Fahrerlaubnisentzug bei Cannabis

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Nancy

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Für Cannabis trifft die Anlage 4 FeV eine differenzierte Regelung abhängig vom Konsummuster:

Regelmäßige Einnahme von Cannabis Die regelmäßige Einnahme von Cannabis schließt die Fahreignung aus. Auf das Hinzutreten weiterer fahreignungsrelevanter Umstände kommt es hierbei schon gar nicht mehr an. Wer von Cannabis abhängig ist oder Cannabis regelmäßig konsumiert, ist ungeeignet zum Führen eines Kfz.

Regelmäßiger Konsum liegt bei täglicher oder nahezu täglicher Einnahme von Cannabis vor. Es reicht nicht aus, wenn die Einnahmen in gleichlangen zeitlichen Abständen erfolgen. Von einem täglichen oder nahezu täglichen Konsum kann auch nicht die Rede sein, wenn er "nur" alle zwei Tage, also nur halb so oft wie täglich, stattfindet (so entschied kürzlich das Verwaltungsgericht Freiburg (Breisgau), Beschluss vom 14.09.2015 - Az.: 4 K 1937/15 - ).


Regelmäßiger Konsum kann auch angenommen werden, wenn er nur über einen kurzen Zeitraum erfolgt.

Aus dem bei einer Blutuntersuchung ermittelten THC-Carbonsäure-Wert (THC-COOH) kann auf die Häufigkeit der Einnahme von Cannabis geschlossen werden. Eine Konzentration von deutlich mehr als 75 ng/ml THC-COOH bei einer Blutentnahme nach Ankündigung in einem Zeitraum von bis zu 8 Tagen lässt auf regelmäßigen Konsum schließen.

Der Wert muss bei einer sofortigen Blutentnahme wegen der fehlenden Abbaumöglichkeit zwischen Ankündigung und Blutentnahme relativiert werden. Bei anlassbezogener Blutentnahme (also zeitnah zur Verkehrsteilnahme) kann der Nachweis für regelmäßige Einnahme von Cannabis erst ab einen THC-COOH-Wert von mehr als 150 ng/ml als geführt angesehen werden.

Steht regelmäßige Einnahme von Cannabis und damit Ungeeignetheit fest, dann erfolgt die Entziehung der Fahrerlaubnis ohne Anordnung eines Gutachtens. Aber: allein aus dem Besitz von Marihuana lässt sich auf einen regelmäßigen, die Fahreignung ausschließenden Konsum, nicht schließen.

Gelegentliche Einnahme von Cannabis Die gelegentliche Einnahme von Cannabis hat keine Fahrungeeignetheit zur Folge, wenn der Konsum von Cannabis und Fahren getrennt werden kann und kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegen.

Gelegentlicher Konsum liegt vor, wenn der Konsument die Droge mehrmals, aber deutlich weniger als täglich zu sich nimmt.

Zweimaliger Konsum
ist gelegentlicher Konsum, wenn es sich um zwei selbständige Konsumvorgänge handelt. Dabei ist es nicht notwendig, dass die einzelnen Konsumepisoden länger auseinanderliegen. Der zweite Konsum muss jedoch darauf angelegt sein, sich nach dem ersten Konsum ein neues Rauscherlebnis zu verschaffen, muss also mehr als nur die Fortsetzung oder Intensivierung des ersten Rauschzustandes sein, denn sonst ist von einem einheitlichen, einmaligen Konsumvorgang auszugehen.


Eine "gelegentliche" Einnahme von Cannabis ist also bereits bei zwei selbständigen Konsumvorgängen anzunehmen. Die einzelnen Konsumvorgänge müssen allerdings, damit sie als "gelegentliche" Einnahme von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 gewertet werden können, einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen. Dabei legt sich die Rechtsprechung nicht auf eine starre Frist für den zeitlichen Zusammenhang fest. So wurde gelegentlicher Cannabiskonsum in der Rechtsprechung angenommen, obwohl der letzte Konsum vor dem nun erneut im Rahmen des Fahrerlaubnisentziehungsverfahrens festgestellten Konsums bereits fünf Jahre (!) zurücklag. Ebenfalls das Verwaltungsgericht Ansbach nahm kürzlich in einer Entscheidung aus dem Jahr 2015 "gelegentlichen" Cannabiskonsum an, obwohl der zeitliche Abstand zwischen dem aktuellen und dem vorangegangenen Cannabiskonsum über zwei Jahre betrug. Abgestellt wird für den zeitlichen Zusammenhang der Konsumvorgänge auf die "konkreten Umstände des Einzelfalles" (viel schwammiger geht`s wohl nicht). Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach können Sie hier nachlesen.

Ganz wichtig: Der einmalige Konsum wird in Anlage 4 FeV nicht genannt. Er ist fahrerlaubnisrechtlich ohne Relevanz. Einmaliger (Probier-)Konsum bleibt folgenlos, da keine Wiederholungsgefahr besteht und davon keine Gefahr für die Verkehrssicherheit ausgeht. Einmaliger Konsum ist noch kein gelegentlicher Konsum. Darum die goldene Regel: bei einer Verkehrskontrolle niemals Auskünfte über das Konsumverhalten von Cannabis machen! Auch wenn Sie meinen, Sie verbessern Ihre prekäre Lage, machen Sie keine Aussagen. Damit meine ich, machen Sie gar keine Aussage. Aussagen wie "Ich rauche Gras nur 2 oder 3 Mal im Jahr" oder "ab und zu kommt das vor, ist aber nicht erwähnenswert", bricht Ihnen fahrerlaubnistechnisch das Genick. Die Behörde hat die "Gelegentlichkeit" der Cannabiseinnahme als Tatbestandsvoraussetzung von Nr. 9.2.2 Anlage 4 FeV nachzuweisen. Ihre Aussage hierzu könnte der Behörde in die Hände spielen.

Aus dem bei einer Blutuntersuchung ermittelten THC-Carbonsäure-Wert (THC-COOH) kann auf die Häufigkeit der Einnahme von Cannabis geschlossen werden. Bei THC-COOH-Werten von 5 -75 ng/ml geht die Rechtsprechung von mindestens gelegentlichem Konsum aus.

Da sich der Cannabiswirkstoff THC rasch abbaut und in der Regel nach 4-6 Stunden im Blut nicht mehr nachweisbar ist, kann aus dem Nachweis von THC im Blut bei unmittelbar nach Verkehrsteilnahme genommener Blutprobe und zusätzlichen Informationen über vor längerer Zeit als 6 Stunden erfolgtem Konsum geschlossen werden, dass zumindest zwei Cannabiseinnahmen erfolgt sind und damit gelegentlicher Konsum gegeben ist.


Personen die gelegentlich Cannabis einnehmen, sind in der Regel ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wenn keine Trennung von Konsum und Fahren erfolgt.
Die Annahme von Ungeeignetheit ist gerechtfertigt, wenn der gelegentliche Konsument von Cannabis unter dem Einfluss einer THC-Konzentration am Straßenverkehr teilgenommen hat, bei der davon ausgegangen werden muss, dass sich das Risiko einer Beeinträchtigung durch negative Auswirkungen des Konsums auf den Betroffenen signifikant erhöht. Es ist allgemein anerkannt, dass dies bei einer THC-Konzentration im Blut ab einem Wert 2,0 ng/ml in jedem Fall gegeben ist. Nach überwiegend vertretener Auffassung ist jedoch eine Konzentration von mindestens 1,0 ng/ml bereits als ausreichend anzusehen, da THC im Körper rasch abgebaut wird und im Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts (§24a StVG) bereits bei einer THC-Konzentration von 1 ng/ml von einem zeitnahen Cannabiskonsum mit einer entsprechenden Beeinträchtigung der Fahruntüchtigkeit des Konsumenten ausgegangen wird ( so das Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23.10.2014, Az.: 3 C 3/13 - zum Urteil) .
Eine festgestellte THC-Konzentration von mind. 1,0 ng/ml im Blutserum beim Führen eines Kraftfahrzeuges führt jedenfalls bei Hinzutreten drogentypischer Auffälligkeiten (verlangsamte Pupillenreaktion, geweitete Pupillen, zitternde Hände usw.) zur Annahme fehlenden Trennungsvermögens i.S.d. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV (siehe hierzu: Verwaltungsgericht Schwerin, Beschluss vom 12.10.2015, Az.: 4 B 2524 15 SN).

Unterhalb der Grenze von 1,0 ng/ml THC steht fehlendes Trennungsvermögen nicht fest. Es ist aber eine Klärung des Trennungsvermögens erforderlich, da naheliegt, dass der Betroffene vor nicht allzu langer Zeit Cannabis konsumiert hat und zu klären ist, ob er verlässlich mit der Verkehrsteilnahme wartet, bis ein die Verkehrssicherheit nicht mehr gefährdender Wert erreicht ist. Für die Frage des Trennungsvermögens kommt es nicht darauf an, ob bei einer konkreten Fahrt drogenbedingt Fahruntüchtigkeit vorlag. Unabhängig von der THC-Konzentration ist fehlendes Trennungsvermögen zu bejahen, wenn in nahem zeitlichem Zusammenhang mit dem Führen eines Kfz drogenbedingte Auffälligkeiten oder Ausfallerscheinungen festgestellt werden, die einen Bezug zur aktuellen Fahrtüchtigkeit aufweisen und somit von drogenbedingter Fahruntüchtigkeit auszugehen ist. Fehlendes Trennungsvermögen kann im Übrigen auch bei bewusstem, erheblichem „Passiv-Rauchen“ von Cannabis angenommen werden.

Gelegentlicher Cannabiskonsum und zusätzlicher Gebrauch von Alkohol führt nach Anlage Nr. 9.2.2 Anlage 4 FeV ebenfalls zur Ungeeignetheit. Nach Sinn und Zweck der Nr. 9.2.2 Anlage 4 FeV ist nicht zu fordern, dass der Betroffene Cannabis und Alkohol zeitgleich zu sich nimmt; erforderlich, aber ausreichend ist es, wenn beide Stoffe gleichzeitg im Körper wirken. Die einmalige Einnahme von Cannabis führt auch auch dann nicht zur Fahrungeeignetheit, wenn zusätzlich Alkohol konsumiert wurde.


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