Die Hypotheseneinteilung bei der Alk.-MPU

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

Nancy

Super-Moderator und MPU Profi
Teammitglied
Administrator
Darlegung der bei der Begutachtung zu prüfenden Hypothesen:


Beruhend auf der Akten- und Vorgeschichtsanalyse werden die zu prüfenden Hypothesen festgelegt. Dabei wird die in der Fahrerlaubnisverordnung verankerte Forderung nach Anlassbezogenheit berücksichtigt. Aus dem Katalog der Hypothesen finden nur die Hypothesen Berücksichtigung, die anlass- und einzelfallbezogen relevant sind.


Hypothese 0 zur Überprüfung der Verwertbarkeit der Befunde ist bei allen Fragestellungen zu prüfen, kann aber nur dann ein Untersuchungsergebnis alleine tragen, wenn es den Gutachtern trotz aller professionellen Bemühungen nicht gelungen ist, den Betroffenen soweit zur Mitarbeit zu motivieren, dass verwertbare Befunde zu erheben sind.


Auch die Hypothesen zu den körperlichen (A5, D5, V4) und geistigen Eignungsvoraussetzungen (A6, D7, V5) sind in jedem Fall zu prüfen, bevor ein Ergebnis abgeleitet werden kann.
Die Hypothesen zu den Hauptanlassgruppen sind hierarchisch aufgebaut von einer weitergehenden Problemausprägung hin zur schwächeren Problematik. Das Heranziehen einer Hypothese als Entscheidungsgrundlage setzt voraus, dass die diagnostischen Kriterien der schwerwiegenderen Problematik bereits verworfen wurden. Gleichzeitig folgen die Hypothesen und Kriterien einem einheitlichen Aufbau und führen zunächst Kriterien zur Diagnose einer Problemausprägung auf, um dann die Kriterien für eine angemessene Problembewältigung aufzulisten.


Vor diesem Hintergrund sind entsprechend den Beurteilungskriterien folgende Hypothesen zu prüfen:



  • Die in der Untersuchung erhobenen Befunde, insbesondere das gewonnene Gesamtbild, sind zur Beantwortung der behördlichen Fragestellung für eine Verkehrsverhaltensprognose verwertbar. (H0)



  • Der Klient weist im Zusammenhang mit dem früheren Alkoholmissbrauch keine die Fahreignung ausschließenden medizinischen Beeinträchtigungen auf. (A5)



  • Beim Klienten bestehen keine verkehrsrelevanten Beeinträchtigungen der geistigen und/oder psychisch-funktionalen Voraussetzungen.(A6)


  • Es liegt Alkoholabhängigkeit vor. Eine Entwöhnungstherapie oder eine vergleichbare, in der Regel suchttherapeutisch unterstütze Problembewältigung hat zu einer stabilen Alkoholabstinenz geführt. (A1)

    Von Alkoholabhängigkeit kann immer dann ausgegangen werden, wenn sie durch einen qualifizierten Facharzt fremddiagnostisch festgestellt wurde, wovon regelmäßig dann ausgegangen werden kann, wenn eine stationäre oder ambulante Suchttherapie durch den Kostenträger übernommen wurde und dies durch entsprechende Entlassungsberichte oder qualifizierte Bescheinigungen bestätigt wird. Auch wenn entsprechend qualifizierte Bescheinigungen die Diagnose „Alkoholabhängigkeit“ bestätigen und belegen, dass eine oder mehrere Entzugs- oder Entwöhnungsbehandlungen oder eine oder mehrere Entgiftungen durchgeführt wurden, kann vom Vorliegen einer Abhängigkeit ausgegangen werden. Auch wenn eine nachvollziehbare Indikation „Alkoholabhängigkeit“ zur Verschreibung von Medikamenten zur Reduktion von Entzugserscheinungen oder des Verlangens nach Alkohol geführt hat, kann von Alkoholabhängigkeit ausgegangen werden. Die besonderen Rahmenbedingungen bei der Begutachtung der Fahreignung lassen es in der Regel nicht zu, eine aktuelle Abhängigkeitsdiagnose mit der erforderlichen Sicherheit zu stellen, was einerseits mit dem Zeitpunkt der Untersuchung zusammenhängt und den in der Regel bereits vorausgegangenen längeren Verhaltensänderungen, und andererseits mit den im Rahmen einer solchen Untersuchung häufig auftretenden Dissimulationstendenzen. Eine Alkoholabhängigkeitserkrankung besteht nach überwiegender fachlicher Meinung auch dann weiter, wenn eine Alkoholabstinenz umgesetzt wird. Die verkehrsrechtliche Anforderung nach Anlage 4 der Fahrerlaubnisverordnung, dass „Abhängigkeit nicht mehr besteht“, kann in dem Sinne interpretiert werden, dass eine dauerhafte Alkoholabstinenz vorliegt.



  • Der Betroffene ist nicht dauerhaft in der Lage, mit Alkohol kontrolliert umzugehen. Er verzichtet daher konsequent und stabil auf den Konsum von Alkohol. (A2)

    Alkoholverzicht ist immer dann erforderlich, wenn sich unabhängig von der aktenkundigen Verkehrsvorgeschichte ein klinisch relevanter Alkoholmissbrauch nach DSM IV* diagnostizieren lässt oder wenn aufgrund der – auch verkehrsspezifischen- Vorgeschichte anzunehmen ist, dass sich ein konsequent kontrollierter Umgang mit Alkohol nicht erreichen lässt. Es kann also durchaus sein, dass bei einer klinischen Diagnose noch nicht die Kriterien für die Alkoholabhängigkeit erfüllt wären, dass aber hinsichtlich der Verhaltenskontrolle bei der Verkehrsteilnahme nach Alkoholkonsum keine hinreichend zuverlässige Steuerungsfähigkeit mehr angenommen werden kann, um ein hinreichend sicheres Trennvermögen zu attestieren. Auch aktuelle Befunde, die auf eine Alkoholabhängigkeit hinweisen könnten, werden dabei berücksichtigt, auch wenn diese nur vereinzelt existieren oder eher schwach ausgeprägt sind, so dass eine Abhängigkeit allein auf dieser Grundlage nicht diagnostiziert werden könnte, sich aber dennoch eine Forderung nach einer dauerhaften Alkoholabstinenz daraus ableiten lässt.

*hierzu kann nachgelesen werden: http://de.wikipedia.org/wiki/Alkoholkrankheit




  • Es lag eine Alkoholgefährdung vor, die sich in gesteigerter Alkoholgewöhnung, unkontrollierten Trinkepisoden oder ausgeprägtem Entlastungstrinken äußerte. Der Betroffene hat aufgrund eines angemessenen Problembewusstseins sein Alkoholtrinkverhalten ausreichend verändert, so dass von einem dauerhaft kontrollierten Alkoholkonsum ausgegangen werden kann. (A3)

    Ein als Alkoholgefährdung einzustufender Konsum bewegt sich zwar im Bereich des schädlichen Konsums, die verkehrspsychologischen Anforderungen an eine ausreichende Veränderung des Trinkverhaltens entsprechen jedoch nicht der Definition eines „risikoarmen“ Alkoholkonsums, bei dem obere Grenzen für einen gesundheitlich noch tolerierbaren Alkoholkonsum definiert wurden, die in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gesunken sind. Verkehrspsychologisch ist vielmehr eine hinreichend zuverlässige Kontrollierbarkeit des geänderten Alkoholkonsummusters und die Fähigkeit zu einer verantwortlichen Verhaltenssteuerung auch unter dem Konsum subjektiver Höchstmengen zu fordern.


  • Es besteht keine unkontrollierte Koppelung bestimmter Trinkanlässe mit dem Führen eines Fahrzeugs (mehr). (A4)

  • Die festgestellten Defizite des Klienten sind durch einen Kurs zur Wiederherstellung der Fahreignung nach §70 FeV für alkoholauffällige Kraftfahrer genügend beeinflussbar. (A7)
 
Zuletzt bearbeitet:
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Oben