Zusammenfassung eines Gutachtens bei AB (AVUS in Hamburg)

Ali

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Zusammenfassende Befundwürdigung
Die medizinische Untersuchung hat im Hinblick auf die Fragestellung keine eignungsausschließenden Befundauffälligkeiten ergeben.
Ali hat durch zwei Haaranalysen auf Ethylglucuronid vom 22.02.2010 bzw. vom 02.07.2010 für die Zeit vom 22.11.2009 bis zum 22.02.2010 bzw. für die Zeit vom 02.04.2010 bis zum 02.07.2010 seine Abstinenz belegt.
Die Ergebnisse der funktionspsychologischen Überprüfung zeigen, daß ein ausreichendes Maß psychophysischer Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen der beantragten Klasse vorliegt.
Der Schwerpunkt der Begutachtung lag im Persönlichkeitsbereich. Hier kann festgestellt werden, daß Ali im psychologischen Untersuchungsgespräch sehr offen und auskunftsbereit wirkte.
So sind die von Ali angegebenen Trinkmengen ausreichend, um die bei ihm anzunehmende Alkoholtoleranz zu erklären (Wie sich sein Trinkverhalten weiter entwickelt habe? Im August 1998 sei er wieder nach Deutschland zurückgekommen. Dann sei eine Trinkphase gekommen, dann habe er mal ein halbes Jahr durch getrunken, dann wieder ein halbes Jahr abstinent gelebt.(...) Dann habe er aus Selbstüberschätzung auf dem Schützenfest ein Bier getrunken, das sei der Anfang der nächsten, gemäßigteren Trinkphase gewesen. Er möge doch bitte mal seinen Umgang mit Alkohol von Beginn an schildern. (...) Das sei im Jahr 1986 gewesen. Das sei ihm aber keine Lehre gewesen, er habe weiter getrunken. Unter der Woche ein bißchen, am Wochenende sei es viel gewesen, man könne sagen, ca. eine Flasche Bacardi (0,7 l). Die Mischungen seien auch immer konzentrierter geworden. (...)). Diese Angaben zeigen, daß er nicht dazu neigt, seine Trinkmengen zu verharmlosen. Prognostisch ist dies günstig.
Für den Tag der Trunkenheitsfahrt selbst macht Ali geltend, sich an die genaün Trinkmengen nicht mehr erinnern zu können, da er einen Filmriß" gehabt habe (Ob er beschreiben könne, wie es zu der Trunkenheitsfahrt gekommen sei? (...) Seine Freundin sei verreist gewesen, und er habe sich vorgenommen, drei Tage lang zu trinken. (...) An diesem Dienstag habe er den Tag mit Alkohol nach dem Frühstück begonnen. (...) Er habe nur Bacardi-Cola getrunken, ca. 3-4 Gläser (0,4 l). Die Mischung sei ein Teil Bacardi und 2 Teile Cola gewesen. (...) An eine Rückfahrt könne er sich nicht mehr erinnern. Die nächste Erinnerung setze erst dann wieder, als er auf dem Parkplatz eines Supermarktes gestanden sei. (...) Es habe ihn selbst erschreckt, einen so langen Filmriß gehabt zu haben.). Auch hieraus ergibt sich kein Anhaltspunkt, daß Ali dazu neigen würde, seine Trinkmengen, die letztlich zur festgestellten Blutalkoholkonzentration (BAK) am Delikttag geführt haben, zu verharmlosen. Prognostisch ist dieser Umstand ebenfalls günstig zu bewerten.
Weiter konnte er einiges über sich und den persönlichkeitsspezifischen Hintergrund seines Alkoholmißbrauchs berichten und verwies hier nicht auf außerhalb seiner selbst liegende Bedingungen oder Umstände (Ob ihm die Motive für seinen Alkoholkonsum bekannt seien? (...) Sein Vater sei sehr leistungsorientiert gewesen, habe ihn sehr gefordert. Zum Trinken habe er ihn nicht animiert, aber er habe ihn unter Druck gesetzt. Er selbst habe ihm alles recht machen wollen. Das sei sehr prägend gewesen. Den Druck habe er durch den Alkohol erträglicher machen wollen. Später habe er immer Angst vor Vorgesetzten gehabt, selbst vor dem Kontrolleur in der Straßenbahn. Er habe generell vor Autoritäten Angst gehabt. So habe er sich mit dem Alkohol einen Druckausgleich geschaffen. Ein weiteres Motiv sehe er in der Vorbildfunktion damaliger Freunde: die seien lustig gewesen, seien in Kontakt mit Fraün gekommen, und er habe das Gefühl gehabt, mit dem Alkohol seine sozialen Hemmungen loswerden zu können. Ganz am Anfang habe sicher auch noch der Genußfaktor eine Rolle gespielt.). Kenntnis der eigenen Trinkmotive ist eine wichtige Voraussetzung für eine positive Verkehrsprognose, da sich aus unbearbeiteten Trinkmotiven ein erneuter Alkoholmißbrauch ergeben kann. Eine solche Kenntnis liegt offenbar bei ihm vor.
Ali konnte im Untersuchungsgespräch einiges zu den Strategien berichten, wie er heute ohne Alkohol mit Situationen umgehe, die früher zu einem Alkoholkonsum haben führen können (Wie er heute mit Situationen umgehe, die in der Vergangenheit zu einem Alkoholüberkonsum haben führen können?) Er habe sich jetzt beruflich eine schöne Position erarbeiten können, da sei er auch stolz. Seine Beziehung sei stabil, sie wisse, daß er getrunken habe, sie wisse um alles, halte ihm dennoch die Treü. Dafür sei er ihr unheimlich dankbar. Das sei sehr stabilisierend.). Die Kenntnis dieser Strategien ist eine wichtige Voraussetzung für eine stabile Alkoholabstinenz und somit prognostisch günstig zu bewerten.
Die Angaben von Ali zu seinem früheren Trinkverhalten sprechen mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür, daß es sich hierbei um eine schwere Alkoholmißbrauchsproblematik, vermutlich im Bereich einer Alkoholabhängigkeit, gehandelt haben muß. Er selbst bestätigte diese Einschätzung im Gespräch (Ob er sich als alkoholkrank bezeichne? Ja. Ob diese Diagnose schon mal gestellt worden wäre? Nein, das sei nicht von einem Facharzt gestellt worden, aber er erfülle alle Kriterien.).
Ali gibt an, seit Juni 2009 auf Alkohol ganz zu verzichten (Wie es nach der Trunkenheitsfahrt mit dem Alkohol weitergegangen sei? (...) Hier müsse er sich auch verbessern: beim Arzt habe er vorher gesagt, er sei seit April 2009 abstinent, es sei aber der 08.06. 2009 gewesen, an dem er zuletzt Alkohol konsumiert habe.). Diese Entscheidung ist, in Anbetracht seiner alkoholspezifischen Vorgeschichte, als notwendig und richtig zu bewerten.
Aus folgenden Gründen kann hier aus gutachterlicher Sicht diese Abstinenzangabe (trotz früherer, immer wieder beendeter Abstinenzphasen) als mit hoher Wahrscheinlichkeit daürhaft bewertet werden:
bei seinen früheren Abstinenzvorhaben ging Ali davon aus, er hätte auch kontrolliert Alkohol konsumieren können (Warum er dann doch wieder begonnen habe zu trinken? (...) Das sei Selbstüberschätzung gewesen. Er habe gedacht, er schaffe das auch kontrolliert. (...)). Mit Beginn seiner jetzigen Abstinenz bestand die Einsicht, Alkohol nicht kontrolliert konsumieren zu können (Ob er sich auch vorstellen könne, wenn er wieder Alkohol trinken würde, sich dann auf eine kleine Menge begrenzen zu können? Er wisse, daß es sich nach einiger Zeit wieder steigern würde, das gehe nicht.).
in diesem Zusammenhang schien ihm erst mit Beginn seiner jetzigen Abstinenz das Ausmaß seiner Alkoholproblematik bewußt geworden zu sein (Seit wann ihm selbst klar gewesen sei, daß er alkoholkrank sei? Im Grunde sei das seit dem Filmriß bei der Trunkenheitsfahrt gewesen, das sei ein deutliches Zeichen für ihn gewesen. (...))
die sozialen Rahmenbedingungen (Beruf, Partnerschaft, soziale Kontakte) scheinen sich derart zum Positiven verändert zu haben, daß eine Fortführung der abstinenten Lebensweise dadurch unterstützt werden kann
Diese Angabe eines Alkoholverzichts kann psychologisch als glaubhaft gelten, da er Umstellungsschwierigkeiten schildern konnte, die üblicherweise bei Personen auftreten, die nach einer Phase intensiven Konsums diesen ganz einstellen (Ob es ihm schwergefallen sei, gar nichts mehr zu trinken? Zunächst sei es ihm schwergefallen. (...) Es habe Versuchungssituationen gegeben, die werde es auch zukünftig geben, aber er hoffe, daß diese weniger werden würden.). Prognostisch ist dies günstig zu bewerten.
Günstig ist weiter, daß er die Gefahr eines erneuten Alkoholkonsums nicht pauschal an die Seite schob, sondern zu kritischen oder Versuchungssituationen, in denen er darauf achten müsse, bei seiner Entscheidung zu bleiben, einiges sagen konnte (Ob er solch eine Versuchungssituation und seinen Umgang damit schildern könne? 2009 habe ein Freund Geburtstag gefeiert, und sie seien in einer Kneipe gewesen. Er habe sich selbst betrachtet und dabei gedacht, daß er früher bei so einem Anlaß hackedicht gewesen sei und nach Hause gegangen wäre. Und er habe es eben nicht gemacht. Der Anlaß sei ja dagewesen, aber er habe sich an seinem Wasser festgehalten.).
Ebenfalls prognostisch günstig ist, daß er positive Veränderungen in seinem Leben festgestellt hat, die er in einen Zusammenhang mit seiner abstinenten Lebensweise bringt (Nun gebe er jetzt auch an, abstinent zu leben und leben zu wollen wo er die Gründe dafür sehe, daß er seine Abstinenz jetzt daürhaft fortführen könne? Weil er schlaür geworden sei. Weil er gemerkt habe, was er davon habe, nichts zu trinken. Und das sei auch unabhängig vom Führerschein. Er genieße Tee, habe alte Hobbies reaktiviert. Er habe eine Partnerin, eine guten Kontakt zu seiner Schwester. (...) Er sei froh, daß das nicht mehr sein Thema sei. Er sei wieder in die Kirche eingetreten.). Zufriedenheit mit einer alkoholfreien Lebensweise ist prognostisch günstig, da dann erwartet werden kann, daß der Alkoholverzicht beibehalten wird.
Dazu kommt als weiterer positiver Aspekt, daß Ali die ein erneutes Trinken ggfs. auslösenden Situationen, Gefühle und Gedanken sowie die Signale hierfür kennt, sich mit diesen auseinander gesetzt und eine stabile Rückfallvorbeugung etabliert hat (Ob er Situationen kenne, in denen er besonders aufpassen müsse, daß er nicht wieder etwas trinke? Ja, bei langen Abwesenheiten der Freundin, oder wenn er lange Zeit ohne Kontakt zu anderen Menschen sei, wenn es berufliche Schwierigkeiten gebe, das seien alles Situationen, die Gefahren bergen würden. Es werde für ihn sicher nie leicht werden mit Alkohol, aber er habe viele gute Gründe nicht zu trinken. Aber diese Situationen habe es im letzten Jahr alle schon gegeben.). Damit liegt bei ihm eine weitere wichtige Voraussetzung für eine positive Verkehrsprognose vor.Nicht unerwähnt bleiben soll, daß Ali sich fachliche Unterstützung gesucht hat. Nach eigener Aussage habe er hiervon auch profitieren können.
Gutachtenergebnis
Es ist nicht zu erwarten, daß Ali zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluß führen wird. Es liegen als Folge eines unkontrollierten Alkoholkonsums keine Beeinträchtigungen vor, die das sichere Führen eine Kraftfahrzeuges der beantragten Klasse XY in Frage stellen.
 

Nancy

Super-Moderator und MPU Profi
Teammitglied
Administrator
Vielen Dank für das Einstellen dieses Ga...Ali.:smile:
Das ist für die User hier sicher sehr informativ.:smile:
 
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