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Nancy

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Ich werde hier mal in lockerer Reihenfolge einige Urteile posten, die (manchmal mehr, manchmal weniger) mit der MPU zusammen hängen.


Freiwillige Teilnahme an verkehrs*psychologischer Maßnahme rechtfertigt Kürzung des Fahrverbots von drei auf einen Monat


Durch 3-monatiges Fahrverbot drohte Verlust des Arbeitsplatzes

Die freiwillige Teilnahme an einer verkehrs*psychologischen Maßnahme rechtfertigt die Kürzung eines Fahrverbots von drei auf einen Monat, wenn sonst der Verlust des Arbeitsplatzes droht. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Bernkastel-Kues hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall bestand Streit darüber, ob allein die freiwillige Teilnahme eines Betroffenen an einer verkehrspsychologischen Maßnahme die Aufhebung eines drei monatigen Fahrverbots rechtfertigte. Der Betroffene erhielt das Fahrverbot aufgrund einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb einer geschlossenen Ortschaft um 66 km/h.

Gericht kürzte Fahrverbot auf einen Monat

Das Amtsgericht Bernkastel-Kues führte zunächst aus, dass die freiwillige Teilnahme an ein Aufbauseminar allein nicht die Aufhebung eines Regelfahrverbots wegen Geschwindigkeitsüberschreitung rechtfertigt (vgl. OLG Bamberg, Entscheidung vom 17.03.2008, Az. 2 Ss OWi 265/08). Da der Betroffene jedoch für das Gericht plausibel darlegen konnte, dass ihm im Falle eines dreimonatigen Fahrverbots der Verlust des Arbeitsplatzes drohte, ließ es die Teilnahme an der verkehrspsychologischen Maßnahme genügen und kürzte das Fahrverbot auf einen Monat. Ein vollständiges Absehen des Fahrverbots hielt es hingegen für nicht angebracht. Zudem musste der Betroffene eine Geldbuße von 480 Euro zahlen.

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/Am...erbots-von-drei-auf-einen-Monat.news17188.htm
 
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Nancy

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Führerschein darf bei wahrheitswidrig erschlichener Wiedererteilung der Fahrerlaubnis erneut entzogen werden

Bescheinigungen über Teilnahme an Gruppen- und Einzelsitzungen unter psycho*therapeutischer Anleitung allesamt gefälscht

Einem Kraftfahrer, dem nach Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Drogenkonsums und "erfolgreicher" Teilnahme an einer Beratungsmaßnahme bei einem Drogentherapeuten sowie Vorlage eines positiven medizinischen Gutachtens die Fahrerlaubnis wiedererteilt wurde, kann diese erneut entzogen werden, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Therapie*bescheinigungen wahrheitswidrig ausgestellt worden sind. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt in einem Eilverfahren entschieden

Dem Antragsteller des zugrunde liegenden Falls war von der Antragsgegnerin, der Kreisverwaltung Germersheim, mit Bescheid vom 30. Juli 2010 die Fahrerlaubnis der Klasse B nebst Einschlussklassen entzogen worden. Dem lag ein für den Antragsteller negatives medizinisch-psychologisches Gutachten einer Begutachtungsstelle für Fahreignung zugrunde, welches eingeholt worden war, nachdem der Antragsteller im Januar 2010 nach dem Konsum von Amphetamin als Kraftfahrer am Straßenverkehr teilgenommen hatte. Das Gutachten enthielt die Empfehlung an den Antragsteller, vor einer weiteren medizinisch-psychologischen Untersuchung an einer Beratungsmaßnahme bei einer Drogenberatungsstelle oder einem niedergelassenen Therapeuten teilzunehmen.

Fahrerlaubnis wird nach Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens wieder erteilt


Der Antragsteller unterzog sich im Frühjahr 2012 einer neuen medizinisch-psychologischen Untersuchung und legte dabei mehrere Therapiebescheinigungen vor, die bestätigten, dass er erfolgreich an einer psychotherapeutischen Behandlung sowie an einer Hauskreisgruppe ("Nüchterner Weg") teilgenommen hatte. Daraufhin fiel das medizinisch-psychologische Gutachten für den Antragsteller positiv aus und die Antragsgegnerin erteilte ihm im April 2012 wieder die Fahrerlaubnis.

Ehepaar stellt deutschlandweit in mehreren hundert Fällen falsche Therapiebescheinigungen aus


Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen ein Ehepaar aus Baden-Württemberg kam heraus, dass der Antragsteller Kontakt zu diesen beiden Personen aufgenommen hatte, um sich auf die bevorstehende medizinisch-psychologische Untersuchung vorbereiten zu lassen. Das Ehepaar verfasste zugunsten des Antragstellers zunächst ein "Märchen" und passte die Geschichte an die Begutachtungskriterien der psychologischen Fragestellungen bei der Begutachtung an. Nach außen agierten die Eheleute als Diplompsychotherapeuten und stellten zum Vorteil des Antragstellers Therapiebescheinigungen über insgesamt 16 psychotherapeutische Einzelsitzungen im Zeitraum August 2010 bis April 2011 sowie eine Teilnahmebescheinigung an der Selbsthilfegruppe "Nüchterner Weg" von August 2010 bis März 2012 aus. Weder waren die Eheleute Diplompsychotherapeuten noch gab es die Praxis- und Gruppenräume, in denen angeblich die Sitzungen stattgefunden hatten. Das Paar stellte gleichartige Bescheinigungen deutschlandweit in mehreren hundert Fällen aus. Die Ehefrau gab im Ermittlungsverfahren an, sie habe die falschen Therapiebescheinigungen verfasst, weil dies zum "Business" notwendig sei und man lügen müsse, wenn man zu etwas kommen wolle.

Kreisverwaltung entzieht erneut Fahrerlaubnis


Nachdem der Antragsgegner Kenntnis von den falschen Therapiebescheinigungen erhalten hatte, entzog er dem Antragsteller am 18. April 2013 die Fahrerlaubnis und ordnete die sofortige Vollziehung an. Hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch und suchte gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht nach. Zur Begründung führte er aus, dass er ausweislich der vorgelegten Drogenscreenings in der jüngeren Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt mehr Drogen konsumiert habe. Seit er die Fahrerlaubnis wieder besitze, sei er im Straßenverkehr nicht auffällig geworden.

Nachweis über Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht erbracht

Der Eilantrag hatte keinen Erfolg. In dem Beschluss führten die Richter des Verwaltungsgerichts Neustadt im Wesentlichen aus, dass der Antragsteller nach dem Konsum von Amphetamin als Kraftfahrer am Straßenverkehr teilgenommen und sich deshalb als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe. Daher sei ihm im Juli 2010 die Fahrerlaubnis der Klasse B nebst Einschlussklassen entzogen worden. Für den Erwerb einer neuen Fahrerlaubnis habe der Antragsteller zum Nachweis seiner Fahreignung ein positives medizinisch-psychologisches Gutachten beibringen müssen. Dies habe er zwar vorgelegt, jedoch sei das Gutachten nur aufgrund einer Täuschungshandlung des Antragstellers zu seinen Gunsten ausgefallen. Eine positive Prognose zugunsten des Antragstellers habe eine stabile Drogenabstinenz vorausgesetzt. Diese erfordere, dass die dem Drogenkonsum zugrundeliegenden Ursachen tief greifend aufgearbeitet worden seien und eine nachvollziehbare Einstellungs- und Verhaltensänderung auf Dauer stattgefunden habe. Davon seien die Gutachter aufgrund der vorgelegten Therapiebescheinigungen zwar zunächst ausgegangen. Die Bescheinigungen über die Teilnahme des Antragstellers an Gruppen- und Einzelsitzungen unter psychotherapeutischer Anleitung seien jedoch allesamt gefälscht gewesen. Ferner sei die Darstellung des Sachverhalts, mit dem der Antragsteller seinen Einstellungswandel im Umgang mit Drogen begründet habe, von dritter Seite erfunden worden. Deshalb sei der positiven Prognose der Gutachter eine wesentliche Grundlage entzogen worden. Der Antragsteller habe folglich nicht den Nachweis geführt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sei.


Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/VG...16261.htm?sk=fa00dcedc9e8489264613b84802ea362
 

Nancy

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Tempo 200 auf der Autobahn: Fahrer trägt bei Unfall auch bei schwerem Fehler des Unfallgegners Mitschuld

Deutlich Überschreitung der Richt*geschwindig*keit schafft erhebliches Gefahrenpotential

Wer auf einer Autobahn mit seinem Pkw - insbesondere bei Dunkelheit - die Richt*geschwindig*keit von 130 km/h mit 200 km/h um rund 60 % und damit massiv überschreitet, trägt bei einem Unfall - auch bei einem schwerwiegenden Verkehrsverstoß des Unfallgegners - eine Mithaftung. Dies entschied das Oberlandesgericht Koblenz.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens machte Ansprüche wegen der Beschädigung seines Fahrzeugs anlässlich eines Unfalls geltend, der sich im März 2011 auf der Autobahn A 60 im Bereich der Auffahrt Bingen-Ost in Fahrtrichtung Autobahndreieck "Nahetal" ereignet hat.

Fahrzeuge kollidieren auf der Überholspur

Nach den Feststellungen des in erster Instanz zuständigen Landgerichts Mainz, von denen auch der Senat ausgeht, wechselte das Fahrzeug des Klägers - von seinem Sohn gesteuert - beim Auffahren grob verkehrswidrig unmittelbar von der Einfädelspur auf die Überholspur, um einen vorausfahrenden Pkw zu überholen. Hierbei kam es zur Kollision mit dem Pkw des Beklagten, der mit ca. 200 km/h die Überholspur befuhr. Eine Geschwindigkeitsbeschränkung existiert im befahrenen Teilabschnitt der Autobahn nicht.

Unfall hätte bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit durch mittelstarke Bremsung vermieden werden können


Nach Klageabweisung in erster Instanz hat das Oberlandesgericht Koblenz auf die Berufung des Klägers nunmehr den geltend gemachten Schadenersatz von 40 % des Schadens, insgesamt 3.446,62 Euro zuerkannt. Die von der hohen Geschwindigkeit des Beklagten - im Bereich von 200 km/h - ausgehende Gefahr habe sich im vorliegenden Fall in geradezu klassischer Weise verwirklicht. Bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h hätte der Unfall bereits durch eine mittelstarke Bremsung vermieden werden können. Den Beklagten treffe daher bei Abwägung der Verursachungsbeiträge trotz des Fehlverhaltens des Klägers eine erhebliche Mithaftung für das Unfallgeschehen.




Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/OL...ler-des-Unfallgegners-Mitschuld.news17260.htm
 

Nancy

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Inlandsfahrberechtigung mit ausländischer EU-Fahrerlaubnis nach Sperre gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB nur bei Nachweis der Fahreignung

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass der Inhaber einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, gegen den nach deren Erteilung wegen in Deutschland begangener Verkehrsstraftaten und dadurch gezeigter fehlender Fahreignung eine isolierte Sperre für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches (StGB) verhängt wurde, mit dieser Fahrerlaubnis erst dann wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland berechtigt ist, wenn er den Nachweis erbringt, dass er seine Fahreignung wiedergewonnen hat.

Der Kläger begehrte die gerichtliche Feststellung, dass er berechtigt sei, von seiner im Jahr 1996 in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen. Ihm war in Deutschland mit rechtskräftigem Strafurteil vom 1. August 1990 wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs (BAK von 1,75 Promille) in Tateinheit mit Nötigung erneut seine deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden; zugleich war eine Sperre für deren Wiedererteilung bis zum 31. Juli 1992 angeordnet worden. Nach Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis wurde der Kläger in Deutschland mehrfach wegen Trunkenheit im Verkehr rechtskräftig verurteilt und es wurde jeweils eine isolierte Sperre für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB angeordnet; die letzte Sperrfrist lief zum 14. Februar 2009 ab. Bei einer Verkehrskontrolle im Oktober 2010 wies der Kläger seinen tschechischen Führerschein vor; in dem gegen ihn eingeleiteten Strafverfahren wurde er vom Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis freigesprochen. Daraufhin bat der Kläger das Landratsamt um Überprüfung, ob er berechtigt sei, mit seiner tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Kraftfahrzeuge zu führen. Das verneinte das Landratsamt; es gebe keinen Automatismus, dass eine aberkannte Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperrfrist wieder auflebe. Im September 2011 erhielt der Kläger in der Tschechischen Republik einen sog. Scheckkartenführerschein über die Fahrerlaubnis der Klassen A und B. In diesem Führerschein ist als Datum der Fahrerlaubniserteilung der 21. März 1996 angegeben.

Seine Klage auf Feststellung, dass er berechtigt sei, aufgrund seiner tschechischen Fahrerlaubnis Kraftfahrzeuge in der Bundesrepublik Deutschland im Straßenverkehr zu führen, haben die Vorinstanzen jeweils abgewiesen.
Auch die Revision des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Die Berechtigung des Klägers, mit seiner 1996 in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis entsprechende Kraftfahrzeuge in Deutschland zu führen, war aufgrund der isolierten Wiedererteilungssperren, die in Deutschland gegen ihn verhängt worden waren, gemäß § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) entfallen. Diese Wiedererteilungssperren gingen auf Verkehrsstraftaten zurück, die der Kläger in Deutschland nach der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis begangen hatte; dadurch hat er sich nach den rechtskräftigen strafgerichtlichen Feststellungen als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen.

Der Verlust der Inlandsfahrberechtigung nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV tritt ein, ohne dass es hierfür noch einer gesonderten Anordnung durch die Fahrerlaubnisbehörde bedarf. Der Betroffene erlangt seine Inlandsfahrberechtigung gemäß § 28 Abs. 5 FeV erst dann zurück, wenn er den Nachweis führt, dass er wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Diese Regelung steht bei Fällen wie hier im Einklang mit dem unionsrechtlichen Grundsatz, dass ausländische EU-Fahrerlaubnisse anzuerkennen sind. Den ihm obliegenden Eignungsnachweis hat der Kläger nicht erbracht. Der Austausch des tschechischen Führerscheindokuments am 11. September 2011 war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht mit einer Eignungsüberprüfung verbunden.
BVerwG 3 C 1.13 - Urteil vom 13. Februar 2014

Vorinstanzen:
VGH München 11 BV 12.21 - Urteil vom 19. November 2012
VG München M 1 K 11.4477 - Urteil vom 22. November 2011


Quelle: http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2014&nr=12
 

Nancy

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Fahren ohne Führerschein kann Rente kosten

Arbeitnehmer hat nach Verkehrsunfall und daraus resultierender Arbeitsunfähigkeit keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung

Ein Arbeitnehmer, der aufgrund eines Verkehrsunfalls arbeitsunfähig wird, hat keinen Anspruch auf Rente wergen Erwerbsminderung, wenn er zum Zeitpunkt des Unfalls keinen Führerschein besaß und zudem in alkoholisiertem Zustand Auto gefahren ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Gießen hervor.

Im zugrunde liegenden Fall war ein 28-jähriger Koch nachts auf der Autobahn mit seinem PKW in einen Erdhügel gefahren und hatte sich dabei mehrere Frakturen und eine Armnervenschädigung zugezogen, seinen Beruf und auch andere Tätigkeiten kann er seitdem wegen der Unfallfolgen nicht mehr ausüben. Deshalb beantragte er bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Rentenversicherung lehnte den Rentenantrag aber ab.

Kläger hatte zum Unfallzeitpunkt keine Fahrerlaubnis


Die dagegen gerichtete Klage blieb vor dem Sozialgericht Gießen erfolglos. Der Mann hatte nämlich zum Unfallzeitpunkt keine Fahrerlaubnis und auch 1,39 Promille Alkohol im Blut. Deshalb war er vom Amtsgericht Groß-Gerau wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten auf Bewährung verurteilt worden.

Rentenversicherung beruft sich auf Vorschrift im Rentenrecht


Für ihre Ablehnung des Rentenantrags bezog sich die Rentenversicherung auf eine Vorschrift im Rentenrecht, nach der eine Rente ganz oder teilweise versagt werden kann, wenn jemand sich die für die Rentenleistung erforderliche gesundheitliche Beeinträchtigung bei einer Handlung zugezogen hat, die nach strafgerichtlichen Urteil ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen ist. Der Anwalt des Mannes argumentierte dagegen, die vorsätzlich begangene Fahrt ohne Fahrerlaubnis sei nicht ursächlich für den Unfall gewesen. Sein Mandant habe über die notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse für das Autofahren verfügt, da er früher bereits einmal den Führerschein besessen habe. Die Trunkenheit im Straßenverkehr habe er nur fahrlässig begangen.

Kläger verfügte alkoholbedingt offensichtlich nicht mehr über notwendige theoretische und praktische Kenntnisse für das Autofahren


Mit dieser Argumentation konnte er aber beim Sozialgericht nicht durchdringen. Das Gericht urteilte, dass es zu dem Unfall nicht gekommen wäre, wenn der Kläger nicht gefahren wäre. Das Fahren ohne Fahrerlaubnis könne auch nicht getrennt von der fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr gesehen werden. Zum Zeitpunkt des Unfalls habe der Kläger alkoholbedingt offensichtlich nicht mehr über die für das Autofahren notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse verfügt, sonst wäre es zu dem Unfall nicht gekommen.

Ablehnung ist nicht als Ermessensfehler der Rentenversicherung auszulegen


Die Rentenversicherung habe mit ihrer Ablehnung auch keinen Ermessensfehler begangen. Zweck der von ihr angewandten Vorschrift sei ein Ausgleich zwischen dem Grundsatz, dass Sozialrecht keine strafrechtlichen Funktionen wahrzunehmen hat, und dem sozialethisch kaum tolerierbaren Ergebnis, dass schwere Strafverstöße auch noch durch Sozialversicherungsleistungen „belohnt“ werden. Dem habe die Rentenversicherung ausreichend Rechnung getragen.

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/SG...Fuehrerschein-kann-Rente-kosten.news17888.htm


weiterführend hierzu:

Kein Anspruch auf Erwerbs*minderungs*rente nach Unfallfahrt ohne Fahrerlaubnis

Bei Straftat keine Rente

Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente. Die Rente kann jedoch ganz oder teilweise versagt werden, wenn die Erwerbsminderung durch eine Straftat des Versicherten verursacht wurde. Dies gilt auch bei einem Verkehrsunfall, wenn der Versicherte wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis strafrechtlich verurteilt worden ist. Dies entschied das Hessische Landessozialgericht.

Im zugrunde liegenden Streitfall verursachte ein Mann ohne Führerschein mit 1,39 Promille einen Verkehrsunfall und wurde aufgrund der Verletzungen voll erwerbsgemindert. Das Amtsgericht verurteilte den 29-Jährigen aus dem Lahn-Dill-Kreis wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten auf Bewährung.

Rentenversicherung lehnt Antrag auf Erwerbsminderungsrente ab


Die Rentenversicherung lehnt seinen Antrag auf Erwerbsminderungsrente ab, weil er sich grob selbstgefährdend verhalten habe. Er habe alkoholisiert und ohne Fahrerlaubnis ein Kraftfahrzeug geführt und sich damit eigenmächtig über anerkannte Grundprinzipien der Versichertengemeinschaft hinweggesetzt. Wer bewusst gegen Strafgesetze verstoße, die den Eintritt eines Schadensereignisses verhindern sollen, könne keine Versicherungsleistungen beanspruchen.

Versagen der Erwerbsminderung infolge der Ausübung einer strafbaren Handlung gerechtfertigt


Die Richter des Hessischen Landessozialgerichts und der Vorinstanz gaben der Rentenversicherung Recht. Die Rente könne versagt werden, wenn die Erwerbsminderung infolge der Ausübung einer strafbaren Handlung eingetreten sei. Voraussetzung sei eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung für ein Verbrechen oder ein vorsätzliches Vergehen. Der Versicherte sei wegen vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden. Der bei dieser Tat eingetretene Unfall habe zur Erwerbsminderung geführt. Der Mann sei auch nicht nur „bei Gelegenheit“ dieses Vergehens aufgrund eines fremdverschuldeten Verkehrsunfalls ohne eigenes Zutun verletzt worden. Vielmehr, so betonten die Darmstädter Richter, habe sich genau jene Gefahr realisiert, wegen derer der Versicherte zuvor durch den - bereits wiederholten - Entzug der Fahrerlaubnis "aus dem Verkehr gezogen" werden sollte.

Rentenversicherung muss bei Versagen der Erwerbsminderungsrente Gesamtumstände abwägen


Ob bei strafbaren Handlungen die Rente zu versagen ist, hängt von der Abwägung der Gesamtumstände ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Sozialversicherungsrecht einerseits keine strafrechtliche Funktion hat, andererseits strafbares Verhalten aber auch nicht leistungsrechtlich "belohnt" werden soll. Neben der Schwere der Tat sind zudem Tathergang und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten zu beachten. Dies habe die Rentenversicherung bei ihrer Ermessensentscheidung zutreffend berücksichtigt.

Hinweise zur Rechtslage


§ 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. [...]

§ 104 SGB VI


(1) Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Altersrenten für schwerbehinderte Menschen oder große Witwenrenten oder große Witwerrenten können ganz oder teilweise versagt werden, wenn die Berechtigten sich die für die Rentenleistung erforderliche gesundheitliche Beeinträchtigung bei einer Handlung zugezogen haben, die nach strafgerichtlichem Urteil ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen ist.
Dies gilt auch, wenn aus einem in der Person der Berechtigten liegenden Grunde ein strafgerichtliches Urteil nicht ergeht. [...]

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/He...-Unfallfahrt-ohne-Fahrerlaubnis.news20416.htm
 
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Mit 30 bis 60 km/h über die Autobahn: Altersbedingte Leistungsminderung kann Zweifel an Eignung und Befähigung zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründen

Fehlende Fahrereignung oder Fahrbefähigung begründet Entzug der Fahrerlaubnis

Kommt es aufgrund des fortschreitenden Alters eines Autofahrers zu einer Minderung der Leistungsfähigkeit, so kann dies Zweifel an der Eignung oder Befähigung zum Führen eines Kraftfahrzeuges begründen. Fehlt es an einer dieser Voraussetzungen, muss die Fahrerlaubnis entzogen werden (§ 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 4 FeV). Dies geht aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 2011 wurde ein etwa 88 Jahre alter Autofahrer auf der Autobahn von der Polizei angehalten. Hintergrund dessen war, dass der Autofahrer die Autobahn mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 60 km/h befuhr und dabei Mühe hatte, die Fahrspur einzuhalten. Er gab zudem selbst an, dass er mit der Technik des Wagens überfordert sei. Die Fahrerlaubnisbehörde ordnete daraufhin eine 45-minütige Fahrprobe unter Begleitung eines Fahrlehrers an. Aufgrund einiger dabei begangener teilweise grober Verkehrsverstöße wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen. Dagegen erhob der Autofahrer Klage.

Überprüfung der Fahreignung und -befähigung durch Fahrprobe zulässig

Das Verwaltungsgericht Köln führte zunächst aus, dass eine Fahrerlaubnis dann zu entziehen ist, wenn sich der Betroffene als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen eines Kraftfahrzeuges erweist (§ 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 4 FeV). Zur Überprüfung der Fahreignung und -befähigung sei eine Fahrprobe ein geeignetes Mittel und stelle zudem den geringsten Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen dar.

Vorliegen einer mangelnde Fahreignung und -befähigung


Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts habe der 88-jährige Autofahrer nicht mehr über die Eignung und Befähigung zum Führen eines Kraftfahrzeuges verfügt, so dass die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtens war. Sowohl das Fehlverhalten auf der Autobahn als auch die Vorkommnisse während der Fahrprobe haben eine Leistungsminderung belegt.

Besondere Gefährlichkeit durch fehlende Kritik- und Einsichtsfähigkeit


Darüber hinaus habe die mündliche Verhandlung gezeigt, so das Verwaltungsgericht weiter, dass der Autofahrer in erheblichem Maße weder kritik- noch einsichtsfähig war. Der Autofahrer habe nicht einsehen können, dass aufgrund des zunehmenden Alters und der ständig wachsenden Anforderungen die eigene Reaktions- und Leistungsfähigkeit auch nach vielen Jahren unfall- und beanstandungsfreies Fahren erheblich abnehmen kann. Dies habe zu einer gefährlichen Kombination von Leistungsschwächen und fehlerhaften Einschätzungen über das eigene Leistungsvermögen geführt.


Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/VG...eines-Kraftfahrzeugs-begruenden.news18113.htm
 

Nancy

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EuGH erklärt Richtlinie für grenz*überschreitenen Informations*aus*tausch bei Verkehrsdelikten für nichtig

Wirkungen der Richtlinie wird für begrenzten Zeitraum weiter aufrechterhalten

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Richtlinie über den grenz*überschreitenden Austausch von Informationen über die Straßen*verkehrs*sicherheit gefährdende Verkehrsdelikte für nichtig erklärt. Die Wirkungen der Richtlinie werden jedoch für einen Zeitraum von höchstens einem Jahr aufrechterhalten.

Am 19. März 2008 legte die Kommission dem Parlament und dem Rat einen Vorschlag für eine Richtlinie vor, mit der im Wesentlichen der Informationsaustausch über bestimmte, die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte sowie deren grenzübergreifende Ahndung erleichtert werden sollte. Dieser Vorschlag wurde auf die Zuständigkeit der Union für die Verkehrssicherheit* gestützt. Am 25. Oktober 2011 erließen das Parlament und der Rat die Richtlinie 2011/82**, legten ihr jedoch als Rechtsgrundlage die Zuständigkeit der Union im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit*** zugrunde. Da die Kommission der Ansicht war, dass die Richtlinie auf einer falschen Rechtsgrundlage erlassen worden sei, hat sie beim Gerichtshof Nichtigkeitsklage erhoben.

Richtlinie legt Verfahren für den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten für Verkehrsdelikte fest


Die Richtlinie legt für acht Straßenverkehrsdelikte (Geschwindigkeitsübertretungen, Nichtanlegen des Sicherheitsgurts, Überfahren eines roten Lichtzeichens, Trunkenheit im Straßenverkehr, Fahren unter Drogeneinfluss, Nichttragen eines Schutzhelms, unbefugte Benutzung eines Fahrstreifens und rechtswidrige Benutzung eines Mobiltelefons beim Fahren) ein Verfahren für den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Die Mitgliedstaaten können somit in anderen Mitgliedstaaten auf die nationalen Fahrzeugzulassungsdaten zugreifen, um die Person festzustellen, die für das Delikt haftbar ist.

Hauptsächliches Ziel der Richtlinie ist Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit


In seinem Urteil weist der Gerichtshof darauf hin, dass das Ziel sowie der Inhalt der Richtlinie zu untersuchen sind, um zu entscheiden, ob diese auf der Grundlage der polizeilichen Zusammenarbeit wirksam erlassen werden konnte. Was die Zielsetzung der Richtlinie anbelangt, kommt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass das hauptsächliche oder überwiegende Ziel der Richtlinie die Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit ist: Mit der Richtlinie wird zwar ein System für den grenzüberschreitenden Informationsaustausch über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte eingeführt, doch wird dieses System gerade geschaffen, damit die Union das Ziel der Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit verfolgen kann. Zum Inhalt der Richtlinie stellt der Gerichtshof fest, dass das System für den Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten das Instrument darstellt, mit dem sie das Ziel der Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit verfolgt. Maßnahmen zur Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit gehören nämlich zur Verkehrspolitik. Der Gerichtshof folgert daraus, dass die Richtlinie sowohl ihrem Ziel als auch ihrem Inhalt nach eine Maßnahme zur Verbesserung der Verkehrssicherheit darstellt und deshalb auf dieser Grundlage hätte erlassen werden müssen.

Richtlinie steht nicht unmittelbar im Zusammenhang mit Zielen der polizeilichen Zusammenarbeit

Der Gerichtshof stellt außerdem klar, dass die Richtlinie nicht unmittelbar im Zusammenhang mit den Zielen der polizeilichen Zusammenarbeit steht, da diese zum einen die Entwicklung einer gemeinsamen Politik in den Bereichen Asyl, Einwanderung und Kontrollen an den Außengrenzen und zum anderen die Verhütung von Kriminalität, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit betreffen.

Aufrechterhaltung der Wirkungen der Richtlinie vorerst gerechtfertigt

Nachdem der Gerichtshof somit entschieden hat, die Richtlinie aus diesen Gründen für nichtig zu erklären, prüft er, wie von der Kommission erbeten, die zeitlichen Wirkungen dieser Nichtigerklärung. Hierzu stellt er fest, dass sich die Nichtigerklärung der Richtlinie ohne Aufrechterhaltung ihrer Wirkungen angesichts der Bedeutung, die der Verfolgung der in ihr genannten Ziele bei der Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit zukommt, negativ auf die Verwirklichung der Verkehrspolitik der Union auswirken könnte. Darüber hinaus berücksichtigt der Gerichtshof, dass die Frist zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht am 7. November 2013 abgelaufen ist. Unter diesen Umständen rechtfertigen nach Auffassung des Gerichtshofs gewichtige Gründe der Rechtssicherheit die Aufrechterhaltung der Wirkungen der Richtlinie, bis innerhalb einer angemessenen Frist, die ein Jahr ab dem Tag der Urteilsverkündung nicht überschreiten darf, eine neue, auf die geeignete Rechtsgrundlage (nämlich die Verkehrssicherheit) gestützte Richtlinie in Kraft tritt.

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/Eu...i-Verkehrsdelikten-fuer-nichtig.news18157.htm
 

Nancy

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Bei zu erwartender baldiger Rückkehr des Autofahrers ist eine Abschleppanordnung unverhältnismäßig

Abschleppanordnung dient nicht als Bestrafung für hartnäckige Parksünder

Ist dem Polizeibeamten bekannt, dass ein Autofahrer zeitnah zurückkehrt, so ist die Anordnung des Abschleppens des verbotswidrig geparkten Fahrzeugs unverhältnismäßig und damit unzulässig. Das Abschleppen eines Fahrzeugs darf auch nicht zur Bestrafung eines hartnäckigen Parksünders angeordnet werden. Dies hat das Ober*verwaltungs*gericht Hamburg entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im November 2003 parkte eine Autofahrerin ihr Fahrzeug zum Teil verbotswidrig auf einem Gehweg. Sie wurde daraufhin von einem anwesenden Polizeibeamten dazu aufgefordert das Fahrzeug umzuparken. Sie weigerte sich jedoch mit der Begründung, dass sie nur schnell ihr Kind zum nahegelegenen Kindergarten bringen wolle und unter Zeitnot leide, dem nachzukommen. Der Polizeibeamte ordnete aufgrund der Weigerung das Abschleppen des Fahrzeugs an. Er befürchtete angesichts des nahegelegenen Kindergartens und einer Seniorenanlage, dass es zu einer Behinderung und Gefährdung von Fußgängern mit Kinderwagen sowie Schwerbehinderten mit Rollstuhl kommen könne, wenn diese angesichts des verbotswidrig geparkten Fahrzeugs auf die Fahrbahn oder den Radweg ausweichen müssen. Zudem habe die Autofahrerin wiederholt verkehrswidrig geparkt und sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen worden, dass das Fahrzeug in Zukunft abgeschleppt werde. Bevor es jedoch zum Abschleppen kommen konnte, kehrte die Autofahrerin vom Kindergarten zurück und fuhr das Fahrzeug weg. Nachfolgend sollte sie die Kosten für den abgebrochenen Abschleppvorgang in Höhe von 90,24 EUR zahlen. Dagegen wehrte sie sich jedoch und erhob schließlich Klage.

Verwaltungsgericht wies Klage ab

Das Verwaltungsgericht Hamburg hielt die Abschleppanordnung für rechtmäßig, insbesondere für verhältnismäßig, und wies daher die Klage ab. Die Behinderung und Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer habe nach Ansicht des Gerichts nur durch das Abschleppen beseitigt werden können. Die Angabe der baldigen Rückkehr sei unerheblich gewesen. Denn für den Polizeibeamten sei diese angesichts der möglichen Verzögerungen bei der Abgabe des Kindes im Kindergarten völlig ungewiss gewesen. Er habe die Autofahrerin auch nicht im Kindergarten aufsuchen müssen. Zudem sei zu beachten gewesen, dass die Autofahrerin ein besonders rechtsfeindliches Verhalten zeigte. Ein Vertrauen auf die baldige Rückkehr sei daher nicht angezeigt gewesen. Gegen diese Entscheidung legte die Autofahrerin Berufung ein.

Oberverwaltungsgericht bejahte Rechtswidrigkeit der Abschleppanordnung

Das Oberverwaltungsgericht Hamburg entschied zu Gunsten der Autofahrerin und hob daher die erstinstanzliche Entscheidung auf. Die Abschleppanordnung sei seiner Ansicht nach unverhältnismäßig und damit rechtswidrig gewesen.

Unverhältnismäßigkeit der Abschleppmaßnahme


Aus Sicht des Oberverwaltungsgerichts sei die Anordnung zum Abschleppen des Fahrzeugs unverhältnismäßig gewesen, da nach den konkreten Umständen des Falls mit einer Rückkehr der Autofahrerin innerhalb einer kurzen Zeit zu rechnen war. So habe die Autofahrerin angegeben, sie wolle nur schnell ihr Kind in den nahegelegenen Kindergarten bringen und sei zudem in Zeitnot. Die Dauer der Behinderung und Gefährdung der anderen Verkehrsteilnehmer sei daher nicht ungewiss, sondern vielmehr zeitlich erkennbar eng begrenzt gewesen. Das Abschleppen des Fahrzeugs habe die Behinderung daher allenfalls um einige Minuten verkürzen können. Dies rechtfertige aber nicht die Anordnung einer solchen Maßnahme. Darüber hinaus sei angesichts der angeführten Zeitnot der Autofahrerin nicht damit zu rechnen gewesen, dass sie sich noch lange im Kindergarten aufhält.

Bewusste Weigerung eines hartnäckigen Parksünders Anordnungen der Polizei nachzukommen unerheblich


Es sei außerdem unerheblich gewesen, so das Oberverwaltungsgericht weiter, dass die Autofahrerin bewusst die Anordnung des Polizeibeamten ignorierte und bereits wiederholt verkehrswidrig parkte. Ein solches Verhalten rechtfertige nicht eine Abschleppanordnung. Denn diese sei nicht auf eine Bestrafung von hartnäckigen Parksündern ausgerichtet, sondern darauf, als letztes Mittel eine unmittelbare Gefahr abzuwehren oder eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen.

Oberverwaltungsgericht verwies auf Möglichkeit des Verwarnungsgeldes und der Geldbuße


Das Oberverwaltungsgericht verwies darauf, dass hartnäckige Parksünder mit Mitteln des Ordnungswidrigkeitenrechts, wie etwa der Erhebung von Verwarnungsgeldern und der Verhängung von gegebenenfalls sogar erhöhten Bußgeldern, begegnet werden könne. Zudem könne der wiederholte Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften Zweifel an der Eignung zum Führen eines Fahrzeugs begründen.


Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/OV...panordnung-unverhaeltnismaessig.news18513.htm
 

Nancy

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[h=1]Anordnung einer MPU setzt nicht Teilnahme am Straßenverkehr voraus[/h]Viele Führerscheinbesitzer wissen, dass sie eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) absolvieren müssen, wenn Alkohol- oder Drogenmissbrauch festgestellt wurde. Was viele schon nicht mehr wissen: Selbst derjenige, der nicht am Straßenverkehr teilgenommen hat, kann nach einer MPU seine Fahrerlaubnis verlieren. Der Grund sind die Bestimmungen der Fahrerlaubnisverordnung und der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung.
Danach ist, um Zweifel an der Fahreignung auszuräumen, eine MPU beizubringen, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,6 Promille oder mit einer Atemalkoholkonzentration ab 0,8 mg/l geführt wurde. Die Vorlagefrage für die MPU lautet dann: „Ist zu erwarten, dass der Untersuchte zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr führt?" Nach diesem Wortlaut des § 13 Nr. 2 c FeV könnte man meinen, derjenige, der mit einem Fahrrad am Straßenverkehr teilgenommen oder mit 2 Promille zu Hause randaliert hat, sei aus dem Schneider. Doch die „Begutachtungsleitlinien" führen die Frage weiter „ ...und/oder liegen als Folge eines unkontrollierten Alkoholkonsums Beeinträchtigungen vor, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges in Frage stellen. Unter diesem Aspekt besteht für jeden Fahrerlaubnisinhaber die Gefahr, eine MPU machen zu müssen, der - auch außerhalb des Straßenverkehrs - mit dem Konsum einer übermäßigen Menge Alkohol aktenkundig wird.

Der Verwaltungsgerichtshof des Landes Baden-Württemberg rechtfertigte dies mit dem greifbaren Gefahrenpotential bei erkannter Alkoholproblematik eines Fahrerlaubnisinhabers dem die staatliche Pflicht zum Schutz von Leib und Leben gegenüberstehe.


Wer meint, nur die sprichwörtlichen Koma-Säufer passen in das Raster einer „Alkoholproblematik", wird von den Erläuterungen der Begutachtungsleitlinien eines Besseren belehrt: „Von der durchschnittlich alkoholgewohnten Bevölkerung werden Werte von 1,6 Promille und mehr nicht erreicht (...) So gesehen ist das einmalige Erreichen/Überschreiten der 1,6 Promillegrenze auch ohne aktive Verkehrsteilnahme als Beleg für einen gesundheitsschädigenden bzw. missbräuchlichen Umgang mit Alkohol anzusehen." Bei Einnahme einer harten Droge oder Mehrfachkonsum von Cannabis steht die Berechtigung zu Zweifeln an der Fahreignung des Führerscheininhabers auch bei außerhalb des Straßenverkehrs festgestelltem Konsum schon aufgrund des hohen Suchtpotentials fest.


Vorsicht bei Voreinträgen



Eine MPU kann auch demjenigen auferlegt werden, der wegen allgemeiner Straf- oder Verkehrsdelikte (unabhängig von Alkohol- oder Drogen) Voreintragungen im Verkehrszentralregister hat. Die ergibt sich aus § 2 Abs. 4 Straßenverkehrsgesetz (StVG): „Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat." § 11 FeV entspricht dem, indem dort Eignungszweifel und eine MPU auch bei erheblichen oder wiederholten Verstößen gegen Strafgesetze für möglich erklärt werden, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr oder der Kraftfahreignung stehen oder bei denen Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotential vorliegen.


Kombinationen von typischen Verkehrsdelikten mit Delikten der allgemeinen Kriminalität wie Körperverletzung, Raub oder Vergewaltigung führen daher mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Anordnung einer MPU. Ob auch allein die Verurteilung wegen einer Straftat mit hohem Aggressionspotential ohne Bezug zum Straßenverkehr (Körperverletzungsdelikte, Raub, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung, Rauschgifthandel) zum Einfordern einer MPU berechtigt, ist umstritten. Tatsache ist jedoch die zunehmende Praxis der Führerscheinstellen, nach der Begehung allgemeiner Straftaten ohne verkehrsrechtlichen Zusammenhang, nur aufgrund eines vermeintlich hohen Aggressionspotentials, die MPU anzuordnen. Weiterhin ist es nach wie vor eine Tatsache, dass ein Betroffener diesem schweren Eingriff in seine grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechte mangels effektiven Rechtsschutzmöglichkeiten (die Anordnung wird als nicht selbstständig anfechtbare, nur vorbereitende Maßnahme zu einem Verwaltungsakt betrachtet) ziemlich hilflos gegenübersteht. Bis die Rechtmäßigkeit der Anordnung im späteren Hauptsacheverfahren gerichtlich geprüft wird, kann die wirtschaftliche Existenz des Betroffenen mangels Führerschein schon vernichtet sein. Ihm bleibt daher oft nur die Möglichkeit, sich der Eignungsbegutachtung wegen allgemeiner Straftaten mit „hohem Aggressionspotential" zu fügen und das geforderte Fahreignungsgutachten zu machen. Denn weigert man sich, darf die Behörde ohne weiteres auf die Nichteignung schließen und die Fahrerlaubnis entziehen.


Quelle: http://www.anwalt.de/rechtstipps/an...-am-strassenverkehr-voraus_004153.html?pid=26
 

Nancy

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Viele Parkverstöße: MPU oder Fahrerlaubnisentzug möglich?


Grundsätzlich führen Parkverstöße weder zur Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) noch zur Entziehung der Fahrerlaubnis. Allerdings wurde jetzt einem besonders dreisten Parksünder seine Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung entzogen. Gegen diese Entziehung klagte der Mann unter Hinweis auf die Nachteile für ihn in privater und beruflicher Hinsicht. Die Richter des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) bestätigten in ihrem Urteil jedoch die Rechtmäßigkeit des Fahrerlaubnisentzugs.


Große Anzahl an Parkverstößen


Auch wenn man es sich kaum vorstellen kann, so beging der Mann im Zeitraum zwischen Januar 2004 und Mai 2010 mindestens 151 Verstöße gegen die Vorschriften des ruhenden Verkehrs. Dazu gehörte Parken im Halteverbot und auf Gehwegen, Parkverstöße in einer Feuerwehreinfahrt oder auf einem Radweg, Parken in weniger als 5 Metern Abstand zu einer Kreuzung, auf Behindertenparkplätzen, in zweiter Reihe und in Fußgängerbereichen. Erschwerend kam in diesem Fall hinzu, dass oftmals mehrere Verwarnungen am selben Tag bzw. in zeitlich engem Zusammenhang erfolgten. Insgesamt handelt es sich bei diesen Parkverstößen um Verkehrsordnungswidrigkeiten. Diese wurden, wegen der Höhe der Verwarnungs- und Bußgelder und weil sie nicht mit Punkten bestraft sind, nicht in das Fahreignungsregister eingetragen.


MPU angeordnet


Die Fahrerlaubnisbehörde ordnete nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) wegen wiederholter Verstöße gegen verkehrsrechtlich Vorschriften die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an, denn sie hatte aufgrund der Masse an Parkverstößen erhebliche Bedenken an der Kraftfahreignung des Fahrerlaubnisinhabers. Bei Verstößen gegen Vorschriften des ruhenden Verkehrs, welche aufgrund ihres geringen Gefährdungspotenzials eigentlich außer Betracht bleiben müssen, muss eine einzelfallbezogene Gesamtbetrachtung aller Umstände erfolgen. Wenn sich bei dieser Gesamtbetrachtung ergibt, dass der Inhaber der Fahrerlaubnis weder die Rechtsordnung über den ruhenden Verkehr anerkennt noch die Ordnungsvorschriften einhält, sondern diese weiterhin missachtet, so kann ausnahmsweise eine MPU als milderes Mittel vor dem Entzug der Fahrerlaubnis angeordnet werden.


Fahreignung sehr zweifelhaft


Bereits bei summarischer Prüfung der Parkverstöße ergeben sich erhebliche Zweifel an der tatsächlichen Fahreignung des Mannes. Verstärkt wurde dieser Eindruck noch dadurch, dass der Mann auch noch mehrere schwerwiegendere Verkehrsverstöße im fließenden Verkehr begangen hat und dafür mehrere Punkte ins Fahreignungsregister eingetragen wurden. Dazu zählen insbesondere ein Rotlichtverstoß, eine Fahrt unter Alkoholeinfluss und mehrere, teilweise erhebliche Geschwindigkeitsverstöße. Die Fahrerlaubnisbehörde ordnete aufgrund der Vielzahl von Verstößen zunächst die Überprüfung der Fahreignung des Mannes im Rahmen einer MPU an. Da der Fahrerlaubnisinhaber dieser Anordnung nicht nachkam und die Untersuchung nicht vornehmen ließ, musste die Fahrerlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV von seiner fehlenden Fahreignung ausgehen und ihm schließlich die Fahrerlaubnis entziehen. Dass die Fahrerlaubnis aufgrund einer Anordnung der sofortigen Vollziehung entzogen worden ist, war verhältnismäßig, da seit der Anordnung der MPU bereits drei Jahre vergangen waren und der Mann in dieser Zeit mindestens 72 neue Verkehrsverstöße begangen hat.


Rechtmäßiger Entzug der Fahrerlaubnis


Die Richter am VGH Baden-Württemberg haben in ihrem Beschluss zutreffend festgestellt, dass der Mann nicht geeignet ist, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr zu führen. Von jedem ungeeigneten Kraftfahrer geht eine große Gefahr für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer aus. Diese Gefahren können nur durch die Unterbindung der weiteren Teilnahme am Straßenverkehr reduziert werden. Daher war es von der Fahrerlaubnisbehörde rechtmäßig, die Fahrerlaubnis einzuziehen. Die vorgebrachten Nachteile des Fahrerlaubnisentzugs im Hinblick auf die private Lebensführung und die Berufstätigkeit des Mannes müssen bei der Abwägung hinter die höherrangigen Rechtsgüter der anderen Verkehrsteilnehmer zurücktreten.


(VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 20.11.2014, Az.: 10 S 1883/14)


Quelle: http://www.anwalt.de/rechtstipps/vi...hrerlaubnisentzug-moeglich_066108.html?pid=26
 

Nancy

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Entziehung einer tschechischen EU-Fahrerlaubnis bei berechtigten Zweifeln an der Fahreignung rechtmäßig

Mitgliedstaaten dürfen nationale Vorschriften über Entziehung einer Fahrerlaubnis bei wiederholten Verkehrs*auf*fällig*keiten anwenden

Das Verwaltungsgericht Neustadt hat entschieden, dass eine EU-Fahrerlaubnis in Deutschland entzogen werden darf, wenn sich nach deren Erteilung aufgrund neuer Tatsachen berechtigte Zweifel an der Fahreignung ergeben, die nicht ausgeräumt werden.

In dem konkreten Fall ging es um einen in Tschechien ausgestellten EU-Führerschein. Dem Kläger war in Deutschland die Fahrerlaubnis wegen mehrerer strafrechtlich geahndeter Trunkenheitsfahrten, unter anderem in den Jahren 2002 und 2008, entzogen und die Wiedererteilung war abgelehnt worden. Im Jahr 2010 erwarb er die Fahrerlaubnis in Tschechien. Danach kam es 2013 zu einer erneuten Fahrt unter Alkohol mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,42 mg/l (entspricht ca. 0,8 Promille Blutalkohol), die für sich gesehen keine medizinisch-psychologische Untersuchung rechtfertigte. Unter Einbeziehung der früheren Straftaten forderte die zuständige Fahrerlaubnisbehörde vom Kläger ein solches Gutachten wegen "wiederholter" Verkehrszuwiderhandlungen unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr. Nachdem er das Gutachten nicht vorlegte, entzog sie ihm die Fahrerlaubnis. Der Kläger vertrat dagegen die Auffassung, er habe das Gutachten nicht vorlegen müssen, weil ihm nur die Alkoholfahrt nach der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis vorgehalten werden dürfe und diese wegen der geringen Blutalkoholkonzentration keine medizinisch-psychologische Untersuchung rechtfertige. Er klagte deshalb gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis beim Verwaltungsgericht, das die Klage aber abwies.

Fahrerlaubnisentziehung verstößt nicht gegen Grundsatz der vorbehaltslosen Anerkennung von in der EU ausgestellten Führerscheinen


Diese Maßnahme war aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichts rechtmäßig. Die Fahrerlaubnisentziehung verstoße insbesondere nicht gegen den europarechtlichen Grundsatz der vorbehaltslosen gegenseitigen Anerkennung der in den Mitgliedstaaten der EU ausgestellten Führerscheine. Die EU-Richtlinie erlaube es nämlich, dass die Mitgliedstaaten ihre nationalen Vorschriften über die Entziehung einer Fahrerlaubnis anwenden können, wenn dies durch Umstände nach Erwerb der Fahrerlaubnis im Ausstellerstaat gerechtfertigt ist. Dafür genüge es, dass die Maßnahme teilweise auf einem nachträglichen Verhalten des Führerscheininhabers beruhe, wenn ein Zusammenhang mit dem früheren Verhalten bestehe und die nachträgliche Auffälligkeit von einigem Gewicht sei. Diese Voraussetzungen sah das Verwaltungsgericht hier aufgrund der mehrfachen, nicht unerheblichen Alkoholauffälligkeiten des Klägers vor und nach der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis als erfüllt an. Auch die Alkoholfahrt mit 0,42 mg/l sei von solchem Gewicht, dass sie hier ein Einschreiten der Fahrerlaubnisbehörde rechtfertige, Sie sei deshalb - wie gegenüber dem Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis - berechtigt, aufgrund der wiederholten und noch verwertbaren Verkehrsauffälligkeiten eine medizinisch-psychologische Begutachtung zu fordern. Nachdem der Kläger kein Gutachten vorgelegt habe, sei ihm die tschechische Fahrerlaubnis zu Recht entzogen worden.
Das hat zur Folge, dass er mit der tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland nicht mehr am Straßenverkehr teilnehmen darf.

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/VG...an-der-Fahreignung-rechtmaessig.news20814.htm
 

Nancy

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Hier noch ein etwas älteres Urteil (zur Vervollständigung) vom 1.3.2012

EU-Führerschein muss bei Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis nicht anerkannt werden

Gerichtshof der Europäischen Union schränkt Führerscheintourismus erneut ein

Weigert sich ein Mitgliedstaat, einen Führerschein auszustellen, darf er die Anerkennung eines später in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Führerscheins nicht verweigern. Ein Mitgliedstaat kann jedoch die Anerkennung des Führerscheins dann verweigern, wenn aufgrund von unbestreitbaren, vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden Informationen feststeht, dass der Inhaber des Führerscheins die Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes nicht erfüllte. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall wurde Herr Akyüz in Deutschland in den Jahren 2004 bis 2008 mehrfach strafrechtlich verurteilt, u. a. wegen Körperverletzung, Fahrens ohne Führerschein, gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung sowie Bedrohung und Beleidigung. Mit Bescheid vom 10. September 2008 lehnten die deutschen Behörden, gestützt auf ein medizinisch-psychologisches Gutachten, seinen Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge der Klasse B mit der Begründung ab, dass er die körperlichen und geistigen Anforderungen an das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs nicht erfülle.

Wohnsitz zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins unklar


Am 24. November 2008 erwarb Herr Akyüz jedoch in Dìèín (Tschechische Republik) einen Führerschein. Nach der europäischen Regelung wird der Führerschein von dem Mitgliedstaat ausgestellt, in dessen Hoheitsgebiet der Antragsteller seinen ordentlichen Wohnsitz hat. Nach Angaben der Deutschen Botschaft in Prag war bei der zuständigen Ausländerbehörde und der örtlichen Polizei nicht feststellbar, ob sich Herr Akyüz zu diesem Zeitpunkt in der Tschechischen Republik aufgehalten hatte. Der Ausländerbehörde lag lediglich eine Meldung für die Zeit vom 1. Juni 2009 bis 1. Dezember 2009 vor. Der Führerschein, der Herrn Akyüz am 8. Juni 2009 in Dìèín ausgestellt worden sein soll, wurde ihm ausweislich der Ablichtung des Führerscheins aber bereits am 24. November 2008 erstmals erteilt. Außerdem stellten die deutschen Behörden fest, dass Herr Akyüz am 5. Dezember 2008 und am 1. März 2009 in Deutschland ein Kraftfahrzeug führte; in beiden Fällen wurde er des Fahrens ohne Fahrerlaubnis schuldig gesprochen.

Verweigerung der Anerkennung zulässig?


Das Landgericht Gießen, das als Berufungsinstanz mit der Sache befasst ist, möchte vom Gerichtshof wissen, ob die deutschen Behörden unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens dem in der Tschechischen Republik ausgestellten Führerschein die Anerkennung mit der Begründung versagen können, dass dem Betroffenen die erstmalige Ausstellung eines Führerscheins in Deutschland verweigert worden sei oder dass er zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins nicht die Voraussetzung eines Wohnsitzes in der Tschechischen Republik erfüllt habe.

Voraussetzungen für Erhalt der Fahrerlaubnis müssen Behörden des ausstellenden Mitgliedsstaates prüfen


Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass das Unionsrecht* die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine ohne jede Formalität vorsieht. Es ist Aufgabe des Ausstellermitgliedstaats, zu prüfen, ob alle Voraussetzungen – insbesondere hinsichtlich des Wohnsitzes und der Fahreignung – erfüllt sind und ob die Erteilung einer Fahrerlaubnis gerechtfertigt ist. Wenn die Behörden eines Mitgliedstaats einen Führerschein ausgestellt haben, sind die anderen Mitgliedstaaten daher nicht befugt, die Beachtung der im Unionsrecht vorgesehenen Ausstellungsvoraussetzungen nachzuprüfen. Der Besitz eines von einem Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins ist nämlich als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber dieses Führerscheins am Tag seiner Ausstellung die erforderlichen Voraussetzungen erfüllte.

Versagen der Anerkennung der Fahrerlaubnis unter bestimmten, eng auszulegenden Voraussetzungen dennoch zulässig


Das Unionsrecht gestattet den Mitgliedstaaten jedoch, sich unter bestimmten Umständen und insbesondere aus Gründen der Sicherheit des Straßenverkehrs auf ihre innerstaatlichen Vorschriften über die Einschränkung, die Aussetzung, den Entzug oder die Aufhebung der Fahrerlaubnis gegenüber jedem Inhaber eines Führerscheins zu berufen, der seinen ordentlichen Wohnsitz in ihrem Hoheitsgebiet hat. Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die Befugnis eines Mitgliedstaats, einem in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Führerschein aus einem dieser Gründe die Anerkennung zu versagen, eine Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine ist und aus diesem Grund eng auszulegen ist.

Verweigerung der Ausstellung eines Führerscheins begründet nicht Verweigerung der Anerkennung


Im vorliegenden Fall stellt der Gerichtshof fest, dass die Weigerung eines Mitgliedstaats, einen ersten Führerschein auszustellen, nicht zu den Fällen gehört, in denen dieser Staat die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins verweigern kann. Die Weigerung, einen ersten Führerschein auszustellen, kann zwar teilweise mit dem Verhalten des Antragstellers begründet werden, doch kann diese (in einem Verwaltungsverfahren erfolgte) Weigerung – im Gegensatz zu einer Einschränkung, einer Aussetzung, eines Entzugs oder einer Aufhebung der Fahrerlaubnis – keine Sanktion für einen von diesem Antragsteller begangenen Verstoß sein.

Grundsatz gegenseitiger Anerkennung der Führerscheine darf nicht negiert werden


Hätte ein Mitgliedstaat A die Möglichkeit, die Anerkennung eines in einem Mitgliedstaat B ausgestellten Führerscheins mit der Begründung zu versagen, dass dieser Mitgliedstaat B nicht geprüft habe, ob die vom Mitgliedstaat A für seine Weigerung, einen Führerschein auszustellen, angeführten Gründe entfallen seien, so hätte dies zudem zur Folge, dass der Mitgliedstaat mit den strengsten Ausstellungsbedingungen bestimmen könnte, wie hohe Anforderungen die übrigen Mitgliedstaaten einhalten müssen, damit die dort ausgestellten Führerscheine anerkannt werden können. Hielte man einen Mitgliedstaat für berechtigt, die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins unter Berufung auf seine nationalen Vorschriften unbegrenzt zu verweigern, würde der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine geradezu negiert.
Der Gerichtshof stellt im Ergebnis fest, dass das Unionsrecht der Regelung eines Aufnahmemitgliedstaats entgegensteht, nach der die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins verweigert wird, wenn seinem Inhaber vom Aufnahmemitgliedstaat die Ausstellung eines Führerscheins mit der Begründung versagt wurde, dass er die nach der nationalen Regelung dieses Staates vorgesehenen körperlichen und geistigen Voraussetzungen nicht erfülle.

Wohnsitzerfordernis muss erfüllt sein


Hinsichtlich der Voraussetzung des Wohnsitzes weist der Gerichtshof darauf hin, dass das Unionsrecht der Regelung eines Aufnahmemitgliedstaats nicht entgegensteht, die es diesem erlaubt, die Anerkennung eines in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins in seinem Hoheitsgebiet zu verweigern, wenn aufgrund unbestreitbarer, vom Ausstellermitgliedstaat herrührender Informationen feststeht, dass der Inhaber des Führerscheins nicht die Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes erfüllte.

Nationales Gericht muss Erfüllung des Wohnsitzerfordernisses prüfen


Der Gerichtshof stellt klar, dass es Sache des vorlegenden Gerichts ist, zu prüfen, ob Informationen, die unter Umständen wie denen des vorliegenden Falls erlangt wurden, als vom Ausstellermitgliedstaat herrührende Informationen eingestuft werden können. Außerdem muss es diese Informationen gegebenenfalls bewerten und unter Berücksichtigung aller Umstände des bei ihm anhängigen Verfahrens beurteilen, ob es sich bei ihnen um unbestreitbare Informationen handelt, die belegen, dass der Inhaber des Führerscheins, als dieser ihm ausgestellt wurde, seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaats hatte.

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/Eu...ordernis-nicht-anerkannt-werden.news13128.htm
 

Nancy

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Neue Strafe: Bundesregierung erwägt Fahrverbot für Steuersünder und Ladendiebe

Geldstrafen treffen so manchen Steuersünder oder Ladendieb nicht besonders. Als empfindliche Strafe soll daher nach den Plänen der Großen Koalition der Entzug der Fahrerlaubnis eingeführt werden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf will Bundesjustizminister Maas nach Informationen der Rheinischen Post offenbar noch in diesem Jahr vorlegen.


Neben Geldbuße und Freiheitsstrafe soll auch der Entzug der Fahrerlaubnis als Strafe im Strafgesetzbuch eingeführt werden. Bisher kann die Fahrerlaubnis nur entzogen werden, wenn man bestimmte Verkehrsdelikte begangen hat.

Gesetzentwurf


Geht es nach Bundesjustizminister Heiko Maas, so sollen künftig aber nicht nur Verkehrsdelikte mit einem Fahrverbot bestraft werden können. Der SPD-Politiker will nach Informationen der „Rheinischen Post“ noch in der zweiten Jahreshälfte einen Gesetzentwurf vorlegen, nach dem ab 2016 auch Steuerbetrüger, Ladendiebe oder andere Straftäter mit einem Fahrverbot bestraft werden können.

Erweiterter Sanktionskatalog

„Ziel ist es, dem Richter einen erweiterten Sanktionskatalog an die Hand zu geben“, sagte Unionsfraktionsvize Thomas Strobl (CDU) gegenüber der Rheinischen Post.
Union und SPD haben sich nach Informationen der Rheinischen Post bei der Klausur ihrer Fraktionsvorstände in dieser Woche in Göttingen darauf verständigt, das Fahrverbot im Erwachsenen- und Jugendstrafrecht zu verankern. Es gebe zunehmend Straftäter, für die eine Geldstrafe kein fühlbares Übel darstellt oder die gar kein Vermögen haben, soll es in dem Beschlusspapier heißen.

Größere Wirkung


Gerade bei jüngeren Tätern erhoffe man sich mit einem Fahrverbot eine größere Wirkung zu erzeilen als nur mit einer Geldstrafe.



Quelle: http://www.anwaltsregister.de/Recht...t_fuer_Steuersuender_und_Ladendiebe.d698.html
 

Nancy

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EU-Mitgliedsstaaten dürfen Gültigkeit eines Führerscheins bei Verkehrsverstößen im eigenen Land aberkennen

Aberkennung der Gültigkeit der Fahrerlaubnis muss verhältnismäßig sein und darf nicht auf unbestimmte Zeit erfolgen

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass ein Mitgliedsstaat einem Führerscheininhaber untersagen darf in seinem Hoheitsgebiet zu fahren, nachdem er dort einen Verkehrsverstoß begangen hat, der geeignet ist, seine fehlende Fahreignung herbeizuführen. Allerdings darf dieses Recht nicht unbegrenzt verwehrt werden, und die Bedingungen für seine Wiedererlangung müssen den Verhältnis*mäßig*keits*grund*satz beachten.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Frau Sevda Aykul ist österreichische Staatsangehörige und wohnt in Österreich, unweit der deutschen Grenze. Nach einer Polizeikontrolle in Deutschland ergab die Untersuchung der Blutprobe, dass Frau Aykul unter Einfluss von Cannabis gefahren war und dass sie dieses Rauschmittel zumindest gelegentlich konsumierte. Die deutschen Behörden waren daher der Auffassung, dass Frau Aykul nicht in der Lage sei, das Fahren und den Konsum berauschender Mittel voneinander zu trennen, und dass sie daher zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sei. Frau Aykul wurde daher das Recht abgesprochen, mit ihrem österreichischen Führerschein in Deutschland zu fahren. Sie wurde darüber informiert, dass sie ihr Recht, in Deutschland zu fahren, wiedererlangen kann, wenn sie ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorlegt, das in der Regel vom Nachweis der Abstinenz von jeglichem Konsum berauschender Mittel während eines Jahres abhängig ist.

Österreichische Behörden entziehen Fahrerlaubnis der Betroffenen nicht


In Österreich wurde Frau Aykul hingegen weiterhin als zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet angesehen und behielt demnach ihren Führerschein. Die österreichischen Behörden schreiten nämlich nur ein, wenn eine fehlende Fahreignung wegen des Konsums berauschender Mittel medizinisch festgestellt wird oder wenn Anzeichen bestehen, die eine Abhängigkeit von diesen Mitteln vermuten lassen. Nach dem Protokoll des deutschen Arztes, der die Blutprobe genommen hatte, stand Frau Aykul jedoch nicht merkbar unter dem Einfluss berauschender Mittel.

Betroffene hält ausschließlich österreichische Behörden für Entscheidung über Fahrtauglichkeit für zuständig


Frau Aykul rief das Verwaltungsgericht Sigmaringen (Deutschland) an, um gegen die deutsche Verwaltungsentscheidung vorzugehen, mit der ihr das Recht abgesprochen wurde, von ihrem österreichischen Führerschein in Deutschland Gebrauch zu machen. Ihrer Ansicht nach waren nur die österreichischen Behörden für die Beantwortung der Frage zuständig, ob sie noch zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet war. In diesem Zusammenhang fragt das Verwaltungsgericht Sigmaringen mit Beschluss vom 30. April 2013 den Gerichtshof, ob die Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine, wie sie sich aus der Richtlinie 2006/126 über den Führerschein* ergibt, der streitigen Entscheidung entgegensteht.

Mitgliedsstaat darf Anerkennung der Gültigkeit des Führerscheins wegen Zuwiderhandlungen des Inhabers ablehnen


In seinem Urteil antwortet der Gerichtshof der Europäischen Union, dass die Richtlinie über den Führerschein einen Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins vorübergehend aufhält, nicht daran hindert, die Anerkennung der Gültigkeit dieses Führerscheins wegen einer Zuwiderhandlung seines Inhabers abzulehnen, die in diesem Gebiet nach Ausstellung des Führerscheins stattgefunden hat und die gemäß den nationalen Rechtsvorschriften des erstgenannten Mitgliedstaats geeignet ist, die fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen herbeizuführen.

Richtlinie erlaubt Mitgliedstaat bei Verkehrsverstößen Ergreifen von Maßnahmen nach nationalen Rechtsvorschriften


Zwar ist nach der Richtlinie nur der Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes befugt, Maßnahmen der Einschränkung, der Aussetzung, des Entzugs oder der Aufhebung eines von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Führerscheins, die ihre Wirkungen in allen Mitgliedstaaten entfalten, zu ergreifen. Jedoch erlaubt die Richtlinie jedem Mitgliedstaat (und nicht nur dem Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes), wegen der in seinem Hoheitsgebiet begangenen Zuwiderhandlung des Inhabers eines zuvor in einem anderen Mitgliedstaat erhaltenen Führerscheins Maßnahmen nach seinen nationalen Rechtsvorschriften zu ergreifen, deren Tragweite auf dieses Hoheitsgebiet beschränkt ist und deren Wirkung sich auf die Ablehnung beschränkt, in diesem Gebiet die Gültigkeit dieses Führerscheins anzuerkennen.

Zwingende Anerkennung einer Fahrerlaubnis bei Verkehrsverstößen würde dem Ziel einer erhöhten Verkehrssicherheit zuwiderlaufen


Einen Mitgliedstaat zu zwingen, die Gültigkeit eines Führerscheins in einer Situation wie der in Rede stehenden bedingungslos anzuerkennen, liefe dem Gemeinwohl dienenden Ziel der Erhöhung der Verkehrssicherheit, das die Richtlinie gerade verfolgt, zuwider. Zwar stellt die einem Mitgliedstaat eingeräumte Möglichkeit, dem Inhaber eines Führerscheins wegen einer auf seinem Hoheitsgebiet begangenen Zuwiderhandlung die Erlaubnis zu entziehen, in diesem Gebiet zu fahren, eine Beschränkung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine dar. Allerdings ist diese Beschränkung, mit der die Gefahr von Verkehrsunfällen verringert werden kann, geeignet, die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen, was im Interesse aller Bürger ist.

Mitgliedsstaat muss Bedingungen zur Wiedererlangung der Fahrtauglichkeit definieren


Des Weiteren stellt der Gerichtshof fest, dass der Mitgliedstaat, der es ablehnt, die Gültigkeit eines Führerscheins in einer Situation wie der in Rede stehenden anzuerkennen, dafür zuständig ist, die Bedingungen festzulegen, die der Inhaber dieses Führerscheins erfüllen muss, um das Recht wiederzuerlangen, in seinem Hoheitsgebiet zu fahren.

Mitgliedstaat darf Anerkennung der Gültigkeit einer Fahrerlaubnis nicht auf unbestimmte Zeit versagen


Da nämlich die Weigerung eines Mitgliedstaats, die Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins anzuerkennen, auf nationalen Regeln beruht, die es nicht zwangsläufig in den Rechtsvorschriften des Ausstellermitgliedstaats gibt, erscheint es schwerlich vorstellbar, dass die Rechtsvorschriften dieses letztgenannten Staates die Bedingungen vorsehen, die der Inhaber eines Führerscheins erfüllen müsste, um das Recht wiederzuerlangen, im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats zu fahren. Der Gerichtshof weist allerdings auf seine Rechtsprechung hin, wonach ein Mitgliedstaat nicht auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Führerscheins versagen kann, wenn auf den Inhaber dieses Führerscheins im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats eine einschränkende Maßnahme angewandt wurde.

Mitgliedsstaaten müssen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahren


Es ist Sache des Verwaltungsgerichts Sigmaringen, zu untersuchen, ob sich Deutschland durch die Anwendung seiner eigenen Regeln in Wirklichkeit nicht unbegrenzt der Anerkennung des österreichischen Führerscheins von Frau Aykul entgegenstellt. In dieser Hinsicht ist es auch seine Aufgabe, zu überprüfen, ob die von den deutschen Rechtsvorschriften vorgesehenen Voraussetzungen für die Wiedererlangung des Rechts, in Deutschland zu fahren, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachten und insbesondere nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung des von der Richtlinie verfolgten Ziels (nämlich der Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr) angemessen und erforderlich ist.
Hierzu stellt der Gerichtshof fest, dass nach den Angaben der deutschen Regierung, selbst wenn kein medizinisch-psychologisches Gutachten vorliegt, das Recht, in Deutschland von einem in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Führerschein Gebrauch zu machen, vollständig wiedererlangt wird, wenn nach Ablauf einer bestimmten Frist (nämlich fünf Jahren im Fall von Frau Aykul) die Eintragung des Eignungsmangels aus dem deutschen Fahreignungsregister getilgt worden ist. So kann Frau Aykul nach Ablauf dieser Frist erneut von ihrem Führerschein in Deutschland Gebrauch machen, ohne ein medizinisch-psychologisches Gutachten vorlegen zu müssen.

Nationale Maßnahmen stellen wirksames Ziel zur Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr dar


In Anbetracht dieser Angaben, deren Überprüfung Sache des Verwaltungsgerichts Sigmaringen ist, stellt der Gerichtshof fest, dass die deutschen Bestimmungen der Anerkennung des Führerscheins von Frau Aykul offenbar nicht unbegrenzt entgegenstehen. Außerdem erscheint die Tatsache, dass die Wiedererlangung des Rechts, in Deutschland ein Kraftfahrzeug zu führen, durch Frau Aykul von der Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (dessen Erstellung den Nachweis der Abstinenz von jeglichem Konsum berauschender Mittel während der Dauer eines Jahres voraussetzt) oder vom Ablauf eines Zeitraums von fünf Jahren abhängig gemacht wird, nach Ansicht des Gerichtshofs als ein wirksames und zum Ziel der Verbesserung der Sicherheit im Straßenverkehr im Verhältnis stehendes Präventionsmittel.

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/Eu...ssen-im-eigenen-Land-aberkennen.news20944.htm
 

Nancy

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Erfüllung zweier Tatbestände der Bußgeld*katalog*verordnung rechtfertigt keine Addition der Regelfahrverbote

Spezialpräventive Wirkung des Fahrverbots führt zu Gesamtbetrachtung der Tat

Begeht ein Autofahrer eine Ordnungswidrigkeit und erfüllt er damit zwei Tatbestände der Bußgeld*katalog*verordnung (BKatV), so rechtfertigt dies keine Addition der Regelfahrverbote. Vielmehr ist die Tat aufgrund der spezialpräventiven Wirkung des Fahrverbots als Gesamtheit zu betrachten. Dies geht aus einer Entscheidung des Kammergerichts hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall wurde ein Autofahrer im Juni 2014 vom Amtsgericht Tiergarten wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit zur Zahlung einer Geldbuße von 160 Euro verurteilt. Zudem wurde gegen ihn ein Fahrverbot von zwei Monaten verhängt. Dies begründete das Amtsgericht damit, dass der Autofahrer bereits im Juni 2012 wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zur Zahlung einer Geldbuße verurteilt wurde. Er habe daher durch seine weitere Tat gegen seine Pflichten als Kraftfahrzeugführer zum einen beharrlich (§ 4 Abs. 2 BKatV) und zum anderen grob (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 BKatV in Verbindung mit Tabelle 1 c) Nr. 11.3.6) verstoßen. Die Erfüllung beider Tatbestände rechtfertige jeweils die Verhängung eines Fahrverbots von einem Monat und somit insgesamt von zwei Monaten. Gegen diese Entscheidung legte der Autofahrer Rechtsbeschwerde ein.

Keine Addition von Regelfahrverboten bei Erfüllung zweier Tatbestände der Bußgeldkatalogverordnung


Das Kammergericht entschied zu Gunsten des Autofahrers und hob daher die erstinstanzliche Entscheidung auf. Die Verhängung des zweimonatigen Fahrverbots sei unzulässig gewesen. Werden durch eine Tat zwei Tatbestände der Bußgeldkatalogverordnung verwirklicht, so führe dies nicht zu einer Addition der Regelfahrverbote. Eine solche Vorgehensweise sei dem Ordnungswidrigkeitenrecht fremd. Vielmehr sei zu beachten gewesen, dass ein Fahrverbot einen Autofahrer warnen und ihm nachhaltig seine Pflichten bewusst machen soll. Diese spezialpräventive Wirkung des Fahrverbots erfordere eine Gesamtbetrachtung der Tat.

Erhöhung des Fahrverbots nur in Ausnahmefällen


Eine Erhöhung des Fahrverbots komme nach Ansicht des Kammergerichts nur in Ausnahmefällen in Betracht. Es müssen dafür gewichtige Argumente vorliegen, die erkennen lassen, dass ein Fahrverbot von einem Monat nicht ausreicht, um den Autofahrer nachhaltig zu beeindrucken. Die Gründe müssen zudem im Urteil dargelegt werden.

der Leitsatz

Keine Addition der Regelfahrverbote, wenn der Tatrichter zwei Tatbestände der Bußgeldkatalogverordnung als erfüllt ansieht, die jeweils als Folge ein Regelfahrverbot vorsehen.

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/KG...e-Addition-der-Regelfahrverbote.news21135.htm
 
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Nancy

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Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort: Versicherungsnehmer muss Versicherung bereits regulierten Schaden teilweise ersetzen

Entfernen vom Unfallort stellt nicht nur strafbare Handlung sondern auch Verletzung vertraglicher Obliegenheits*pflichten dar

Wer unerlaubt nach einem Unfall die Unfallstelle verlässt, muss jedenfalls teilweise der Haftpflicht-Versicherung den bereits regulierten Schaden ersetzen. Dies entschied das Amtsgericht München.

Im zugrunde liegenden Verfahren fuhr ein Münchner am 10. Januar 2013 gegen 23 Uhr mit seinem Pkw Aston Martin gegen die Außenwand eines Aufgangs von der U-Bahn und dem dort befindlichen Einkaufszentrum am Karlplatz in München. Er ist aus unbekannten Gründen nach links von der Fahrbahn abgekommen. Dadurch beschädigte er die dortige Blechbrüstung erheblich. Es entstand daran ein Schaden in Höhe von 21.350 Euro. Der Fahrer des Aston Martin verließ die Unfallstelle, ohne nähere Feststellungen zu treffen oder die Polizei zu rufen. Er wurde in einem Strafverfahren wegen der Straftat des unerlaubten Entfernens vom Unfallort rechtskräftig verurteilt. Die klägerische Versicherung mit Sitz in Frankfurt, bei der der Aston Martin versichert war, zahlte an das geschädigte Einkaufszentrum den Schaden in Höhe von 21.350 Euro.

Versicherung fordert wegen unerlaubten Verlassens des Unfallortes Rückzahlung von 5.000 Euro


Die Versicherung forderte von dem Aston Martin Fahrer die Rückzahlung von 5.000 Euro. Nach den Versicherungsbedingungen wird die Versicherung von ihrer Leistungspflicht bis zur Höchstgrenze von 5.000 Euro gegenüber dem Versicherungskunden frei, wenn dieser die Anzeigepflicht bei der Polizei schwerwiegend dadurch verletzt, dass er unerlaubt den Unfallort verlässt.

Fahrer verweigert Rückzahlung


Der beklagte Fahrer weigert sich, 5.000 Euro zurückzuzahlen. Er behauptet, die Schwere des Schadens nicht erkannt zu haben. Die verspätete Schadensmeldung habe sich nicht auf die Leistungspflicht der Versicherung ausgewirkt.

Verlassen der Unfallstelle stellt Verstoß gegen vertragliche Pflichten dar


Die Versicherung erhob Klage vor dem Amtsgericht München und bekam in vollem Umfang Recht. Das Gericht stellt fest, dass er gegen die vertragliche Pflicht, die Unfallstelle nicht zu verlassen und die Feststellungen zu ermöglichen, verstoßen hat. Deshalb wurde der Beklagte bereits wegen unerlaubten Entfernens von der Unfallstelle verurteilt. Der Verstoß als solches wurde im Verfahren von dem Beklagten auch eingeräumt. Er gab an, dass er sich nach dem Verkehrsunfall zunächst nur Gedanken um seinen Pkw gemacht habe und darum, nicht zum Gespött der Leute zu werden, die ihn an der Unfallstelle sehen oder eventuell sogar Lichtbilder von ihm im Internet veröffentlichen könnten. Es sei ihm aber nicht entgangen, dass er gegen eine Mauer gefahren war. Als er sich von der Unfallstelle entfernte, hat er sich nicht nur strafbar gemacht, sondern auch seine Obliegenheitspflichten aus dem Versicherungsvertrag verletzt.

Alkoholisierung des Beklagten zum Unfallzeitpunkt nicht ausgeschlossen


Das Gericht stellt weiter fest, dass der Beklagte nicht nachweisen konnte, dass bei sofortiger Meldung die Haftungslage für die Versicherung anders gewesen wäre. Im vorliegenden Fall stand nämlich im Raum, dass der Beklagte sich möglicherweise deshalb von der Unfallstelle entfernte, weil er den Unfall im alkoholisierten Zustand verursacht haben könnte. Wäre dies so gewesen, wäre nicht nur seine Strafe im Strafverfahren höher ausgefallen. In diesem Fall hätte die Klägerin wegen der Alkoholisierung einen Regressanspruch gegen den Beklagten gehabt. Da der Beklagte erst einen Tag nach dem Unfall bei der Polizei vorstellig wurde, konnten im Nachhinein keine Feststellungen mehr zur Alkoholisierung des Beklagten zum Unfallzeitpunkt getroffen werden.

Unklarheiten zur möglichen Alkoholisierung des Beklagten bleiben auch nach Zeugenbefragung


Dem Kläger ist nicht gelungen zu beweisen, dass er tatsächlich nicht alkoholisiert war. Mangels Blutalkoholwerte können hier nur die insgesamt vorliegenden Indizien im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall ausgewertet werden. Das Gericht kam nach der Vernehmung von Zeugen zu dem Ergebnis, dass Unklarheiten zur Alkoholisierung des Beklagten bleiben. Diese Unklarheiten gehen zulasten des Beklagten.

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/AG...rten-Schaden-teilweise-ersetzen.news21154.htm
 

Nancy

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Unfallflucht: Muss Haftpflicht zahlen?


Wer an einem Verkehrsunfall beteiligt war und danach einfach davonfährt, macht sich wegen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort – umgangssprachlich auch Unfall- bzw. Fahrerflucht genannt – nach § 142 StGB (Strafgesetzbuch) strafbar. Vor allem den Unfallfahrer erwartet dann nicht nur ein Strafverfahren – auch seine Haftpflicht könnte Probleme machen. Die wird zwar zunächst den Schaden regulieren, jedoch – zumindest teilweise – vom Versicherungsnehmer Regress nehmen. Aber ist das wirklich rechtens?


Fahrerflucht aus Angst vor Hohn und Spott



Ein Aston-Martin-Fahrer kam von der Fahrbahn ab und kollidierte mit der Außenwand eines U-Bahn-Aufgangs sowie eines Einkaufszentrums. Den dort entstandenen Schaden an der Blechbrüstung in Höhe von über 21.000 Euro bemerkte er offensichtlich nicht. Er fuhr einfach davon und meldete sich erst am nächsten Tag bei der Polizei. Nach eigenen Angaben hatte sich der Fahrer nur Gedanken um sein Kfz gemacht und somit die Brüstung nicht auf eventuelle Schäden untersucht. Im Übrigen sei er nur deshalb so schnell „geflüchtet“, weil er nicht zum Gespött der Leute werden wollte, die den Unfall mitbekommen hatten. Außerdem wollte er vermeiden, dass er fotografiert wird und die Bilder seiner Unglücksfahrt im Internet veröffentlicht werden. Er wurde daher wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt.


Seine Haftpflicht ersetzte dem Einkaufszentrum den entstandenen Schaden, verlangte jedoch vom Versicherungsnehmer Rückzahlung von 5000 Euro. Laut den Versicherungsbedingungen kann die Versicherung nämlich höchstens 5000 Euro vom Versicherten zurückverlangen, wenn dieser unerlaubt den Unfallort verlässt und seine Anzeigepflicht bei der Polizei schwerwiegend verletzt. Außerdem hatte die Versicherung den Verdacht, dass der Fahrer zum Unfallzeitpunkt alkoholisiert gewesen ist und deshalb die Polizei erst am nächsten Tag aufgesucht hat. Als sich der Unglücksfahrer weigerte, den Betrag zu zahlen, zog die Haftpflicht vor Gericht.


Unfallfahrer muss 5000 Euro zahlen



Das AG (Amtsgericht) München verpflichtete den Unglücksfahrer zur Zahlung.

Denn im Versicherungsvertrag war klar und deutlich zu lesen, dass der Versicherungsnehmer die Unfallstelle nicht verlassen darf und vielmehr Feststellungen – zu seiner Person etc. – ermöglichen muss. Als er vom Unfallort flüchtete, machte er sich daher nicht nur wegen Unfallflucht strafbar – er verletzte auch seine versicherungsvertraglichen Pflichten in erheblichem Maß. Die rechtliche Konsequenz war ebenfalls dem Vertrag zu entnehmen: In Höhe von höchstens 5000 Euro wird die Haftpflicht von ihrer Leistungspflicht frei.

Der Höchstbetrag war übrigens nicht nur wegen der schwerwiegenden Pflichtverletzung zu zahlen, sondern auch, weil nicht mehr geklärt werden konnte, ob er zum Unfallzeitpunkt betrunken oder nüchtern war. Als der Fahrer den Unfall nämlich erst am darauffolgenden Tag bei der Polizei anzeigte, wäre ein Alkoholtest mangels Blutalkoholwerten sinnlos gewesen. Es bestand daher durchaus die Möglichkeit, dass der Fahrer mit dieser Vorgehensweise eine Fahrt unter Alkoholeinfluss „vertuschen“ wollte. Dabei hätte er beweisen müssen, dass er zum Unfallzeitpunkt nüchtern gewesen ist. Das konnte er jedoch nicht, was das Gericht zu seinen Lasten wertete.


Übrigens: Baut ein Versicherungsnehmer betrunken einen Unfall, schließen die meisten Versicherungen ihre Einstandspflicht – zumindest teilweise – aus. Zwar regulieren sie den Schaden – danach nehmen sie jedoch bei ihrem Versicherungsnehmer Regress, d. h. er muss den Schaden (teilweise) auf eigene Kosten ersetzen. Im Übrigen hat das Fahren trotz Alkoholgenusses regelmäßig negative Auswirkungen auf die Strafe in einem Strafverfahren wegen Unfallflucht.

Quelle: http://www.anwalt.de/rechtstipps/unfallflucht-muss-haftpflicht-zahlen_070601.html?pid=26
 

Nancy

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Rechtsfolgen einer Unfallflucht


Der Straftatbestand der Unfallflucht ist in § 142 StGB – unerlaubtes Entfernen vom Unfallort – geregelt. Neben den strafrechtlichen Folgen einer Unfallflucht sind immer auch die zivilrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Folgen zu beachten. Nachfolgend gebe ich einen kleinen Überblick über die Auswirkungen einer Unfallflucht. Der Überblick erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.


1. Strafrechtliche Folgen:



Nach § 142 StGB droht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Die Unfallflucht ist eine sogenannte Katalogtat, die in § 69 StGB unter Absatz 2 Nummer 3 aufgeführt ist. Ist bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder ein bedeutender Sachschaden (ab einer Schadenshöhe von ca. 1200,00 €) an einer fremden Sache entstanden, so kann das Gericht die Fahrerlaubnis entziehen und eine Sperrfrist für die Neuerteilung durch die Führerscheinstelle verhängen. In diesem Fall kommt auch eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis durch richterlichen Beschluss gemäß § 111 a StPO in Betracht. Bei den Staatsanwaltschaften existieren interne Richtlinien zum Strafmaß und zur Dauer der Sperrfrist, die unter anderem von der Höhe des eingetretenen Schadens abhängig sind und meist sklavisch im Antrag der Staatsanwaltschaft vertreten werden.


2. Verwaltungsrechtliche Folgen:



Wer eine Unfallflucht begeht, zeigt charakterliche Mängel. Die Fahrerlaubnisbehörde kann eine MPU anordnen und die Neuerteilung der Fahrerlaubnis von der bestandenen MPU abhängig machen. Das geschieht in der Praxis allerdings eher selten, wenn nicht sonstige erschwerende Umstände hinzutreten.

Was erstaunlicherweise häufig übersehen wird: Für eine Unfallflucht werden sieben Punkte in Flensburg eingetragen.*** Man sollte sich daher Gewissheit über den eigenen Punktestand verschaffen.


3. Versicherungsrechtliche Folgen:



Dass der Führerscheinverlust und eine Geld- bzw. Freiheitsstrafe droht, ist den meisten bewusst. Daneben sind aber auch die zivilrechtlichen Folgen zu beachten. Wer eine Unfallflucht begeht, begeht damit eine sog. Obliegenheitsverletzung in der Kfz-Haftpflichtversicherung, die einen (quotenmäßigen) Verlust des Leistungsanspruchs zur Folge hat. Der Kfz-Haftpflichtversicherer wird zwar die Schäden an dem fremden Eigentum ersetzen, danach aber Regress beim eigenen Versicherten nehmen bis zu einer Höhe von 2.500,00 €, in besonders schweren Fällen bis zu 5.000,00 €.

Zudem verliert der Unfallflüchtige seinen Anspruch auf Leistungen aus seiner Vollkaskoversicherung. Er muss also nicht nur die Schäden am fremden Eigentum bezahlen, sondern bleibt trotz bestehender Vollkaskoversicherung auch auf seinen eigenen Schäden sitzen.

Quelle: http://www.anwalt.de/rechtstipps/rechtsfolgen-einer-unfallflucht_062564.html?pid=26


***Edit: Nach der Reform zum 1.5.2014 sind es "nur noch" 3 Punkte (bei einem FS-Entzug).*Nancy*
 

Nancy

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Fußgänger schlägt Autofahrer - Fußgänger muss zur MPU

Wer als Fußgänger ein hohes Aggressionspotential an den Tag legt, kann auch zu einem medizinisch-psychologischen Gutachten aufgefordert werden, dessen Nichtbeibringung zum Entzug der Fahrerlaubnis führen kann, so die Entscheidung des VG München.

Der Sachverhalt


Der Antragsteller wollte zu Fuß eine Straße überqueren, als er seiner Ansicht nach von einem Pkw geschnitten wurde. Das brachte den Fußgänger in Rage und er folgte dem Autofahrer zum Eingang des dortigen Getränkemarktes. Dort schlug er dem Autofahrer unvermittelt mit der Faust ins Gesicht. Auf Frage des Geschädigten, was das solle, folgte die Antwort mit einem weiteren Faustschlag auf den linken Wangenknochen des Geschädigten.

Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts wurde der Antragsteller wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Diesen Vorfall nahm die Fahrerlaubnisbehörde zum Anlass, den Antragsteller mit Verfügung zur Vorlage eines medizinischpsychologischen Gutachtens aufzufordern.

Der Antragsteller legte das geforderte Gutachten nicht vor. Aus der Weigerung sah die Fahrerlaubnisbehörde die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Die Erfahrung habe gezeigt, dass Personen, von denen zu Recht ein Fahreignungsgutachten angefordert werde und die die Vorlage des Gutachtens verweigerten, tatsächlich nicht geeignet seien, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen. Die Fahrerlaubnisbehörde entzog dem Antragsteller unter Anordnung des Sofortvollzugs die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen der Klassen 1 und 3 (alte Klassen).
Der Antragsteller erhob u.a. Klage gegen diesen Bescheid.

Die Entscheidung des Verwaltunsgerichts München (M 6b S 14.3454)


Das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Entziehung der Fahrerlaubnis überwiegt das private Interesse des Antragstellers. Die Beibringungsanordnung der Fahrerlaubnisbehörde als Antragsgegener ist rechtmäßig ergangen.

Der Antragsgegener hat die Beibringungsanordnung zu Recht auf § 11 Abs. 3 Nr. 6 FeV gestützt, da es sich bei der mit Strafbefehl abgeurteilten Straftat um eine erhebliche Straftat handelt, die einerseits im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht und insbesondere Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotential bietet.

Der Begriff "erheblich" ist nach der Gesetzesbegründung zur Änderungsverordnung zur Fahrerlaubnisverordnung vom 18. Juli 2008 (BGBl I 1338, BR-Drucksache 302/08, S. 61) nicht ohne weiteres mit "schwerwiegend" gleichzusetzen, sondern bezieht sich auf die Kraftfahreignung. Der Bezug zur Kraftfahreignung setzt nicht voraus, dass für die Bejahung des Begriffs "erheblich" ein Pkw als Mittel zur Straftat benutzt worden ist (BayVGH, Beschluss v. 14.8.2012, 11 C 12.1746).

Der ausreichende Bezug zur Kraftfahreignung liegt hier bereits darin, dass die Tat in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Verhalten des Antragstellers als Fußgänger und der von ihn geäußerten Kritik eines anderen Verkehrsteilnehmers als Kraftfahrzeugführer steht. Durch die vorsätzlich begangene Körperverletzung hat der Antragsteller auch ein hohes Aggressionspotential an den Tag gelegt.

In einem solchen Fall bestehen begründete Zweifel daran, dass der Betroffene im motorisierten Straßenverkehr die Rechte anderer Verkehrsteilnehmer respektieren wird sowie daran, ob nicht aufgrund des zu erwartenden rücksichtslosen Durchsetzens eigener Interessen in schwerwiegender Weise die Rechte anderer verletzt werden (BayVGH a. a. O.).

Bei dieser Sach- und Rechtslage überwiegt das Interesse der Allgemeinheit am sofortigen Vollzug der Fahrerlaubnisentziehung das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Wegen der schwerwiegenden Gefahren, die von ungeeigneten Kraftfahrern ausgehen, müssen die privaten Belange des Betroffenen gegenüber den öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug der Entziehung der Fahrerlaubnis grundsätzlich zurückstehen. Der Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer vor Gefahren für Leben und Gesundheit ist in Anbetracht der von einem ungeeigneten Kraftfahrer ausgehenden Gefährdung von so überragendem Gewicht, dass die Aussetzung der sofortigen Vollziehung nicht gerechtfertigt ist.

Quelle: http://www.rechtsindex.de/verkehrsrecht/4637-vg-muenchen-m-6b-s-14-3454-fussgaenger-muss-zur-mpu
 

Nancy

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Führung eines Fahrtenbuchs kann auch nach Verkehrsverstoß durch Beifahrer angeordnet werden

Fahrtenbuchauflage soll sicherstellen, dass bei künftigen Verstößen im Straßenverkehr deren Ahndung ohne Schwierigkeiten möglich ist

Einem Fahrzeughalter kann die Führung eines Fahrtenbuchs auch dann auferlegt werden, wenn der Verkehrsverstoß von dem Beifahrer seines Fahrzeugs begangen wurde. Dies entschied das Verwaltungsgericht Mainz.

Die Klägerin, ein als GmbH organisierter Gewerbebetrieb, ist Halterin eines Transporters. Aus dem Beifahrerfenster dieses Fahrzeugs wurde bei einem Überholvorgang im Juni 2013 eine klare Flüssigkeit auf den Fahrer eines Motorrollers geschüttet. Der Geschäftsführer der GmbH gab im Rahmen des wegen Nötigung im Straßenverkehr eingeleiteten staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens an, er könne die Nutzer des Fahrzeugs nicht nennen, und legte eine Liste mit den Anschriften seiner 15 Mitarbeiter vor. Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt, weil der Täter nicht festgestellt werden konnte. Daraufhin ordnete der beklagte Landkreis gegenüber der Klägerin die Führung eines Fahrtenbuchs hinsichtlich des Transporters für die Dauer von 12 Monaten an. Dagegen wandte sich die Klägerin und machte geltend, eine Fahrtenbuchauflage könne nur nach einem Verkehrsverstoß durch den Fahrzeugführer erfolgen. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab.

Fahrtenbuchauflage soll sicherstellen, dass bei künftigen Verstößen im Straßenverkehr deren Ahndung ohne Schwierigkeiten möglich ist


Die Führung eines Fahrtenbuchs dürfe nicht nur dann angeordnet werden, wenn der vorausgegangene Rechtsverstoß vom Fahrzeugführer begangen worden sei. Nach Sinn und Zweck des Gesetzes solle mit einer Fahrtenbuchauflage sichergestellt werden, dass bei künftigen Verstößen im Straßenverkehr deren Ahndung ohne Schwierigkeiten möglich sei. Deshalb sei es unerheblich, ob die Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften bei der Tat, die nur den Anlass für die Auferlegung des Fahrtenbuchs darstelle, auf den Fahrzeugführer oder einen anderen Fahrzeuginsassen zurückgehe. Die Ermittlung des für den Vorfall bei der Überholfahrt Verantwortlichen sei auch nicht möglich gewesen, weil die Klägerin wegen Fehlens eigener Aufzeichnungen zu den Vorgängen in ihrem Betrieb den Kreis der Mitarbeiter, die mit dem Fahrzeug unterwegs gewesen sein könnten, nicht habe eingrenzen können. Die Kammer hat die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz zugelassen.


Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/VG...rch-Beifahrer-angeordnet-werden.news21366.htm
 
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