Hallo zusammen,
es ist echt klasse, dass es dieses Forum gibt. Ich war bisher nur stiller Leser aber möchte jetzt auch Fragen stellen, die sich nach einer Alkoholfahrt mit dem Fahrrad ergeben. Insbesondere im Hinblick auf die neuen Beurteilungskriterien und die bisher fehlende Meldung der Fahrerlaubnisbehörde.
Ich freue mich über eure EInschätzung zu meinen Fragen am Ende. Ich habe den kurzen Info-Bogen ausgefüllt und zusätzlich (auch als Referenz für andere Betroffene / an dem genauen Ablauf Interessierte) eine genaue Chronologie angefügt.
Viele Grüße
FB Alkohol
Zur Person
Geschlecht: männlich
Gewicht: 68
Alter: 41 (zur Tat)
Was ist passiert?
Datum der Auffälligkeit: 07.10.2021
BAK: 1,9-2,0
Trinkbeginn: 18:00
Trinkende: 00:00
Uhrzeit der Blutabnahme: 02:30
Stand des Ermittlungsverfahrens
Strafbefehl schon bekommen: ja 800€ (20x40€)
Dauer der Sperrfrist: keine
Führerschein
Hab ich noch: ja
Führerscheinstelle
Hab schon in meine Akte geschaut Ja/Nein: Nein
Sonstige Verstöße oder Straftaten?: nein
Genaue Fragestellung der FSSt (falls bekannt): noch nicht erhalten
Bundesland: vertraulich
Konsum
Ich trinke noch Alkohol, wenn ja wie oft wie viel: kontrolliertes Trinken seit 17.10.2021
Ich lebe abstinent seit: ---
Abstinenznachweis
Haaranalyse ja/nein: ja, 5 Monate und 20 Tage am Stück nach Alkoholfahrt (2x unter 7ng/mg)
Urinscreening ja/nein: nein
Keinen Plan?: nein
Leberwerte ja/nein seit wann, wie viele: ja, 2x nach Trunkenheitsfahrt im Abstand von 6 Wochen
Aufarbeitung
Suchtberatungsstelle aufgesucht?: nein
Selbsthilfegruppe (SHG): nein
Psychologe/Verkehrspsychologe: ja
Kurs für verkehrsauffällige Autofahrer: nein
Ambulante/stationäre Therapie: nein
MPU
Datum: nicht geplant
Schon eine MPU gehabt? nein
Altlasten
Bereits durch Alkohol auffällig geworden Punkte oder sonstige Straftaten: Nein
Genaue Historie bisher
07.10.2021: Trunkenheitsfahrt nach Mitternacht (Donnerstag früh).
In den Tagen nach der Trunkenheitsfahrt zunächst viel Googeln und Anschauen von Youtube-Videos (leider viel schlechte Qualität dabei sowie Widersprüchliches). Kennenlernen von unterschiedlichen Alkoholmissbrauch-Schweregraden, Berechnungsmethoden für Blutalkohol, Unterschied Abstinenz und kontrolliertem Trinken, Besonderheit bei Fahrrad- vs Auto-Alkoholfahrt. Große Sorgen über Konsequenzen. Nachträgliche Ermittlung meiner Alkoholtrinkmengen über WhatsApp-Protokolle und Kalendereinträge der vergangenen 10 Monate. Da ich so gut wie nie alleine getrunken hatte, war dies recht einfach möglich.
11.10.2021: Gespräch mit Hausärztin. Diese gab Rat zu Reduktion der Trinkmengen nachdem ich diese erläutert hatte. Außerdem bat ich sie um Blutkontrolle, was im Rahmen meiner gesetzlichen Krankenversicherung übernommen wurde.
12.10.2021: Blutuntersuchung durch Hausärztin. à alle Werte (großes Blutbild, GOT, GPT, GGT, MCV) im Normbereich.
16.10.2021: Besuch einer Bibliothek. Abfotografieren der relevanten Kapitel aus den Beurteilungskriterien 3. Auflage (Präsenzexemplar). Ich war enttäuscht von den eher oberflächlichen Internetartikeln dazu und wollte lieber das Original lesen.
17.10.2021: Vorerst letztmaliger Alkoholkonsum auf einer Feier. Danach merkte ich, dass ich wegen der notwendigen Belege (Haaranalyse) zunächst einmal komplett aufhören sollte, Alkohol zu konsumieren.
19.10.2021: Konsultation einer ersten MPU-Beraterin (Kontaktaufnahme war am 29.10.2021). Aber inkompetent in Bezug auf Fahrrad MPU. Sie meinte beispielsweise, dass mir mein Führerschein abgenommen hätte werden müssen. Sie schien auch keine tiefergehende formale Ausbildung zur Thematik zu haben.
26.10.2021: Auswahl eines Rechtsanwalts: Kostenauslage – 618,80 € (Selbstbehalt 250 €)
27.10.2021: Vollmacht an Rechtsanwalt zur Akteneinsicht
11.11.2021: Erste Beratung mit Dipl. Psychologen am Telefon; 950 € Pauschale. Er hatte eine sehr strenge/stringente Art, was mir gefiel. Zudem hatte er die formale Ausbildung. Außerdem war er früher selbst MPU-Gutachter.
12.11.2021: Lesen der Primärliteratur zu Laboranalysen bei Analysen zum Alkoholkonsum. Metaanalysen von Crunelle et al. (2014) und Biondi et al. (2019).
18.11.2021: Erhalt des Ermittlungsverfahrens (datiert auf 11.11.2021). Bitte um schriftliche Äußerung bis zum 26.11.2021. Anwalt antwortete, dass Einlassung beabsichtigt sei, aber erst die Akte erwartet würde, bevor die Einlassung erfolgen würde.
28.11.2021: Zweite Beratung (erstmals vor Ort) bei Dipl.-Psychologen (2h). Einstufung der Schwere des Falls à kontrolliertes Trinken als anzuwendende Strategie. Abstinenz nicht angezeigt.
30.11.2021: Zweiter Bluttest sechs Wochen nach dem ersten Test – keine relevante Veränderung der Werte trotz komplettem Trinkverzicht seit dem 17.10.2021.
07.12.2021: Dritte Beratung (2h) mit Dipl.-Psychologen
09.12.2021: Versand der Bescheinigung über verkehrspsychologische Beratung an Anwalt
17.01.2022: Übersendung des Falls (Kosten) an Rechtschutzversicherung durch Anwalt.
19.01.2022: Anwalt erhält Einsicht in Ermittlungsakte. Diese war während der (verzögerten) Stellungnahmefrist noch bei der Polizei und nicht bei der Staatsanwaltschaft. Frist zur Antwort betrug nun drei Wochen. Inhalte der Akte:
16.01.2022: Haaranalyse bei Dekra (160€). Abnahme nicht wirklich dicht an Kopfhaut (0,5cm fehlen). Hinterkopf, so dass man es nicht so sieht. Ich musste Angaben zum Konsum machen und auswählen ob Abstinenz oder kontrolliertes Trinken. Dauer 3-4 Wochen bis Ergebnis.
20.01.2022: Besprechung der Einlassung mit Anwalt am Telefon. Detailliert dem Anwalt meine Strategie erläutert. Absprache, dass Einlassung so spät wie möglich zu übersenden ist.
09.02.2022: Erhalt einer Bescheinigung meines MPU-Beraters. Erklärung, dass er mich bis dahin über 10h betreut hat mit:
18.02.2022: Ich erhielt eingereichte Einlassung (eingereicht am 14.02.2022). Leider hatte mein Anwalt den Fall komplett verdreht (beispielsweise behauptet, dass ich gar nichts trinken wollte am Abend und nun komplett abstinent wäre). Krisentelefonat und Beschluss zur gemeinsamen Überarbeitung.
20.02.2022: Versand von gegengeprüfter Einlassung an die Staatsanwaltschaft. Erklärung, dass die vorige Einwendung gegenstandlos sei durch Vermischung mit einem ähnlich gelagerten Fall. Kernbotschaften der nun richtigen Einlassung:
16.03.2022: Erhalt des Strafbefehls von Staatsanwaltschaft über Rechtanwalt. Monatliches Einkommen wurde auf 1600€ geschätzt. 20 Tagessätze a 40€ = 800€ Außerdem 228,70€ Verfahrenskosten. Frist bis zur Einlegung: 01.04.2022. Entweder zahlbar in Raten: „ab 5. des auf die Rechtskraft des Strafbefehls folgenden Monats“. Alternativ komplett bezahlen „bis zum 15. des auf die Rechtskraft des Strafbefehls folgenden Monats“.
18.03.2022: Entscheidung zur Einmalzahlung sowie Beilegung des Falls. Zum einen wollte ich den Fall jetzt auch nicht mehr zu stark weiter verzögern (irgendwann soll es auch vorbei sein). Zum anderen keine weiteren Kosten verursachen bzw. auch nicht das Risiko eingehen, dass mein Einkommen neu geschätzt wird.
20.03.2022: Abschlussrechnung Anwalt erhalten in Höhe von 761€.
20.05.2022: Ablehnung der Kostenübernahme durch Rechtsschutzversicherung, da die Alkoholfahrt als vorsätzlich im Strafbefehl festgehalten wurde.
28.04.2022: Erhalt der Ergebnisse der zweiten Haar-Untersuchung. Erneut Bescheinigung über 3 Monate unter 30pg/mg. Im erneut separat angeforderten Laborbericht Ethylenglucuronid wieder unter 7pg/mg (Entnahme: 06.04., Eingang: 11.04., Analysenbeginn: 18.04., Analysenende: 21.04., Endbefund 22.04. übermittelt per Fax).
01.11.2022: Hinweis auf Neuentwicklung der Beurteilungskriterien im Internet gefunden: https://www.caritas-nah-am-naechsten.de/cms-media/media-3485320.pdf
04.12.2022: Digitale Abfrage beim Kraftfahrbundesamt - keine Eintragung am Tag der Abfrage
Resümee/Empfehlungen:
Gedanken/Fragen (leider habe ich die 4. Auflage der Beurteilungskriterien noch nicht vorliegen):
es ist echt klasse, dass es dieses Forum gibt. Ich war bisher nur stiller Leser aber möchte jetzt auch Fragen stellen, die sich nach einer Alkoholfahrt mit dem Fahrrad ergeben. Insbesondere im Hinblick auf die neuen Beurteilungskriterien und die bisher fehlende Meldung der Fahrerlaubnisbehörde.
Ich freue mich über eure EInschätzung zu meinen Fragen am Ende. Ich habe den kurzen Info-Bogen ausgefüllt und zusätzlich (auch als Referenz für andere Betroffene / an dem genauen Ablauf Interessierte) eine genaue Chronologie angefügt.
Viele Grüße
FB Alkohol
Zur Person
Geschlecht: männlich
Gewicht: 68
Alter: 41 (zur Tat)
Was ist passiert?
Datum der Auffälligkeit: 07.10.2021
BAK: 1,9-2,0
Trinkbeginn: 18:00
Trinkende: 00:00
Uhrzeit der Blutabnahme: 02:30
Stand des Ermittlungsverfahrens
Strafbefehl schon bekommen: ja 800€ (20x40€)
Dauer der Sperrfrist: keine
Führerschein
Hab ich noch: ja
Führerscheinstelle
Hab schon in meine Akte geschaut Ja/Nein: Nein
Sonstige Verstöße oder Straftaten?: nein
Genaue Fragestellung der FSSt (falls bekannt): noch nicht erhalten
Bundesland: vertraulich
Konsum
Ich trinke noch Alkohol, wenn ja wie oft wie viel: kontrolliertes Trinken seit 17.10.2021
Ich lebe abstinent seit: ---
Abstinenznachweis
Haaranalyse ja/nein: ja, 5 Monate und 20 Tage am Stück nach Alkoholfahrt (2x unter 7ng/mg)
Urinscreening ja/nein: nein
Keinen Plan?: nein
Leberwerte ja/nein seit wann, wie viele: ja, 2x nach Trunkenheitsfahrt im Abstand von 6 Wochen
Aufarbeitung
Suchtberatungsstelle aufgesucht?: nein
Selbsthilfegruppe (SHG): nein
Psychologe/Verkehrspsychologe: ja
Kurs für verkehrsauffällige Autofahrer: nein
Ambulante/stationäre Therapie: nein
MPU
Datum: nicht geplant
Schon eine MPU gehabt? nein
Altlasten
Bereits durch Alkohol auffällig geworden Punkte oder sonstige Straftaten: Nein
Genaue Historie bisher
07.10.2021: Trunkenheitsfahrt nach Mitternacht (Donnerstag früh).
In den Tagen nach der Trunkenheitsfahrt zunächst viel Googeln und Anschauen von Youtube-Videos (leider viel schlechte Qualität dabei sowie Widersprüchliches). Kennenlernen von unterschiedlichen Alkoholmissbrauch-Schweregraden, Berechnungsmethoden für Blutalkohol, Unterschied Abstinenz und kontrolliertem Trinken, Besonderheit bei Fahrrad- vs Auto-Alkoholfahrt. Große Sorgen über Konsequenzen. Nachträgliche Ermittlung meiner Alkoholtrinkmengen über WhatsApp-Protokolle und Kalendereinträge der vergangenen 10 Monate. Da ich so gut wie nie alleine getrunken hatte, war dies recht einfach möglich.
11.10.2021: Gespräch mit Hausärztin. Diese gab Rat zu Reduktion der Trinkmengen nachdem ich diese erläutert hatte. Außerdem bat ich sie um Blutkontrolle, was im Rahmen meiner gesetzlichen Krankenversicherung übernommen wurde.
12.10.2021: Blutuntersuchung durch Hausärztin. à alle Werte (großes Blutbild, GOT, GPT, GGT, MCV) im Normbereich.
16.10.2021: Besuch einer Bibliothek. Abfotografieren der relevanten Kapitel aus den Beurteilungskriterien 3. Auflage (Präsenzexemplar). Ich war enttäuscht von den eher oberflächlichen Internetartikeln dazu und wollte lieber das Original lesen.
17.10.2021: Vorerst letztmaliger Alkoholkonsum auf einer Feier. Danach merkte ich, dass ich wegen der notwendigen Belege (Haaranalyse) zunächst einmal komplett aufhören sollte, Alkohol zu konsumieren.
19.10.2021: Konsultation einer ersten MPU-Beraterin (Kontaktaufnahme war am 29.10.2021). Aber inkompetent in Bezug auf Fahrrad MPU. Sie meinte beispielsweise, dass mir mein Führerschein abgenommen hätte werden müssen. Sie schien auch keine tiefergehende formale Ausbildung zur Thematik zu haben.
26.10.2021: Auswahl eines Rechtsanwalts: Kostenauslage – 618,80 € (Selbstbehalt 250 €)
27.10.2021: Vollmacht an Rechtsanwalt zur Akteneinsicht
11.11.2021: Erste Beratung mit Dipl. Psychologen am Telefon; 950 € Pauschale. Er hatte eine sehr strenge/stringente Art, was mir gefiel. Zudem hatte er die formale Ausbildung. Außerdem war er früher selbst MPU-Gutachter.
12.11.2021: Lesen der Primärliteratur zu Laboranalysen bei Analysen zum Alkoholkonsum. Metaanalysen von Crunelle et al. (2014) und Biondi et al. (2019).
18.11.2021: Erhalt des Ermittlungsverfahrens (datiert auf 11.11.2021). Bitte um schriftliche Äußerung bis zum 26.11.2021. Anwalt antwortete, dass Einlassung beabsichtigt sei, aber erst die Akte erwartet würde, bevor die Einlassung erfolgen würde.
28.11.2021: Zweite Beratung (erstmals vor Ort) bei Dipl.-Psychologen (2h). Einstufung der Schwere des Falls à kontrolliertes Trinken als anzuwendende Strategie. Abstinenz nicht angezeigt.
30.11.2021: Zweiter Bluttest sechs Wochen nach dem ersten Test – keine relevante Veränderung der Werte trotz komplettem Trinkverzicht seit dem 17.10.2021.
07.12.2021: Dritte Beratung (2h) mit Dipl.-Psychologen
09.12.2021: Versand der Bescheinigung über verkehrspsychologische Beratung an Anwalt
17.01.2022: Übersendung des Falls (Kosten) an Rechtschutzversicherung durch Anwalt.
19.01.2022: Anwalt erhält Einsicht in Ermittlungsakte. Diese war während der (verzögerten) Stellungnahmefrist noch bei der Polizei und nicht bei der Staatsanwaltschaft. Frist zur Antwort betrug nun drei Wochen. Inhalte der Akte:
- Uhrzeit: nach Mitternacht
- Schlangenlinien, beim Anhalten fast gestürzt (Poller)
- Atem-Alkohol nach Mitternacht ergab 1,65 Promille
- Blutprobe um 02:30 Uhr (Zustimmung bei verlangsamtem Denken); Kosten: 151,20€
- Blutuntersuchungs-Ergebnis vom 07.10.2021: 1,82 Promille
- Rückgerechnet 1,9-2,0 Promille
- Entlassung um 02:31 Uhr
- Am 09.11.2021 informierte die Polizei das Verkehrsamt („Es wird um eine Überprüfung gem. §§ 3 (1) StVG, 46 FeV gebeten“). Lediglich Atemalkohol (1,65 Promille) angegeben. Blutwerte lagen zu dem Zeitpunkt noch nicht vor.
- Am 02.01. hat Erster Staatsanwalt die Herausgabe der Akte beauftragt
- Kein Eintrag im Fahreignungsregister (FAER)
- Kein Eintrag im Bundeszentralregister
16.01.2022: Haaranalyse bei Dekra (160€). Abnahme nicht wirklich dicht an Kopfhaut (0,5cm fehlen). Hinterkopf, so dass man es nicht so sieht. Ich musste Angaben zum Konsum machen und auswählen ob Abstinenz oder kontrolliertes Trinken. Dauer 3-4 Wochen bis Ergebnis.
20.01.2022: Besprechung der Einlassung mit Anwalt am Telefon. Detailliert dem Anwalt meine Strategie erläutert. Absprache, dass Einlassung so spät wie möglich zu übersenden ist.
09.02.2022: Erhalt einer Bescheinigung meines MPU-Beraters. Erklärung, dass er mich bis dahin über 10h betreut hat mit:
- Vorgeschichte, sowie Lebenslauf- und Motivanalyse
- Bedingende Hintergründe des Alkoholkonsums, Lerngeschichte und persönliche Anteile
- Herausarbeiten und Stärken vorhandener Ressourcen sowie Stabilisierung erwünschter Verhaltensweisen
- Problembewältigungsstrategien und Stärkung der Durchsetzungskompetenz
- Änderung der Verhaltensgewohnheiten
- Erarbeiten und Umsetzen eines kontrollierten Trinkkonzepts
- Motivationale Festigung der Verhaltensänderung
- Rückfallprophylaktische Arbeit (Risikofaktoren/Monitoring)
18.02.2022: Ich erhielt eingereichte Einlassung (eingereicht am 14.02.2022). Leider hatte mein Anwalt den Fall komplett verdreht (beispielsweise behauptet, dass ich gar nichts trinken wollte am Abend und nun komplett abstinent wäre). Krisentelefonat und Beschluss zur gemeinsamen Überarbeitung.
20.02.2022: Versand von gegengeprüfter Einlassung an die Staatsanwaltschaft. Erklärung, dass die vorige Einwendung gegenstandlos sei durch Vermischung mit einem ähnlich gelagerten Fall. Kernbotschaften der nun richtigen Einlassung:
- Bedauern
- Umgehend in verkehrspsychologische Beratung (angehängter Nachweis)
- Kontrolliertes Trinken
- 3-Monats-Beleg durch DEKRA (Haaranalyse)
- Keine vorherige strafrechtliche oder verkehrsrechtliche Eintragung
16.03.2022: Erhalt des Strafbefehls von Staatsanwaltschaft über Rechtanwalt. Monatliches Einkommen wurde auf 1600€ geschätzt. 20 Tagessätze a 40€ = 800€ Außerdem 228,70€ Verfahrenskosten. Frist bis zur Einlegung: 01.04.2022. Entweder zahlbar in Raten: „ab 5. des auf die Rechtskraft des Strafbefehls folgenden Monats“. Alternativ komplett bezahlen „bis zum 15. des auf die Rechtskraft des Strafbefehls folgenden Monats“.
18.03.2022: Entscheidung zur Einmalzahlung sowie Beilegung des Falls. Zum einen wollte ich den Fall jetzt auch nicht mehr zu stark weiter verzögern (irgendwann soll es auch vorbei sein). Zum anderen keine weiteren Kosten verursachen bzw. auch nicht das Risiko eingehen, dass mein Einkommen neu geschätzt wird.
20.03.2022: Abschlussrechnung Anwalt erhalten in Höhe von 761€.
- Grundgebühr 280€
- Verfahrensgebühr 220€
- Erledigungsgebühr 215,50€
- Post- und Telekommunikationspauschale 20€
- Aktenversendungspauschale 12€
- Dokumentenpauschale 13€
20.05.2022: Ablehnung der Kostenübernahme durch Rechtsschutzversicherung, da die Alkoholfahrt als vorsätzlich im Strafbefehl festgehalten wurde.
28.04.2022: Erhalt der Ergebnisse der zweiten Haar-Untersuchung. Erneut Bescheinigung über 3 Monate unter 30pg/mg. Im erneut separat angeforderten Laborbericht Ethylenglucuronid wieder unter 7pg/mg (Entnahme: 06.04., Eingang: 11.04., Analysenbeginn: 18.04., Analysenende: 21.04., Endbefund 22.04. übermittelt per Fax).
01.11.2022: Hinweis auf Neuentwicklung der Beurteilungskriterien im Internet gefunden: https://www.caritas-nah-am-naechsten.de/cms-media/media-3485320.pdf
04.12.2022: Digitale Abfrage beim Kraftfahrbundesamt - keine Eintragung am Tag der Abfrage
Resümee/Empfehlungen:
- Eine Trunkenheitsfahrt auf dem Fahrrad ist ein Spezialfall und als Betroffener ist es schwierig, die ganzen Folgen und Schritte einzuordnen. Danke nochmal an die Erfahrungsberichte und Tipps hier aus dem Forum.
- Einen Anwalt zu nehmen kann zur Verzögerung des Verfahrens (insbesondere bei Fahrrad-Trunkenheitsfahrt) sinnvoll sein. Ich kann aber nur empfehlen allen Schriftverkehr genau zu prüfen. Ich hatte leider nicht das Gefühl, dass sich die von mir kontaktierten Anwälte gut mit der vermischten Situation a) Strafrechtliches Verfahren vs b) MPU-Ablauf gut auskennen. Auch der von mir ausgewählte Anwalt war insgesamt ein Flop. Aber als ich ihm genau erklärt hatte, was ich beabsichtigte, konnte er ein paar Schritte gut erklären sowie das Verfahren gut verzögern.
- Auf keinen Fall jemals Angaben zum Einkommen machen. Die Behörden sind nicht vernetzt und die Schätzungen sind wohl immer sehr niedrig (laut Anwalt).
- Eine Rechtsschutzversicherung lehnt Kostenübernahmen bei Vorsatz ab.
- Bezüglich MPU-Berater würde ich immer nur zur Einzelberatung raten oder es alternativ hier über das Forum machen. Für mich war Berater besser, da ich jemanden brauche, der mich direkt kritisiert und mir die Meinung ins Gesicht sagt. Wenn ihr jemanden auswählt, würde ich zu ehemaligen Gutachtern raten sowie jemand mit formaler Ausbildung (Dipl.-Psychologe).
- Besorgt euch die Beurteilungskriterien (abfotografieren der relevanten Passagen in Bibliothek). Dies ist deutlich besser als Halbwahrheiten im Internet.
- Ich empfehle auch das Lesen der Primärliteratur zu den Labormessmethoden. Auch hier ist es besser als Halbwahrheiten aus dem Internet.
- Haaranalysen würde ich direkt nach drei Monaten machen. Bei mir waren die Werte unter der Nachweisgrenze auch bei Abnahme nicht direkt an Kopfhaut und damit Einschließung vorheriger Trinkepisoden. Allerdings wasche ich mir auch täglich die Haare und gehe 2x die Woche ins Schwimmbad.
- Bei Haaranalysen lohnt sich unbedingt der Vergleich verschiedener Anbieter. Ich zahlte 160€. Andere wollten das Doppelte. Leider musste ich im Vorfeld angeben, ob Abstinenz oder kontrolliertes Trinken. Ein nachträgliches „Ändern der Strategie“ ist also leider nicht möglich.
- Laboruntersuchung bei Hausarzt kann sinnvoll sein, um euch zunächst selbst ein Bild von der Situation zu machen. Im Nachhinein hätte ich aber auch CDT und PETH mitmachen sollen, um eine Baseline zu erhalten.
Gedanken/Fragen (leider habe ich die 4. Auflage der Beurteilungskriterien noch nicht vorliegen):
- Wie lief das bei euch mit der Akteneinsicht? War das eine Papierakte, die aus einem Archiv geholt wurde oder wie konntet ihr diese einsehen (bei mir wusste die Bearbeiterin nicht, was ich von ihr möchte…).
- Warum gab es bei mir weder Punkte noch eine Aufforderung zur MPU bisher? Kommt hier noch was?
- Wie wirkt sich die Neuauflage der Beurteilungskriterien aus, wenn ich
- Innerhalb der Übergangsfrist die Aufforderung zur MPU erhalte?
- erst nach der Übergangsfrist von der Fahrerlaubnisbehörde eine Aufforderung zur MPU bekomme?
- Wird es zu Frage 3 eine offizielle Vorgabe geben aus eurer Einschätzung oder liegt es in der Hand der Gutachter?
- Nützen mir meine 5 Monate und 20 Tage Belege für kontrolliertes Trinken oder muss ich eh von vorne anfangen?
- Sollte ich evtl. bereits jetzt einmal 6 Monate PETH-Programm machen? Aber wird das dann wiederum überhaupt anerkannt, wenn die Lücke zwischen Abschluss des Programms und etwaiger MPU zu groß wird?