Hallo Nancy, vielen Dank für dein ehrliches Feedback
Hier kommt die Rückmeldung
Schönen Sonntag
Fragen des Gutachters zu verkehrsrechtlichen Delikten:
Allgemeine Fragen
Warum sind Sie hier?
Die Führerscheinstelle hat Zweifel an meiner Fahreignung, die ich heute ausräumen und meine Eignung darstellen will.
1. Wie viele Verstöße hatten sie?
Aktenkundige Verstöße 3
Nicht aktenkundige Verstöße waren es bestimmt an die 30, 40 Verstöße
2. Was waren das für Verstöße?
Geschwindigkeitsüberschreitungen hauptsächlich außerhalb geschlossener Ortschaften, falsches Parken
3. Wann waren diese Verstöße und in welchem Zeitraum fanden diese statt? (möglichst Datum und zu welcher Tageszeit-umso genauer, umso besser)
02.08.2012 - 00:34Uhr - zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 38 km/h überschritten. Zulässige Geschwindigkeit 20 km/h. Tatort Jena Löbdergraben.
07.11.2014 - 15:11Uhr - zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 25 km/h überschritten. Zulässige Geschwindigkeit 130 km/h. Tatort A9 Tautendorf Nähe Hermsdorfer Kreuz.
26.06.2015 - 13:53Uhr - zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 41 km/h überschritten. Zulässige Geschwindigkeit 80 km/h. Tatort A71 Gräfenroda – durch Abstandsmessung hinter Rennsteigtunnel
4. Wie konnten so viele Verstöße zusammenkommen?
Am 02.08.2012 wollte ich nach Jena fahren um Freunde zu besuchen und bekam das Auto meiner Mutter. Es war meine erste Fahrt allein mit dem Auto nach Jena. Ich hatte meinen Führerschein seit knapp 5 Monaten und war als Fahranfänger etwas aufgeregt. Auf dem Heimweg fuhr ich nachts über den Löbdergraben. Heute weiß ich, dass meine Musik im Auto viel zu laut war und mich ablenkte. Im Dunkeln habe ich das Schild 20km/h nicht wahrgenommen, ich dachte hier darf ich 50km/h fahren. Ich war total erschrocken, wie ich geblitzt wurde.
Zum Zeitpunkt der anderen beiden Verstöße absolvierte ich meine zivil-berufliche Ausbildung zum Kaufmann für Spedition und Lagerlogistik bei der Bundeswehr in Karlsruhe.
Am 07.11.2014 fuhr ich, wie jedes Wochenende, nach Hause. Ich kam spät in Karlsruhe weg und stand auch noch in einem Stau. Meine Freundin wartete schon, da wir an dem Tag noch nach Erfurt wollten. Vorher wollte ich aber noch meinen Vater besuchen. Er ist seit einem Unfall brustabwärts gelähmt und es ging ihm gerade sehr schlecht. Also kam mir die unüberlegte Idee, die verlorene Zeit bisschen aufzuholen und so fuhr ich die letzten Kilometer etwas schneller.
Am 26.06.2015 war ich wieder auf dem Heimweg von Karlsruhe. Mittlerweile fuhren wir in einer Fahrgemeinschaft. Die Fahrgemeinschaft war mir wichtig, ich konnte Fahrtkosten sparen und es war schön auch mal entspannt als Beifahrer nach Hause zu kommen. Ein Kollege regte sich öfter über meine „Schleicherei“ auf, ich soll doch mal fahren er wolle doch schließlich auch mal ankommen. Ich sagte ihm, dass ich mich einfach an die vorgeschriebenen Geschwindigkeiten halte und ärgerte mich über sein Unverständnis. An diesem Tag hatten wir mal wieder diese Diskussion. Ich wollte mich irgendwie nicht weiter „dumm“ machen lassen und wechselte nach dem Rennsteigtunnel zum Überholen auf die linke Spur. Durch meine Unachtsamkeit fuhr ich jedoch erheblich zu schnell.
5. Wie war ihre Gefühlslage bei diesen Delikten?
Die Gefühlslage war gemischt.
Anfangs war es mir egal, später hatte ich ein schlechtes Gewissen.
Gerade am Anfang war das Gefühl "cool mit Auto unterwegs zu sein" bei weitem befriedigender als sich über den Verstoß Gedanken zu machen.
Nachdem ich Ende 2012 das Aufbauseminar gemacht hatte, sollte alles anders werden, ich wollte mich an die Regeln halten.
Als ich schneller fuhr um Zeit aufzuholen hatte ich anfangs kein schlechtes Gewissen, als ich jedoch das Blitzen sah, war mir schlagartig klar, dass ich mich wieder nicht an die Regeln gehalten hatte.
Beim letzten Verstoß war ich sauer über die Meckerei meines Kollegen.
6. Was hätte passieren können bei den jeweiligen Delikten?
Nicht auszudenken Ich habe durch meine Verantwortungslosigkeit und Unachtsamkeit nicht nur mein eigenes, sondern das Leben anderer Teilnehmer am Verkehr gefährdet. Ich hätte Menschen verletzen oder Familien zerstören können, nur um mein egoistisches Ziel zu erreichen. Zudem hätte großer Sachschaden entstehen können. Das dies alles nicht passiert ist, war nichts anderes als großes Glück und Zufall.
7. Wie schätzen sie sich für die damalige Zeit als Fahrer ein?
2012 bin ich durch mangelnde Fahrerfahrung und Selbstüberschätzung naiv und leichtsinnig gefahren.
2014 war ich sehr daran interessiert meine eigenen Interessen zu verfolgen.
2015 habe ich mich durch emotionale Einflüsse von meinen Vorsätzen ablenken lassen
Ich habe egoistisch gedacht, war unausgeglichen und hektisch und war so eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer.
8. Woran lag es das sie keinen Unfall hatten?
Ich hatte mehr Glück als Verstand, dass durch mein Fehlverhalten niemand zu Schaden gekommen ist.
9. Warum haben sie sich (immer wieder) so verhalten?
2012 wollte ich einfach nur „cool“ sein und habe die Ablenkung durch laute Musik unterschätzt.
2014 und 2015 war ich sehr daran interessiert meine eigenen Interessen zu verfolgen und habe mich durch unüberlegtes Handeln (indem ich Zeit aufholen wollte) und emotionalen Stress und Druck verleiten lassen. Dummerweise hielt ich meine Vorsätze nicht für wichtig genug.
10. Wie haben sie auf das Verhalten der Polizei reagiert nachdem sie gestoppt oder gelasert wurden?
Bei Routinekontrollen war ich immer etwas nervös, ich befürchtete immer etwas falsch gemacht zu haben.
11. Wie haben sie auf die ersten Verwarn- bzw. Bußgelder reagiert?
Die ersten Verwarn und Bußgelder haben mich kurz geärgert, nachdem sie bezahlt waren, waren sie für mich aber erledigt.
2014 war es schon anders. Mir war, nach dem ich das Blitzen bemerkt hatte, direkt klar, dass ich mich Falsch verhalten hatte. Ich habe mich extrem geärgert.
Meinen letzten Geschwindigkeitsverstoß habe ich auf der Autobahn gar nicht realisiert. Erst als ich Post von der Bußgeldstelle bekam, war mir sofort klar, dass ich wieder Mist gebaut hatte. Ich war sehr niedergeschlagen und habe mich über mein eigenes Verhalten maßlos geärgert.
Mit dem drohendem Fahrverbot bekam ich erhebliche Probleme. Zu dieser Zeit machte ich ein viermonatiges Praktikum 25km von Karlsruhe entfernt. Durch die Schichtarbeit war es mir nicht möglich den Praktikumsbetrieb mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Das Gericht entschied gegen ein Fahrverbot und verdreifachte dafür das Bußgeld.
12. Was hatten sie sich vorgenommen, um keine Punkte mehr zu bekommen?
Ich hatte mir nach dem Aufbauseminar und der Probezeitverlängerung fest vorgenommen, mich an die Vorschriften zu halten. Ich wollte jetzt immer langsam fahren, aber mit der Ursache an sich hatte ich mich nie auseinandergesetzt. Auch gut gemeinte Ratschläge meiner Eltern hab ich nur oberflächlich wahrgenommen und mir eingeredet, jetzt wird alles besser.
13. Warum konnten sie ihre guten Vorsätze nicht einhalten?
Dummerweise hielt ich meine Vorsätze nicht für wichtig genug. Ich sagte mir, „jetzt fährst du vorsichtiger“, aber nach der Ursache für mein Fehlverhalten habe ich nicht gesucht. Es waren immer nur kurzfristige Lösungen. Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, warum ich zu schnell gefahren bin und hab es immer auf andere geschoben. Ich wollte immer Recht haben und andere für mein Verhalten verantwortlich machen.
Heute weiß ich, dass ich mir meine eigenen Regeln aufgestellt hatte und dachte, dass es nicht so schlimm sei.
14. Gibt es ein Zusammenhang zwischen dem Punktesammeln und bestimmten Ereignissen in ihrem Leben?
Mit dem Stress während meiner Ausbildung und dem Druck jedes Wochenende nach Hause fahren zu „müssen“ war ich völlig überfordert. Meine Freundin plante oft unsere gemeinsame Zeit am Wochenende. Wurde es bei mir dann später, weil ich zu spät losgefahren bin, im Stau stand oder vorher noch zu meinem Vater fuhr, war sie total sauer und wir hatten das halbe Wochenende Streit. Um den Stress zu vermeiden dachte ich, die Zeit mit erhöhter Geschwindigkeit etwas gut zu machen. Es war mir in diesem Moment egal, dass ich gegen die Regeln verstoße.
Ich wollte es allen Recht machen, meinem Vater, meinen Kollegen, meiner Freundin.
Fragen nach Änderungen gegenüber früher
15. Wie lauten ihre Vorsätze heute?
Nach meinem letzten Blitzer mit 41 km/h drüber, ist mir schlagartig bewusst geworden, dass ich mich wieder nicht an meinen Vorsatz gehalten habe und ich mich damit nun auseinandersetzen MUSS. Durch Gespräche mit meinen Eltern und meinen Freunden wurde mir nun klar, dass ich mich doch oft in meiner Zeitplanung verzettelt hatte. Ich wollte am Wochenende gern sehr viel schaffen. Ich wollte mich um meinen Vater kümmern, Freunde treffen und meine Freundin nicht enttäuschen. Mein Problem war, dass ich mir viel vorgenommen habe, aber meine Zeit dafür nicht ausreichte.
Heute weiß ich, dass ich durch schnelles Fahren keine Zeit gut mache, sondern nur den Straßenverkehr gefährde. Ich teile ich mir meine Zeit heute besser ein und mach auch Abstriche. Ich plane jetzt auf der Fahrt nach Hause mehr Zeit ein und stricke mein Zeitfenster nicht so eng. Ich halte mich heute an die Regeln. Verkehrsschilder stehen nicht umsonst da und sind auch keine Richtlinien, sondern sie sind einzuhalten, denn nur so ist ein vernünftiges Miteinander im Straßenverkehr möglich.
Mit der Aufarbeitung habe ich unmittelbar nach dem letzten Blitzer begonnen (14Monate) und es läuft prima.
16. Was ist daran anders?
Durch meine großzügige Zeitplanung merke ich, dass ich viel entspannter mit dem Auto unterwegs bin und stressfrei zu Hause ankomme.
Mit meiner Freundin habe ich mich geeinigt das, wenn es doch mal eng wird, ich auch mal spontan absagen muss, was sie mittlerweile auch versteht.
Ich lasse mich nicht mehr aus der Ruhe bringen und von niemandem drängeln. Ich weiß nun, dass ich mit Leuten über alles reden kann und auch mal Termine absagen kann.
17. Was wollen sie konkret tun, damit sie ihre Vorsätze diesmal einhalten können?
Ich werde nur noch vorschriftsmäßig am Verkehr teilnehmen. Ich teile ich mir meine Zeit heute besser ein und mache auch mal Abstriche, ich mach Pausen damit meine Konzentration hoch bleibt und ich höre leise Radio was mich nicht vom Straßenverkehr ablenkt.
18. Was hat sich ansonsten bei ihnen geändert?
Ich habe meine Ausbildung im Juni 2016 erfolgreich abgeschlossen und freue mich jetzt auf die Herausforderungen als Transportfeldwebel. Meine Freundin akzeptiert jetzt das wir auch mal Termin verschieben müssen, auch das ich nach einer langen, anstrengenden Woche nicht auf Krampf nach Hause fahre, sondern mal in der Kaserne bleibe. Auch sind wir seit zwei Monaten auf der Suche nach einer gemeinsame Wohnung.
19. Welche Einstellung zur Verkehrssicherheit haben sie heute und was ist daran neu?
Die Verkehrssicherheit ist nur dann gewährleistet, wenn sich alle an die Regeln halten und jeder rücksichtsvoll am Straßenverkehr teilnimmt. Früher war mir nur wichtig möglichst schnell ans Ziel zu kommen. Über die Konsequenzen meines Handelns habe ich mir keine Gedanken gemacht. Heute ist mir bewusst das Regelverstöße im schlimmsten Fall tödlich enden können.
20. Was ist ihrer Meinung nach im Straßenverkehr besonders wichtig?
Besonders wichtig aus meiner heutigen Sicht ist, verantwortungsvolles, regelbewusstes sowie vorausschauendes Fahren. Vor allem, darf man seine eigenen Interessen nicht vor das Wohl der Allgemeinheit stellen. Nur so kann man Unfälle, Verletzte und Tote vermeiden.
21. Was könnte ihre guten Vorsätze wieder zum Scheitern bringen?
Nichts. Wenn ich heute privaten oder beruflichen Stress habe weiß ich, dass ich mit Leuten über alles reden und alles klären kann. Ich plane mein Zeitfenster großzügig und verschiebe auch mal ein Vorhaben, sodass es nicht nötig ist, Regeln zu brechen.