Hi
@Nancy,
Das macht natürlich Sinn
Da hätte ich auch drauf kommen können
Nachfolgend der erste Teil des FB:
Tathergang
Beschreiben Sie den Tag Ihrer Trunkenheitsfahrt aus eigener Sicht mit Datum und Uhrzeiten.
Am 21.12.2013 war ich mit meiner Kindheitsfreundin, Sina M., verabredet, wir wollten Essen gehen. Da Sina M. kein Auto hatte, fuhr ich. Gegen 21 Uhr kamen wir im Restaurant an, und Sina M. begann dort zu trinken. Wir erfuhren, dass in der Nähe Freunde ein Konzert gaben und beschlossen spontan dort hinzufahren. Dort angekommen, haben wir viele unserer alten Bekannten getroffen. Die meisten sah ich dort nach über einem Jahr das erste Mal wieder, da ich zuvor 1 Jahr in Australien war. Die Stimmung war dementsprechend sehr ausgelassen. Ein Freund bot uns dann an, mit ihm gemeinsam im Taxi nach Hause zu fahren, sodass ich auch trinken könne. Da ich mich so freute, alle nach so einer langen Zeit wieder zu sehen, stimmte ich zu. Ich wollte schließlich mitfeiern.
Gegen 24:00 begann ich zu trinken. Um 3:30 Uhr wollten wir die Feier verlassen, fanden jedoch den besagten Freund nicht mehr. Da wir nicht genügend Geld für das Taxi zusammen bekamen, beschlossen wir im Auto zu schlafen und am nächsten Morgen die erste Bahn nach Hause zu nehmen. Nach 30min weckte mich meine Freundin die aufgrund der Kälte nicht einschlafen konnte. Wir waren viel zu kalt angezogen und hatten keine Decken im Auto. Aufgrund der Kälte beschlossen wir dann zum ca. 6km entfernten Hauptbahnhof zu fahren und dort im Warmen auf den ersten Zug zu warten. Wir haben kurz diskutiert, wer von uns besser fahren sollte. Da Sina M. bereits im Restaurant trank und im Gegensatz zu mir zuvor nicht einschlafen konnte, einigten wir uns, dass ich fahren sollte. Gegen 4:20 sind wir los und ca. 10 min später wurde ich angehalten, da ich nicht auf meiner Fahrspur, sondern in Schlangenlinien, auf der mittig gelegenen Straßenbahnschiene gefahren bin.
2. Was und wie viel haben Sie am Tattag insgesamt getrunken?
Um 5:02 wurden 1.71% BAK gemessen:
0 - 1hr: 2x 0,2 Wein + 1x 2cl Shot
1 - 2hr: 2x 0,2 Wein + 1x 2cl Shot
2 - 3hr: 1x 0,2 Wein
3 - 3:30: 1x 0,1 Wein
3. Wie viel Kilometer fuhren Sie, bis Sie aufgefallen sind und wie viel Kilometer wollten Sie insgesamt fahren?
4km. insg. 6km
4. Hatten Sie das Gefühl, noch sicher fahren zu können?
Zunächst ja. Ich traute mir zwar nicht zu bis nach Hause zu fahren (ca.25km), jedoch die 6 km zum HBF. Meine Argumente: „Sina hat wesentlich mehr und länger getrunken“; „kennt sich mit dem Auto nicht aus“; „Auto meiner Eltern, besser wenn ich fahre“; „die Strecke ist ja kurz“; „das Powernap hat dich ausgenüchtert“; „ich fahr extrem vorsichtig & langsam“
Während der Fahrt, wurde mir unwohl und bewusst, dass ich nicht mehr in der Lage war zu fahren, auch nicht das kleine Stück- weshalb ich dann nicht rechts rangefahren bin weiß ich nicht - ich dachte wohl, dass ich es jetzt einfach durchziehen würde.
5. Wie haben Sie die Trunkenheitsfahrt vermeiden wollen (wenn überhaupt)?
Ich wollte an diesem Abend nicht trinken. Geplant war ein gemütlicher Abend im Restaurant. Hätte ich von der Party von vorne rein gewusst, wäre ich nicht mit dem Auto gekommen, sondern hätte nach Alternativen gesucht (z.B. jmd organisiert, der uns abholt). Ich entschied mich zu trinken, da ich mich darauf verließ, dass wir mit unserem Freund nach Hause fahren könnten. Selbst als diese Option geplatzt ist, hatte ich nicht vor, zu fahren, sondern wollte im Auto schlafen, um dann mit den Zug nach Hause zu fahren.
6. Haben Sie bereits früher im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss gestanden und sind aufgefallen?
Nein. Ich habe zwar sehr viel getrunken bis zu meiner TF, aber ich habe niemals vorher im alkoholisiertem Zustand am Straßenverkehr teilgenommen. Ca. 2 Jahre vor meiner TF ist mein Cousin mit 21 Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Durch den Unfall vermied ich es immer zu fahren und begann erst in Australien (also 1 Jahr vor der TF) wieder häufiger zu fahren.
Es war für mich immer klar, dass, gerade in Zusammenhang mit dem Unfall, Alk und Fahren niemals kombiniert werden. Bei Feiern vor der TF wurde entweder vorher ein Fahrer “ausgewählt” oder eine Schlafmöglichkeit organisiert. An den Tagen nach meinem Rausch ging es mir meist so schlecht, dass ich mich den ganzen Tag im Bett verkroch.
7. Wie oft haben Sie alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen ohne aufzufallen und was folgern Sie daraus?
/
Exploration
8. Wann hatten Sie den ersten Kontakt mit Alkohol und wann haben Sie das erste Mal Alkohol zu sich genommen?
Zu meiner Konfirmationszeit (ca. 13 Jahre). Damals haben wir im Pfarrheim Apfelwein getrunken. In der kleinen Gemeinde, in der ich aufgewachsen bin, wurde das toleriert und als normal angesehen.
9. Haben Sie regelmäßig Alkohol getrunken, und wie hat sich ihr Trinkverhalten in den letzten Jahren entwickelt?
Ja. Der regelmäßige Konsum begann mit 16J, während eines Schuljahres in UK. Einmal im Monat war "Ausgang", bei dem sich der ganze Jahrgang im Pub trafen. An diesen Abenden trank ich ca. 1-2 Bier.
Mit Beginn der Oberstufe trank ich häufiger/mehr; ca. 2-3x im Monat / je 1-2 Gläser Wein/Sekt/Bier. Auslöser war zunächst der immense Leistungsdruck in der Schule, zudem fielen die strengen Kontrollen meiner Eltern weg, da ich volljährig wurde.
Mit dem plötzlichen Tod meines Cousins (2011) erhöhte sich mein Konsum schlagartig. Ich bin fast jedes WE feiern gegangen, das bedeutet pro Monat: 2-3x "richtiges" und 1-2x "moderates" Feiern. Richtig Feiern =1x Flasche Sekt/Wein. Moderat= 2x Weine (0,2l) und 1-2 Shots.
Nach dem Abitur folgte 1 Jahr Australien: 2-3x pro Woche je 2-8Gläser Wein/Sekt (0,1l). Dort merkte ich zum ersten Mal, dass ich recht viel vertrug bzw. weitaus mehr vertrug als noch zu Abizeiten.
Zwei Monate nach meiner Rückkehr fand die TF statt.
10. Wie viel und wie oft haben Sie getrunken?
Ein Jahr vor der TF habe ich im Schnitt 2-3x wöchentlich 2-8 Gläser Wein (á 0.1l) getrunken in einem Zeitraum von 1-5h.
11. Wo und mit wem haben Sie überwiegend getrunken?
Immer in Gesellschaft mit Freunden/Bekannten.
12. Warum haben Sie getrunken?
Äußere Motive:
Zu Anlässen, an denen auch alle anderen getrunken haben und ich das Gefühl hatte, dass es gewissermaßen erwartet wird.
Innere Motive
Unzureichende Fähigkeit, mich abzugrenzen: Ich wollte mich durch das Trinken anpassen. Ich bin das Kind afrikanischer Flüchtlinge. Ich bin zwar in Deutschland geboren und spreche perfektes Deutsch (besser als die Sprache meiner Eltern), aber hatte dennoch immer das Gefühl, anders zu sein. Mir wurde immer vermittelt, dass ich mich mehr anstrengen müsse als alle anderen, um Akzeptanz zu erfahren. Ich wollte dazugehören und hatte oft das Gefühl, dass, wenn ich nicht trinke, ich mich in einem weiteren Punkt abgrenze.
- Um Hemmungen abzubauen und Emotionen zuzulassen. Alkoholisiert fiel es mir leichter über Probleme zu reden.
- Nach schwierigen Klausuren/ stressigen Zeiten neigte ich dazu, die erst mögliche Gelegenheit zum Feiern zu nutzen. Alkohol war mein Ventil.
13. Welche Wirkung haben Sie in der Vergangenheit nach Alkoholgenuss bei sich beobachtet?
Wenig: Ich war offener, kommunikativer, fühlte mich fröhlicher, charmanter und attraktiver. Ich konnte über Probleme/Emotionen sprechen ohne, dass ich mich dafür schämte.
Viel: Ich wurde laut, aufdringlich, konfrontationsfreudig und irgendwann schläfrig. Ich habe alles ungefiltert ausgesprochen. Ich wurde nie aggressiv, aber ziemlich aufdringlich.
14. Gab es kritische Hinweise Anderer auf Ihren Alkoholkonsum und wie haben Sie darauf reagiert?
Nein. Mein damaliges Umfeld, empfand den Alkoholkonsum als normal. Es wurde ja auch "lediglich" an den WE getrunken, während wir unter der Woche alle mit der Schule beschäftigt waren, da sei es ja "ok, wenn man sich mal eine Auszeit gönnt". Innerhalb dieses Umfelds bin ich nie negativ aufgefallen. Ich war nie die betrunkenste oder die, die am häufigsten Trank, sondern bewegte mich immer im Mittelfeld.
Auch meine Familie hat nichts angemerkt. Ich denke, dass ich oft unterm Radar geschwommen bin, da alles gut lief. Ich war gut in der Schule, aufgeweckt, hatte viele Freunde und Hobbys.
15. Welche Auswirkungen und Folgen hatte Ihr Alkoholkonsum auf Ihr Leben und Ihr Umfeld?
In dem einem Jahr vor der TF, habe ich ca. 15kg zugenommen, zudem waren Leber- und Cholesterinwerte erhöht. Dann habe ich ca. 1.5 Jahre vor der TF mit dem Leistungssport aufgehört, mit der Begründung, dass ich eh kein Profisportler werden möchte. Heute weiß ich, dass ich nicht die nötige Disziplin hatte.
Durch die “Geständnissen” an die Familie und die Aufarbeitung der TF, wurde diese sensibler ggü. Alk und seither stärker thematisiert. Einige setzten sich mit dem eigenen Alkoholverhalten kritisch(er) auseinander. Meine Familie hat es sich zB abgewöhnt, Personen dazu zu motivieren noch ein weiteres Glas zu trinken oder ungefragt nach zu schenken.
16. Gab es in Ihrem bisherigen Leben frühere Zeiten, in denen sie weit mehr Alkohol als heute getrunken haben? Wenn ja, nennen sie bitte die Lebensabschnitte und mögliche Ursachen und Umstände dafür.
Nein. Die TF war mein trauriger Höhepunkt, der ca. zwei Jahre zuvor begann (unmittelbar nach dem Tod meines Cousins). Wenn ich mit meiner Familie über meinen Cousin redete, dann hat das bei ihnen gleichermaßen Trauer ausgelöst. Da ich sie nicht noch trauriger machen wollte, habe ich es mir antrainiert, stark zu bleiben und mit ihnen nicht darüber zu sprechen, noch zu weinen. Zunächst konnte ich mit Freunden reden, aber irgendwann wurde der Tod größtenteils ignoriert (das Thema ist halt auch ein Stimmungskiller). Ich denke, dass die Thematik zu groß war, um sie mit Gleichaltrigen durchzustehen.
Wenn ich was trank, bewirkte das zwei Sachen. Zunächst konnte ich wieder lachen und vergessen, ich war so wie früher, also vor seinem Tod. Wenn ich dann noch etwas mehr trank, schaffte ich es auf einmal Emotionen zu zeigen und zu weinen/ mich zu öffnen. Ich gewöhnte mir an, alkoholisiert Druck abzulassen, in dem ich dann über seinen Tod und meine Gefühle sprach.
17. Haben sie jemals die Kontrolle über ihre Trinkmenge verloren und bis zur Volltrunkenheit Alkohol konsumiert?
Bis zur TF habe ich mir nie Gedanken über die TM gemacht. Damals war meine Grenze immer dann erreicht, wenn ich merkte, dass ich die Kontrolle verliere & vom Abend nichts mehr mitbekomme, oder ich Bedenken hatte, dass ich am nächsten Tag etwas Wichtiges nicht mehr erledigen könne.
Nach der Beisetzung meines Cousins, trank ich bis zum Filmriss. Ich musste mich übergeben und Freunde mussten mich nach Hause tragen. Ich und mein Umfeld haben diesen Vorfall als einmaligen Ausrutscher angesehen, aufgrund der schlimmen Situation. Danach trank ich zwar einige Wochen lang nichts und zog mich etwas zurück, aber zog keine weiteren Konsequenzen daraus.
18. Haben Sie früher schon einmal oder öfter über einen längeren Zeitraum bewusst und mit Absicht völlig auf den Genuss von Alkohol verzichtet?
Ja, vor wichtigen Wettkämpfen habe ich häufiger Auszeiten (2-3Monate) eingebaut. Der Unterschied zu heute ist, dass ich in diesen Zeiten komplett mein soziales Leben eingeschränkt habe, da ich wusste, sobald ich Feiern gehen würde, Leute versuchen würde, mich zu überzeugen. Die Stärke dann Nein zu sagen, fehlte mir, sodass ich in dann einfach zu Hause blieb. Das handhabe ich heute anders.
19. In welcher Kategorie eines Alkohol trinkenden Menschen haben Sie sich früher gesehen und wie stufen Sie sich heute rückblickend ein?
Es war Alkoholmissbrauch.
Früher dachte ich, dass mein Alkoholkonsum normal und nicht kritisch sei. Schließlich gab es auch häufig Phasen, in denen ich nicht trank und es mir fiel auch nicht schwer zu verzichten und mir zitterten auch nicht die Hände, wenn ich kein Alk trank. Dennoch schränkte mich Alkohol in meinem Handeln ein, sodass wenn ich nicht trinken konnte, einfach zu Hause blieb.
Heute beurteile ich das um einiges kritischer und weiß, dass dies Alkoholmissbrauch war. Ich trank über eine lange Zeit regelmäßig und über die empfohlene/normale Menge hinaus, um damit Problemen zu begegnen.