Führerscheinentzug vor 8 Jahren und wie es weiter ging...

Schotty

Erfahrener Benutzer
Wie im Titel geschrieben musste ich vor fast genau 8 Jahren meinen Lappen abgeben. Grund war eine TF mit dem Fahrrad, "stolze" 2,68 Promille BAK war das Ergebnis der Blutprobe. Anlässlich dieses Jubiläums schreibe ich hier einfach mal meinen Erfahrungsbericht, vielleicht macht er ja dem einen oder anderen User Mut.

Zum Zeitpunkt des Führerscheinverlust war ich 42 Jahre alt, hatte ein halbwegs geregeltes Leben aber wie der Promillewert zeigt auch schon ein Handfestes Alkoholproblem. Dies wollte ich mir nie eingestehen und man könnte meinen, durch den Verlust der Fahrerlaubnis hätte vielleicht ein Umdenken bei mir stattgefunden. Weit gefehlt, ich bin zwar leidenschaftlicher Motorradfahrer, war aber beruflich nicht auf die FE angewiesen. Auch war mir kurz nach der TF durch Internetrecherche schnell klar, daß ich ohne Abstinenznachweis den Lappen nicht zurück bekomme, dies änderte an meinem Trinkverhalten jedoch nichts, im Gegenteil.

Ohne den Führerschein konnte ich jetzt bei jeder sich bietenden Gelegenheit saufen, fahren mussten ja immer andere und ich entwickelte mich zum ÖPNV Profi. (In den 4,5 Jahren ohne FE bin ich mit Bus, Zug, Pedelec und Freunden tatsächlich immer überall hingekommen). Das ich in dieser Zeit mindestens noch einmal 300 TF mit dem Pedelec unternommen habe und dabei zum Glück nichts passiert ist...mir schaudert es jetzt noch bei dem Gedanken an meine krankheitsbedingte Unvernunft.

Es kam dann wie es kommen musste, da ich regelmäßig restalkoholisiert auf der Arbeit aufschlug und mich mein Chef mehrfach ermahnt hatte, verlor ich knapp 2 Jahre später auch noch meinen Job. Nur selbst dieses Ereignis rüttelt mich nicht wach. Ich unternahm zwar ein paar halbherzig Abstinenzversuche, nur mehr als 6 Tage trocken war am Stück nicht möglich. Erst als meine Lebensgefährtin mir den Stuhl vor die Tür setzte (Therapie, vorher kommst du nicht mehr in die Wohnung) wurde mir schlagartig bewusst wie ernst meine Situation war.

Im November 2017 machte ich dann erst eine Entgiftung und danach 10 Wochen Therapie in der Klinik Tönisstein in Bad Neuenahr. Eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Warum? Auch ich hatte mich jahrelang gegen eine Therapie gewehrt, dachte das bringt eh nix, Psychologie ist Hexenwerk und dort sind sowieso nur die "ganz Kaputten". Das mir eine erfolgreiche bescheinigte Therapie die MPU deutlich erleichtern würde, war mir damals noch nicht bewusst. Die erste MPU Vorbereitung erfolgte während meines Klinikaufenthaltes, da Zielsetzung der Therapie u.a. auch Wiedererlangung der Mobilität war und ein entsprechender Vorbereitungskurs angeboten wurde. Dieser legte praktisch den Grundstein zur erfolgreichen Prüfung im April 2019.

Mein ehemaliger Chef gab mir eine zweite Chance, ich musste mich aber erst an einem anderen Standort bewähren. Da der Führerschein anfangs noch nicht im Focus meines neuen Lebens stand ließ ich die 1. Haaranalyse erst 5 Monate nach meinem Klinikaufenthalt durchführen. Meine komplette MPU-Vorbereitung machte ich mit Hilfe des "Idiotentest-Forum" welches ja leider nicht mehr existiert. Auch ging ich meinem Sachbearbeiter bei der FSSt. mächtig auf die Nerven (war 6 mal persönlich dort) der mir aber trotz seiner grummeligen Art immer sehr geholfen hat. Auch das MPI TÜV-Nord war sehr kompetent und professionell.

Die eigentliche MPU ist mir dann relativ leicht gefallen. Ich wusste, daß ich durch die erfolgreiche Therapie schon mal einen großen Bonus hatte, den Prüfer fand ich jedoch sehr undurchsichtig. Zur Sicherheit hatte ich noch meine Leberwerte mitgebracht, die wollte aber keiner sehen. Der GA startete klassisch mit der Fragestellung "warum ich jetzt hier wäre", warum ich die TF unternommen hätte, etc. Da ich direkt in der Anfangsfrage offen erklärte, dass ich Alkoholkrank sei, genügten ihm meine täglichen Konsummengen ohne große Berechnungen schon völlig aus. Schnell ging es dann um die Sozialprognose, also Job, Beziehung/Familie, SHG und Rückfallprofylaxe. Nach 35 Minuten war ich schon durch, wie viele andere auch hatte ich das Gefühl längst nicht alles sagen zu können was ich "auf dem Zettel" hatte. Da die MPU kurz vor den Osterfeiertage lag, musste ich quälende 3 1/2 Wochen auf das Ergebnis und noch mal 1 Woche auf die Führerscheinstelle warten bis ich endlich die Karte wieder hatte.

Die Aussicht, irgendwann wieder selbst fahren zu dürfen hat mir unglaublich geholfen, meine Abstinenz in dem besonders schwierigen ersten Jahr durchzuhalten. Auch jetzt stecke ich mir immer noch kurz- und mittelfristig realistisch erreichbare Ziele. Im Juni habe ich meine Ausbildung zum ehrenamtlichen und betrieblichen Suchtkrankenhelfer erfolgreich abgeschlossen und ein neues Projekt ist in Arbeit. Im November feiere ich dann (hoffentlich) meinen 4ten Trockengeburtstag einer völlig zufriedenen Abstinenz .

Ich hoffe mein Bericht passt hier hin, sonst bitte ich die Mods ihn an die passende Stelle zu verschieben. Habe mir gestern noch mal mein Gutachten durchgelesen und kann es gerne hochladen. Mache ich das in diesem Thread oder wo kommt das am besten hin?
 

Nancy

Super-Moderator und MPU Profi
Teammitglied
Administrator
Hallo Schotty,

ich möchte mich auch ganz herzlich für deinen offenen und ehrlichen Bericht bedanken.
Ganz sicher hilft er auch anderen Usern die in einer ähnlichen Situation sind.

Und meine absolute Hochachtung dafür dass du deinen Weg jetzt so konsequent gehst.
Gegen eine Suchterkrankung anzukämpfen ist nicht leicht....

Auch wenn du noch nicht lange hier im Forum bist, hat es sich schon gezeigt, dass du uns hier mit deinen kompetenten Beiträgen sehr unterstützt, dafür einen lieben Dank an Dich. :)

Im Idi-Forum habe ich auch meine Vorbereitung gemacht
+1 :smiley160:
 

jocker51

Neuer Benutzer
Hallo Schotty wie lange war dein Führerschein im ganzen weg ich hab alles noch vormir habe nur angst das ich eine neue fahrprüfung machen muss lg jocker
 
Oben