Heute und in Zukunft
20. Trinken Sie heute Alkohol? Wenn ja, was, wie viel und wie oft?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Da ich nicht auf Alkohol in seiner Funktion als Genussmittel verzichten möchte, habe ich mich für den Weg des kontrollierten Trinkens entschieden. Ich praktiziere seit Mai `22 kontrolliertes Trinken, indem ich an bis zu 10 besonderen Trinkanlässen im Jahr Alkohol konsumiere. Diese plane ich voraus, da sie sich auf Festlichkeiten wie Hochzeiten oder besondere Geburtstagsfeiern belaufen. Meinen Konsum kontrolliere ich dabei mit Hilfe der Widmarkformel, sodass ich einen maximalen Blutalkoholspiegel von 0,3‰ nicht überschreite. Ich beschränke mich dabei konservativ auf maximal zwei kleine Bier à 0,33l oder ein großes Bier à 0,5l oder ein Glas Sekt/Wein à 0,2l. Dabei trinke ich während des Konsumes im Falle von Bier mindestens die gleiche Menge an Wasser oder im Falle des Wein/Sekt, die doppelte Menge an Wasser.
Sollte ich planen, zu einem Anlass Alkohol zu trinken, bedeutet dies für mich auch, dass ich diesen ohne eigenes Fahrzeug (Fahrrad oder Auto) besuche.
Durch diese Regeln erlebe ich Alkohol wieder als reines Genussmittel und laufe nicht die Gefahr, in einen Rausch zu verfallen.
21. Wann haben Sie zuletzt Alkohol getrunken?
Geplant ist, dass ich Silvester mit Freunden verbringe und dabei um Mitternacht ein Glas Sekt trinken werde.
22. Trinken sie gelegentlich alkoholfreies Bier?
Nein.
23. Warum trinken Sie heute Alkohol/keinen Alkohol?
Ich habe mich nach meiner TF lange damit auseinandergesetzt, ob ich zukünftig gänzlich auf Alkohol verzichten soll oder der Weg des kT für mich der richtige ist. Für mich war klar, dass ich vor einer finalen Entscheidung zuerst die Motive für meinen exzessiven Alkoholkonsum in der Vergangenheit ergründen musste. Dazu habe ich viele ehrliche und tiefgründige Gesprächen mit meiner Partnerin, meinen Eltern, meiner Schwester und meinen Freunden geführt. Während dieser Zeit habe ich abstinent gelebt und mein Verhalten mit ihnen und für mich intensiv reflektiert. Nachdem ich für mich erkannt hatte, dass ich Alkohol dazu missbraucht habe, mich im Beisein anderer wohler und unbeschwerter in meiner Haut zu fühlen, konnte ich entsprechende Methoden und Maßnahmen identifizieren, um den Ursachen für diese Kompensationsfunktion entgegenzuwirken.
Aus dieser Situation heraus habe ich für mich entschieden, dass ich über die Voraussetzungen dazu verfüge, meinen Alkoholkonsum zu kontrollieren. Als Genussmittel schmeckt mir Alkohol und ich bin bei der Abwägung seiner Vor- und Nachteile für mich persönlich zu dem Entschluss gekommen, dass ich durch das kontrollierte Trinken die Nachteile soweit minimieren kann, dass die Vorteile des kontrollierten Konsums für mich überwiegen. Außerdem waren in der jüngeren Vergangenheit die Trinkanlässe, zu denen ich exzessiv getrunken habe sehr selten. Viel häufiger hatte ich meinen Konsum vollkommen unter Kontrolle. Grundsätzlich bin ich also bereits vor meiner intensiven Aufarbeitung in der Lage gewesen, mich in meinem Alkoholkonsum zurückzunehmen.
24. Warum haben Sie das Trinken reduziert bzw. aufgegeben und warum nicht schon eher?
Ich habe das Trinken reduziert, weil mir bewusst geworden, dass ich den Alkohol missbraucht und als Mittel zum Zweck der Kompensation meines fehlenden Selbstwertgefühles instrumentalisiert habe. Diese Erkenntnis hat mich schockiert und mir vor Augen geführt, dass ich dringend etwas an meinem Leben ändern muss. Es war ein absoluter Fehler, dass ich gewisse Teile meines Lebens auf der Wirkung von Alkohol aufgebaut und damit ein noch unsichereres Fundament geschaffen habe. Mein Konsum hat mich schließlich der Fähigkeit beraubt, wirklich ich selbst zu sein. Das war für mich ein unumstößlicher und drastischer Grund mein Trinken mit sofortiger Wirkung einzustellen und in der Zukunft drastisch zu reduzieren.
Zusätzlich hat mein hoher Konsum dazu geführt, dass ich eine hohe Alkoholtoleranz aufgebaut habe. Mit dieser Toleranz habe ich die Fähigkeit verloren, meinen Trunkenheitszustand selbst reflektiert und adäquat einschätzen zu können. Dieser fehlende Kontrollmechanismus hat mich zu einer potenziellen Gefahr für mich selbst und andere gemacht, was nicht mit meinem Selbstverständnis vereinbar ist. Auch aus diesem Grund habe ich meinen Alkoholkonsum im Rahmen des kT auf ein Minimum reduziert.
Diese Einsicht kam bei mir leider viel zu spät und ich hätte mein Verhalten bereits viel früher reflektieren sollen. Ich habe die Warnsignale, wie zum Beispiel dem Aufbau meiner Toleranz, nicht erkannt und somit keine Gegenmaßnahmen eingeleitet. In meinem Umfeld war mein Trinkverhalten normal und ich habe schlichtweg nicht wahrgenommen, dass ich mich auch einem ganz falschen Weg befand. Diesen Umstand bereue mich massiv und bin gleichzeitig auch froh und stolz, dass ich im Rahmen der MPU zu der Einsicht gekommen bin, dass ich mein Leben und meine Einstellung zu Alkohol und mir selber verändern muss – ohne dass ich selbst oder andere dabei zu Schaden kommen mussten.
25. Wie haben Sie die Änderung Ihres Trinkverhaltens erreicht und dabei die Umstellungsphase erlebt?
Unmittelbar nach meiner TF habe ich im intensiven Austausch mit meinem engsten Umfeld die Gründe für meine Alkoholexzesse ergründet. Dabei haben mir meine Eltern und meine Schwester sehr geholfen, die mir aufgezeigt haben, dass ich seit jeher extrem selbstkritisch war und immer die Tendenz hatte, niemandem zur Last zu fallen und mich selbst anderen unterzuordnen. Sie haben mir gleichzeitig das Gefühl gegeben und mir versichert, dass ich von ihnen bedingungslose Unterstützung und Liebe erfahren werde, egal, wie ich mein Leben gestalte und ob ich erfolgreich, beliebt oder sonst irgendetwas bin. Gleichzeitig haben sie sich bei mir für die Probleme in der Vergangenheit entschuldigt und sind sehr froh, dass bei mir endlich ein Knoten geplatzt zu sein scheint und ich über all das, was passiert ist, sprechen kann.
Auch der offene Dialog mit meiner Partnerin, in der ich ihr meine Ängste und Sorgen erklärt habe, hat mich sehr unterstützt. Sie hat sich sofort dazu bereiterklärt, mit mir zusammen abstinent zu leben, falls ich diesen Schritt gehen wollen würde. Außerdem hat sie ihr Verhalten mir gegenüber so verändert, dass sie mich darauf hinweist, wenn ich zu hart mit mir ins Gericht gehe und mit mir zusammen neue Verhaltensweisen trainiert. Ich habe für mich fünf verschiedene Säulen entwickelt, durch die ich mein fehlendes Selbstwertgefühl aufbauen kann und mich in mehr Selbstliebe übe:
Ich lasse mir deutlich mehr „durchgehen“ und bin verständnisvoller mit mir selbst. Insbesondere wenn ich mit Herausforderungen oder Rückschlägen im Zusammenhang mit meiner Behinderung konfrontiert werde, bleibe ich ruhiger und reflektiere meine Situation von außen. Ich spreche dann so mit mir selbst, wie ich mit einem Freund oder meiner Familie sprechen würde. Ich erinnere mich daran, dass es in Ordnung ist, nicht perfekt zu sein.
Ich gehe bewusst Aktivitäten nach, die mir Freude bereiten. Dazu gehört, dass ich wieder mit dem Mountainbiken begonnen habe, regelmäßig Yoga mache und meditiere. Außerdem habe ich im neuen Jahr vor, einen Snowboardkurs zu absolvieren und wieder auf die Skipiste zurückzukehren. Besonders in stressigen Zeiten ist das ein toller Ausgleich für mich und gibt mir ein Gefühl der Erfüllung.
Von meinem Umfeld erfahre ich sehr viel Unterstützung und kann mich voll und ganz auf meine Partnerin, Freunde und Familie verlassen. Es hat mich längere Zeit gekostet, bis ich mich getraut habe, mit meinen Freunden offen über meine Gefühle zu sprechen. In der ersten Phase nach meiner TF habe ich mich sehr geschämt und bin zum Teil dem Kontakt mit ihnen aus dem Weg gegangen. Da sie auch ein wichtiger Bestandteil meines Lebens sind, habe ich meinen Mut zusammengenommen und ich ihnen meine Gefühle und Sorgen offengelegt. Sie haben sehr überrascht aber auch verständnisvoll reagiert. In offenen Gesprächen haben sie mir nachhaltig versichert, dass sie mich nicht für meine alkoholisierte, enthemmte Persönlichkeit zu schätzen wissen, sondern mich generell gerne als Freund in ihrem Leben haben. Als Reaktion auf meine TF haben auch meine Freunde ihren Alkoholkonsum reflektiert und deutlich zurückgefahren. Bei unseren Treffen und Aktivitäten wird zwar noch immer ab und zu getrunken aber deutlich seltener und in geringerer Intensität.
Ich habe begonnen, für mich selbst einzutreten. Ich teile meine Bedürfnisse und Grenzen mit anderen und fordere auch bewusst Unterstützung und positive Rückmeldungen ein
Ich konzentriere mich bewusst auf meine Stärken. Da ich insbesondere im Beruf in letzter Zeit erfolgreich war, bin ich mir meiner Stärken deutlich bewusster geworden und fokussiere mich auf die Dinge, die ich kann. Dadurch fühle ich mich selbstbewusster und leistungsfähiger. Außerdem habe ich mich bewusst dazu entschieden, meine Erfolge zu feiern und auch Misserfolge zu akzeptieren und mir zu beiden Anlässen ganz bewusst etwas zu gönnen (z.B. eine Massage, einen Friseurbesuch oder ein leckeres Mittagessen). Diese Schritte zu mehr Selbstakzeptanz haben nach und nach gefruchtet, sodass ich mich deutlich stabiler und mit mir selbst im Reinen fühle. Das zeigt sich sowohl in meinem Inneren als auch in meinem Verhalten anderer gegenüber
Die Umstellung habe ich daher sehr positiv und als bereichernd für mein Leben erlebt.
26. Wie wirkt sich Ihr geändertes Verhalten auf Sie, Ihr Leben und Ihr Umfeld aus?
Ich bin deutlich gelassener und innerlich selbstbewusster geworden. Ich habe das Gefühl, dass mein Inneres und meine Wirkung nach außen endlich im Einklang sind. Mir fällt es leichter, Schwächen und Fehler einzugestehen und ich habe endlich gelernt, dass es vollkommen in Ordnung ist, um Hilfe zu bitten und auch mal etwas nicht zu schaffen. Dadurch fällt mir oft eine große Last von meinen Schultern und ich habe nicht mehr das Gefühl, alles alleine schultern zu müssen.
Diese innere Ruhe weiß meine Partnerin sehr zu schätzen und ich kann ihr in unserer Partnerschaft viel mehr Stabilität bieten. Meine Freunde sind sehr beeindruckt von meiner Veränderung und ich habe durch von ihnen durchweg positives Feedback bekommen. Im beruflichen Umfeld konnte ich durch meine innere Ruhe mit stressigen Zeiten deutlich besser umgehen und mit deutlich weniger Energieaufwand bessere Ergebnisse erzielen. Das ist meiner Vorgesetzten ebenfalls sehr positiv aufgefallen.
27. Wie stellen Sie sicher, dass Ihr neues Verhalten dauerhaft stabil bleibt?
Ich habe für mich ein Umfeld geschaffen, in dem ich mich sehr wohlfühle. Meine Routinen und neuen Denkmuster helfen mir dabei, die Ursache meines früheren Alkoholmissbrauches zu kontrollieren und einen positiven Blick auf mich zu behalten. Die Grundlage für das kT ist für mich, dass ich in mich hineinhorche und regelmäßig reflektiere, ob ich noch mit mir selbst „im Reinen“ bin. Sollte ich feststellen, dass ich wieder in eine sehr selbstkritische Denkweise abrutsche, werde ich sofort ergründen, wo die Auslöser dafür liegen und entsprechend gegensteuern. Wenn größere Veränderungen in meinem Leben anstehen, nehme ich diese langsam, Schritt für Schritt in Angriff, um mich nicht zu überfordern.
Da ich seit fast einem Jahr, das bisweilen extrem anspruchsvoll war, meine Verhaltensänderung lebe, bin ich selbstbewusst genug zu sagen, dass ich davon überzeugt bin, dass mein neues Verhalten stabil bleibt. Durch meine Veränderungen habe ich Stellschrauben für mein Innenleben gefunden, die es mir ermöglichen auch große Herausforderungen für mich zu bewältigen. Mein Umfeld ist auch entsprechend sensibilisiert und würde mich sofort auf Veränderungen in meinem Trinkverhalten hinweisen.
28. Können Sie sich vorstellen, jemals wieder in Ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen?
(Ja/Nein + Begründung)
Von meinem aktuellen Standpunkt aus gesehen kann ich mir das absolut nicht vorstellen, da ich mich als sehr gefestigt erlebe und die Alkoholexzesse der Vergangenheit absolut nicht mehr mit meinem Selbstbild vereinbar sind. Ich fühle mich so wohl mit mir selbst, dass Alkohol für mich absolut keinen Stellenwert mehr im Leben hat. Ich genieße Abende und die Gesellschaft anderer ganz bewusst und unter voller Kontrolle meiner Sinne. Außerdem bin ich sehr stolz auf das, was ich geschafft habe und möchte meine Fortschritte auf keinen Fall riskieren. Mein Leben ist jetzt deutlich besser als zuvor und ich möchte nicht mehr zu meinem alten Ich zurückkehren.
Trotz allem bin ich mir dessen bewusst, dass mein ehemaliges Trinkverhalten tiefe Gräben hinterlassen hat, in die ich auch zurückfallen kann. Ich tue Alles, um dies zu verhindern und halte mich an meine strikten Regeln, was das Trinken anbelangt. Sollte ich doch rückfällig werden, bin ich bereit professionelle Hilfe anzunehmen und gegebenenfalls komplett auf Alkohol in meinem Leben zu verzichten.
29. Wie wollen sie in Zukunft das Trinken vom Fahren trennen?
Ich werde das Trinken vom Fahren dadurch strikt trennen, dass ich zu meinen vordefinierten Trinkanlässen nicht mit einem Fahrzeug anreisen werde. Außerdem hab ich die Gefahren des alkoholisierten Fahrens absolut verinnerlicht und empfinde die Konsequenzen für mich als untragbar.
30. Haben Sie zum Abschluss noch etwas hinzuzufügen?
Nein.