Alkohol mehr getrunken und auch nicht das Verlangen danach gehabt. Mit 17 dann ein paar Wochen lang jeden Freitag, also eine gewisse Regelmäßigkeit hatte sich da eingeschlichen, die erst wieder unterbrochen wurde, als das Lokal in dem ich mit meinen Freunden war, geschlossen wurde. Danach hatte ich wieder eine Phase, in der ich kaum bis gar nicht getrunken habe, allerhöchstens ein Verdauungsschnäpschen nach gutem Essen am Wochenende. Im Februar 2001 kam ich dann zur Bundeswehr und ich habe dann mit Kameraden auch wieder relativ regelmäßig abends nach Dienstschluss getrunken; nicht 5 Tage die Woche, aber doch 3-4 mal in der Woche waren wir unterwegs, ebenso am Wochenende, jedoch nie bis zum Rausch. Nach der BW folgte der Umzug zu meiner damaligen Partnerin, da habe ich dann angefangen fast jeden Abend mit meinem neün Nachbarn getrunken, auch die Menge wurde mehr. Aus ein paar Gläsern wurde dann eine halbe Flasche und nach dem wir ein paar Monate später in der Kreisstadt in eine neü Wohnung gezogen sind, habe ich ziemlich jeden Abend (mit Ausnahmen wenn ich kein Geld hatte) allein getrunken. Nach der Trennung und meiner Wiederheimkehr ins Elternhaus habe ich weiterhin täglich getrunken, nur die Schnapssorte gewechselt. Im Januar 2005 bekam ich einen Job als Kurierfahrer, den ich dann aber im Juli wegen des Führerscheinentzuges verlor; in dieser Zeit habe ich außer an den Wochenenden nichts getrunken. Nach diesem Verlust allerdings, bis November 2005 unstetige Mengen, da es Tage gab, an denen ich teilweiße gar nichts getrunken habe, an anderen aber dafür umso mehr. Dann kam mein 1. freiwilliger Entzug, 2 Wochen später dann der Rückfall und die Menge wurde über 1 Jahr fast täglich mehr, beinahe bis zum Exodus, hier war dann auch mein absoluter Höhepunkt erreicht. Bis zu meiner 2. Entgiftung mit Therapie 2007 trank ich dann von früh morgens bis spät am Abend. So kann ich also über mich sagen, dass ich sämtliche Stufen in meiner "Trinkerkarriere" durchgemacht habe; vom Gelegenheitstrinken, über Mißbrauchstrinken, bis hin zum Spiegeltrinken.
10. Wie viel und wie oft haben Sie getrunken?
(Genaü Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Mit 14 erster Konsum, ca 5 Fläschchen Pflaumenschnaps; von 14-17 keinen Alkohol mehr; mit 17 dann ein gutes halbes Jahr jeden Freitag 6-7 Gläser Bacardi-Orange; danach bis 20 kaum noch, nur hin und wieder ein Boonekamp zur Verdauung; mit 20 zum Wehrdienst, 3-4 mal unter der Woche und am Wochenende 4-5 Schnäpse, meist Wodka oder Kräuterlikör; nach der BW / dem Umzug 2002 fast taglich (5 Tage die Woche im Schnitt) abends eine halbe Flasche Kräuterlikör; Januar-Juli 2005 nur an den Wochenenden, da aber auch nur 4-5 Gläser Kräuterlikör;
bis zu meiner 1. Entgiftung im November 2005 unkontinuierlich, abends eine Flasche Wodka / Kräuterlikör / mehrere Liter Wein, teilweiße Schnaps UND Wein, zwischendurch 2-3 tägige Trinkpausen; 2 Wochen nach der Entgiftung bereits wieder rückfällig geworden, mit einem Klaren aus der Tankstelle (0,2l) - bis dahin aber nur abends ab 18 / 19 Uhr über 2006 bis hin zu meiner 2. Entgiftung und Therapie Juni 2007 stetig mehr, dann auch früher als 18 Uhr und bis systematisch über den Tag verteilt, 2-3 Flaschen Wodka täglich, schon früh morgens um 4 Uhr / halb 5 angefangen.
11. Wo und mit wem haben Sie überwiegend getrunken?
Zu meiner anfänglichen Zeit in Gesellschaft, also Freitag Abend im Lokal im Freundeskreis bzw während meines Wehrdienstes mit Kameraden; nach meinem Umzug dann mit meinem Nachbarn bei sich oder mir in der Wohnung. Nachdem wir dann ein 2. Mal umgezogen sind, habe ich dann angefangen allein bei mir zuhause zu trinken, was sich auch bis zum Schluss so gehalten hat.
12. Warum haben Sie getrunken?
(Innere + äußere Motive)
Bereits in meiner Kindheit hatte ich Selbstbewußtseinsstörungen, die sich in der Jugend weiterführten und auch bis in das Erwachsenenleben hin gehalten haben; auch wenn sich die Umstände bereits geändert hatten, so hatte ich mich aber nicht geändert. Ich war in der Schulzeit immer der kleinste in der Klasse, was mich immer zum Außenseiter machte. Das spürte ich ganz deutlich im Schließen von Freundschaften, aber auch im Unterricht, besonders in Sport. Während die einen bereits erste Freundinnen hatten, galt ich aufgrund meiner Körpergröße für Mädchen wohl unattraktiv und hatte das Nachsehen, was mich damals sehr verletzt hat. Im Sportunterricht wurde nach "Normen" unterrichtet, das heißt, in Büchern oder anderen Unterlagen der Lehrer war festgehalten, welche sportlichen Leistungen man in einem gewissen Alter zu erfüllen hat - da ich aber mindestens einen Kopf kleiner als meine Mitschüler war und wir teilweiße sogar mit einer höheren Klasse Unterricht hatten, z.B. auch in Krafttraining, hatte ich aufgrund dessen kaum eine Chance mitzuhalten und bekam so ziemlich die schlechtesten Noten. Auch das hat mich sehr verletzt und ich zog mich immer mehr zurück, ich fühlte mich nicht dazugehörig, was ich wohl auch nicht tat. In meiner Jugend wurde das nicht wirklich besser; zwar war die Körpergröße nicht mehr so maßgebend, doch mußte ich dabei zusehen, wie meine Freunde mit ihren Partnerinnen in die Disco oder auf Konzerte fuhren; ich selbst konnte nicht frei bestimmen, wann ich wohin fuhr, da ich kein eigenes Auto hatte, sondern meine Eltern aufgrund einer Bürgschaft darüber verfügten. So mußte ich immer jeden Kilometer erbetteln oder rechtfertigen. Wenn ich dann Freitagabend in die die "Dorfdisco" ging, also kein Auto brauchte, so überschwappte mich das Gefühl von Freiheit, was natürlich dadurch bestärkt wurde, Alkohol zu trinken - ohne Einwände anderer und fahren brauchte ich ja auch nicht, also mußte ich diesbezüglich auch nicht verzichten. Außerdem hat sich das im Ansprechen der Fraün recht gut ausgewirkt, da ich dieses beklemmente Gefühl nicht mehr hatte, ich wurde selbstbewußter und offener. Das war natürlich toll, denn da hatte ich das Gefühl, versäumtes nachholen zu können und so habe ich das jeden Freitag aufs Neü wiederholt - obwohl es mir Samstags immer sehr schlecht ging und ich mir da schon immer wieder aufs Neü geschworen hatte, nie wieder zu trinken. Ich habe nie gelernt, mich durchzusetzen oder einfach mal "nein" zu sagen, zu Dingen, die ich nicht will oder anders als andere sehe. Ich hatte einfach immer Angst, mich könnte irgendwer nicht mehr leiden, wenn ich meine Meinung sage. Permanent war ich der Meinung, mich muss jeder leiden können und habe mir Gedanken gemacht, ob der oder diejenige mich wohl aufgrund einer Äußerung nicht mehr leiden mag oder mir den Kontakt bricht. Dadurch habe ich mich verbogen, habe versucht jemand zu sein, der ich nicht war, ständig wollte ich es jedem recht machen. Mit meinen Eltern konnte ich nicht reden, ich fühlte mich unverstanden, da ich schon recht streng erzogen wurde und auch Gefühle zulassen eher ein Tabu-Thema war. Sonderlich viele Freunde hatte ich aus genannten Gründen nicht, zu denen ich hätte gehen können. Dann kam die Bundeswehr, ich lernte meine damalige Partnerin kennen, die dann schwanger wurde und ich mich aus Pflichtgefühlen gezwungen sah, das Elternhaus zu verlassen um die Vaterrolle zu übernehmen. Auch hier herrschten ihre Eltern, ihr Vater schrieb vor, wie das Kind getauft und erzogen wird - ich konnte mich nicht durchsetzen, auch hier schon allein der Angst wegen, meine Partnerin könnte sich für ihre Eltern und gegen mich entscheiden, das wollte ich nicht, also habe ich es geschluckt - des lieben Friedens Willen. Natürlich konnte ich auch hier kein Selbstbewußtsein aufbaün, sondern verlor noch mehr davon. Ich erinnerte mich aber an die Wirkung des Alkohols; also dachte ich mir: "Einen trinken, wird schon werden." Funktionierte auch ganz prima, denn nach schon wenigen Gläsern war ich viel optimistischer und sogar stolz, Papa zu sein. Es kam aber die Trennung, und da ich weder Job, noch Auto, noch Geld hatte, mußte ich wieder ins Elternhaus zurückkehren, wo ich ein gutes halbes Jahr in meinem alten Zimmer zwischen Umzugskartons, einem Bett und einem Regal "wohnte". Selbstbewußt war ich dann kein Stück mehr, denn ich hatte in meinen Augen versagt und zum Reden hatte ich auch keinen; in dieser Lage sich durchsetzen war unmöglich, denn ich mußte für das Glück, nicht auf der Straße gelandet zu sein, dankbar sein und alles so akzeptieren und hinnehmen wie es war. Und obwohl ich dann ein halbes Jahr später, im Mai 2004 meine (heutige) Partnerin kennen lernte und mich wieder pudelwohl fühlte, war der Alkohol bereits mein treür Begleiter. Selbstbewußt war ich wieder, denn ich fühlte mich geliebt und begehrt, auch hatte alles wieder einen Sinn; nur gehörte es für mich dann einfach dazu, abends zu trinken.