Problembewusstsein - was ist das?

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Nancy

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Was bedeutet Problembewusstsein?


Das bedeutet zum einen, dass Sie sich selbst in Bezug auf die Ursachen Ihrer Verkehrsauffälligkeit(en) kritisch hinterfragt haben, dass Sie sich beispielsweise kritisch mit Ihrem Alkoholtrinkverhalten oder Drogenkonsum oder Ihrem Fahrverhalten (bei Punkten) auseinander gesetzt haben. Zum anderen bedeutet es, dass Sie zu dem Schluss gelangt sind, dass die Gründe der jeweils problematischen Verhaltensweise in Ihrer eigenen Person liegen und dass Sie diesbezüglich einen Änderungsbedarf sehen.



Hierzu ein
Beispiel: Angenommen Jim ist mit 2,3 Promille im Straßenverkehr aufgefallen. Eine Ursache seiner Verkehrsauffälligkeit war also, dass er betrunken gefahren ist. Das ist aber erst der Anfang.Die nächste Frage, die sich Jim stellt, ist:“Warum habe ich mein Auto nicht stehen lassen, sondern bin betrunken gefahren”?



Das hat mehr organische als psychologische Gründe. Es ist nämlich so, dass ein hoher Alkoholspiegel im Blut unser Gehirn stark beeinflusst. Sehr vereinfacht ausgedrückt sieht das so aus: Das Zentrum, in dem der Verstand, die Logik, Regeln und Normen angesiedelt sind, wird - je nach Alkoholmenge und -gewöhnung - lahm gelegt oder ganz ausgeschaltet. Dafür lebt sich das Zentrum, in dem die Gefühle, Triebe und Bedürfnisse liegen, nach Herzenslust aus. Jim konnte also nicht mehr klar denken. Er hat sich überschätzt, war der Auffassung, dass alles schon irgendwie geht und letztlich war es ihm einfach auch egal, ob etwas - was nun auch immer - passiert. Das ist die Alkoholwirkung auf unser Gehirn.



Jims nächste Frage ist nun: “Warum habe ich so viel Alkohol getrunken”? Angenommen er war auf einer Geburtstagsfeier. Er sagt sich also, ich habe halt gefeiert, war betrunken und konnte nicht mehr klar denken.



Jetzt fragt sich Jim aber weiter: “Wieviel Alkohol habe ich denn nun tatsächlich auf der Geburtstagsfeier getrunken”? Das kann man ausrechnen (
Kleine Alkohollehre zur BAK Berechnung)


Ein paar “Bierchen” und vielleicht 2 Schnäpse kann nicht stimmen. Angenommen Jim war etwa 5 Stunden auf der Feier. Dann hat er, bei 2,3 Promille, in etwa 220 g Alkohol getrunken. Das entspricht einer Menge von beispielsweise 10 Bier à 0,2 l und zusätzlich 25 Schnäpsen ( mit 35 Vol %) à 2 cl. Und weiter geht´s.
..


Eine entscheidende Frage von Jim ist nun: “Trinke ich denn eigentlich oft so viel Alkohol”? Falls nicht, wie kommt es dann, dass ich so viel Alkohol vertragen konnte, einen solch hohen Promillewert erreichen konnte und damit sogar noch in der Lage war, Auto zu fahren? Das geht nämlich nicht, wenn der Jim sonst nur selten und wenig Alkohol trinkt. Das funktioniert nur wenn Jim vorher über eine längere Zeit ordentlich trainiert hat. Das heißt, dass er an den Alkohol gewöhnt ist, also - in Anbetracht von 2,3 Promille - regelmäßig in großen Mengen Alkohol trinkt, bzw. getrunken hat. Davon gehen die Gutachter aus.

Jetzt geht es aber weiter.



Jim fragt sich ernsthaft: “Seit wann ist es denn zu der hohen Alkoholgewöhnung gekommen und warum habe ich überhaupt so viel Alkohol getrunken”? Er kam zu dem Schluss, dass er vor ca. fünf Jahren begonnen hat, vermehrt Alkohol zu trinken. Damals ging das mit dem Stellenabbau in seiner Firma los. Er hatte große Angst, selbst davon betroffen zu sein. Schließlich war er 52 Jahre alt. Wo sollte er eine neue Stelle finden? Aber er hatte auch Angst davor, auf einmal als Versager dazustehen. Diese Befürchtung konnte er noch gar nicht so genau begründen, aber sie war da und zwar stark.



Er fing damals damit an, häufiger Überstunden zu machen, manchmal ging er sogar Samstags in die Firma. Freizeitausgleich nahm er selbstverständlich nicht und seinen (beträchtlichen) Resturlaub ließ er verfallen. Jim war schon immer ein Perfektionist, aber jetzt wollte er erstrecht zeigen, dass er weit mehr als gut und zuverlässig arbeitet. Für seine Familie hatte er immer weniger Zeit und Freizeit wurde ein Fremdwort für ihn. Seine Sorgen behielt er für sich. Jim war der Meinung, dass ein “richtiger” Mann keine Probleme hat, weil er in der Lage zu sein hat, Schwierigkeiten alleine zu lösen. Nach außen zeigte sich Jim immer zuversichtlich und stark. Doch in ihm drin sah das oft ganz anders aus. Zur Entspannung trank er abends immer öfter und immer mehr Bier. Einen anderen Ausgleich hatte er nicht mehr. Seiner Frau gefiel das immer weniger und schließlich drohte sie mit Trennung. Vor zwei Jahren zog sie schließlich aus. Die Trennung ging ihm sehr nahe und er kam auch nicht damit zurecht, dass ihn nach der Arbeit ein leeres Haus erwartete. Jetzt ging er immer öfter in die Kneipe um die Ecke und trank Bier - im Verlauf der Zeit immer mehr, später auch Schnaps. Wenn er dann ein gewisses Pensum an Alkohol erreicht hatte, fing er an, mit der Kneipenwirtin über seine Probleme zu sprechen. Eigentlich tat ihm das gut. Es hat zwar nichts an der Situation geändert, aber es hat ihn doch sehr erleichtert. Er fühlte sich auch nicht mehr ganz so allein mit seiner Misere. Doch im nüchternen Zustand erzählte er selbstverständlich keinem etwas von seinen Problemen. Er war ja der Meinung, dass er die selbst lösen muss, auch wollte er anderen keine Schwächen von sich zeigen. Das warf nun wieder eine neue Frage auf:



Jim fragt sich nämlich: “Warum rede ich (nüchtern) nicht mit jemandem, wenn´s mir nicht so gut geht, wieso ist es eigentlich eine Schwäche Probleme zu haben oder auch einmal etwas nicht so gut zu können?” Ich höre anderen doch auch zu und helfe gerne mit Rat und Tat, wenn ich kann. Außerdem fragt er sich: “War es denn eigentlich wirklich notwendig mich derart zu überarbeiten? Und - vor allem - war es sinnvoll? Muss ich wirklich der “Alleskönner” sein? Muss ich denn immer perfekt sein oder zumindest so wirken? Was habe ich davon? Wurde ich dadurch in der Firma denn wirklich unverzichtbar? Wurde meine Arbeitsleistung wirklich besser? Hat mich meine Frau dafür etwa mehr geliebt? Wäre ich denn wirklich ein Versager, wenn mich eine betriebsbedingte Kündigung treffen würde? Und was hat das alles letztlich aus meinem Leben und meiner Ehe gemacht?”



Jetzt wurde Jim nachdenklich. Ihm fiel ein, dass er früher seinem Vater nie etwas recht machen konnte. Was er auch tat, immer hatte der Vater noch etwas daran auszusetzen. Es war nie gut genug. Dieses Gefühl der Unzulänglichkeit wollte er nie wieder haben. So begann er damit immer alles 1.000 %-ig zu machen, sich selbst immer noch x-mal zu kontrollieren, sich so umfassend wie möglich zu bilden um bei allem mitreden zu können und die passende Antwort parat zu haben. Er wollte nie wieder um eine Antwort verlegen sein oder etwa zugeben müssen, dass er etwas nicht oder, auch nur, nicht so gut kann.



Er beschloss, dass er genau daran etwas verändern möchte, denn er hat erkannt, dass ihm genau dieser übertriebene Perfektionismus geschadet hat und dass es außerdem weder möglich noch nötig ist, immer alles 1.000 %ig zu meistern. Er beginnt zunächst damit, mit seiner Vergangenheit aufzuräumen. Er erinnert sich an viele demütigende Situationen mit seinem Vater und vor allem auch an die negativen Gefühle, die er damals hatte. Mit seinem heutigen, erwachsenen Bewusstsein erkennt er aber, dass die damaligen Ansprüche seines Vaters weit überzogen waren und außerdem ganz andere Ursachen hatten, als Jims vermeintliches Versagen. Der Vater hatte nämlich selbst ein Problem. Beispielsweise musste er in der Vergangenheit gleich zweimal Konkurs anmelden.



Jim hat nicht nur erkannt, dass er sich in der Vergangenheit an zunehmend größere Mengen Alkohol gewöhnt hatte, sondern auch warum er so viel Alkohol getrunken hat. Nämlich, weil es auf Dauer zu anstrengend war, immer perfekt zu sein oder zumindest die ständig perfekte Fassade nach außen zu zeigen wenn er merkte, dass er den eigenen Ansprüchen längst nicht mehr gerecht werden konnte. Mit dem Alkohol gelang es ihm, von all dem einmal abzuschalten und auch einmal alle Fünf gerade sein zu lassen. Auch konnte er darüber reden wie es in ihm aussah. Er beschließt, auf den Alkohol zu verzichten. Der löst seine Probleme nicht. Das hat er auch erkannt.



Bitte hier weiterlesen....

Quelle: VP I. Ackmann, Annerod (die ich an dieser Stelle persönlich weiter empfehle....)
 
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