Ehrlicher Erfahrungsbericht. (MPU war im August 2013)

Brocken

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Moin moin,

ich möchte hier mal etwas berichten, was laut meiner Einschätzung etwas systemkritisch ist und kein wirklich gern gesehener Standard meinerseits geworden ist. Ja, ich habe zwei belegte Trunkenheitsfahrten.

Akt 1:
Die eine war 2009 mit 0,8 ‰. Ich hatte mich eines Samstag morgens selbst gestellt, da ich betrunken auf einer Autobahn einen ich schätze mal trunkenheitsbedingten Sekundenschlaf hatte und in eine Leitplanke gekracht bin. Das Fahrzeug war auf der linken Seite großflächig beschädigt und die Vordersachse war verschoben, insgesamt konnte ich aber noch weiter nach Hause fahren.

Der Crash war auf einer Brücke, das Kennzeichen flog weg, offenbar über die Leitplanke unter die Brücke, da die Polizei im Nachhinein das Kennzeichen nicht finden konnte. Der Unfall war denke ich irgendwann so 2-3 Uhr Nachts, der Blutalkohol wurde in den Frühstunden so 8-9 Uhr gemessen - ich muss also deutlich mehr ‰ haben, definitiv im Bereich einer Straftat, wenn nicht gar über 1,6 ‰.

Ich habe den Sekundenschlaf nicht erwähnt und ein Rotwild für das Ausweichmanöver verantwortlich gemacht. Natürlich war da kein Rotwild unterwegs, mir konnte nichts nachgewiesen werden, ich kam davon mit 500 € Strafe und 4 Wochen Führerscheinentzug. Das Auto war natürlich Schrott und wurde billig nach Afrika weiterverkauft.

Ich bin da nicht stolz drauf, im nachhinein betrachtet hätte weiß Gott was passieren können, es war völlig unverantwortlich von mir. In der Situation auf dem Revier sah ich es als Notlüge an. Ob eine Erwähnung des Sekundenschlafs an der Strafe etwas verändert hätte weiß ich nicht.

Akt 2:
2012 war dann die belegte Trunkenheitsfahrt Nummer zwei. An sich bin ich sicher gefahren laut Polizeibeamten, sie haben mich eigentlich nur wegen überhöhter Geschwindigkeit angehalten. BAK war 1,78 ‰, im Zusammenhang mit der sicheren Fahrweise und den kaum vorhandenen Auffälligkeiten bei den obligatorischen Tests spricht das natürlich für eine hohe Dunkelziffer, was ich auch bestätigen kann.

Das war dann auch die Herausforderung für die somit fällige MPU, die ich erst im zweiten Anlauf geschafft habe. Beim erstem Mal hat es dem Gutachter noch an einem sinnvollen Präventionsplan gefehlt, der Rest war dank des damaligen Forums (http://mpu-forum.mpu-idiotentest.com/ - jetzt leider offline, ich glaube das hier ist der Nachfolger???) in Ordnung. Die zweite MPU habe ich dann dank einer Verkehrspsychologin und dem eben genannten Forum dann sauber bestanden. Natürlich habe ich die komplette Zeit lang bis zur zweiten MPU Abstinenznachweise gesammelt, in meinem Fall spontan angekündigte Urintests.

Habe bei der Führerscheinstelle dann auch darauf bestanden, dass die Fahrerlaubnis für Trikes eingetragen wird, da diese bei neu ausgestellten Führerscheinen ab 19.01.2013 nicht mehr geführt werden dürfen - dieser war so einer. Habe ich bekommen. Den ersten Schein habe ich 2006 bekommen.

Ich habe beide MPUs mit absoluter Abstinenz angetreten - ich wollte den Führerschein wieder, daher war das für mich der leichtere Weg. KT ist ganz ehrlich betrachtet aus meiner Sicht als selektiv faule Person komplizierter als AA. Anders gesagt: ich habe von Anfang an nie beabsichtigt, mein restliches Leben absolut abstinent zu leben und daher den subjektiv leichteren Weg gewählt.

Weiter betrachtet zähle ich mich zu den Personen, die ab der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis auch wieder getrunken hat - und es immer noch tut. Mir ist durchaus bewusst, dass ich mich damit nach der gängigen Meinung auf extrem dünnem Eis bewege.

Aber:
Was ich aus dieser Geschichte gelernt habe ist, dass ich Fahren und Trinken effektiv trennen kann.

Wenn ich trinke, dann ist das Bier. Ein Bier sind laut meiner Faustformel für meinen Körper mit Puffer 0,3 ‰ / Bier. In Verbindung mit einer Anflutungsphase von zwei Stunden kann ich somit gut berechnen, wann ich wieder nüchtern bin. Mit dieser Strategie fahre ich sehr gut und habe seit der letzten MPU kein Fahrzeug mehr betrunken geführt. Dies ist mittlerweile so weit in mir übergegangen, dass ich den Tagen an denen ich etwas trinken möchte ab dem Moment der Überlegung so gut planen kann, dass ich niemals in die Versuchung gerade ein Fahrzeug betrunken zu führen. Sei es Auto, Fahrrad, oder meinen E-Scooter, den ich mir für den Stadtverkehr angeschafft habe.

Ich bin eine Person, die Dinge nicht hart schwarz / weiss sieht, ich differenziere gerne und wäge ab. Ich bin beruflich erfolgreicher Prozessmanager, bin es also gewohnt Dinge gut und effektiv zu planen.

Wichtig:
Ich möchte hier keine Empfehlung aussprechen. Dies ist als reiner Erfahrungsbericht zu sehen. Jeder Mensch hat ein anderes, unvergleichbares Trinkverhalten. Was für mich funktioniert muss nicht zwingend für andere Menschen funktionieren. Mir ist natürlich auch bewusst, dass ich in Situationen geraten kann ohne ein Fahrzeug zu führen auf Alkohol getestet zu werden inklusive einer Meldung an die Führerscheinstelle. Das ist ein Risiko, ja, das trage ich. Meine Lebenserfahrung im Zusammenhang mit der Abwägung des Risikos und meiner nicht vorhandenen Aggressivität in betrunkenen Zustand spielt mir aber gut zu. Es ist immer noch ein Risiko!!

Ich erwarte hier keine Lobhudelei oder maximalen Respekt vor meinen Handlungen und Erfahrungen. Ich möchte nur aufzeigen, wie es auch funktionieren kann.
Wie immer in der Gesellschaft wird an Menschen eine gewisse Erwartungshaltung herangetragen, so auch an Alkoholauffällige. Ich möchte Menschen ermutigen über ihren eigenen Tellerrand hinauszusehen und für sich den optimalen Weg zu finden. Natürlich wird es Menschen mit einer nachgewiesenen Alkoholabhängigkeit keinen Meter weiterhelfen. Betrachtet das große Ganze und macht das Beste daraus!

In diesem Sinne, nur die besten Grüße - machts besser!

P.S. gerne Kritik, ich äußere mich dazu!
 
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