Was ist passiert?
Vorgeschichte:
1. Wann haben Sie das allererste Mal von illegalen Drogen gehört?
- Aufklärungsunterricht mit 14 in der Schule
2. Wann haben Sie das erste Mal konsumiert? (Datum)
- Alkohol mit 15J (2008)
- Cannabis mit 16J (2009)
- Ecstasy mit 24J (Silvester 2017/18)
3. Wie sah der Konsum aus? (Konsumbiografie-Was, Wie, Welche Gelegenheit?)
- 2009-2012 Alkohol 1x pro Monat am Wochenende
- Cannabis nicht, weil 2010 einmal zusammen mit Bier konsumiert, sofort übel geworden und erbrochen
- seit 2013 Medizinstudium in Dresden, Alkohol (max. 3 Bier) auch mal unter der Woche, Cannabis alle 3 Monate, aber nie in Kombination mit Alkohol
- Sept. 2017 bis Februar 2018 in Madrid, Steigerung bis zuletzt mehrmals wöchentlich Cannabis in „marijuana social clubs“, erstes Mal Ecstasy bei Silvesterparty 2017/18
- Februar bis Juli 2018 wieder in Dresden: 2-3x wöchentlich Cannabis, kaum Alkohol
- Juli 2018 Treffen mit Erasmus-Clique in Hamburg à über den Tag verteilt 3 Cannabis-Joints + ¼ XTC-Pille
- Alkoholpause August, September 2018
- seit September 2018 Alkohol in Maßen (max. 3 Gläser Rotwein 0,1l oder manchmal Bier 3x0,5l) nur am Wochenende, ansonsten abstinent seit Juli 2018
4. Haben Sie Drogen zusammen mit Alkohol konsumiert?
- 1x ausprobiert, aber nicht gut vertragen.
5. Wie ist der Umgang mit Alkohol gewesen?
- in und nach Madrid kaum Alkohol, manchmal Rotwein
- August 2018 Suchtberatung bei der Caritas (musste ich meiner Mutter nach der Auffälligkeit versprechen, die Psychologin hat mir zu mind. 1 Monat Alkoholabstinenz geraten um einer Substitution vorzubeugen)
- August, September 2018 Alkoholpause
- seit Herbst 2018 1-2x pro Monat 2-3 Gläser Rotwein 0,1l oder manchmal Bier 3x0,5l
6. Sonstige Suchtmitteleinnahme?
- Nein. (1-2 Tassen Kaffee/Tag)
7. Haben Sie bei sich negative Folgen festgestellt?
- Anfangs nicht. Als ich allerdings in Madrid regelmäßig Cannabis konsumiert habe, wurde ich antriebsärmer, war häufig müde und habe viel Zeit einfach nur mit Freunden bzw. in meinem Zimmer rumgehangen, war unproduktiv und konnte manchmal keinen klaren Gedanken fassen. Damals habe ich diese negativen Folgen allerdings nicht mit dem Cannabiskonsum in Verbindung gebracht, sondern als Teil meiner Selbstfindungsphase gesehen. Das fremde Umfeld und der fehlende Rhythmus haben dazu beigetragen, dass ich in Madrid nie zu Balance und Ausgeglichenheit gefunden habe.
- Nach dem ersten Mal Ecstasy war ich am nächsten Tag körperlich wie gerädert, hatte Schmerzen im Kiefer und in den Beinen vom Tanzen. In der Nacht war ich euphorisch, wach und habe alles sehr intensiv erlebt, was teilweise aber auch beängstigend und grenzwertig war.
- Das Viertel der Ecstasy-Pille in Hamburg habe ich weder am Sonntag noch am nächsten Tag gespürt.
8. Haben Sie trotz negativer Folgen weiter konsumiert?
- Ja, denn der häufige Konsum von Cannabis hat meine Orientierungslosigkeit nur noch verstärkt, was ich dann mit Cannabis versucht habe zu bekämpfen etc.. Ich konnte zu der Zeit allerdings nicht erkennen, dass ich in diesem Kreisel gefangen war und dass sich durch den Konsum von Cannabis diese Antriebslosigkeit weiter verschlimmert.
- Ich hätte mich damals an meine Familie oder gute Freunde wenden müssen, aber dazu fehlte mir der Mut. Stattdessen habe ich einfach so weitergemacht und darauf gehofft, dass es irgendwann schon wieder bergauf gehen würde. Dass diese positive Wendung ohne Abstinenz nicht eintreten konnte, hatte ich nicht verstanden.
9. Was für Werte wurden bei Ihrer Auffälligkeit festgestellt?
- Blutwerte: THC 0,3 ng/ml, THC-COOH 6 ng/ml, Spuren von Amphetamin+MDMA
10. Wann und wieviel haben Sie in der Woche vor der Auffälligkeit konsumiert?
- am Tag VOR der Auffälligkeit: 3 Cannabis-Joints a 0,2g mit Gruppe aus 5 Personen geteilt, ¼ einer Ecstasy-Pille (keine Ahnung was da drin war) ca. um 16 Uhr
- in der Woche zuvor nichts, weil ich von meinen Eltern aus Düsseldorf kam
11. Wieviel und was haben Sie am Tag der Auffälligkeit konsumiert?
12. Gab es einen besonderen Grund für diesen Konsum?
- Treffen mit Erasmus-Clique, sonntags war ein open-air-Festival
13. Wie sind Sie auffällig geworden?
- Montagmittags von Autobahnpolizei rausgezogen worden. Allgemeine Verkehrskontrolle.
Nur für die, die im Straßenverkehr ermittelt wurden(auch Parkplatz):
14. Was war der Zweck der Fahrt?
- Fahrt von Hamburg nach Dresden
15. Wie weit wollten/sind Sie (ge)fahren?
16. Wie oft waren sie bereits unter Drogeneinfluss im Straßenverkehr unterwegs?
- Ich bin nie direkt nach dem Konsum von Cannabis Auto gefahren. Das Auto hatte ich hauptsächlich für die Strecke Dresden-Düsseldorf und habe es im Alltag kaum benutzt. Zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Autofahren lagen immer mindestens 6 Stunden Schlaf. Da ich jetzt aber weiß, dass man noch bis zu 72 Stunden nach dem Konsum unter Drogeneinfluss stehen kann, würde ich sagen, dass ich bestimmt 10 mal unter dem Einfluss von Cannabis gefahren bin.
- In Madrid hatte ich kein Auto und da ich das Viertel der Ecstasy-Tablette in Hamburg am Vortag um 16 Uhr konsumiert hatte, war ich mir recht sicher, dass ich am Mittag des folgenden Tages nichtmehr unter dem Einfluss von MDMA stehen würde. Dass dies eventuell nicht stimmt, weiß ich heute.
17. Wie haben Sie den Konflikt zwischen dem Drogenkonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeuges gelöst?
- Es gab für mich keinen Konflikt, da ich nie am gleichen Tag konsumiert habe und Auto gefahren bin. Ich habe mich immer fit gefühlt. Retrospektiv hätte mir als Medizinstudent allerdings klar sein müssen, dass THC bis zu 72 Stunden braucht, um abgebaut zu werden.
18. Wieso ist es verboten unter Drogeneinfluss ein KFZ zu führen?
- Weil es zur Fahruntüchtigkeit führt und weil man sich selbst und andere damit in Gefahr bringt. Cannabis verlängert die Reaktionszeit und schränkt die Wahrnehmung sowie das Konzentrationsvermögen ein.
- MDMA und Amphetamin euphorisieren zudem, steigern die Risikobereitschaft und führen zu Selbstüberschätzung. Durch die Dilatation der Pupille kann man durch Scheinwerfer etc. sehr leicht geblendet werden.
19. Wie lange stehen Sie nach dem Konsum von Drogen unter deren Einfluss?
- Die Wirkung von Cannabis kann 24 bis 36, bei regelmäßigem Konsum sogar 72 Stunden anhalten wobei die empfundene Wirkungsdauer geringer ist, was es besonders gefährlich für das Führen eines KFZs macht.
- Die Einflussdauer von Amphetamin liegt bei ungefähr 12 bis 36 Stunden.
- Die Hauptwirkung von MDMA beträgt 4-6 Stunden danach schwächt sie immer weiter ab. Insgesamt kann man bis zu 48 Stunden beeinflusst werden.
20. Sind sie sich darüber im Klaren, welche Folgen es bei einem täglichen Konsum gibt?
Täglicher Konsum schadet dem Organismus und vor allem dem Gehirn. Man ist stark abhängigkeitsgefährdet oder ist bereits abhängig ohne es zu wissen.
Es kann zu Psychosen, Depressionen, Angstzuständen und anderen psychischen Erkrankungen kommen. Hinzu können Störungen des Gedächtnisses, körperlicher Auszehrung, Konzentration- und Schlafstörungen, Schädigung der Magenschleimhaut und des Herzens sowie zu Nieren- und Leberschäden kommen.
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Warum ist es passiert?
21. Welche persönlichen Hintergründe gab es für den Drogenkonsum?
- Den ersten Kontakt mit Marijuana hatte ich mit 16, da waren die treibenden Faktoren hauptsächlich Neugierde und der Reiz etwas Verbotenes zu tun. Danach hatte ich lange kaum Berührungspunkte mit illegalen Drogen. Seit 2013 habe ich gelegentlich mit einer Gruppe Musikern Zeit verbracht, die manchmal auch gekifft haben. Dann habe ich mitgeraucht. Ich habe allerdings nie eigenes Marijuana besessen oder gekauft.
- Dann kam mein Erasmusaufenthalt in Madrid. Ich hatte mich direkt davor von meiner Freundin getrennt, die Beziehung lief nicht gut, ich wollte ganz ohne Ballast nach Madrid gehen und war mir sicher, dass die Beziehung das halbe Jahr im Ausland nicht überleben würde.
- Des Weiteren war im Vornhinein klar, dass mir das Erasmussemester in Madrid von meiner deutschen Uni nicht anerkannt werden würde. Ich musste also keine Credit Points erlangen, keine Klausuren mitschreiben und es fiel auch niemandem auf, dass ich nur 2 von meinem 5 belegten Kursen überhaupt besucht habe. Mir hat der Rhythmus gefehlt und die Motivation.
- Den anderen Erasmusstudenten ging es ähnlich, wir waren eine große Clique mit Franzosen, Italienern und einem Deutschen (Felix aus Hamburg), mit dem ich mich sehr gut verstanden habe. Er war zwei Jahre älter und hatte bereits einige Erfahrungen mit illegalen Drogen gemacht. Mit ihm habe ich viel Zeit verbracht und war auch manchmal in sogenannten „Marijuana social clubs“, in denen man semilegal Cannabis konsumieren kann.
- Ich war schon vor Madrid irgendwie unzufrieden mit meinem Studium und habe mit meiner Zukunft gehadert. Ich hatte so lange darauf hingearbeitet, endlich Arzt zu werden und als es dann fast so weit war, hatte ich auf einmal Zweifel. Ich war orientierungslos und hatte immer diese Spirale im Kopf, dass ich bald als Arzt würde arbeiten müssen und dass ich dazu eigentlich noch nicht bereit war. Dann habe ich mir eingeredet, dass der Arztberuf ja auch nicht wirklich erfüllend sei und weitere Argumente gefunden, um sich demgegenüber zu verschließen. Die Vorstellung im Krankenhaus 24-Stunden-Schichten zu machen, einen Patienten nach dem anderen wie am Fließband abzufertigen, hat mir jegliche Freude am Arztberuf genommen. Ich habe mir eingeredet, dass man als Krankenhausarzt nichts bewegen kann und sich nur kaputtschuftet. Dass ich Selbstzweifel und Angst vor der großen Verantwortung hatte und deshalb viele Argumente gegen den Arztberuf nur vorgeschoben habe, ist mir erst später so richtig klar geworden. Aber in der Zeit kam ich aus diesen Gedankenspiralen nicht raus.
- Cannabis hat geholfen den Kopf auszuschalten und mich nicht mit meinen Sorgen beschäftigen zu müssen.
- An Silvester wollten wir etwas Besonderes machen um diese einmalige Zeit in Madrid gebührend zu feiern. Felix hatte dann für sich selbst, mich und einen anderen Erasmusstudenten jeweils eine Ecstasy-Tablette besorgt, die wir feierlich um 22:00 Uhr eingenommen haben. Ich habe mich in dem Umfeld sicher gefühlt, weil jemand dabei war, der mehr Erfahrung hatte als ich und dem ich vertraute. Ich wollte Ecstasy gerne mal ausprobieren und es hat ein starkes Gruppengefühl bei uns dreien erzeugt.
- In der Zeit nach Madrid habe ich mir das erste Mal selbst Cannabis von Bekannten besorgt und abends alleine konsumiert. An diesen Abenden wollte ich vom Alltag abschalten, Musik hören, nicht über die Zukunft nachdenken.
- Am Vortag der Auffälligkeit haben wir uns mit der Erasmus-Clique bei Felix in Hamburg getroffen. Samstag haben wir 2-3 Bier bei ihm getrunken, sonntags waren wir ab vormittags auf einem open-air-Festival. Wir haben über den Tag verteilt 3 Cannabis-joints geraucht. Gegen 16 Uhr wurde ich müde und überlegte nach Hause zu gehen, woraufhin mir Felix eine Ecstasy-Tablette hinhielt. Ich wollte vor meinen Freunden keinen Rückzieher machen, erinnerte mich an die intensive Erfahrung am Silvesterabend und dachte ich würde vielleicht durch eine kleine Dosis den gewünschten Effekt erhalten und wieder etwas wacher werden. Felix nahm eine Hälfte der Tablette, ich teilte mir die andere Hälfte mit dem Erasmusstudenten. Ich habe mir keine großen Gedanken gemacht, weil die Dosis verhältnismäßig gering war und ich auch keine Wirkung gespürt habe.
- Dass dieses Verhalten völlig unnötig und unreif war, ist mir heute klar.
22. Wie hat sich Ihr Umfeld über Ihren Drogenkonsum geäußert?
- Mein Umfeld in Madrid hat meinen Cannabiskonsum unterstützt. Zurück in Dresden habe ich in einer Zweier-WG gewohnt, mit meinem Mitbewohner allerdings nicht viel Kontakt gehabt. Da ich ausschließlich vor dem Zubettgehen Cannabis konsumiert habe, ist es kaum einem meiner Freunde aufgefallen. Von der Ecstasy-Pille an Silvester habe ich niemandem erzählt.
- Ich hatte zu dieser Zeit keine Freundin und meinen Eltern und Familie in Düsseldorf habe ich natürlich nicht vom Cannabis erzählt. Nur mein Bruder in Aachen wusste, dass ich gelegentlich Cannabis konsumiert habe.
23. Gab es Ereignisse in Ihrem Leben, die zu verstärktem Konsum geführt haben?
24. Haben Sie sich an Jemand um Hilfe gewandt, um den Drogenkonsum zu beenden?
(Warum, wann, wer?)
25. Gibt es in Ihrer Familie aktenkundige Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz oder Suchtkrankheiten?
26. Hatten sie Konsumpausen/spitzen?
- Als Spitze könnte man die Zeit um Silvester 2017/18 in Madrid nennen, als ich das erste Mal eine chemische Droge konsumiert habe.
- Konsumpausen als meine Eltern mich in Madrid besucht haben und immer dann, wenn ich zuhause in Düsseldorf war.
27. Was hat Sie daran gehindert, ohne Droge abzuschalten?
- Anfangs dachte ich, dass Cannabis mir neue, alternative Denkweisen ermöglichen und meine Kreativität anregen würde. Später war es allerdings hauptsächlich um die Sorgen vor der Zukunft zu vergessen. Mit Cannabis konnte ich gut einschlafen, wenn ich in Gedankenspiralen gefangen war. Ansonsten konnte ich weder mit meinen Kommilitonen noch meinen Eltern darüber reden, dass ich daran gezweifelt habe, Arzt werden zu wollen. Das Medizinstudium war schon immer mein Traum, ich habe viel Energie, Zeit und Geld investiert, um es so weit zu schaffen. Dass ich auf einmal unsicher war, ob ich überhaupt als Arzt arbeiten will, konnte ich ja selbst nicht verstehen.
28. Waren Sie gefährdet in eine Drogenabhängigkeit zu geraten?
- Jeder Konsument von illegalen Drogen ist gefährdet, abhängig zu werden.
- Ich denke, dass ich zwar Missbrauch betrieben habe, aber keins der klinischen Zeichen einer Abhängigkeit bei mir erfüllt war.
29. Waren sie drogenabhängig?
- Ich hatte nie Entzugserscheinungen und es ist mir auch nie schwergefallen tage- und wochenlang nichts zu konsumieren, daher würde ich sagen, dass ich nie abhängig war. Ich würde es rückblickend als Drogenmissbrauch bezeichnen.
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