MPU beim TÜV Nord am 10.05.2023

Moin,

hier folgt mein Erfahrungsbericht zur MPU beim TÜV Nord am 10.05.2023. Die MPU war angeordnet worden, weil ich im Januar 22 mit 2,44 Promille auf dem Fahrrad angehalten worden war. Ich habe mich allein mit diesem Forum und anderen, frei im Internet zugänglichen Materialien vorbereitet und in Abhängigkeit von den noch ausstehenden Leberwerten ein positives Gutachten in Aussicht gestellt bekommen. Meine Strategie war Abstinenz, in den ersten 52 Wochen nach der TF belegt durch Haarproben.

Ich habe eingangs meine forensischen Abstinenzbeweise abgegeben und zwei Fragebögen erhalten, einen allgemeinen zu meiner Gesundheit, einen fragestellungsspezifischen zur Alkoholproblematik. Unvorbereitet war ich darauf, dass die AB-Nachweise offenbar standardmäßig einbehalten werden. Da mein Labor nur jeweils ein Exemplar zugeschickt hatte, habe ich mir am Ende der MPU ausbedungen, Kopien, deren Richtigkeit vom TÜV durch Stempel und Unterschrtift versichert wurde, zurückzuerhalten. Insgesamt dauerte meine MPU circa fünfeinhalb Stunden, was maßgeblich daran gelegen haben dürfte, dass es einen kurzfristigen krankheitsbedingten Personalausfall gegeben hat. Enstprechend entnervte Laune war dann im Laufe des Tages auch im Wartezimmer zu spüren. Die Räumlichkeiten waren klein, aber funktional und haben insgesamt den klaren Eindruck eines Bürokomplexes vermittelt. Anders, als ich irgendwo hier gelesen hatte, stand kein Kaffee zur Verfügung, dafür aber immerhin Wasser. Großes Minus.

Erste Station war der Reaktions- und Leistungstest, irgendwo am PC in einer, wie es mir vorkam, umfunktionierten Abstellkammer. Geometrische Figuren vergleichen (sehr lange), Linien nachverfolgen und Bilder von Verkehrssituationen erfassen, d. h. ankreuzen, welche Verkehrsteilnehmer und- einrichtungen jeweils zu sehen waren. Nur bei der letzten Aufgabe hatte ich nicht immer das Gefühl, Herr der Lage zu sein. Die sehr kurz eingeblendeten Bilder waren unübersichtlich und vollgestopft. Mir ist im Anschluss dazu auf Nachfrage versichert worden, dass es nicht auf vollständige Richtigkeit ankäme. Einzelne zu viel oder zu wenig gesetzte Kreuze zu jedem Bild würden keinen Unterschied machen. Die Ergebnisse sind mir am Ende des Psychologengesprächs überblicksartig mitgeteilt worden, ich habe diesen Teil offenbar bestanden.

Nach einer mittleren Wartezeit dann zum Arzt. Ein ausgesprochen freundlicher Herr, mit dem ich neben der Untersuchung über alles Mögliche gequatscht habe. Er war sehr interessiert an meiner medizinischen Vorgeschichte, auch wenn die offensichtlich gar nichts mit Alkohol zu tun hatte. Die motorischen Aufgaben beliefen sich auf den Seiltänzergang und eine weitere, die ich so nicht kannte: Ich musste die Arme mit den Handflächen nach oben vor mir ausstrecken und die Augen schließen. Keine Ahnung, worauf es dabei ankam. Zum Schluss dann Blutabnahme, wobei es zu einem kleinen Malheur kam. Der Arzt hat beim Entfernen der Nadel nach seiner Aussage wohl die "Venenwand durchstochen". Tut noch etwas weh beim Anwinkeln des Arms. Der Arzt hatte es aber auf jeden Fall geschafft, mir mit seiner freundlichen Art einen Teil meiner Nervosität abzunehmen.

2-3 Stunden Wartezeit. Ich glaube, der einzige anwesende Psychologe hat unmittelbar vor meinem Gespräch noch Mittagspause gemacht. Hätte ich auch gerne.

Der Psychologe war deutlich ernster als der Arzt und hat sich nicht mit großem Vorgeplänkel aufgehalten. Vielleicht wollte er aber auch einfach irgendwann mal zum Feierabend kommen. Erst gegen Ende hatte ich das Gefühl, eines angenehmen Gesprächs auf Augenhöhe. Insbesondere zu Beginn schien es noch in eine völlig falsche Richtung zu gehen und zeitweise hatte ich Angst, mir würde die Situation völlig entgleiten. Die Chronologie des Gesprächs entsprach in etwa der der Fragebögen hier im Forum: Rekonstruktion der TF, Motive und Trinkentwicklung, Prognose für die Zukunft. Vorsichtshalber und vielleicht eher fürs Gewissen hatte ich einen Spickzettel dabei, den ich im Endeffekt überhaupt nicht gebraucht habe.

Der erste Teil war derjenige, der große Probleme bereitet hat. Ich möchte an dieser Stelle nicht noch einmal alles wiederholen, was ich schon an anderer Stelle im Forum ausführlich niedergeschrieben habe, deshalb die Kurzfassung. Die Geschichte kam ihm unstimmig vor, weil ich trotz der hohen BAK und eines Filmrisses von ca. 2 Stunden, den ich wahrheitsgemäß behauptet habe, eine längere Strecke zu meiner Wohnung zurücklegen konnte, ohne Unfälle und ohne mich zu verfahren. Auch die Befunde der noch auf der Polizweiwache durchgeführten medizinischen Untersuchung waren ihm "zu positiv". Ich bin hier extrem ins Schwimmen geraten, weil alle diese Angaben der Wahrheit entsprachen und ich schlecht darüber Auskunft geben konnte, wieso das alles noch so gut funktioniert hat. Beziehungsweise habe ich das dann wohl im nächsten Schritt mit der Darstellung meines vorigen Trinkverhaltens zufriedenstellend nachholen können. Mein Eindruck war eher, dass er den Sachverhalt ganz ohne meine Alkoholgewöhnung schon in Betracht zu ziehen für unglaubwürdig hielt. Jedenfalls war ich spätestens hier heilfroh, dass ich mich - mithilfe der Ratschläge in meinem Thread! - für Abstinenz entschieden hatte. Ohne dass es explizit gesagt worden wäre, war deutlich zu erkennen, dass es mit KT eine komplette Bauchlandung geworden wäre. Ich bin noch gefragt worden, ob ich im Nachhinein versucht hätte, die Zeit meines Filmrisses zu rekonstruieren, und ob ich Vorkehrungsmaßnahmen gegen eine TF getroffen hätte. Das hatte ich nicht. Die Frage nach dem Wieso hat dann noch größeren Zeitraum eingenommen, da er, nachvollziehbarerweise, meinte, ich hätte mir doch zumindest in Folge meiner Ausbildung über die juristischen Folgen einer TF im Klaren sein müssen. Auch hier habe ich noch geschwommen und mich darauf zurückgezogen, dass ich zwar abstrakt um die Folgen gewusst hätte, jedoch keine Verbindung zu eigenem Verhalten hergestellt und mich darauf verlassen habe, dass es genau wie jahrelang zuvor schon irgendwie gutgehen werde. Ich glaube, diese Antworten waren nicht völlig zu seiner Zufriedenheit.

Das Gespräch hat dann mit Beginn der Exploration spürbar eine positive Wendung genommen. Ich habe mir über diesen Teil in aller Ausführlichkeit Gedanken gemacht und mir eine gefühlte Viertelstunde ohne Unterbrechungen seitens des Psychologens den Mund fusselig geredet. Bei meiner Darstellung habe ich großen Wert auf Ehrlichkeit, einen selbstkritischen, reflektierten Ton und Vollständigkeit gelegt. Die genauen Inhalte gebe ich jetzt nicht noch einmal wieder, aber mir ist danach bescheinigt worden, in großer Differenziertheit vorgetragen zu haben. Meiner Wahrnehmung nach hat sich hier Stehen und Fallen der MPU entschieden.

Abschließend habe ich noch darüber geredet, wie meine Entscheidung zwischen KT und AB gefallen ist, vor allem auch in Anbetracht meiner jungen Jahre, darüber, was für Veränderungen ich nach dem Ende meines Alkoholkonsums wahrgenommen habe und wieso die in der Exploration ausgemachte Problematik mittlerweile als erledigt gelten darf. Der Psychologe hat noch gefragt, wieso ich bereits 3 Monate nach der TF mit AB-Nachweisen begonnen hätte, wenn ich doch ursprünglich noch davon ausgegangen sei, irgendwann KT zu praktizieren. Ich habe die Antwort hierauf etwas improvisieren müssen und gesagt, ich habe mir alle Optionen offen halten wollen, was auch der Wahrheit entspricht. Nur hatte ich da vorher selbst nie drüber nachgedacht. Generell kam mir der Psychologe sehr wachsam vor. Hätte es irgendwo Lücken in meiner Argumentation gegeben, hätte er sie sicherlich gefunden. Das gespräch schloss damit, dass er sich mehr oder weniger selbst fragte, wie es denn eigentlich sein könne, dass mir jetzt erst, bald anderthalb Jahre nach der TF, der Führerschein entzogen werden solle. Ich habe erklärt, dass ich aus der Korrespondenz der Staatsanwaltschaft wusste, dass die FSSt erst nach Rechtskraft des Strafbefehls unterrichtet worden ist, und dass ich das Verfahren mit dem Einspruch absichtlich in die Länge gezogen habe, um das erforderliche Jahr AB-Nachweise vor dem MPU Termin überhaupt sammeln zu können. Wir haben dann noch etwas über die Modalitäten des Strafbefehls und des Einspruchs gesprochen. Diesen Teil meinte ich oben mit Gespräch auf Augenhöhe. Abschließend ist mir der voraussichtliche Ausgang des Gutachtens mitgeteilt worden und ich konnte endlich irgendwo essen gehen.

Insgesamt ist mir beim TÜV Nord respektvoll und fair begegnet worden. Den Umständen des unerfreulichen Anlasses entsprechend würde ich die Gesamterfahrung als gut beschreiben.

Zum Abschluss gilt mein Dank erneut den Hilfsmitteln und -stellungen, die dieses Forum und seine engagierten Mitglieder zur Verfügung stellen. Ohne diese hätte ich selbstständig wohl keine angemessene Aufarbeitung auf die Beine stellen können. Vielen Dank.
 
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