20. Trinken Sie heute Alkohol? Wenn ja, was, wie viel und wie oft?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Nein, ich trinke keinen Alkohol mehr
21. Wann haben Sie zuletzt Alkohol getrunken?
08.07.2022
22. Trinken sie gelegentlich alkoholfreies Bier?
Nein
23. Warum trinken Sie heute keinen Alkohol?
Ich habe gemerkt, dass ein kontrolliertes Trinken für mich sehr trügerisch und gefährlich ist. Denn schneller als ich gucken könnte wäre ich wieder im alten Kreislauf drin. Am Anfang vielleicht nicht so sehr wie zu Spitzenzeiten, aber ich bin mir sicher, es würde sich schnell wieder einschleifen und ich würde von „Konsumereignis“ zu „Konsumereignis“ mich hangeln. Ich habe mir hier bewusst diese Grenze gezogen um den Kreislauf zu durchbrechen. Um diese Gewohnheit zu beenden und eine neue, keinen Alkohol zu trinken, einzuführen. Ich trinke seit mehr als 450 Tagen keinen Alkohol mehr und fühle mich besser als jemals zuvor. Ich schaffe endlich dass was ich möchte, was ich mir vorgenommen habe, weil ich keinen Kater habe, egal ob körperlich oder psychisch. Weil ich Zeit habe, die ich für mich verplane, in dem Sinne, das ich jetzt „Stories“ für mich produziere, sei es ob ich mir Zeit für ein Buch nehme, wandern gehe, mich um meinen Hund kümmere oder mit lieben Menschen verbringe und deren Geschichten und Emotionen voll wahrnehme, ohne Alkoholeinfluss und diese am nächsten Morgen schon wieder verschüttet sind. Das macht für mich mittlerweile soviel lebens- und liebenswertes aus.
Ich fühle mich freier in meinen Entscheidungen. Früher war es so, dass die Gedanken in meiner Freizeit nur darum drehten, wo gibt es Bier, welches Bier gibt es wo und wo kann man was trinken gehen. Heute fühle ich mich nicht mehr so fremdbestimmt, weil ich endlich das mache, was ich möchte.
Wenn ich beispielsweise Sport machen möchte, dann kann ich das machen, wann ich möchte, in vergangenen Zeiten war es so, dass nach dem ersten Schluck Bier/Wein dann natürlich nichts mehr gemacht wurde, ausser weiterzutrinken und je nach Ort, daheim waren das beispielsweise Musik hören oder Fernsehen zu schauen, die Zeit totzuschlagen.
Mir ist heute viel bewusster wie wertvoll Zeit an sich ist und dass ich mehr aus dieser machen möchte. Und es ist nicht mehr so arg wichtig, was ich darstellen möchte. Ich sehe mich heute so an, wie ich nun einmal bin. Und manches ist ja auch schlicht nicht mehr erstrebenswert. Es hat seine Zeit, aber wenn es nicht mehr zu einem passt, dann werde ich das abstreifen. Ich habe das nun getan. Ich habe mich gewandelt und geändert. Ich werde niemandem vorschreiben, was er zu tun hat, aber ich werde mir vorschreiben der Versuchung Alkohol zu widerstehen. Das ist kein einfaches Unterfangen, doch es klappt seit über einem Jahr und ich sehe wie gut es mir tut. Der Kraftaufwand dazu ist unterschiedlich groß, denn nicht jeder Tag ist gleich, aber ich aber ich habe seit Juli 2022 jeden Tag geschafft und bin jeden Tag belohnt worden. Ich habe gelernt so viele verschiedene Stimmungen und Lebenslagen, in denen ich Alkohol getrunken habe, zu durchbrechen bzw. zu adaptieren. Ich habe es geschafft nicht mit Alkohol meinen Kummer zu bekämpfen, als meine Mutter eine schwere Krankheitsdiagnose erhielt, ich habe es geschafft drei Umzüge zu wuppen ohne „Belohnungsbier“ hinterher, es gab kein Bier nach einem anstrengendem Arbeitstag, weil ich mir das so verdient hätte. Ich habe mich je nach Situation auf unterschiedlichen Wegen beholfen. Bei der Krankheitsdiagnose habe ich mich erst einmal zum ausruhen hingelegt um meine Gedanken zu sortieren und Kraft zu tanken. Als „Belohnung“ für geschaffte Anstrengungen habe ich immer Multivitaminsaft im Haus, den ich als Schore mit Eiswürfeln trinke. Ein Getränk, das mich an meine Kindheit erinnert und mir hilft, „Alkoholtrinkimpulse“ zu überwinden oder ich nasche ein Paar Gummibärchen. Es werden jetzt die Dinge, die in meinem Einflußbereich so gehandhabt, wie ich das möchte, nicht wie jemand anders meint, es für mich bestimmen zu müssen.
Und die Rückmeldungen, die ich von mir wichtigen Menschen auf meine Veränderung hin bekomme, sind nur positiv, sei es ob ich ausgeglichener bin oder nicht mehr so streng zu mir selber. Ich komme besser mit mir aus und das ist sehr viel wert. Früher habe ich oft gesagt, dass ich mich selbst unheimlich nervig finde, meist unter Alkohol, das ist völlig weg. Natürlich ist nicht alles perfekt, wer ist das schon, aber ich bin zufriedener mit mir. Und da ich durchaus zu depressiven Phasen neige, hilft das unheimlich, wenn man die in sich schlummernde Neigung, sich selbst nicht zu mögen, nicht noch extra verstärkt.
24. Warum haben Sie das Trinken reduziert bzw. aufgegeben und warum nicht schon eher?
Ich wollte mir nicht eingestehen, dass ich etwas falsches tat. Musste erst auf diese Mißstände, die ich mit Alkohol hatte, knallhart hingewisen werden. Zu oft und immer wieder habe ich Zeichen von außen ignoriert. Mein letzter Alkoholkonsum im Juli 2022 hat mir endlich die Augen geöffnet. Ich wollte eigentlich nicht, hab mich dann durch Gruppendruck dazu hinreißen lassen und es dann so sehr bereut, das mir klar war, dass es endgültig ein Ende haben muss. Und seitdem ist die Abstinenz auch so von mir durchexerziert worden.
25. Wie haben Sie die Änderung Ihres Trinkverhaltens erreicht und dabei die Umstellungsphase erlebt?
Am Anfang war es natürlich sehr ungewohnt. Ich hatte aber keinerlei Probleme dabei, es hat natürlich gebraucht um die Gewohnheiten zu brechen und beispielsweise eine Spezi anstatt ein Bier zu bestellen. Auch dreht sich bei anderen Freizeitaktivitäten sich mehr um das Erlebnis bzw. die Aktivität an sich und nicht darum, ob man währenddessen und danach Alkohol trinkt oder ob ich danach eine Geschichte mit Suff zu erzählen habe. Die Zeit der Abstinenz habe zunächst habe ich konsequent mit dem Auslassen von Alkohol begonnen und die Erkenntnisse und Beobachtungen an mir langsam realisiert und verarbeitet. Mein Leben verlief zunächst so wie früher, nur ohne alkoholisches Getränk in der Hand, und andere alkoholhaltige Lebensmittel, um zu beobachten, wie ich das schaffe. Zentrale Fragen dabei waren für mich „Brauch ich das“ und „Was bringt mir das“ und für mich sind das große Schritte, weil ich eigentlich ein Mensch bin, der sich sehr träge verändert und bewegt.
Einen Rückfall gab es zum Glück nicht, sondern habe dann Schritt für Schritt die Änderungen, die mir gut tun, verstärkt, z.B. ist für mich ein Ausgehen bis nach 2 Uhr nachts nicht mehr wichtig, und Personen und Dinge, die meine Umstellung und die neuen Umstände erschweren, sei es Bekannte, die es nicht akzeptieren können/wollen oder verstehen, dann weggelassen. Ich begann also mich zurecht zu finden mit den Veränderungen und habe mein Verhalten soweit adaptiert, dass ich zum Beispiel immer noch Fußball schauen gehe, aber durch offenen Umgang mit meiner Problematik erreicht habe, daß man jetzt nicht mehr nachfragt, ob ich ein Bier möchte. Andere Personen waren nicht so verständnisvoll, so daß ich diese meide.
Ich habe das ganze zunächst sehr offen angenommen, als ein Experiment. Es war für mich spannend zu beobachten, wie diese für mich gravierende Änderung sich auswirkt. Da für mich aber klar war, dass es kein Zurück geben darf und kann, also dieses Experiment nicht ergebnisoffen war, sondern nur wie die Vorzeichen meines sozialen Lebens gesetzt werden, war es für mich auch befreiend. Jahrzehntelang gewachsene Verhaltensmuster, die mir durchaus nicht gut getan haben, die ich aber als fest gegeben mir eingeredet habe, wurden aufgebrochen und ich hatte nun Zeit und Platz und Luft für neue Dinge. Wie bereits erwähnt war der körperliche Drang nicht da, es flogen in bestimmten Momenten immer mal wieder Gedankenfetzen vorbei, die mir zuflüsterten, dass jetzt ein Bier doch schön sei, aber diese kann ich durch meine Nüchternheit sachlich abschütteln. Die jetzige Abstinenz ist keine Selbstverständlichkeit sondern Arbeit an mir selbst.
26. Wie wirkt sich Ihr geändertes Verhalten auf Sie, Ihr Leben und Ihr Umfeld aus?
Ich habe mehr als 10 Kilo ohne Sport abgenommen, ich kann Pläne die ich mir vorgenommen habe auch umsetzen, weil ich nicht mehr verkatert im Bett liegen bleibe. Ich bin verlässlicher für meine Freunde und Familie geworden, denen das natürlich auffällt. Ich bin weniger aufbrausend und beleidigt, weil ich mal wieder angetrunken etwas falsch verstanden habe. Meine Freundin sagt, das ihr diese Veränderungen sehr positiv aufgefallen sind. Im Jahr 2018 war ich wegen Depressionen in therapeutischer Behandlung. Unter Alkoholeinfluss hatte ich immer wiederkehrende depressive Phasen, die auch in Selbsthass auf mich umschlugen konnten. Ich lebe viel unbeschwerter ohne diese Last auf meinen Schultern. Ohne diese Gedanken im Hinterkopf ist mein Leben viel besser. Auch alkoholbedingte Verletzungen sind jetzt kein Thema mehr für mich, ein Beispiel möchte ich dazu anfügen. Ich war immer anfällig mit dem Fuß umzuknicken und dies verstärkte sich unter Alkoholeinfluss nochmals. Natürlich kann das jetzt immer noch durch Unachtsamkeit passieren, aber das Risiko umzuknicken ist durch die Abstinenz noch einmal reduziert worden.
27. Wie stellen Sie sicher, dass Ihr neues Verhalten dauerhaft stabil bleibt?
Zunächst einmal habe ich mein persönliches Umfeld über meine Umstände aufgeklärt. Habe klar gesagt, dass ich ein Problem mit dem Alkohol habe und deswegen keinen mehr trinken werde. Habe allerdings auch bemerkt, das im erweiterten Freundeskreis nicht jeder sich damit anfreunden kann bzw. es sehr ungewohnt ist. Das ist aber für mich nicht schlimm, dann ist das nun einmal so, aber ich muss in dieser Hinsicht zunächst einmal auf mich achten. Wenn mich jemand nur um sich herum haben möchte, wenn ich Alkohol trinke, dann passt das nicht. Das ist schade, aber nicht meine Schuld, sondern dann sind die Umstände nun einmal so. Es gibt Leute die ich seit Sommer 2023 nicht mehr sah, weil ich meine Lebensweise umgestellt habe und ich vermisse nichts daran. Ich war auch seit Sommer 23 nicht mehr spätabends weg, auch weil mir das kein Vergnügen mehr bringt.
28. Können Sie sich vorstellen, jemals wieder in Ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen?
(mit Begründung)
Alles ausschließen kann ich nicht, ich bin nur ein Mensch. Vielleicht erwischt es mich dann stimmungsmäßig auf dem falschen Fuß und ich greife leichtfertig zu. Abstinenz ist kein Schalter, den man einfach mal im Kopf umlegen kann, ich muss jeden Tag daran arbeiten.
29. Wie wollen sie in Zukunft das Trinken vom Fahren trennen?
Durch den völligen Verzicht auf Alkohol. Anders sehe ich keine Möglichkeit, das konsequent trennen zu können.
30. Haben Sie zum Abschluss noch etwas hinzuzufügen?
Die Zeit nach dem Führerscheinentzug habe ich nicht konsequent das Nicht-trinken durchgezogen, aber mir wurde bewusst, dass der Konsum auch daran liegt, dass ich ein selbsterstelltes Image weiter aufrecht erhalten wollte. Erst als ich mir tiefere Gedanken darübergemacht habe, wie ich grundsätzlich leben möchte, habe ich mich umgestellt. Es hat einen Anlauf gebraucht, aber ich habe es bisher geschafft. Ich habe verschiedene Apps auf dem Smartphone, die meinen Fortschritt aufzeichnen und jeder Blick darauf, der meine Fortschritte bestätigt, ist ein kleiner Sprung vor Freude im Herzen, den ich nicht mehr missen möchte.