FB Alkohol Wiederholungstäter 2,8 ./.

Mit 15 habe ich das erste Mal Alkohol getrunken. Kurz vor meinem 16. Geburtstag lernte ich meinen ersten festen Freund kennen. Vor dem Treffen wurde mir gesagt, wenn er sich fragt, was du trinken willst, bestelle was mit Alkohol, sonst sieht es doof aus. Ich bestellte ein Bier.
Wie darf ich mir das vorstellen ?

Ich bin regelrecht zur Familie von meinen damaligen Freund geflüchtet.
Aus meiner Sicht nicht ganz.
Du bist nicht nur zur Familie deines Freundes, sondern von einem gewalttätigen Elternhaus in eine gewalttätige Beziehung.
Sehr traurig, aber leider, leider absolut klassisch.
Der physischer und psychischer Gewalt ausgesetzte Mensch flüchtet in`s Bekannte, so grausig und paradox sich das anhört.

In meiner damaligen Beziehung war ich schon lange sehr unglücklich, wollte mich aber nicht trennen, weil ich die scheinbar tolle Familie nicht verlieren wollte.
Auch das glaube ich nicht ganz, s.o.

Wir zogen in unsere erste Wohnung u ich dachte ich kann so alles zum Guten wenden.
Warum hast du das gedacht ?

Falsch gedacht, es folgten eine Zeit aus Gewalt und Erniedrigung.
War das nicht für dich absehbar ?
Gedacht ?
Gefühlt hast du aber etwas ganz Anderes ?

Beschimpft und beleidigt, was ich auch schon von zuhause kannte.
Könnte ich immer heulen, wenn ich so etwas lese.

Es folgen zwei unfreiwillige Aufenthalte in der geschlossenen, die mich sehr mitgenommen haben.
Warum ?

Im Kampf um die Beziehung, die nur toxisch war, verlor ich letztendlich alles,
Jetzt folgen sehr harte Worte, die mir selber wehtun, aber meiner Einschätzung nach lebensnotwendig.
Aus meiner Sicht ist deine jetzige Beziehung auch toxisch.
Sicherlich nicht auf dieser, sorry, so sehr sicht- und fühlbaren Ebene, sondern eher auf subtiler Ebene.

Meiner momentanen Einschätzung nach hast du in der Ehe langfristig keine Chance, abstinent zu bleiben, zumindest nicht, wenn du, wie der liebe @joost schon sagte, wichtige und lebensnotwendige Distanzierungsmechanismen einbaust.
Das könnten z.B. getrennte Wohnungen sein.

Ich möchte zum Schluss Folgendes loswerden:
Meine harten Worte sind dem geschuldet, dass du eine, wenn du sie nicht zum Aufgeben zwingst, tödliche Krankheit hast.
Du hast dich vor über 20 Jahren von dieser Krankheit gefangen nehmen lassen ( müssen ? ).
Du hast in den Entgiftungen Trinkpausen gemacht, und nein, 10 Jahre alkoholfreien Sekt und Bier ist keine Abstinenz.

Liebe Grüße :a055:
 
Puhh heftig… es ist schwierig auch ich würde anderen Personen raten sich zu trennen. So habe ich es auch in der Entgiftung u Therapie gehört. Wo uns alle oberflächlich kannten. Nun ja ist so, dass wir beide dort einen längeren Zeitraum verbracht haben. Wir nicht nur durch Entgiftung uns SIA, sondern auch durch die DBT Therapie, die im selben Krankenhaus stattgefunden und zusammen mit uns auseinander zu setzen u jeder getrennt mit den Therapeuten zu besprechen und zu reflektieren. Ich werde da noch näher drauf eingehen, warum wir aus deren Sicht eine Chance hätten. Ich kann nur vorweg nehmen, ohne Alkohol bei beiden funktionieren und arbeiten wir wieder so zusammen, wie es in einer „normalen“ Beziehung auch laufen sollte. Keine Eskalation, keine Eskapaden, Ehrlichkeit und Rücksichtnahme. Auseinandersetzungen gehören wie in jeder Ehe dazu. Auch wissen wir beide, was zu tun ist wenn einer kippt. Dazu später mehr. Ich gönne mir bewusst Pausen beim Schreiben, wenn es mir im Kopf zu viel wird. ☺️
 
Die Sensoren, für das was mich bewegt habe ich erst wieder in der letzten Therapie erweckt. Hier hatte ich nach langer Zeit endlich mal wieder die Zeit für mich, meine nüchternen Gedanken. Zwar bin ich dahin, dachte ich bin bestens vorbereitet, ich hatte alles zuhause geplant u im Griff, jedoch kam es anders. Wir dürften am Wochenende immer eine Nacht nach Hause, Belastungsprobe. In der ersten Belastungsprobe hat mein Mann ein Schreiben vom Strassenverkehrsamt bekommen, mit einer Aufforderung zur Stellungnahme zu seinem Krankenhausaufenthalt im Sept 24. , ja was soll ich sagen. Wir haben einen Anwalt eingeschaltet u alles versucht, aber er musste den fs abgeben. Mit meinem jetzigen Wissensstand zurecht. Alles gut. Naja in der Woche nach dem Erhalt des Briefes habe ich gekämpft, auch Ermahnungen auf der Station bekommen, dass dieses nicht meine Aufgabe wäre mich zu kümmern. Es folgen ca. 6 Wochen Schriftverkehr mit dem Amt u Termine beim Anwalt. Dann kam das Osterwochenende. Donnerstags habe ich erfahren, dass die Abgabe wohl unumgänglich ist u wir Berufung beim Gericht einreichen sollten. Ich rief meinen Mann an und sagte ihm bitte erledige alles, was du noch mit dem Auto erledigen musst u stell dich drauf ein, dass es die letzten Tage mit fs sind. Ich war ja jetzt im Krankenhaus in Therapie u konnte da ja nicht einfach so weg. Ich habe unsere shg um Hilfe gebeten, ob jemand bei meinem Mann vorbeischauen kann. Mein Mann hatte aber entschieden er möchte nicht reden, sondern wollte erstmal den Kopf freibekommen. Das macht er mit laufen, also spazieren mit dem Hund. Naja am nächsten Tag hat er mich noch abgeholt, zuhause war die Stimmung mies, angespannt u es wurde diskutiert. Es hätte alles keinen Sinn mehr u er hätte keine Lust mehr zu kämpfen und sich etwas holt. Ich weiß noch ich stand am Küchenfenster u das erste Mal habe ich zu ihm gesagt: ich kann verstehen, dass du sauer und enttäuscht bist. Und wenn du wieder trinken möchtest, dann ist das deine Entscheidung. Ich möchte dich dann bitten auszuziehen, weil ich kann das nicht mehr. Ich werden morgen wieder zur Therapie fahren und diese Spirale endgültig verlassen. Dann habe ich ihm noch gesagt, ich kann dir vorschlagen heute noch in deine Heimat zu fahren, uns dort einen schönen Tag zu machen. Den letzten Tag Auto zu genießen. Dann habe ich den Raum verlassen. Ich habe für mich Atemübungen gemacht um selber runterzukommen. Nach einer Weile kam er zu mir und meinte, bist du fertig? Lass uns dann fahren. Auf der Fahrt in seine Heimat bekamen wir einen Anruf vom Gruppenleiter der shg, der uns sagte, lasst den Kopf nicht hängen, es wird sich immer einer finden, der mit euch zur Gruppe fährt oder sonst wohin. Dieser Zusammenhalt der shg hat meinen Mann, der sonst eher stark u kalt nach außen wirkt zu Tränen gerührt.
Mich hat dieses Wochenende wachsen lassen. Ich habe da mein Selbstbewusstsein, dass ich nach der ersten Therapie hatte u im laufe der Jahre verloren hatte, ein großes Stück wiederbekommen.
 
Warum bin ich hier oder überhaupt so offen mit meiner Geschichte? Weil mir nur durch meiner Ehrlichkeit und Offenheit geholfen werden kann. Zudem ist es für mich auch kein Problem mehr mit meiner Vergangenheit offen um zu gehen. Ich habe ja alle Karten auf den Tisch gelegt, sei es in der Nachbarschaft, bei Freunden, Familie und auf der Arbeit. Dieses Doppelleben, wo nach außen immer alles super und toll ausgesehen hat, hat mich ja fast kaputt gemacht. Ich habe ja gesagt, erst mit ablegen dieser Maske, konnte ich an mir arbeiten. Ihr könnt mich ja jetzt nicht sehen, aber jeder der sich mit dem Trinken auskennt, kann sich ja vorstellen, wie es körperlich und auch optisch vorher aussah. Ich habe mich regelrecht verkrochen. Jetzt wo ich meine Krankheit u auch meine Chance, dieser den Kampf anzusagen akzeptiert und angenommen habe, merke ich wie stark ich eigentlich bin. Im Sog der nassen Zeit habe ich den Grund für meine Depression nicht im Trinken gesucht, sondern versucht meine Depression mit dem Trinken zu behandeln. Ich habe fast nie richtig schlafen können und gedacht, wenn ich nach einer Trinkpause (paar Wochen oder Monate) nicht wieder gut schlafen kann, liegt das nicht am Alkohol. Im Grunde wollte ich nur mein schlechtes Gewissen beruhigen.
 
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