Depression und Alkohol

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Nancy

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Ursache und Wirkung

Der Feinmechaniker Peter S., 45, schläft schlecht, hat das Interesse an seiner Umwelt verloren und so richtig freün kann er sich auch nicht mehr. Sein Hausarzt diagnostiziert eine Depression und verordnet ein stimmungsaufhellendes Medikament. Doch der Zustand von Peter S. bessert sich nicht und er wird zum Psychiater überwiesen.

Im Gespräch räumt er ein, "schon länger etwas mehr" zu trinken. Im Grunde schämt sich der 45-Jährige für seinen Alkoholkonsum. Nur ungern gibt er deshalb zu, dass er schon seit zehn Jahren bis zu acht Bier täglich trinkt. Seit zwei Jahren hat sich die Trinkmenge sogar auf zehn bis 15 Bier und einige Schnäpse täglich gesteigert. Wenn er nichts trinke, so gesteht er, leide er unter Entzugserscheinungen. In Wirklichkeit ist Peter S. alkoholabhängig. Stress in der Arbeit, Streit in der Familie seien die Gründe fürs Trinken. Peters Depression ist in diesem Fall die Folge seiner Alkoholabhängigkeit.

Anders bei der 36-jährigen Susanne K. Sie leidet seit mehreren Monaten unter einer Depression, weil es in ihrer Ehe kriselt. Solange sie glücklich verheiratet war und in der Ehe noch alles stimmte, hatte sie kein Problem mit dem Alkohol. Auf Partys trank sie nur ein Glas Wein - nicht mehr. Jetzt ertappte sich Susanne K. allerdings immer öfter dabei, abends für sich alleine das eine oder andere Glas Sekt zu trinken. Durch den Alkohol, so erzählt sie, komme sie ein wenig zur Ruhe und schlafe auch besser ein. Der Sekt lässt sie ihre Sorgen ein wenig vergessen. Aber Susanne hat Angst davor, Alkoholikerin zu werden, denn inzwischen hat sich ihr Sektkonsum auf eine Flasche Sekt pro Tag gesteigert. Und mit dieser Befürchtung hat sie nicht ganz Unrecht.
Trinken, Scham, Depression

Wie hängen Alkoholkrankheit und Depression zusammen? Mit der Frage beschäftigen sich Forscher intensiv. Früher gingen sie davon aus, dass beide Krankheiten genetisch verwandt sind und gemeinsam vererbt werden. Neüre Forschungen (Adoptionsstudien) lassen allerdings Zweifel an dieser Theorie aufkommen. Vielmehr vermuten Wissenschaftler heute, dass die eine Krankheit aus der anderen folgt. Was war zürst da - die Alkoholkrankheit oder die Depression? In der Praxis ist das oft nur schwer zu entscheiden. Denn der Teufelskreis aus Trinken, Scham und Depression schließt sich allzu schnell. Auf Grund von Studien ist bekannt, dass 30 bis 60 Pozent aller Alkoholiker depressiv sind. Die Forscher glauben, dass die depressiven Symptome bei Alkoholkranken meist die Folge des jahrelangen Alkoholmissbrauchs sind (sekundäre Depressionen). In diesem Fall muss zürst die Alkoholabhängigkeit behandelt werden.

So auch bei Peter S. Nach einem ausführlichen Beratungsgespräch entschließt er sich, eine Entwöhnungstherapie in einer Suchtfachklinik zu machen. Zunächst muss er für zwei Wochen zur "Entgiftung" in ein Krankenhaus; der Alkohol wird hier unter ärztlicher Kontrolle abgesetzt. Schon nach wenigen Wochen ohne Alkohol sind die depressiven Symptome bei Peter S. verschwunden.

Susanne K. dagegen hatte bereits eine Depression, bevor sie zu trinken begann. Alkohol wirkt in geringen Mengen euphorisierend, in höheren Dosen aber löst er selbst Depressionen aus. Viele Depressive versuchen, mit Alkohol ihre depressive Erkrankung selbst zu behandeln. Sie leiden oft auch unter Angststörungen und Überlastungssyndromen - und Alkohol ist scheinbar ein gutes angstlösendes Mittel. Der Alkohol löst zwar die Spannung und lässt die Sorgen vergessen - aber nur für kurze Zeit. Längerfristig verschlimmert der Alkoholkonsum die Depression. Susanne K. hat ihr Alkoholproblem jedoch frühzeitig erkannt und einen Arzt aufgesucht. Dieser rät zu einer Psychotherapie und verordnet ein Antidepressivum, das zugleich eine schlafanstoßende Wirkung besitzt. Auf Sekt oder andere Alkoholika verzichtet Susanne K. in Zukunft.

Arzt aufsuchen, Teufelkreis durchbrechen

Ob bei einem Patienten eine alkoholbedingte Depression vorliegt oder das Trinken die Folge der Depression ist, lässt sich oft nicht so leicht unterscheiden. Hat sich der Betroffene bereits an den Alkohol gewöhnt, besitzt die Entzugsbehandlung Vorrang vor anderen Therapiemaßnahmen. Viele Alkoholkranke müssen bereits zu Beginn der Therapie mit Antidepressiva behandelt werden, vor allem dann, wenn sie an Suizid denken. Entscheidend für den Erfolg der Behandlung ist, dass die Betroffenen ihre Scham überwinden und sich rechtzeitig einem Arzt anvertraün. Nur so lässt sich der Teufelskreis von Alkohol und Depression durchbrechen.



Qülle: netdoktor.de
 
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