Tathergang
1. Beschreiben Sie den Tag Ihrer Trunkenheitsfahrt aus eigener Sicht mit Datum und Uhrzeiten.
Nach der Geburtstagsfeier am 20.11.15 haben wir morgens um 9.30 Uhr gefrühstückt und ich habe 1 Glas Sekt dabei getrunken. Ich fühlte mich gut und habe mir damals über den Restalkohol vom Abend zuvor keine Gedanken gemacht. So fühlte ich mich in der Lage um 11 Uhr die 8 km zum Einkaufen zu fahren. Um 11.30 Uhr hielt mich ein Polizeiauto an. Der Atemalkoholkontrolle gab einen Wert von 1,35 Promille an.
2. Was und wie viel haben Sie am Tattag insgesamt getrunken?
20.11.15 - 1,5 L Wein, 1,5 L Sekt, 21.11.15 1 Glas Sekt
15.12.19 - 3 1/2 L Wein
05.06.20 - 2 Dosen Hugo ( pro 200 ml)
3. Wie viel Kilometer fuhren Sie, bis Sie aufgefallen sind und wie viel Kilometer wollten Sie insgesamt fahren?
Ich bin am 21.11.15 ca 8 km gefahren und wollte noch 8 km nach Hause fahren.
4. Hatten Sie das Gefühl, noch sicher fahren zu können?
Am 21.11.15 fühlte ich mich in der Lage noch sicher fahren zu können.
5. Wie haben Sie die Trunkenheitsfahrt vermeiden wollen (wenn überhaupt)?
Am 05.06.20 hatte ich im Rewe nach dem Einkaufen 2 Dose Hugo (200 ml) getrunken. Im Vorfeld hatte ich mit einem Freund abgesprochen, dass er mich am rewe abholt, da wir zusammen ins Saarland zu einem Geburtstag fahren wollten.
Am 21.11.15 ging ich mittags davon aus, dass ich wieder nüchtern sei. Habe den Restalkohol nicht bedacht. Ich fühlte mich in der Lage PKW zu fahren.Heute weiß ich, dass der Körper ca 6-8 Std benötigt um 1 Promille abzubauen .
6. Haben Sie bereits früher im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss gestanden und sind aufgefallen?
Am 21.11.15 Trunkenheitsfahrt unter 1,35 Promille war das erstmal. Danach bin ich nie mehr unter Alkoholeinfluss Auto gefahren.
7. Wie oft haben Sie alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen ohne aufzufallen und was folgern Sie daraus?
Ich war zuvor noch nie unter Alkoholeinfluss Auto gefahren. An dem Tag hatte ich den Restalkohol nicht bedacht Dass ich am 21.11.15 angehalten wurde, sehe ich zurückblickend als gut an. Ich wurde wach gerüttelt und mir wurde die Wirkung von Restalkohol nochmal bewusst. Zum Glück habe ich niemanden gefährdet bzw verletzt.
Exploration
8. Wann hatten Sie den ersten Kontakt mit Alkohol und wann haben Sie das erste Mal Alkohol zu sich genommen?
Ich habe in meiner Jugendzeit bis ich 19 Jahre alt war, keinen Alkohol getrunken.
Genaues Datum weiß ich nicht mehr. Es war an einem Samstag wo wir mit Freunden in einer Disco waren.
9. Haben Sie regelmäßig Alkohol getrunken, und wie hat sich ihr Trinkverhalten in den letzten Jahren entwickelt?
Mit 19 habe ich das erstmal Alkohol getrunken. Bis 2018 hatte ich einen kontrollierten, gelentlichen Alkoholkonsum. An manchen Wochenenden gelegentlich 1-2 Gläser Wein oder an Geburtstagen.
2018 spitze sich mein Konsum bis zum täglichen Trinken im Juli 2018 zu.
10. Wie viel und wie oft haben Sie getrunken?
Ab Juli 2018 spitze sich mein Alkoholkonsum zu. Ich trank täglich bis zu 3 L Wein.
11. Wo und mit wem haben Sie überwiegend getrunken?
Ich habe alleine zu Hause getrunken
12. Warum haben Sie getrunken?
2018 brach alles zusammen was sich über Jahre angestaut hatte. Zuerst half der Alkohol zum einschlafen, um Ängste, Anforderungen, Zweifel zu ertränken. Durch Erstickunganfälle litt ich unter Angst und panikattacken. Dann setzte ich ihn ab 07/2018 vermehrt bewusst ein, um die Wirkung zu erzielen.
13. Welche Wirkung haben Sie in der Vergangenheit nach Alkoholgenuss bei sich beobachtet?
Als ich noch kontrolliert trinken konnte, nicht abhängig war, wurde ich lockerer, lustig, nahm nicht alles zu ernst. Ich konnte gut einschlafen und war entspannt.
Ab 07/2018 änderte sich die "positive Wirkung ". Ich bekam nichts mehr geregelt, vegetierte dahin, meine Persönlichkeit änderte sich. Mir wurde bewusst dass ich den Konsum nicht mehr unter Kontrolle hatte und Hilfe benötigte.
14. Gab es kritische Hinweise Anderer auf Ihren Alkoholkonsum und wie haben Sie darauf reagiert?
Ja, meine Familie, mein Kinder bekamen 2018 meinen kritischen Konsumverlauf mit. Aber ich empfand es zunächst als Vorwürfe damals, reagierte mit Abwehr, distanziert mich. Erst als ich im Juli 2018 einsah, dass ich Hilfe brauchte, erkannte ich, dass sie hilflos waren und es nur gut gemeint haben.
15. Welche Auswirkungen und Folgen hatte Ihr Alkoholkonsum auf Ihr Leben und Ihr Umfeld?
Mein Leben ab Juli 2018 war kein Leben mehr. Es drehte sich nur noch um den Alkohol. Ich vegitierte dahin, mir war morgens bis mittags nur übel, ich bekam nichts mehr geregelt und distanzierte mich. Ich wollte vom Alkohol weg aber spürte, dass ich es ohne Hilfe nicht schaffte. Der Kontakt zur Familie wurde weniger auch zu Freunden. Sie standen der Situation hilflos gegenüber. Vor Juli 2018 lehnte ich auch jegliche Hilfe ab und dachte noch, dass ich es alleine schaffen würde.
16. Gab es in Ihrem bisherigen Leben frühere Zeiten, in denen sie weit mehr Alkohol als heute getrunken haben?
Wenn ja, nennen sie bitte die Lebensabschnitte und mögliche Ursachen und Umstände dafür.
Heute lebe ich seit August 2020 abstinenz.
2018 brach mein Kartenhaus zusammen, alles was ich bis dahin erfolgreich verdrängt habe kam hoch.
Finanzielle Sorgen, plötzlicher Tot der Mutter (Halt brach weg), Überforderung, Erstickunganfälle, Beziehung zu meinem paranoid Schizophrenie erkrankten Exfreund, Schlafstörungen.
Ich war überfordert und alles erdrückte mich. Aber ich wollte weiterhin nach außen stark wirken, den Schein aufrecht erhalten.
Im August 2019 bis Dezember 2019 spitze sich mein Trinkverhalten wieder zu.
Mein Exfreund terrorisierte und bedrohte, würgte mich. Ich hatte einen Bandscheibenvorfall, OP und litt unter starken Schmerzen, wodurch ich nicht schlafen konnte. Ich versuchte wieder alles im Alkohol zu ertränken.
17. Haben sie jemals die Kontrolle über ihre Trinkmenge verloren und bis zur Volltrunkenheit Alkohol konsumiert?
Ja, ab Juli 2018 und Dezember 2019 waren es am Ende des Tages bis zu 3 l Wein.
18. Haben Sie früher schon einmal oder öfter über einen längeren Zeitraum bewusst und mit Absicht völlig auf den Genuss von Alkohol verzichtet?
Ich habe vom 22.11/2015 bis 08/2016, 11/2018 bis 08/2019 und 20.12/2019 bis 05/2020 Abstinenz gelebt.
19. In welcher Kategorie eines Alkohol trinkenden Menschen haben Sie sich früher gesehen und wie stufen Sie sich heute rückblickend ein?
Früher habe ich mein Trinkverhalten so eingestuft, dass ich es unter Kontrolle hatte, nicht abhängig war, jederzeit auch wieder aufhören könnte, habe es mir schön geredet.
Zurückblickend konnte ich es vor Juni 2018 noch kontrollieren, trank gelentlich. Aber ab Juni 2018 rutschte ich immer mehr in die Abhängigkeit
Seither stufe ich mich als abhängig ein.
Heute und in Zukunft
20. Trinken Sie heute Alkohol? Wenn ja, was, wie viel und wie oft?
Seit August 2020 lebe ich Abstinenz.
21. Wann haben Sie zuletzt Alkohol getrunken?
Am 05.06.20 2 Dosen Hugo u danach bis Ende Juli 2020 alkoholfreies Bier/ alkoholfreies Radler.
22. Trinken sie gelegentlich alkoholfreies Bier? Nein. Alkoholfreies Bier hat auch 0,5 % Alkohol!
23. Warum trinken Sie heute Alkohol/keinen Alkohol?
Ich lebe Abstinenz.
Ich habe mein Leben reflektiert. Wie ich ab Juli 2018 da lag, erbracht, der Konsumdruck, das ich dahin vegitierte und mein Leben an mir vorbei lief. Es war kein Leben mehr! Wenn ich so weiter gemacht hätte, wäre ich gestorben.
Ich habe mein Leben wieder zurück und versuche aus jedem Tag was positives abzugewinnen.
24. Warum haben Sie das Trinken reduziert bzw. aufgegeben und warum nicht schon eher?
Im Juni 2018 erkannte ich, dass ich wirklich krank und abhängig bin. Ich wollte so nicht weiter leben. Ich hatte Angst durch den Alkohol zu sterben. Es war ein dahin vegitieren und kein Leben mehr.
Erst da erkannte ich auch, dass ich einiges in meinem Leben, an meinen Einstellungen, Anforderungen mir gegenüber ändern muss. Dass ich bei mir selber ankommen muss. Meine Vergangenheit aufarbeiten muss und mich aus der abhängigen Beziehung zu meinem damaligen paranoid Schizophrenie erkrankten Exfreund lösen muss. Das erforderte harte und tägliche Arbeit.
25. Wie haben Sie die Änderung Ihres Trinkverhaltens erreicht und dabei die Umstellungsphase erlebt?
Im Juni 2018 merkte ich, dass ich es alleine nicht mehr schaffe. Ich habe mich zur Entgiftung angemeldet, wo ich im Oktober 2018 stationär war.
Nach dem Vorfall vom 15.12.19 entgiftete ich mich zu Hause selber, mit Unterstützung meiner Kinder und Freunden.Es war eine harte Phase, mit Übelkeit, erbrechen und zittern vom Entzug. Es zog sich über mehrere Wochen hin. Keine schöne Zeit!
26. Wie wirkt sich Ihr geändertes Verhalten auf Sie, Ihr Leben und Ihr Umfeld aus?
Ich lebe mein Leben bewusster und kann es wieder genießen.
Ich habe meine Strategie (Gedankenänderung, Gedankenstopp, Atemübungen, Sport, Hund, to Do plan usw) was mir im Alltag hilft. Meine Familie, Kinder und Freunde vertrauen mir wieder und ich habe gute Kontakte und sie sind wieder jederzeit für mich da.
Mein Vater und meine Kinder sind stolz auf mich und dies erfüllt mein Herz.
27. Wie stellen Sie sicher, dass Ihr neues Verhalten dauerhaft stabil bleibt?
Ich habe meine Strategien nun seit Jahren und sie helfen mir im Alltag. Jeden Tag arbeite ich weiter an mir. Ich gehe wöchentlich in meine Selbsthilfegruppe der Caritas, kann jederzeit unseren Suchtberater, meinen Psychologen und Gruppenmitglieder kontaktieren.
Ich will leben!
28. Können Sie sich vorstellen, jemals wieder in Ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen?
Nein. Mein Suchtgedächtnis hat nur schlimme Erinnerungen an meine Trinkzeiten! Ich möchte dies nie mehr erleben!
Alkohol und meine Erkrankung (systemische Sklerodermie)wären definitiv mein Totesurteil!
Ich liebe mein Leben!
29. Wie wollen sie in Zukunft das Trinken vom Fahren trennen?
Ich lebe weiterhin für mein restliches Leben Abstinenz!
30. Haben Sie zum Abschluss noch etwas hinzuzufügen?
Ich habe viel an mir, meinen Einstellungen, Anforderungen gearbeitet und meine Vergangenheit aufgearbeitet. Viele Sachen haben mich seit Kindheit belastet aber ich bin es nie angegangen. Ich habe mich selber nie gespürt, dass Leben der anderen gelebt aber nicht meins, ich habe mich selber nie gespürt. Heute bin ich angekommen, bei mir selber.