Begutachtungsleitlinien Nierenerkrankungen

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Leitsätze

Wer unter einer schweren Niereninsuffizienz mit erheblicher Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens und beträchtlicher Einschränkung der Leistungsfähigkeit leidet, ist nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen beider Gruppen gerecht zu werden.

Wer unter einer Niereninsuffizienz in ständiger Dialysebehandlung steht, ist in der Regel nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 2 gerecht zu werden. Unter besonders günstigen Bedingungen kann nach individüller Begutachtung durch einen auf diesem Gebiet (Nephrologie) besonders erfahrenen Arzt angenommen werden, dass die Voraussetzungen zum Führen eines Kraftfahrzeugs dieser Gruppe noch oder wieder vorliegen. Eine eingehende Begründung ist erforderlich.

Wer wegen einer Niereninsuffizienz in ständiger Dialysebehandlung steht, ist unter besonderen Bedingungen in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 gerecht zu werden, sofern nicht bestimmte Komplikationen und/oder Begleiterkrankungen ein sicheres Verhalten bei Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr einschränken oder ausschließen.

Die Annahme, ein Betroffener könnte sich sicher beim Führen eines Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr verhaften, setzt eine entsprechend positive Begutachtung voraus und ist außerdem mit der Bedingung einer ständigen ärztlichen Betreuung und Kontrolle zu verbinden.

Wurde eine erfolgreiche Nierentransplantation vorgenommen und ist damit eine normale oder annähernd normale Nierenfunktion gegeben, so kann angenommen werden, dass ein Betroffener unter besonderen Bedingungen wieder in der Lage ist, Kraftfahrzeuge beider Gruppen zu führen. Zur Bedingung müssen die ständige ärztliche Betreuung und Kontrolle durch einen auf diesem Gebiet (Nephrologie) besonders erfahrenen Arzt sowie die jährliche Nachbegutachtung gemacht werden, in besonders begründeten Fällen eine halbjährliche.

Liegen Komplikationen oder Begleiterkrankungen vor (Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, Rhythmusstörungen, koronare Herzkrankheit, Diabetes mellitus, Sehstörungen etc.), so ist ihre Beurteilung nach den hierfür vorgesehenen Grundsätzen regelmäßig vorzunehmen, insbesondere unter Beachtung der Kombinationen.

Begründung

Die Erfahrung hat gezeigt, dass es einen zuverlässigen blutchemischen Parameter zur Beurteilung einer Einschränkung der erforderlichen Leistungsfähigkeit im Zusammenhang mit chronischen Nierenerkrankungen nicht gibt. Darum wurde die Bindung des Eignungsurteils, z. B. an einen bestimmten Serum-Kreatininwert, aufgegeben.

Die Leistungsfähigkeit des einzelnen Kranken hängt von vielen Faktoren ab, die sich günstig oder auch ungünstig auswirken. Mit der Krankheit selbst können sich Komplikationen oder Begleitkrankheiten, wie
z. B. Bluthochdruck, Blutarmut, Sehstörungen, Herzversagen mit und ohne Rhythmusstörungen, Elektrolytentgleisungen, Überwässerungen, Knochen- oder Nervenstörungen und auch medikamentbedingte Störungen der Reaktionsfähigkeit, entwickeln. Die individülle Verträglichkeit der angewandten Behandlungsverfahren und die psychische Einstellung des Kranken zur Behandlung spielen eine große Rolle für das Leistungsvermögen, das auch vom Alter des Patienten beeinflusst wird. Bei optimaler Dialysebehandlung und auch bei erfolgreicher Transplantation können die negativen Auswirkungen vermieden oder beseitigt werden.

Liegen also die Verhältnisse im Einzelfall günstig, so ist bei ständiger Dialysebehandlung die Voraussetzung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 gegeben, jedoch verlangt die Natur des Leidens, dass regelmäßig behandelt und auch regelmäßig ärztlich kontrolliert wird. Das Interesse der Allgemeinheit an einer verkehrssicheren Teilnahme dieser Patienten fordert außerdem, dass auch die verantwortliche Straßenverkehrsbehörde durch regelmäßige Nachbegutachtung in
jährlichem Abstand die notwendigen Kenntnisse als Entscheidungshilfe erhält.

Da Dialysepatienten nach umfassenden ärztlichen Erfahrungen zumindest in ihrer allgemeinen Belastungsfähigkeit reduziert sind, ist die Leistungs- und Belastungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 in der Regel ausgeschlossen. Nach individüller Begutachtung durch einen auf diesem Gebiet (Nephrologie) besonders erfahrenen Arzt kann es jedoch in Ausnahmefällen möglich sein, einem Dialysepatienten die Voraussetzung zum Führen von Fahrzeugen zur Fahrgastbeförderung in Taxis, Mietwagen und Krankenkraftwagen sowie von Kleinlastwagen bis 3,5 t im Nahverkehr zuzürkennen. Für diese Fälle ist aber eine eingehende Begründung für das Abweichen von der Regel erforderlich.

Wurde eine Nierentransplantation vorgenommen, so ist bei guter Funktion des Transplantates der Betroffene in seiner Leistungsfähigkeit nicht mehr wesentlich gemindert, er kann demnach also auch Kraftfahrzeuge der Gruppe 2 führen. Die Leistungs- und Belastungsfähigkeit bleibt aber dennoch nur bedingt gegeben, weil eine ständige ärztliche Betreuung (regelmäßige Überwachung des Transplantates, seiner Funktion und der Arzneimittelbehandlung) vorausgesetzt werden muss. Im Übrigen gelten für die jährliche Nachbegutachtung auch die oben dargelegten Gründe im Zusammenhang mit der Dialysebehandlung.

( Qülle, Fahrerlaubnisrecht )
 
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