"Kostenlose" Urteile.... (Alkohol)

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Nancy

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Ich werde hier mal in lockerer Reihenfolge einige Urteile posten, die (manchmal mehr, manchmal weniger)
mit der MPU zusammen hängen.


Edit: Da die Sammlung jedoch etwas umfangreicher geworden ist und somit keiner mehr durchblickt, teile ich sie etwas auf :smiley138:
 
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Nancy

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Trunkenheitsfahrt: Behörde darf nach verweigerter Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auch in Frankreich erworbenen Führerschein entziehen

Rechtsvorschriften der Europäischen Union stehen Entziehung der Fahrerlaubnis nicht entgegen

Einem Kraftfahrer, der nach zwei Trunkenheitsfahrten trotz Aufforderung kein medizinisch-psychologisches Gutachten über seine Fahreignung vorlegt, kann die deutsche Führerscheinbehörde die Fahrerlaubnis auch dann entziehen, wenn diese in Frankreich erworben worden ist. Das hat das Verwaltungsgericht Koblenz entschieden.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls, ein deutscher Staatsbürger, hatte seine deutsche Fahrerlaubnis bereits im Jahre 2003 durch einen Strafbefehl wegen Trunkenheit im Verkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 2 Promille verloren und danach auch nicht mehr zurückerlangt. Im Jahr 2008 wurde er bei einer Verkehrskontrolle erneut - diesmal mit einer Blutalkoholkonzentration von 1 Promille - unter Alkoholeinfluss am Steuer eines Kraftfahrzeuges angetroffen. Der Kläger legte den Polizeibeamten daraufhin einen bereits 2002 in Paris ausgestellten Führerschein vor und gab an, er habe seine deutsche Fahrerlaubnis in eine französische umschreiben lassen. Die zuständige Kreisverwaltung verlangte sodann vom Kläger die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens über seine Fahreignung. Da er dem nicht nachkam, entzog die Behörde dem Kläger im Dezember 2012 die Fahrerlaubnis und forderte ihn auf, seinen französischen Führerschein vorzulegen, damit man die fehlende Fahrberechtigung in Deutschland eintragen könne.

Behörde darf bei verweigertem medizinisch-psychologischem Gutachten auf Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen

Die hiergegen nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage beim Verwaltungsgericht Koblenz blieb ohne Erfolg. Die Führerscheinbehörde sei, so die Koblenzer Richter, zum Entzug der Fahrerlaubnis verpflichtet, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweise. Bei Zweifeln an der Eignung könne die Behörde diese durch die Anordnung der Vorlage von ärztlichen bzw. medizinisch-psychologischen Gutachten aufklären. Verweigere der Betroffene eine rechtmäßig angeordnete Untersuchung oder bringe er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, so dürfe die Behörde daraus auf seine Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen.

Behörde darf bei Eignungszweifeln auch ausgestellte Fahrerlaubnis aus anderem Mitgliedsstaat entziehen


Im Falle des Klägers habe die Kreisverwaltung zu Recht die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verlangt. Nach den fahrerlaubnisrechtlichen Vorschriften sei bei einer festgestellten Alkoholproblematik die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, wenn der Betroffene wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen oder ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr geführt habe. Diese Voraussetzungen seien beide gegeben. Dabei habe die Behörde auch den Strafbefehl aus dem Jahre 2003 berücksichtigen dürfen, weil im Verkehrszentralregister gespeicherte Eintragungen, durch die eine Fahrerlaubnis wegen Trunkenheit im Verkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,6 Promille entzogen werde, frühestens nach zehn Jahren zu tilgen seien. Zudem stünden der Entscheidung auch keine Rechtsvorschriften der Europäischen Union entgegen. Vielmehr könne der Mitgliedsstaat, in dem der Betroffene seinen ordentlichen Wohnsitz habe, die in einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellte Fahrerlaubnis jedenfalls aufgrund von solchen Eignungszweifeln entziehen, welche sich im Zusammenhang mit dem Verhalten nach Erwerb des in dem anderen Mitgliedsstaat erworbenen Führerscheins ergäben.




Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/VG...15888.htm?sk=fa00dcedc9e8489264613b84802ea362
 

Nancy

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OVG Rheinland-Pfalz: Fahrradfahren darf bei verweigerter MPU nicht verboten werden

Wiedererteilung eines Führerscheins darf nicht von Gutachten über Fähigkeit des Trennens zwischen Alkoholkonsum und dem Führen eines Fahrrads abhängig gemacht werden

Die Straßenverkehrsbehörde darf einem Verkehrsteilnehmer, der allein als Kraftfahrer alkoholauffällig wurde, nicht das Führen eines Fahrrads verbieten, weil er kein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Frage vorgelegt hat, ob er zwischen dem Fahren eines solchen Fahrzeuges und dem Alkoholgenuss trennen kann. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz.

Der Antragsteller stellte einen Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, welche ihm entzogen wurde, weil er ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss (1,1 ‰ Blutalkoholkonzentration) geführt hatte. Daraufhin forderte die Straßenverkehrsbehörde ihn auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Frage vorzulegen, ob er Alkoholgenuss und das Führen nicht nur eines Kraftfahrzeuges, sondern auch eines Fahrrads trennen kann. Nachdem der Antragsteller sich geweigerte hatte ein solches Gutachten vorzulegen, lehnte die Straßenverkehrsbehörde die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ab und verbot ihm unter Anordnung des Sofortvollzugs zusätzlich das Führen eines Fahrrads. Den Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen dieses Verbot wiederherzustellen, lehnte das Verwaltungsgericht ab. Das Oberverwaltungsgericht gab hingegen der Beschwerde des Antragstellers statt.

Anhaltspunkte für naheliegende und konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit beim Fahrradfahren liegen nicht vor

Zwar dürfe die Fahrerlaubnisbehörde bei Zweifeln an der Fahreignung die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen und von der Ungeeignetheit eines Verkehrsteilnehmers zum Führen eines Fahrzeuges ausgehen, falls dieser sich grundlos weigere, ein solches Gutachten vorzulegen. Eignungszweifel bestünden beim Antragsteller jedoch nicht hinsichtlich des Trennungsvermögens zwischen Alkoholkonsum und dem Führen eines Fahrrads. Sie ergäben sich nicht allein daraus, dass er einmal beim Führen eines Kraftfahrzeugs unter Alkoholeinfluss aufgefallen sei. Zusätzliche sonstige Anhaltspunkte für eine naheliegende und konkrete Gefährdung der Verkehrssicherheit durch den Antragsteller beim Fahrradfahren, welche an die Gefahr heranreiche, welche von auffällig gewordenen Kraftfahrern ausgehe, lägen nicht vor. Insbesondere sei der Antragsteller bisher beim Fahrradfahren nicht auffällig geworden. Habe die Fahrerlaubnisbehörde deshalb vom Antragsteller kein medizinisch-psychologisches Gutachtens über seine Eignung als Fahrradfahrer verlangen können, habe sie ihm das Fahrradfahren auch nicht verbieten dürfen, weil er ein solches Gutachten nicht vorgelegt habe.

Quelle:http://www.kostenlose-urteile.de/OVG-Rheinland-Pfalz_10-B-1041511OVG_OVG-Rheinland-Pfalz-Fahrradfahren-darf-bei-verweigerter-MPU-nicht-verboten-werden.news11816.htm?sk=fa00dcedc9e8489264613b84802ea362



Weiteres Urteil:


Medizinisch-psychologisch verweigert: Fahrradfahrer mit mehr als 1,6 Promille Alkohol darf Fahrradfahren verboten werden

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz ändert eigene bisherige Rechtsprechung

Auch einem Fahrradfahrer, der keine Fahrerlaubnis für Fahrzeuge besitzt, ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzugeben, nachdem er mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr mit dem Fahrrad im Straßenverkehr aufgefallen ist. Legt er ein solches Gutachten nicht vor, darf ihm das Führen jedes Fahrzeuges, also auch eines Fahrrads, verboten werden. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz und änderte damit seine bisherige Rechtsprechung.


Der Kläger des zugrunde liegenden Falls, der nicht mehr Inhaber einer Fahrerlaubnis ist, fuhr in der Nacht vom 27. auf den 28. Juli 2010 mit einem Fahrrad Schlangenlinien und nahm dabei die gesamte Straßenbreite ein. Er roch stark nach Alkohol und war nicht in der Lage, sicher vom Fahrrad abzusteigen. Die daraufhin entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,44 Promille. Im Februar 2011 fordert die beklagte Straßenverkehrsbehörde den Kläger auf, bis zum 15. April 2011 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu seiner Fahreignung vorzulegen. Da er dieser Aufforderung nicht nachkam, untersagte die Beklagte dem Kläger das Führen von Fahrzeugen. Die hiergegen erhobene Klage wies bereits das Verwaltungsgericht ab. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Anfordern eines Gutachtens bei hoher Blutalkoholkonzentration zur Klärung der Fahreignung nicht unverhältnismäßig

Beim Kläger, der mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,44 Promille im öffentlichen Verkehrsraum Fahrrad gefahren sei, bestehe ausreichend Grund zur Annahme, dass er auch zum Führer eines fahrerlaubnisfreien Fahrzeugs ungeeignet oder nur bedingt geeignet sei. Denn der Genuss von Alkohol in höherer Dosierung führe zu einer Herabsetzung der Reaktions- und Kritikfähigkeit sowie zu Veränderungen der Stimmungslage. Häufiger Alkoholmissbrauch führe darüber hinaus zur Gewöhnung an die Giftwirkung und damit zur Unfähigkeit einer realistischen Einschätzung der eigenen Alkoholisierung. Deshalb sehe die Fahrerlaubnisverordnung die Anforderung eines Gutachtens über die Fahreignung vor, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille und mehr geführt worden sei. Das Anfordern eines Gutachtens bei einer solch hohen Blutalkoholkonzentration sei zur Klärung der Fahreignung auch gegenüber dem Kläger als Fahrradfahrer nicht unverhältnismäßig. Denn trotz der Unterschiede zur Nutzung von Kraftfahrzeugen bestehe auch beim Führen von Mofas und Fahrrädern infolge der Wirkung erheblicher Alkoholmengen ein erhöhtes Verkehrsrisiko, wenn zum Beispiel motorisierte Verkehrsteilnehmer wegen des unkontrollierten Verhaltens eines alkoholisierten Radfahrers unvorhersehbar ausweichen müssten und mit anderen Fahrzeugen kollidierten. Dies gelte umso mehr, als bei Trunkenheitsradfahrern wegen des nicht ausreichend vorhandenen Problembewusstseins die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Trunkenheitsfahrten mit dem Fahrrad höher sein dürfte als mit dem Kraftfahrzeug. Habe der Kläger das demnach von ihm zu Recht geforderte Gutachten nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist beigebracht, habe die Beklagte auf dessen Ungeeignetheit schließen und ihm das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge verbieten dürfen.



Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/OVG-Rheinland-Pfalz_10-A-1028412OVG_Medizinisch-psychologisch-verweigert-Fahrradfahrer-mit-mehr-als-16-Promille-Alkohol-darf-Fahrradfahren-verboten-werden.news14116.htm?sk=5fedf80d752418dbcc6f6a7bd5838e21







Hierzu noch der Beschluss aus Bayern:


Bayerischer VGH: Fahrradfahrt unter erheblichem Alkoholeinfluss führt nicht nur zum Führerscheinentzug

Fahrradfahren im öffentlichen Straßenverkehr ist ebenfalls ohne Einschränkungen zu untersagen

Wird ein Fahrrad von einem Führerscheininhaber mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,6 Promille geführt, so hat die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen. Dieses Gutachten ist nicht auf die Frage zu beschränken, ob künftig Alkoholfahrten mit einem Kfz zu erwarten sind. Die Fragestellung hat auch die Fahrradführung unter Alkoholeinfluss zu umfassen. Dies hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden.

Ein Münchner war als Fahrradfahrer mit 1,7 Promille Blutalkohol verkehrsauffällig geworden. Der Fahrradfahrer hatte auch eine Fahrerlaubnis für Motorräder, Pkw und LKW. Von der Landeshauptstadt wurde von ihm ein medizinisch-psychologisches Gutachten in Bezug auf die Kfz- und Fahrradführung gefordert. Diese legte er nicht vor. Hierauf entzog ihm die Landeshauptstadt nicht nur den Kfz-Führerschein, sondern untersagte ihm auch, Fahrräder auf öffentlichem Verkehrsgrund zu führen.


Eignungszweifel dürfen sich nicht nur auf das Führen von Kraftfahrzeugen beziehen, sondern müssen auch das Führen von Fahrrädern berücksichtigen


Im Rahmen eines Verfahrens auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nun klargestellt: Wird mit dem Fahrrad eine Trunkenheitsfahrt unter einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,6 Promille begangen, so „liegt es auf der Hand“, dass sich die Eignungszweifel nicht nur auf das Führen von Kraftfahrzeugen, sondern auch auf das Führen von Fahrrädern erstrecken. Beide Gesichtspunkte seinen gutachtenmäßig abzuklären. Werde das Gutachten nicht vorgelegt, habe die Fahrerlaubnisbehörde schlichtweg keine Alternative: Zum Ausschluss der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer und der Aufrechterhaltung der Sicherheit des Straßenverkehrs ist nicht nur der Führerschein zu entziehen sondern auch ohne Einschränkung das Fahrradfahren zu untersagen.


Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/Ba...icht-nur-zum-Fuehrerscheinentzug.news9371.htm
 
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Nancy

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Halter eines Fahrzeugs als potentieller Täter einer Straftat wegen Trunkenheit im Verkehr: Belehrung über Aus*sage*verweigerungs*recht notwendig

Fehlende Belehrung schließt Verwendung der getätigten Aussage aus

Sucht die Polizei den Täter einer Straftat wegen Trunkenheit im Verkehr, so gilt der Halter des Fahrzeugs als potentieller Täter. Er muss daher zwingend über das Recht zur Aussageverweigerung gemäß § 136 Abs. 1 StPO belehrt werden. Wird er nicht belehrt und macht er eine Aussage, so darf diese nicht verwendet werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall beobachtete eine Frau im April 2013 in der Nacht ein Fahrzeug welches "Schlangenlinien" fuhr. Sie merkte sich das Kennzeichen und benachrichtigte die Polizei. Diese ermittelte den Halter des Fahrzeugs und stattete ihm einen Besuch ab. Nach mehrmaligem Klopfen öffnete der Halter des Fahrzeugs die Wohnungstür und wurde zugleich von den Polizeibeamten gefragt, ob er der Halter des betreffenden Fahrzeugs sei. Nachdem dieser seine Haltereigenschaft bejahte, wurde er weiter gefragt, ob gerade mit dem Fahrzeug unterwegs gewesen sei. Auch dies bejahte der Mann. Die Polizeibeamten wurden dann in die Wohnung gelassen, wo die sie feststellten, dass der Mann alkoholisiert war. Er wurde daraufhin belehrt, dass er als Beschuldigter einer Tat keine Aussage machen müsse, was dieser dann auch nicht mehr tat. Da er jedoch schon zugegeben hatte Fahrer des Fahrzeugs gewesen zu sein und angesichts der gemessenen Blutalkoholkonzentration von 1,98 Promille, wurde ihm die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen. Dagegen richtete sich seine Beschwerde. Er meinte er sei zu spät über sein Schweigerecht belehrt worden. Seine getätigte Aussage hinsichtlich seiner Fahrereigenschaft sei daher nicht verwertbar gewesen.

Richtiger Zeitpunkt der Belehrung schwierig zu bestimmen


Das Landgericht Saarbrücken führte dazu aus, dass es nicht immer einfach zu beantworten sei, zu welchem Zeitpunkt eine Belehrung über das Schweigerecht des Beschuldigten (§ 136 Abs. 1 StPO) erfolgen muss. Zunächst müsse ein Anfangsverdacht vorliegen. Es genüge aber nicht jeder unbestimmte Tatverdacht. Es komme vielmehr darauf an, ab wann die Strafverfolgungsbehörde nach pflichtgemäßer Beurteilung von einer ernstlichen Täterschaft des Befragten ausgehen kann (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 16.08.2010 - 1 SsBs 2/10). Den Ermittlungspersonen stehe daher grundsätzlich ein gewisser Ermessensspielraum zu. Sie dürfen aber nicht aus ermittlungstaktischen Gründen die Beschuldigteneigenschaft des Befragten verneinen.

Haltereigenschaft begründet Belehrungspflicht


Nach Einschätzung des Amtsgerichts Bayreuth (Beschl. v. 17.10.2002 - 3 Cs 5 Js 8510/02 = NZV 2003, 202) sei die Belehrung des Halters eines Fahrzeugs zwingend erforderlich, so das Landgericht weiter, wenn einem unbekannten Fahrer ein Delikt als Führer dieses Fahrzeugs zur Last gelegt wird. Denn aufgrund der Haltereigenschaft liege die Fahrzeugführerschaft und damit die Täterschaft des Halters nahe. In einem solchen Fall verdichte sich der Beschuldigtenkreis auf den Halter des Fahrzeugs und eine Belehrung sei notwendig.

Fehlende Belehrung des Halters begründete Unverwertbarkeit seiner Aussage


Davon ausgehend vertrat das Landgericht die Auffassung, dass der Halter des Fahrzeugs im vorliegenden Fall spätestens nach der Beantwortung der Frage zu seiner Haltereigenschaft gemäß §§ 136 Abs. 1, 163a Abs. 4 StPO hätte belehrt werden müssen. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Seine daraufhin getätigten Aussagen bezüglich seiner Fahrereigenschaft seien daher nicht verwertbar gewesen.


Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/LG...ageverweigerungsrecht-notwendig.news17718.htm
 

Nancy

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Trotz Alkoholkrankheit:

Verhaltensbedingte Kündigung eines Berufskraftfahrers wegen Fahrens unter Alkoholeinfluss rechtswirksam

Alkoholerkrankung des Arbeitnehmers steht Kündigungs*entscheidung nicht entgegen

Das Arbeitsverhältnis eines Berufskraftfahrers kann aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt werden, wenn er sein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führt. Dem steht eine Alkoholerkrankung des Berufskraftfahrers nicht entgegen. Dies entschied das Arbeitsgericht Berlin.

Der Arbeitnehmer des zugrunde liegenden Verfahrens wurde als Berufskraftfahrer beschäftigt. Er verursachte mit seinem Lkw unter Alkoholeinfluss (0,64 ‰) einen Unfall, bei dem der Unfallgegner verletzt wurde und ein größerer Sachschaden entstand. Im Betrieb bestand ein absolutes Alkoholverbot. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß. Der Arbeitnehmer hat die Kündigung u.a. für unwirksam gehalten, weil er alkoholkrank sei; er habe seine vertraglichen Verletzungen daher nicht schuldhaft verletzt.

Abmahnung aufgrund des Schwere des Pflichtverstoßes nicht erforderlich

Das Arbeitsgericht Berlin hat die ordentliche Kündigung für rechtswirksam gehalten. Der Arbeitnehmer habe mit seinem Verhalten seine arbeitsvertraglichen Pflichten schwerwiegend und in vorwerfbarer Weise verletzt. Der Arbeitgeber dürfe von einem Berufskraftfahrer erwarten, dass dieser nüchtern zum Fahrtantritt erscheine und auch während der Fahrt keine alkoholischen Getränke zu sich nehme. Eine Alkoholerkrankung könne den Arbeitnehmer nicht entlasten; ihm sei weiterhin vorzuwerfen, eine Fahrt mit dem Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss angetreten und hierdurch andere gefährdet zu haben. Das Fehlverhalten des Arbeitnehmers wiege auch derart schwer, dass ihm nicht mit einer Abmahnung hätte begegnet werden müssen. Der Arbeitgeber müsse dafür Sorge tragen, dass das Alkoholverbot von allen Fahrern beachtet werde; dies sei mit einer bloßen Abmahnung nicht zu erreichen. Auch habe der Kläger letztlich keine Einsicht in sein Fehlverhalten gezeigt.

Außerordentliche Kündigung aus formalen Gründen unwirksam


Die außerordentliche Kündigung hat das Arbeitsgericht aus formalen Gründen für unwirksam gehalten; ob das Verhalten des Arbeitnehmers eine sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt hätte, war daher nicht zu entscheiden.


Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/Ar...r-Alkoholeinfluss-rechtswirksam.news18065.htm



Hierzu gibt es nun noch ein neueres Urteil:


Verhaltensbedingte Kündigung eines alkoholkranken Berufskraftfahrers

Bei bestehender Bereitschaft zu Alkoholtherapie kann von Arbeitgeber Abmahnung und Fortsetzen des Arbeits*ver*hältnisses erwartet werden

Das Landes*arbeits*gericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass einem an einer Alkoholabhängigkeit leidenden Arbeitnehmer, der ein ihm überlassenes Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss führt, im Zeitpunkt der Vertrags*pflicht*ver*letzung kein Schuldvorwurf gemacht werden kann. Eine Kündigung des Arbeits*ver*hältnisses ist nur dann möglich, wenn anzunehmen ist, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit seinen arbeits*vertrag*lichen Pflichten dauerhaft nicht nachkommen kann.

Der Arbeitnehmer des zugrunde liegenden Falls wurde als Berufskraftfahrer beschäftigt. Er verursachte mit seinem Lkw unter Alkoholeinfluss (0,64 ‰) einen Unfall, bei dem der Unfallgegner verletzt wurde und ein größerer Sachschaden entstand. Im Betrieb bestand ein absolutes Alkoholverbot.

Arbeitsgericht: Ordentliche Kündigung ist auch ohne Ausspruch einer Abmahnung sozial gerechtfertigt

Das Arbeitsgericht hat die daraufhin ausgesprochene ordentliche Kündigung wegen der Schwere der Pflichtverletzung auch ohne Ausspruch einer Abmahnung für sozial gerechtfertigt gehalten. Die Alkoholerkrankung könne den Arbeitnehmer nicht entlasten; ihm sei weiterhin vorzuwerfen, eine Fahrt mit dem Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss angetreten und hierdurch andere gefährdet zu haben.

LAG: Bei Alkoholabhängigkeit ist Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Vertragspflichtverletzung kein Schuldvorwurf zu machen


Dem ist das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg nicht gefolgt. Das Landesarbeitsgericht verwies darauf, dass ein Berufskraftfahrer dann seine arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten in erheblichem Maße verletzt, wenn er das ihm überlassene Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss führt. Beruht dieses Verhalten jedoch auf einer Alkoholabhängigkeit, ist dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Vertragspflichtverletzung kein Schuldvorwurf zu machen. Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist dann nur möglich, wenn anzunehmen ist, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Alkoholabhängigkeit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten dauerhaft nicht nachkommen kann. Hieran fehlt es, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kündigung ernsthaft zu einer Alkoholtherapie bereit war. Im Übrigen kann bei einer bestehenden Therapiebereitschaft von dem Arbeitgeber in der Regel erwartet werden, das Fehlverhalten abzumahnen und das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.


Quelle:http://www.kostenlose-urteile.de/LA...koholkranken-Berufskraftfahrers.news19069.htm
 
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Baden-Württemberg sieht sich jetzt wohl dazu "genötigt", auch bei Werten unter 1,6‰ eine MPU zu fordern.....:smiley2204:


http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laende...fba656fbb3e96b7cf6e06f&nr=17690&pos=0&anz=313



Hier noch der Beschluss des VGH Ba-Wü:

Keine Wiedererteilung einer vom Strafgericht entzogenen Fahrerlaubnis bei Nichtvorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens

Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 d) der Fahr*erlaubnis*verordnung zulässig


Wird eine Fahrerlaubnis von einem Strafgericht wegen Alkoholmissbrauchs entzogen, so muss die zuständige Behörde die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von einem medizinisch-psychologischen Gutachten abhängig machen. Eine entsprechende Anordnung muss nach § 13 Satz 1 Nr. 2 d) der Fahr*erlaubnis*verordnung (FeV) ergehen. Wird ein solches Gutachten nicht beigebracht, schließt das die Wiedererteilung aus. Dies hat der Verwaltungs*gerichts*hof Baden-Württemberg entschieden.


Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Einem Autofahrer wurde im Mai 2012 von einem Amtsgericht die Fahrerlaubnis entzogen. Hintergrund dessen war eine Trunkenheitsfahrt mit 1,2 Promille. Das Gericht sah darin eine Uneignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs. Nach Ablauf der Sperrfrist von sieben Monaten beantragte der Autofahrer bei der zuständigen Behörde die Neuerteilung der Fahrerlaubnis. Diese ordnete aber zunächst die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an. Da der Autofahrer dem nicht nachkam, wurde ihm die Fahrerlaubnis nicht erteilt. Der Fall kam daraufhin vor Gericht.

Verwaltungsgericht hielt Nichterteilung der Fahrerlaubnis für zulässig


Das Verwaltungsgericht Freiburg hielt die Nichterteilung der Fahrerlaubnis für zulässig, da es an einem erforderlichen medizinisch-psychologischen Gutachten gefehlt habe. Die Behörde habe ein solches gemäß § 2 a Abs. 4 Satz 1 StVG anordnen dürfen. Gegen diese Entscheidung legte der Autofahrer Rechtsmittel ein.


Verwaltungsgerichtshof verneinte ebenfalls Anspruch auf Wiederteilung der Fahrerlaubnis

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Dem Autofahrer habe kein Anspruch auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zugestanden. Denn dieser hätte zunächst durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten nachweisen müssen, dass er wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet war. Die Behörde sei nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet gewesen die Vorlage eines solches Gutachtens anzuordnen.

Anordnung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtmäßig


Die Behörde habe zwar nicht nach § 2 a Abs. 4 Satz 1 StVG das medizinisch-psychologische Gutachten anfordern dürfen. Denn diese Vorschrift betreffe nur das Entziehungsverfahren und nicht das Wiedererteilungsverfahren. Die Vorlage des Gutachtens sei aber gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 d) FeV zulässig gewesen. Danach sei ein medizinisch-psychologisches Gutachten anzuordnen, wenn die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c genannten Gründen entzogen wurde. Dies sei hier der Fall gewesen.

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Alkoholmissbrauch


Das Amtsgericht habe seinerzeit die Fahrerlaubnis wegen eines Alkoholmissbrauchs entzogen. Wer ein PKW unter Alkoholeinfluss fährt, könne erwiesenermaßen nicht zwischen einem die Fahreignung ausschließenden Alkoholkonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs trennen. Die Entziehung sei daher nach § 13 Satz 1 Nr. a) erfolgt.

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/VG...isch-psychologischen-Gutachtens.news19103.htm




 
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Bezogen auf den letzten Beitrag, hier noch eine RA-Seite, die die vorherige Aussage stützt:

http://www.anwalt.de/rechtstipps/be...ignungsgutachten-mpu-erforderlich_059717.html


Daraus ersichtlich: Auch in Mecklenburg-Vorpommern liegen die Grenzwerte zur MPU-Aufforderung deutlicher niedriger, als im Rest der BRD (bis jetzt noch)....

[h=1]Gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Trunkenheitsfahrt mit 1,55 Promille rechtfertigt Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bei Wiedererteilung der Fahrerlaubnis[/h][h=2]Anordnung der Vorlage des Gutachtens nach § 13 Satz 1 Nr. 2 d) der Fahr*erlaubnis*verordnung[/h]Wurde einem Autofahrer wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 1,55 Promille durch ein Amtsgericht die Fahrerlaubnis entzogen, so muss die zuständige Behörde die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 d) der Fahr*erlaubnis*verordnung (FeV) von der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens abhängig machen. Dies hat das Ober*verwaltungs*gericht Mecklenburg-Vorpommern entschieden.


In dem zugrunde liegenden Fall wurde einem Autofahrer im Mai 2010 durch ein Urteil eines Amtsgerichts die Fahrerlaubnis entzogen. Hintergrund dessen war eine Trunkenheitsfahrt mit einer gemessenen BAK von 1,55 Promille. Nach Ablauf der Sperrfrist beantragte der Autofahrer die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Die zuständige Behörde machte dies jedoch von der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens abhängig. Der Autofahrer meinte, dass er dem nicht Folge leisten müsse. Er beantragte daher im Eilverfahren ihm die Fahrerlaubnis auch ohne Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens wiederzuerteilen. Das Verwaltungsgericht Schwerin hielt die Vorlage eines solchen Gutachtens aber für erforderlich und lehnte daher den Antrag ab. Dagegen richtete sich die Beschwerde des Autofahrers.

[h=4]Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtmäßig[/h]Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Beschwerde des Autofahrers zurück. Die Behörde sei verpflichtet gewesen vor Wiedererteilung der Fahrerlaubnis die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen. Die Voraussetzungen für eine solche Anordnung seien gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 d) FeV gegeben gewesen.

[h=4]Gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund Alkoholmissbrauchs lag vor[/h]Nach § 13 Satz 1 Nr. 2 d) FeV sei die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen, so das Oberverwaltungsgericht weiter, wenn die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c genannten Gründen entzogen wurde. Dies sei hier der Fall gewesen. Das Amtsgericht habe die Fahrerlaubnis wegen eines Alkoholmissbrauchs und somit aus dem Grund gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 a) FeV entzogen.

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/OV...nes-medizinisch-psychologischen.news19135.htm






Bisher durfte man davon ausgehen, dass ein positives MPU-Gutachten nach Ablauf der vom Strafgericht verhängten Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis von der Fahrerlaubnisbehörde - von Ausnahmefällen abgesehen - nur dann gefordert wird, wenn man entweder schon wiederholt mit Alkohol im Blut oder erstmals mit mindestens 1,6 Promille am Steuer erwischt wurde.
Nun gilt hierfür in der Fahrerlaubnispraxis zumindest in Baden-Württemberg aber bereits ein deutlich niedrigerer Grenzwert. Aufgrund einer Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 15.01.2014 (Aktenzeichen 10 S 1748/13) wird nun von den baden-württembergischen Führerscheinstellen nämlich bereits ab einer festgestellten Alkoholisierung von 1,1 Promille auch bei Ersttätern die Vorlage eines positiven MPU-Gutachtens verlangt. Und zwar ohne Übergangsregelung und ohne Stichtagsregelung mit sofortiger Wirkung ab Datum der genannten Gerichtsentscheidung. Es gibt nach einer verwaltungsinternen Mitteilung dabei auch keinen Ermessensspielraum. Auch gibt es keinen Vertrauensgrundsatz auf Anordnung einer MPU erst ab 1,6 Promille für diejenigen, die schon vor dieser Verwaltungsgerichtsentscheidung erwischt und verurteilt worden sind.
Die besagte Entscheidung wird vom Gericht im Wesentlichen damit begründet, dass mit dieser Tat ein Alkoholmissbrauch im Sinne der dann zwingend ein positives MPU-Gutachten verlangenden Fahreignungsverordnung belegt sei. Denn der Betreffende habe erwiesenermaßen nicht zwischen einem die Fahreignung ausschließenden Alkoholkonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs getrennt.
Soweit ersichtlich wird dies innerhalb der Bundesrepublik Deutschland momentan aufgrund einer ähnlichen oberverwaltungsgerichtlichen Entscheidung wohl nur in Mecklenburg-Vorpommern praktiziert. Ob und inwieweit sich dieser Auffassung auch die anderen Bundesländer anschließen und wie dies letztlich höchstrichterlich vom Bundesverwaltungsgericht bzw. vom Bundesverfassungsgericht beurteilt wird, ist momentan noch offen. Viel spricht jedoch nach den Vorgaben der Rechtsprechung dafür, dass diese aktuelle Verwaltungspraxis auch in den anderen Bundesländern Einzug halten wird und diese im Zweifel auch höchstrichterlich abgesegnet werden dürfte.
Damit dürften nun erheblich mehr Alkoholsünder in die für sie sehr missliche Situation kommen, dass die Neuerteilung der Fahrerlaubnis von der Vorlage eines positiven Fahreignungsgutachtens abhängig gemacht wird. Gut beraten ist dann derjenige, der sich als Betroffener mit einem Wert bereits ab 1,1 Promille rechtzeitig auf die anstehende Begutachtung vorbereitet hat. Wohingegen alle anderen vielleicht schon wertvolle Vorbereitungszeit verschenkt haben, wenn sie erst jetzt völlig überraschend mit dem Erfordernis eines MPU-Gutachtens konfrontiert werden. Dann kann sich die Neuerteilung der Fahrerlaubnis im ungünstigsten Fall weit über die Sperrfrist hinaus verzögern, wenn die Voraussetzungen für ein positives Gutachten vom Gutachter vielleicht noch verneint werden, weil beispielsweise der Nachweis einer etwaig geforderten Alkoholabstinenz oder die Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Therapie noch nicht vorliegen. Insbesondere für diejenigen, die privat oder gar beruflich dringend auf ihre Fahrerlaubnis angewiesen sind, ist dies dann nicht nur äußerst ärgerlich, sondern kann auch weitreichende wirtschaftliche Folgen und sonstige Beeinträchtigungen haben.
Die anzuratenden Konsequenzen:

  • Wer bisher meinte und auch weiterhin meint, sich bewusst an entsprechende für ihn persönlich vertretbare Grenzen "herantrinken" zu können (wovon so oder so dringend abzuraten ist), sollte in seine Überlegungen mit einbeziehen, dass ab 1,1 Promille nicht nur - wie sowieso bisher auch schon - auch bei einer folgenlosen Trunkenheitsfahrt die Fahrerlaubnis zwingend entzogen wird, sondern nach Ablauf der strafgerichtlich verhängten Sperrfrist vor dem Wiedererwerb der Fahrerlaubnis nun auch ein positives Fahreignungsgutachten vorgelegt werden muss. Diese Hürde Ist bekanntlich nicht ganz einfach zu nehmen - abgesehen von den damit verbundenen weiteren Kosten und sonstigen Unannehmlichkeiten.
  • Wer trotz allem mit einem entsprechend hohen BAK-Wert am Steuer erwischt wurde, sollte unbedingt den in Straf- und Bußgeldsachen allgemeingültigen dringenden Rat beherzigen, ohne vorherige Rücksprache mit einem Anwalt keine Aussage zur Sache zu machen. Denn wenn ein strafrechtlicher Vorwurf zur Debatte steht, kann nur immer wieder an den Grundsatz erinnert werden, mit dem man in aller Regel jedenfalls nichts falsch macht: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Man sollte sich dann möglichst frühzeitig durch einen im Verkehrsrecht ausreichend vertrauten Anwalt und ggf. auch durch einen Verkehrspsychologen beraten lassen. Hierdurch lassen sich unter Umständen auch im Hinblick auf die drohende MPU-Begutachtung die Weichen noch einigermaßen glimpflich stellen. Zumindest kann man sich dann schon sehr frühzeitig und optimal auf die letztlich vielleicht wirklich nicht vermeidbare Fahreignungsbegutachtung vorbereiten.
  • Bereits eine relativ geringe Menge Alkohol im Blut führt zu einer sich negativ auf die Verkehrstüchtigkeit auswirkenden Beeinträchtigung der Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit, des Sehvermögens und der Orientierungsfähigkeit. Deshalb ist derjenige am besten beraten, der stets den Grundsatz beherzigt: "don't drink and drive!" Wer sich hieran hält, braucht sich um ein diesbezügliches Gutachten von vornherein überhaupt gar keine Gedanken zu machen und vor allem gefährdet er weder sich selbst noch andere.
 
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Nancy

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Es geht weiter....


So wie es aussieht, zieht Bayern nach:

MPU Bereits ab 1,1 Promille!


Baden-Württemberg und Bayern übernehmen die Vorreiterrolle und “fahren” eine strenge Linie! Gestützt auf mehrere Urteile wird in beiden Bundesländern ab sofort ab 1,1 Promille eine MPU angeordnet.
Die Urteile stellen darauf ab, dass der Fahrer Alkoholmissbrauch betrieben hat. Alkoholmissbrauch ist in Anlage 4 zur Fev Nr. 8.1 folgendermaßen definiert: “Missbrauch (Das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum kann nicht hinreichend sicher getrennt werden.)” Grundlage sind verschiedene Urteile des Bundesverwaltungsgerichts, die die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtshöfe in einzelnen Bundesländern gestützt hatten.

Entscheidend für die momentane Baden-württembergische Regelung ist der Beschluss des VGH – BW (Mannheim) vom 15.01.2014.

Weiterlesen kann man hier:

http://www.mpu-hilfe-esslingen.de/mpu-bereits-ab-11-promille/#more-1216



Hierzu noch ein entsprechender Beschluss:

Wiedererteilung der Fahrerlaubnis: Strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einmaliger Trunkenheitsfahrt mit BAK von weniger als 1,1 Promille rechtfertigt Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens


Anordnung kann auf § 13 Nr. 2 d) der Fahr*erlaubnis*verordnung gestützt werden

Wird einer Autofahrerin wegen einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von weniger als 1,1 Promille von einem Amtsgericht die Fahrerlaubnis entzogen, so muss die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens abhängig gemacht werden. Eine entsprechende Anordnung ist nach § 13 Nr. 2 d) der Fahr*erlaubnis*verordnung (FeV) zu treffen. Dies hat das Verwaltungsgericht München entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Amtsgericht entzog einer Autofahrerin im Januar 2014 die Fahrerlaubnis. Hintergrund dessen war, dass die Autofahrerin unter Alkoholeinfluss ihr Fahrzeug gesteuert hatte. Eine entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von weniger als 1,1 Promille. Nach Ablauf der Sperrfrist beantragte die Autofahrerin die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis. Die zuständige Behörde machte dies jedoch von der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens abhängig. Nach Einschätzung der Autofahrerin sei ein solches Gutachten aber nicht erforderlich. Sie sei weder wiederholt unter Alkoholeinfluss gefahren, noch sei bei ihr eine BAK von 1,6 Promille oder mehr festgestellt worden. Sie beantragte daher im Eilverfahren ihr die Fahrerlaubnis zu erteilen.

Kein Anspruch auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis


Das Verwaltungsgericht München entschied gegen die Autofahrerin. Ihr habe kein Anspruch auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zugestanden, bevor nicht durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten die Zweifel an ihrer Fahreignung beseitigt werden. Die Behörde könne nach § 13 Nr. 2 d) FeV ein solches Gutachten anordnen, wenn die Fahrerlaubnis unter einer der Voraussetzungen der Buchstaben a) bis c) entzogen wurde. Zwar sei es richtig, dass die Fahrerlaubnis weder wegen einer wiederholten Trunkenheitsfahrt noch wegen einer BAK von 1,6 Promille oder mehr entzogen wurde und somit die Buchstaben b) und c) nicht in Betracht kamen. Der Autofahrerin sei aber die Fahrerlaubnis gerichtlich entzogen worden. Damit habe der Buchstabe a) gegriffen.

Eilbedürftigkeit nicht ersichtlich


Ohnehin habe dem Antrag nach Auffassung des Verwaltungsgerichts entgegengestanden, dass eine Eilbedürftigkeit nicht ersichtlich war. Es sei für das Gericht nicht nachvollziehbar gewesen, warum die Autofahrerin nunmehr dringendst auf die Fahrerlaubnis angewiesen war. Soweit sie anführte, dass sie beruflich das Auto habe nutzen müssen, wies das Gericht daraufhin, dass die Autofahrerin auf dieselbe Weise ihren Arbeitsplatz habe erreichen können, wie während der Sperrfrist.

Mögliche Gefahren für Verkehrsteilnehmer schloss vorläufige Erteilung der Fahrerlaubnis aus


Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts sei eine vorläufige Erteilung der Fahrerlaubnis darüber hinaus ausgeschlossen gewesen. Es sei zunächst erforderlich gewesen, dass die Zweifel an der Fahreignung der Autofahrerin ausgeräumt werden. Insofern seien im Hinblick auf die möglichen Gefahren durch eine ungeeignete Fahrzeugführerin die anderen Verkehrsteilnehmer schützenswerter. Die möglichen beruflichen und persönlichen Nachteile aufgrund der fehlenden Fahrerlaubnis seien demgegenüber hinzunehmen.

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/VG...BAK-von-weniger-als-11-Promille.news19199.htm


Lt. jüngsten Informationen (aus sicherer RA-Quelle) wurde Ende Oktober 2014 per Erlass entschieden, dass in Bayern grundsätzlich keine MPU unter 1,6‰ angeordnet wird. Weitere Infos und Quellennachweise werde ich nachreichen, sobald sie mir zugänglich sind.



Hierzu habe ich jetzt einen Erlass (allerdings vom Juli 2014) gefunden:

Gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Trunkenheitsfahrt rechtfertigt keine Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens

Erfordernis der wiederholten Trunkenheitsfahrt oder einmalige Trunkenheitsfahrt mit BAK von 1,6 Promille

Hat ein Amtsgericht einem Autofahrer die Fahrerlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 1,1 Promille entzogen, so rechtfertigt dies im Zusammenhang mit der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis allein nicht die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Vielmehr muss entweder eine wiederholte Trunkenheitsfahrt oder eine einmalige Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 1,6 Promille vorliegen. Dies hat das Verwaltungsgericht Würzburg entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im September 2013 wurde einem Autofahrer von einem Amtsgericht die Fahrerlaubnis entzogen und zugleich gegen ihn eine Sperre für die Dauer von acht Monaten verhängt. Hintergrund dessen war eine Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 1,1 Promille. Nach Ablauf der Sperrzeit beantragte der Autofahrer die Neuerteilung der Fahrerlaubnis. Die zuständige Behörde verlangte jedoch zunächst gestützt auf § 13 Satz 1 Nr. 2 d) der Fahrerlaubnisbehörde (FeV) die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Dies hielt der Autofahrer jedoch für unzulässig. Er beantragte daher im Eilverfahren die vorläufige Wiedererteilung der Fahrerlaubnis.

Anspruch auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis bestand

Das Verwaltungsgericht Würzburg entschied, dass dem Autofahrer ein Anspruch auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zustand. Es sei unzulässig allein wegen einer einmaligen Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 1,1 Promille die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen. Andernfalls würde dies zu einem Wertungswiderspruch zu den § 13 Satz 1 Nr. 2 b) und c) FeV führen. Danach könne nur eine wiederholte Trunkenheitsfahrt oder eine Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von mindestens 1,6 Promille die Einholung eines Gutachtens rechtfertigen. Diese Regelung würde unterlaufen, wenn man die gerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis wegen einer Trunkenheitsfahrt von 1,1 Promille als ausreichend für die Anordnung eines Gutachtens erachtet.


Keine vorläufige Wiedererteilung wegen fehlender Eilbedürftigkeit

Das Verwaltungsgericht erteilte dem Autofahrer aber dennoch nicht vorläufig die Fahrerlaubnis. Denn seiner Ansicht nach habe es an der Eilbedürftigkeit gefehlt. Soweit er anführte, dass er dringend auf die Fahrerlaubnis angewiesen sei, da andernfalls seine berufliche Existenz gefährdet sei, war das Gericht davon nicht überzeugt. Denn der Autofahrer sei offensichtlich in der Sperrzeit auch ohne die Fahrerlaubnis zurechtgekommen. Seine berufliche Existenz sei in dieser Zeit nicht gefährdet gewesen. Es sei nicht plausibel gewesen, dass sich die Situation nach Ablauf der Sperrzeit unzumutbar geändert hatte.

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/VG...isch-psychologischen-Gutachtens.news19130.htm
 
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Nancy

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Blutentnahme nach Alkoholfahrt: Anforderungen an die Annahme von „Gefahr in Verzug“

Das BVerfG hat am 11.06.2010 entschieden, dass sich für die Anordnung einer Blutentnahme nach § 81 a Abs. 2 StPO „Gefahr im Verzug" und die damit begründete Eilzuständigkeit der Polizei nicht mit generalisierenden Überlegungen und Erwägungen begründen lässt.

Hier wurde ein Atemalkoholtest mit der Beschwerdeführerin gegen 17:55 Uhr durchgeführt, der eine Atemalkoholkonzentration von 1,01 mg/l ergab. Daraufhin wurde sie zur Polizeiinspektion gebracht und gegen 18:30 wurde dort von einem Polizeibeamten die Blutentnahme angeordnet. Die Blutentnahmen ergaben einen Wert von 1,69 und 1,56 Promille. Ihr Führerschein wurde sichergestellt.


Nach § 81 a Abs. 2 StPO steht die Anordnung der Blutentnahme grundsätzlich dem Richter zu. Die Strafverfolgungsbehörden müssen daher regelmäßig versuchen, die Anordnung des zuständigen Richters einzuholen, bevor sie selbst die Blutentnahme anordnen. Erst wenn der Untersuchungserfolg durch die Verzögerung der Einholung der richterlichen Entscheidung gefährdet ist, besteht eine Anordnungskompetenz der Staatsanwaltschaft und - nachrangig - ihrer Ermittlungspersonen.

Hier dürfte aber davon auszugehen sein, dass an einem Werktag zur Tagzeit noch ein Ermittlungsrichter, zumindest aber noch ein richterlicher Eil- oder Notdienst zu erreichen gewesen sein wäre. In Ausnahmefällen kann sonst auch die mündliche Anordnung des Richters eingeholt werden.

Ein Verstoß gegen § 81 a StPO führt nicht automatisch zum Beweisverwertungsverbot. Dies ist vom zuständigen Strafgericht zu prüfen (BVerfG, 2 BvR 1046/10).


Quelle: http://www.anwalt.de/rechtstipps/blutentnahme-nach-alkoholfahrt-anforderungen-an-die-annahme-von-gefahr-in-verzug_014390.html?pid=26




Verwertungsverbot einer Blutentnahme ohne richterliche Anordnung



Der Sachverhalt



Das OLG hat in seinem Beschluss vom 16.08.2010 (Az.: 1 SsBs 2/10) entschieden, dass eine Blutprobe, die an einem Werktag um 15:40 Uhr nur auf polizeiliche Anordnung hin abgenommen worden ist, ohne dass Gefahr in Verzug bestand, zu Beweiszwecken verwertbar ist.

Die betroffene Person nahm im vorliegenden Fall am 13.11.2009 unter Wirkung des berauschenden Mittels Cannabis stehend, am öffentlichen Straßenverkehr teil.


Er war auf dem Weg zu einer Polizeiinspektion, von wo er einen Bekannten abholen wollte.

Der auf der Dienststelle anwesende Polizeibeamte gewann dabei den Eindruck, dass der Betroffene unter Drogeneinfluss stand.

Der Beamte fragte den Betroffenen sodann, wie er zu der Polizeiinspektion Germersheim gelangt sei. Dieser erwiderte, dass er mit dem Auto gefahren sei.


Infolge dessen belehrte ihn der Polizeibeamte als Beschuldigten und setzte seine Befragung fort.

Der Betroffene führte nach einiger Zeit einen Drogentest durch. Dieser ergab ein positives Ergebnis. Der Beamte ordnete sodann wegen Gefahr in Verzug ein Blutprobe an, die dem Beschuldigten um 15:40 Uhr entnommen worden ist und einen THC-Wert von 18,7 ng/ml ergab. Dieser Wert deutet auf einen regelmäßigen Cannabiskonsum hin.

Die Entscheidung



Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen zu einer Geldbuße von 500,00 EUR verurteilt und ein dreimonatiges Fahrverbot verhängt.

Der Betroffene legte Rechtsbeschwerde ein und rügte, dass die entnommene Blutprobe einem Beweisverwertungsverbot unterläge, weil der Polizeibeamte für die Anordnung der Blutentnahme nach § 81 a StPO nicht zuständig gewesen sei, da keine Gefahr in Verzug vorgelegen habe.


Wie es dann weiter ging...



Das Gericht führt hier aus, dass es nicht von vornherein unmöglich gewesen wäre, an einem Werktag zur Kernarbeitszeit (14:55-15:40 Uhr) beim Amtsgericht Germersheim den zuständigen Richter telefonisch zu erreichen und diesen mit der Sache zu befassen.


Dass im vorliegenden Fall gegen den Richtervorbehalt verstoßen wurde, führt jedoch nicht zu einem Beweisverwertungsverbot.

Begründet wird dies mit der vorzunehmenden Abwägung aller Umstände des Einzelfalls, welche für eine Verwertbarkeit spricht.
Zu berücksichtigen ist, dass hier dem Interesse der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs die Blutentnahme nur als relativ geringfügiger Eingriff in die körperliche Unversehrtheit gegenüber steht. Außerdem handle es sich bei § 81a StPO nur um einen einfachgesetzlichen und nicht um einen verfassungsrechtlich geregelten Richtervorbehalt.
Auch die fehlende Dokumentation der Gründe für die Eilanordnung führt nicht zu einem Beweisverwertungsverbot.
Insofern blieb es bei der Verwertbarkeit der unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81 a StPO gewonnenen Blutprobe.


Quelle: http://www.anwalt.de/rechtstipps/ve...hne-richterliche-anordnung_014739.html?pid=26
 
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Nancy

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[h=1][/h] Rechtstipp vom 21.07.2014:

[h=1]MPU-Alarm![/h]Bislang hat die Führerscheinbehörde nach einer Trunkenheitsfahrt die „Medizinisch-Psychologische Untersuchung“ (MPU) – im Volksmund auch „Idiotentest“ genannt – regelmäßig nur dann angeordnet, wenn es sich bei dem Fahrer um einen Wiederholungstäter handelte oder wenn die Alkoholisierung mehr als 1,6 Promille betrug. Diese Untersuchung ist für den Betroffenen nicht nur teuer, da die Kosten sich auf 500,-- € belaufen, sondern auch unangenehm und peinlich, weil er sein Seelenleben gegenüber dem Psychologen offenbaren muss. Nach einem älteren Urteil des Bundesverwaltungsgerichts handelte es sich um eine „verhörähnliche Situation“.


Nunmehr droht aufgrund einer Änderung der Rechtsprechung eine wesentliche Verschärfung und vermehrte Anordnung der MPU. Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.6.2013 (AZ: 3 B 7/12) und einem Beschluss des VGH Mannheim vom 15.1.2014 (AZ: 10 S 1748/13; DAR 2014, 416) kann künftig nach jeder Alkoholfahrt eine MPU angeordnet werden, und zwar unabhängig von der konkreten Promillezahl. Im Bundesland Baden-Württemberg setzen die Führerschein-Behörden diese verschärfte Praxis bereits um. Andere Bundesländer warten die Diskussion der Verkehrsjuristen und -psychologen einstweilen noch ab.

Wer zurzeit in Baden-Württemberg mit Alkohol am Steuer erwischt wird, sollte daher gegebenenfalls überlegen, seinen Wohnsitz in ein anderes Bundesland zu verlegen, in dem diese strengen Maßnahmen noch nicht greifen.


Quelle: http://www.anwalt.de/rechtstipps/mpu-alarm_060818.html?pid=26
 

Nancy

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Als nächstes zieht wohl Berlin mit (Eine Entscheidung des OVG Berlin habe ich dazu allerdings bisher noch nicht gefunden.):


Auszug:

Trunkenheitsersttäter müssen sich vor der Neuerteilung der Fahrerlaubnis einer medizinisch- psychologischen Untersuchung (MPU) unterziehen, wenn anlässlich der Trunkenheitsfahrt eine Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille oder mehr erreicht wurde. Ab der zweiten Trunkenheitsfahrt ist eine MPU obligatorisch und zwar unabhängig von der Höhe der Blutalkoholkonzentration.


http://www.berlin.de/labo/fuehrerschein/dienstleistungen/neuertinfo.html





Edit: Ein Urteil dazu wurde wohl schon am 1.7.2014 gefällt, ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Aktueller Fall aus Berlin:

Vorgestern (nach 12 Wochen Bearbeitung und ganze 5 Tage vor Ablauf der Sperre) dann die MPU Anordnung vom LaBO. Sofort den Anwalt eingeschaltet, der mit denen telefoniert hat:
Berlin übt die MPU-ab-1,1-Praxis wohl seit dem Sommer aus, genauer Zeitpunkt ungewiss. In Anlehnung an die Rechtssprechung und BW und MeckP gibt es ein Urteil des VerwG Berlin, dass die 1,1 Grenze bestätigt. Das Berliner Urteil ist vom 1. Juli und nicht veröffentlicht da noch nicht rechtskräftig. Das muss es wohl auch nicht, man folgt der aktuellen Rechtssprechung und ändert pauschal die bisherige Verfahrensanordnung: ab Sommer 2014 werden generell und ausnahmslos alle Ersttäter ab 1,1 zur MPU geschickt. Keine Umstell-, Karenzzeiten o.Ä.
Tatzeitpunkt und Zeitpunkt des Antrags auf Neuerteilung irrelevant. Informiert wird auch niemand. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem der Sachbearbeiter den Antrag bearbeitet.
 
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Nancy

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Trunkenheit im Verkehr: Keine Teilnahme am Straßenverkehr bei Übernachten auf Diskothek-Parkplatz

Im Auto mitgeführte Decken lassen auf Übernachten-Wollen auf dem Parkplatz schließen

Hat ein wegen Trunkenheit Fahruntüchtiger sein Fahrzeug nur wenige Meter auf einem Disco-Parkplatz bewegt, weil er dort übernachten wollte, dann kann eine Ausnahme von der gesetzlichen Regelwirkung des Entzugs der Fahrerlaubnis vorliegen. Dies hat das Amtsgericht Verden entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein alkoholisierter und fahruntüchtiger Autofahrer sein Fahrzeug nur wenige Meter auf dem Parkplatz einer Diskothek bewegt. Er hatte in seinem Auto Decken dabei und gab an, dass er auf dem Parkplatz habe übernachten wollen. Er habe in seinem angetrunkenen Zustand gerade nicht am Straßenverkehr teilnehmen wollen.

Staatsanwaltschaft beantragt vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis

Die zuständige Staatsanwaltschaft verlangte vor dem zuständigen Amtsgericht Verden, dass dem Autofahrer gemäß § 111 a StPO vorläufig die Fahrerlaubnis entzogen werde, weil der Mann einen Verstoß gegen § 316 Abs. 1 StGB (Trunkenheit im Verkehr) begangen habe. Wer sich als ungeeignet für das Führen von Kraftfahrzeugen erweise, weil er angetrunken am Verkehr teilnehme, dem müsse gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB die Fahrerlaubnis entzogen werden.

Gericht weist Antrag der Staatsanwaltschaft ab


Zwar sei es richtig, so das Amtsgericht Verden, dass der Parkplatz einer Diskothek bereits ein öffentlicher Verkehrsraum sei, aber der Mann habe ja gerade nicht am Straßenverkehr teilnehmen wollen, weil er beabsichtigt habe, auf dem Parkplatz zu schlafen. Das Amtsgericht Verden wies daher den Antrag der Staatsanwaltschaft auf vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ab. Es sei nicht fernliegend, so das Amtsgericht Verden, dass in der Hauptverhandlung eine Ausnahme von der Regelwirkung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB anzunehmen sein wird.

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/Am...nachten-auf-Diskothek-Parkplatz.news18787.htm
 

Nancy

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Haftstrafe für Trunkenheitsfahrt mit fahrlässiger Tötung für nicht vorbestraften Täter rechtmäßig

Verhängung der Haftstrafe ohne Bewährung zur Verteidigung der Rechtsordnung nicht zu beanstanden

Die Verhängung einer Haftstrafe ohne Bewährung für eine bei einer Trunkenheitsfahrt begangene fahrlässige Tötung kann zur Verteidigung der Rechtsordnung bei einem nicht vorbestraften Täter geboten sein. Dies entschied der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: In den frühen Morgenstunden im November 2012 befuhr der heute 25 Jahre alte Angeklagte aus Versmold, von Bielefeld Brackwede kommend, mit seinem Fahrzeug die Landstraße 806, obwohl er alkoholbedingt absolut fahruntüchtig war. Seine Blutalkoholkonzentration betrug mindestens 2,0 Promille. Mit einer Geschwindigkeit von mindestens 98 km/h kollidierte der Angeklagte auf der Münsterlandstraße mit einem 48 Jahre alten Radfahrer. Dessen Fahrrad mit eingeschaltetem Rückstrahler war für einen Autofahrer auf eine Entfernung von 200-300 Metern gut sichtbar. Infolge seiner Trunkenheit nahm der Angeklagte den Radfahrer nicht oder nicht richtig wahr und wich ihm nicht aus. Der Radfahrer verstarb kurz nach der Kollision. Er war verheiratet und Vater von drei Kindern. Der sozial integrierte, straf- und verkehrsrechtlich vor der Tat nicht in Erscheinung getretene Angeklagte hat die Tat gestanden und bereut.

LG lehnt Aussetzen der Freiheitstrafe zur Bewährung ab


Das Landgericht Bielefeld hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Freiheitstrafe von 1 Jahr und neun Monaten verurteilt und es abgelehnt, die Vollstreckung der Freiheitstrafe zur Bewährung auszusetzen. Die vom Angeklagten gegen dieses Urteil eingelegte Revision blieb erfolglos.

Verteidigung der Rechtsordnung gebietet Vollstreckung der Freiheitsstrafe


Der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat das Urteil des Landgerichts bestätigt. Die Feststellungen des Landgerichts rechtfertigten den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch. Die Verteidigung der Rechtsordnung gebiete die Vollstreckung der Freiheitsstrafe. Diese Wertung des Landgerichts sei trotz der mildernden Umstände aufgrund der herausragend schweren Folgen der Tat für den Getöteten und seine nahen Angehörigen, die das Maß der absoluten Fahruntüchtigkeit weit übersteigende Alkoholisierung des Angeklagten und seine aggressive Fahrweise im engen zeitlichen Zusammenhang vor der Tat nicht zu beanstanden. Der Angeklagte habe sich bedenkenlos ans Steuer gesetzt, obschon die besonders hohe Alkoholisierung für ihn erkennbar war und habe vorhandene Handlungsalternativen - es wäre ihm möglich gewesen, sich von einem Bruder abholen zu lassen - nicht genutzt.


Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/OL...rbestraften-Taeter-rechtmaessig.news18807.htm
 

Nancy

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Kein Anspruch auf Versicherungsschutz bei Verkehrsunfall aufgrund alkoholbedingter absoluter Fahruntüchtigkeit

Grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls

Verursacht ein Autofahrer im Zustand der alkoholbedingten absoluten Fahruntüchtigkeit einen Verkehrsunfall, so hat er den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt. Die Versicherung ist in einem solchen Fall berechtigt ihre Leistung zu kürzen. Liegt die Blut*alkohol*konzentration weit über der Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit, so kann die Versicherung in der Regel die Leistung sogar vollständig verweigern. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Dortmund hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Februar 2012 kam ein Autofahrer in der Nacht auf trockener und beleuchteter Fahrbahn von der Straße ab und stieß gegen einen Baum. Nachträglich wurde bei ihm eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 2,07 ‰ festgestellt. Die Versicherung weigerte sich aufgrund dessen den Schaden zu regulieren. Der Fall kam daraufhin vor Gericht.

Fahren unter alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit ist grob fahrlässig

Das Landgericht Dortmund führte zum Fall zunächst aus, dass das Führen eines Fahrzeugs in alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit grundsätzlich grob fahrlässig sei. Es gelte auch im Versicherungsrecht, dass ein Fahrzeugführer ab einer BAK von 1,1 ‰ absolut fahruntüchtig ist. Aufgrund der gemessenen BAK von mehr als 2 ‰ sei die Alkoholfahrt des Autofahrers somit als grob fahrlässig zu werten gewesen. Die Kausalität zwischen Unfall und alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit hat das Gericht entsprechend der Regeln zum Anscheinsbeweis vermutet.

Schwerwiegende Trunkenheitsfahrt führte zur Leistungsfreiheit der Versicherung


Wird der Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, so das Landgericht weiter, könne die Versicherung ihre Leistung nach § 81 Abs. 2 VVG regelmäßig kürzen. Hat ein Autofahrer jedoch infolge einer absoluten Fahruntüchtigkeit einen Unfall verursacht, so komme sogar eine vollständige Leistungsfreiheit in Betracht (BGH, Urt. v. 22.06.2011 - IV ZR 225/10 -). Voraussetzung dafür sei, dass die Abwägung aller Umstände des Einzelfalls die Trunkenheitsfahrt als ebenso schwerwiegend erscheinen lassen, wie die vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls (§ 81 Abs. 1 VVG). Dies sei hier der Fall gewesen. Es sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Autofahrer eine BAK von 2,07 ‰ aufwies und somit weit über der Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 ‰ lag.

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/LG...er-absoluter-Fahruntuechtigkeit.news19050.htm
 

Nancy

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MPU-Gutachten nicht eingereicht: Fahrerlaubnisentzug


Wer sich von der Polizei mit Alkohol am Steuer erwischen lässt, muss damit rechnen, dass diese Trunkenheitsfahrt schwerwiegende Folgen hat, vor allem den Entzug der Fahrerlaubnis. So kann entweder das Gericht den Erlaubnisentzug aussprechen oder auch die Fahrerlaubnisbehörde selbst – sofern sich der Autofahrer zum Führen eines Fahrzeugs als ungeeignet erwiesen hat. Um die Geeignetheit bzw. Ungeeignetheit festzustellen, wird die Fahrerlaubnisbehörde den Betroffenen in der Regel dazu auffordern, auf eigene Kosten ein MPU-Gutachten (Medizinisch-Psychologische Untersuchung) erstellen zu lassen.


Autofahrer ignoriert Aufforderung zur MPU



Einem Mann wurde per Strafbefehl die Fahrerlaubnis entzogen, nachdem er alkoholisiert Auto gefahren war. Nachdem ihm später auf Antrag wieder eine neue Erlaubnis erteilt worden war, wurde er erneut mit Alkohol am Steuer erwischt. Eine ihm entnommene Blutprobe enthielt eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von 2,08 Promille. Das Gericht verurteilte ihn daher zu einer Geldstrafe und verhängte darüber hinaus ein dreimonatiges Fahrverbot. Sein Verhalten ließ jedoch die Fahrerlaubnisbehörde an seiner Fähigkeit zweifeln, ein Fahrzeug sicher im Straßenverkehr zu führen – sie forderte den Autofahrer daher zur Vorlage eines MPU-Gutachtens auf, ansonsten drohe ihm der Fahrerlaubnisentzug.


Anstatt der Aufforderung nachzukommen, fuhr der Mann einige Monate später erneut betrunken Auto und wurde prompt dabei ertappt. Nun zog die Behörde die Fahrerlaubnis des Mannes ein – weil er kein Gutachten vorgelegt hatte. Hiergegen wehrte sich der Fahrwillige: Bereits die Anordnung, ein MPU-Gutachten vorzulegen, sei nicht rechtmäßig gewesen: Die erste Trunkenheitsfahrt dürfe keine Beachtung finden, weil er danach wieder eine Fahrerlaubnis erhalten habe, die Behörde ihm also durchaus das sichere Führen eines Fahrzeugs zutraue. Für die zweite Trunkenheitsfahrt hatte der damalige Richter ein Fahrverbot für ausreichend erachtet – die Behörde sei an diese Entscheidung gebunden. Letztendlich habe er die MPU nicht verweigert, er habe sie sich schlicht und einfach nicht leisten können. Der Streit endete vor Gericht.


Fahrerlaubnisentzug ist rechtmäßig



Das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen hielt die MPU-Anordnung und somit auch den Fahrerlaubnisentzug für rechtmäßig.

Die Fahrerlaubnisbehörde muss eine Fahrerlaubnis einziehen, wenn sich deren Inhaber zum Führen eines Fahrzeugs als ungeeignet erwiesen hat, vgl. § 3 I 1 StVG (Straßenverkehrsordnung). Nach § 13 Nr. 2b, c FeV (Fahrerlaubnisverordnung) kann die Behörde daher bei Eignungszweifeln ein MPU-Gutachten einfordern, sofern der Betroffene wiederholt betrunken Auto gefahren ist bzw. einmal dabei ertappt wurde, mit einer BAK von mindestens 1,6 Promille am Straßenverkehr teilgenommen zu haben. Legt er das rechtmäßig eingeforderte Gutachten jedoch nicht vor, darf die Behörde nach § 3 II FeV i.V.m. § 11 VIII 1 FeV von der fehlenden Eignung ausgehen.


Vorliegend war die MPU-Anordnung rechtmäßig: Der Betroffene hatte sein Auto trotz Alkoholgenusses genutzt – einmal sogar mit einer BAK von 2,08 Promille. Im Übrigen durfte die Behörde ihre Zweifel an der Eignung auch auf die ersten beiden Trunkenheitsfahrten stützen. Das Fahren unter Alkoholeinfluss war nämlich in beiden Fällen als Straftat geahndet worden. Daher waren beide Delikte gemäß § 29 StVG noch immer im Fahreignungsregister eingetragen und damit verwertbar.


Keine Bindung an Gerichtsurteil



Des Weiteren war die Fahrerlaubnisbehörde vorliegend nicht an die Entscheidung des Gerichts gebunden, das lediglich ein Fahrverbot verhängt hatte. Zwar darf die Behörde von einer Gerichtsentscheidung über die Kraftfahreignung nach § 3 IV 1 StVG nicht abweichen. Im Fall des Betroffenen hatte der Richter jedoch nur ein Fahrverbot, das vor allem eine Erziehungsfunktion hat, verhängt und damit gerade nicht über die Kraftfahreignung des Betroffenen geurteilt.


Gutachtenkosten trägt der Betroffene



Ferner war irrelevant, dass der Fahrwillige die Kosten für das Gutachten offenbar nicht aufbringen konnte. Dürfte er ein Auto nutzen, hätte er schließlich auch diverse Ausgaben, um eine Verkehrssicherheit des Kfz zu gewährleisten – z. B. für TÜV-Untersuchungen oder notwendige Reparaturen. Außerdem hätte der Fahrwillige zur Finanzierung des Gutachtens unter anderem ein Darlehen aufnehmen können. Sofern ein Betroffener jedoch geltend macht, die Kosten weder selbst noch mithilfe Dritter tragen zu können, muss er dies zweifelsfrei nachweisen, etwa durch Vorlage aussagekräftiger Dokumente.

Den Kopf in den Sand zu stecken und auf eine MPU-Anordnung nicht zu reagieren, ist jedoch stets die schlechteste Wahl: Die Fahrerlaubnisbehörde darf dann nämlich – wie vorliegend – von der Ungeeignetheit des Betroffenen zum Führen eines Fahrzeugs ausgehen. Folge: Fahrerlaubnisentzug und die Pflicht zur Abgabe des Führerscheins bei der zuständigen Behörde.

(VG Gelsenkirchen, Urteil v. 28.11.2014, Az.: 9 K 2742/12)



Quelle: http://www.anwalt.de/rechtstipps/mp...reicht-fahrerlaubnisentzug_067400.html?pid=26
 

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Unfall bei nächtlicher Trunkenheitsfahrt

Wer eine Blutalkoholkonzentration (BAK) von mindestens 1,1 Promille hat, ist absolut fahruntüchtig. Wird man dennoch hinter dem Steuer eines Fahrzeugs erwischt, hat das schwerwiegende Folgen, denn der Autofahrer hat sich zumindest wegen Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB (Strafgesetzbuch) strafbar gemacht. Baut der Betrunkene dabei z. B. einen Unfall, kommt des Weiteren eine Strafbarkeit wegen Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB hinzu. Aber auch zivilrechtlich spielt die Trunkenheit für die Fragen nach Unfallursache und Schadenersatzhöhe eine wichtige Rolle.


Betrunkene fährt parkendes Auto an


Eine Frau war nachts mit einem Pkw auf einer Straße unterwegs, als sie ungebremst auf ein anderes Fahrzeug auffuhr, das in entgegengesetzter Fahrtrichtung am rechten Straßenrand stand. Darüber hinaus parkte das Kfz im absoluten Halteverbot – nämlich zur Hälfte auf einem Gehweg und zur anderen Hälfte auf einem Radweg. Der befand sich auch auf der Straße, war aber durch eine unterbrochene Leitlinie deutlich von der Fahrbahn abgegrenzt.

Die Unfallfahrerin gab zu, das stehende Kfz nicht gesehen zu haben – vielmehr hätten dessen ausgeschaltete Scheinwerfer das Abblendlicht ihres Autos reflektiert und sie irritiert. Die später bei ihr festgestellte BAK von 1,33 Promille hielten sie und der Eigentümer des von ihr genutzten Kfz nicht für die Unfallursache. Schuld sei vielmehr ihre Unfallgegnerin gewesen, die gegen mehrere Verkehrsregeln verstoßen habe. Die wies das Verlangen des Fahrzeugeigentümers nach Schadenersatz jedoch zurück. Der Streit endete daraufhin vor Gericht.


Keine Haftung des Unfallgegners


Das Amtsgericht (AG) Köln war der Ansicht, dass allein die Autofahrerin den Unfall verschuldet hat, und lehnte daher einen Schadenersatzanspruch des Fahrzeugeigentümers ab.

Zwar hat sich die Unfallgegnerin tatsächlich verkehrswidrig verhalten. So dürfen Autos nach § 12 IV StVO (Straßenverkehrsordnung) nur in Fahrtrichtung – also jeweils am rechten Fahrbahnrand – abgestellt werden. Vorliegend hat die Frau aber auf dem von ihrer Sicht aus linken Fahrbahnrand geparkt. Außerdem stand sie nicht nur im absoluten Halteverbot, sie blockierte dort auch noch den Gehweg sowie den Radweg. Gemäß Anlage 3, Abschnitt 8, laufende Nummer 22, lit. 3 zu § 42 II StVO dürfen Autofahrer aber nicht auf den Schutzstreifen für Radler parken.

Diesen Verkehrsverstößen stand aber das erhebliche Verschulden der Autofahrerin entgegen: Schwer wog zunächst einmal, dass die Frau ein Kfz geführt hat, obwohl sie mit einer BAK von 1,33 Promille absolut fahruntauglich war. Hier spricht ein sog. Anscheinsbeweis dafür, dass die Fahruntüchtigkeit für den Unfall ursächlich gewesen ist – sofern ein nüchterner Fahrer in derselben Situation den Unfall hätte vermeiden können. Im nüchternen Zustand hätte die Frau vorliegend das parkende Fahrzeug problemlos erkennen können. Sie hatte immerhin ihr Abblendlicht an und musste innerorts mit am Straßenrand geparkten Fahrzeugen rechnen. Die Scheinwerfer des parkenden Kfz waren dagegen ausgeschaltet und konnten die Autofahrerin somit auch nicht blenden. Die von der Fahrerin behauptete irritierende Lichtreflektion hätte sie bei Nüchternheit ebenfalls nicht gestört. Ihre Alkoholisierung war somit ursächlich für den Unfall.

Hinzu kam, dass der parkende Wagen nicht auf die von Autos genutzte Fahrbahn hineinragte, sondern daneben auf dem Gehweg und dem Schutzstreifen stand, der den Radweg und die Fahrbahn trennte. Diese unterbrochene Leitlinie hätte die Frau als rechte Fahrbahnbegrenzung ansehen müssen – ein Überfahren der Linie ist nämlich nur bei Bedarf erlaubt. Ein solcher war vorliegend aber nicht ersichtlich. Überdies hätte die Betrunkene den Zusammenstoß mit dem parkenden Pkw verhindern können, wenn sie auf „ihrer“ Fahrspur geblieben wäre.

Dass der Wagen am Straßenrand in entgegengesetzter Fahrtrichtung abgestellt war, sah das Gericht übrigens nicht als unfallursächlich an. Die Betrunkene wäre wohl auch dagegen gefahren, wenn es in derselben Fahrtrichtung gestanden hätte. Letztendlich hielt das AG die Aussagen der Unfallfahrerin ohnehin für widersprüchlich: Einerseits will sie das parkende Fahrzeug am Straßenrand nicht gesehen haben – andererseits hätten die Scheinwerfer genau dieses Fahrzeugs ihr eigenes Abblendlicht reflektiert und sie geblendet.


(AG Köln, Urteil v. 20.05.2014, Az.: 272 C 20/14)


Quelle: http://www.anwalt.de/rechtstipps/unfall-bei-naechtlicher-trunkenheitsfahrt_068251.html?pid=26
 

Nancy

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BVerwG: Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auch bei entzogener Fahrerlaubnis durch Strafgericht zulässig

Entziehung der Fahrerlaubnis durch Verwaltungsbehörde nicht Voraussetzung

Wurde einem Autofahrer wegen einer Trunkenheitsfahrt von einem Strafgericht die Fahrerlaubnis entzogen, so ist die Neuerteilung der Fahrerlaubnis gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 d) FeV von einem vom Autofahrer vorzulegenden medizinisch-psychologischen Gutachten abhängig zu machen. Die Anordnung zur Vorlage eines solchen Gutachtens setzt nach dieser Vorschrift jedoch nicht voraus, dass die Verwaltungsbehörde die Fahrerlaubnis entzogen hat. Dies hat das Bundes*verwaltungs*gericht entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Einem Autofahrer wurde wegen einer Trunkenheitsfahrt im Dezember 2005 (BAK von 1,58 Promille) vom Amtsgericht unter anderem die Fahrerlaubnis entzogen. Zugleich wurde eine Sperre für die Neuerteilung von 11 Monaten verhängt. Nach Ablauf der Wiedererteilungssperre beantragte der Autofahrer die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis. Die Fahrerlaubnisbehörde forderte ihn daraufhin zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf. Da der Autofahrer dieser Aufforderung nicht nachkam, lehnte die Fahrerlaubnisbehörde den Antrag auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis ab. Dagegen richtete sich nach erfolglosem Widerspruch die Klage des Autofahrers.

Verwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof hielten Aufforderung zur Vorlage des medizinisch-psychologischen Gutachtens für rechtmäßig


Sowohl das Verwaltungsgericht Freiburg als auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hielten die Anordnung zur Vorlage des medizinisch-psychologischen Gutachtens für rechtmäßig. Die Anordnung habe nach § 13 Satz 1 Nr. 2 d) FeV ergehen dürfen. Dem Autofahrer habe daher kein Anspruch auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis zugestanden, solange er nicht durch ein entsprechendes Gutachten die Zweifel an seiner Fahreignung ausräumte. Gegen diese Entscheidung beantragte der Autofahrer die Zulassung der Revision. Er vertrat insbesondere die Ansicht, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis durch ein Strafgericht nicht die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertige. Voraussetzung sei stets eine Entziehung durch eine Verwaltungsbehörde.

Bundesverwaltungsgericht erachtete Entziehung der Fahrerlaubnis durch Strafgericht für ausreichend


Das Bundesverwaltungsgericht entschied gegen den Autofahrer und lehnte daher seinen Antrag auf Zulassung der Revision ab. Soweit er meinte, dass die Anordnung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach § 13 Satz 1 Nr. 2 d) FeV die Entziehung der Fahrerlaubnis durch eine Verwaltungsbehörde voraussetze, sei dies nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts offenkundig unzutreffend gewesen. Der Sinn und Zweck der Vorschrift spreche eindeutig dafür, dass die verwaltungsbehördliche und die strafgerichtliche Entziehung gleichermaßen gemeint sind. Denn unabhängig davon, ob die Entziehung durch die Behörde oder das Gericht erfolgte, sei der Inhaber der Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen worden. Ein medizinisch-psychologisches Gutachten könne daher auch dann nach § 13 Satz 1 Nr. 2 d) FeV angeordnet werden, wenn die Fahrerlaubnis durch ein Strafgericht entzogen wurde.

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/BV...is-durch-Strafgericht-zulaessig.news20993.htm
 

Nancy

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Sitzen auf rollendem Fahrrad stellt Führen eines Fahrrads dar

Kennzeichnend für Führen eines Fahrrads ist gemeinsame Bewegung von Fahrer und Fahrrad sowie Loslösung der Füße vom Boden

Wer auf einem rollenden Fahrrad sitzt, führt dieses. Denn für das Führen eines Fahrrads ist kennzeichnend, dass Fahrer und Fahrrad gemeinsam in Bewegung sind und die Füße vom Boden losgelöst sind. Dies hat der Bayerische Verwaltungs*gerichts*hof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Wegen einer fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) im April 2012 wurde einem Mann die Fahrerlaubnis entzogen. Zudem wurde eine Sperre von sechs Monaten für die Neuerteilung angeordnet. Im Januar 2013 geriet der Mann, sitzend auf einem rollenden Fahrrad, in eine Verkehrskontrolle für Radfahrer. Dabei wurde eine BAK von 2,41 festgestellt. Wegen beider Vorfälle forderte die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an. Dem kam der Mann hingegen nicht nach. Im November 2013 wurde dem Mann daraufhin das Führen von Fahrrädern im öffentlichen Straßenverkehr untersagt. Gegen diesen Bescheid erhob der Mann Klage. Das Verwaltungsgericht Ansbach wies die Klage jedoch ab, woraufhin der Mann Antrag auf Zulassung der Berufung stellte.

Verbot des Führens von Fahrrädern im öffentlichen Straßenverkehr rechtmäßig


Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher den Antrag auf Zulassung der Berufung zurück. Dem Mann habe das Führen von Fahrrädern im öffentlichen Straßenverkehr gemäß § 3 Abs. 1 und 2 der Fahrerlaubnisverordnung untersagt werden dürfen. Denn aufgrund der Nichtvorlage des Gutachtens habe die Fahrerlaubnisbehörde auf die Nichteignung des Mannes zum Führen von Fahrrädern schließen dürfen.

Sitzen auf rollendem Fahrrad stellt Führen eines Fahrrads dar


Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs stelle das Sitzen auf einem rollenden Fahrrad ein Führen des Fahrrads dar. Denn ein rollendes Fahrrad mit einer darauf sitzenden Person erfordere offensichtlich der Führung. Dies gelte unabhängig davon, ob die Bewegungsenergie aus der Betätigung der Pedale gezogen wird, aus einer vorhergehenden Pedalbewegung herrührt oder nur aus der Schwerkraft beim Befahren eines Gefälles. Entscheidend für das Führen eines Fahrzeugs sei, dass die Räder rollen und somit ein eigenständiger Bewegungsvorgang des Fahrzeugs ausgelöst wird. Dies sei bei einem Fahrrad dann anzunehmen, wenn sich Fahrer und Fahrrad zusammen bewegen und der Bodenkontakt mit beiden Füßen gelöst ist.


Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/Ba...ellt-Fuehren-eines-Fahrrads-dar.news20964.htm
 

Nancy

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Fußgängerin mit 1,75 Promille: Alleinschuld am Verkehrsunfall

Autofahrer sind nicht nur schnelle, sondern auch verhältnismäßig gut geschützte Teilnehmer am Straßenverkehr. Fußgänger oder Fahrradfahrer haben dagegen keine schützende Blechschicht um sich herum. Kommt es daher zu einem Unfall, haften Autofahrer sogar ohne eigenes Verschulden. Diese sogenannte Betriebsgefahr ist aber nicht in allen Fällen zu berücksichtigen, sagt das Oberlandesgericht (OLG) Celle.


Schadenersatz und Schmerzensgeld


Eine Fußgängerin hatte bei Dunkelheit und Regen innerhalb einer Ortschaft versucht, die Straße zu überqueren. Auf der Fahrbahn wurde sie allerdings von einem Auto erfasst und dabei schwer verletzt. Zuvor hatte die Dame wohl so einiges getrunken, denn bei ihr wurde eine Blutalkoholkonzentration von 1,75 Promille festgestellt.

Auch wenn sie an das Unfallgeschehen selbst keine Erinnerung hatte, gestand sie einen Verschuldensanteil in Höhe von 75 Prozent ein. Für das übrige Viertel verlangte sie aber 20.000 Euro Schmerzensgeld. Außerdem sollte das Gericht feststellen, dass ihr zukünftig noch auftretende unfallbedingte Schäden zu 25 Prozent von der Fahrerin und deren Haftpflichtversicherung als Gesamtschuldner ersetzt werden.
Nachdem ein Verschulden der Autofahrerin an dem Verkehrsunfall nicht nachgewiesen werden konnte, begründete sie ihre Forderung vor allem mit der Betriebsgefahr des Automobils.

Betriebsgefahr meist 20 oder 25 Prozent


Tatsächlich ist die Annahme einer verschuldensunabhängigen Betriebsgefahr – im Bereich von etwa 20 bis 25 Prozent – keine Seltenheit. Insoweit haften Autofahrer bzw. die Haftpflichtversicherung für die generelle Gefährlichkeit, die vom Betrieb eines Automobils ausgeht – unabhängig davon, ob der Fahrer tatsächlich einen Fehler gemacht hat oder nicht.

Hat der andere Verkehrsteilnehmer allerdings durch sein Fehlverhalten den Verkehrsunfall quasi allein versuracht und hätte der Autofahrer diesen gar nicht verhindern können, fällt die Betriebsgefahr gegebenenfalls geringer aus oder tritt sogar vollständig zurück.

Unfall für Autofahrerin nicht zu verhindern


Laut dem vom Gericht in diesem Fall eingeholten Sachverständigengutachten war die Fahrerin des Autos zum Unfallzeitpunkt mit 40 bis 50 km/h unterwegs. Das ließ sich anhand der Unfallspuren am Fahrzeug eindeutig feststellen.

Ferner hatte die Autofahrerin angegeben, dass ihr die Betrunkene vor das Auto gelaufen sei und sie trotz sofortigen Bremsens den Zusammenstoß nicht verhindern konnte. Der Sachverständige hat auch das im Ergebnis bestätigt: Nachts, bei Regen und unter den gegebenen Beleuchtungsbedingungen am Unfallort war es der Autofahrerin maximal 1 bis 1,5 Sekunden vor dem Zusammenstoß möglich, die betrunkene Fußgängerin auf der Fahrbahn zu erkennen.
Die 1 bis 1,5 Sekunden entsprechen in der gegebenen Situation in etwa der Reaktionszeit, der Bremsweg ist dabei noch gar nicht berücksichtigt. Auch bei einer unverzüglich eingeleiteten Vollbremsung war der Unfall damit für die Fahrerin des Automobils nicht zu verhindern.

Vollständiges Zurücktreten der Betriebsgefahr


Das OLG Celle kam daher hier zu der Entscheidung, dass das Verschulden der Fußgängerin so erheblich war, dass eine Betriebsgefahr des Kfz nicht mehr zur berücksichtigen war. Sie hatte immerhin bei Dunkelheit und Regen ganz erheblich betrunken und wohl ohne auf etwaige Autos zu achten die Straße betreten.

Im Ergebnis musste die Fahrerin bzw. deren Versicherung damit weder für die Krankenbehandlung der Fußgängerin aufkommen noch ein Schmerzensgeld zahlen. Es bleibt aber immer eine Frage des Einzelfalls, ob die Betriebsgefahr hinter einem Verschulden des Unfallgegners teilweise, vollständig oder eben gar nicht zurücktritt.

Quelle: http://www.anwalt.de/rechtstipps/fu...inschuld-am-verkehrsunfall_070303.html?pid=26
 

Nancy

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Alkoholbedingt verkehrsuntüchtiger Fußgänger hat bei Unfall keinen Anspruch auf Schadensersatz

In höchstem Maße eigengefährdendes und verkehrswidriges Verhalten des Fußgängers schließt Schadensersatz*anspuch aus

Verletzt sich ein mit 2,49 Promille alkoholisierter, verkehrsuntüchtiger Fußgänger, in dem er beim Versuch sich abzustützen, zwischen die Hinterachsen eines Sattelaufliegers gerät, kann das Verschulden des Fußgängers die Betriebsgefahr des Lastzuges vollständig zurücktreten lassen und Schadens*ersatz*ansprüche des Fußgängers ausschließen. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm und bestätigte damit im Ergebnis die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Essen.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der 48 Jahre alte Kläger aus Herten geriet, mit 2,49 Promille alkoholisiert, im April 2008 als Fußgänger auf dem Parkplatz eines Lebensmittelsupermarktes in Essen zwischen die Achsen eines Sattelaufliegers und erlitt schwerste Verletzungen. Der Lastzug, bei der Zweitbeklagten versichert und vom Erstbeklagten gefahren, hatte sich kurz zuvor langsam in Bewegung gesetzt. Aufgrund des Unfallgeschehens hat der Kläger von den Beklagten Schadensersatz, u.a. ein Schmerzensgeld von 20.000 Euro verlangt.

Betriebsgefahr des Lastzuges tritt hinter groben Verkehrsverstoß des Klägers vollständig zurück


Die Schadensersatzklage blieb jedoch erfolglos. Den Unfall habe der Kläger nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm im weitaus überwiegenden Maße selbst verschuldet. Demgegenüber sei ein Verschulden des erstbeklagten Fahrers nicht festzustellen. Ihm sei nicht anzulasten, dass er auf das Auftauchen des Klägers zu spät oder falsch reagiert habe und der Unfall durch eine ihm zumutbare Reaktion zu verhindern gewesen wäre. Während sich der Kläger dem Sattelauflieger genähert habe, sei er für den Fahrer auch nicht als hilfsbedürftige Person zu erkennen gewesen. Demgegenüber habe der Kläger gegen das für ihn auch als Fußgänger im Straßenverkehr geltende Rücksichtnahmegebot verstoßen, indem er sehenden Auges mit nicht geringer Geschwindigkeit seitlich auf den hinteren Bereich des sich langsam vorwärts bewegenden Sattelzug zugelaufen sei. Anschließend habe er sich mit beiden Händen so auf den Aufbau abgestützt, dass er zwischen die Hinterachsen des anfahrenden Aufliegers gestürzt sei. Das in höchstem Maße eigengefährdende und verkehrswidrige Verhalten des Klägers lasse sich nur mit seiner Alkoholisierung erklären. Angesichts der übersichtlichen Örtlichkeit und des schnell zu registrierenden Anfahrvorgangs des Lastzuges seien andere Ursachen ausgeschlossen. Hinter den groben Verkehrsverstoß des Klägers trete die Betriebsgefahr des Lastzuges vollständig zurück.

Quelle: http://www.kostenlose-urteile.de/OL...nen-Anspruch-auf-Schadensersatz.news21263.htm
 
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