Neue Beurteilungskriterien

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

Nancy

Super-Moderator und MPU Profi
Teammitglied
Administrator
http://www.dgvp-verkehrspsychologie.de/download/public/Infoschreiben zur 2. Auflage BK.pdf


DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR VERKEHRSPSYCHOLOGIE E. V. (DGVP)
DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR VERKEHRSMEDIZIN E. V. (DGVM)
__________________________________________________ ___________
INFORMATIONSSCHREIBEN
FÜR DIE LÄNDERBEHÖRDEN UND ÄRZTEKAMMERN ZUR ERWEITERTEN UND ÜBERARBEITETEN
2.AUFLAGE DER „BEURTEILUNGSKRITERIEN“


Die erweiterte und überarbeitete 2. Auflage der „Beurteilungskriterien“1 war erforderlich geworden, nachdem es eine Vielzahl von Rückmeldungen zur Anwendungspraxis der Kriterien gegeben hatte, deren Einarbeitung die Anwendbarkeit eindeutiger gemacht und die Auslegungsvielfalt reduziert haben. Aber auch Fortschritte in der Wissenschaft, vor allem der toxikologischen Diagnostik, sowie in Therapieverfahren mussten berücksichtigt werden. Nicht zuletzt erfolgte eine Weiterentwicklung der entlastungs- und ressourcenorientierten Diagnostik im Rahmen der Begutachtung der körperlichen und geistigen Eignung von Fahrzeug- und Kraftfahrzeugführern.

Zusammenfassung der wesentlichen Änderungen

Der einleitende Text in den Kriterien wurde hinsichtlich der Fragestellungen an ein Medizinisch-Psychologisches Gutachten den Veränderungen im Bereich der Fahrerlaubnis- Verordnung (FeV) angepasst und an verschiedenen Stellen aktualisiert. Es wurde unter anderem klargestellt, dass die in den Indikatoren aufgenommenen Regelungen hinsichtlich konkreter Zeiträume und Bestimmungsgrenzen für die Begutachtungsstellen Verbindlichkeit haben und nicht nur beispielhaft zu verstehen sind.

Bei Betroffenen mit Alkoholauffälligkeit in der Vorgeschichte wurde die Abgrenzung eines problematischen Trinkverhaltens, das grundsätzlich noch ein kontrolliertes Trinken in der Zukunft zulässt (H3), von den Missbrauchsmustern, die einen völligen Alkoholverzicht z. B. dann erforderlich machen, wenn aus der Lerngeschichte ersichtlich ist, dass der Betroffene Trinken und Fahren nicht voneinander trennen kann (H2), verbessert. Damit ist es für die Gutachter, aber auch für Berater und Therapeuten, im Vorfeld leichter zu entscheiden, in welchen Fällen Abstinenz- bzw. Alkoholverzichtskontrollprogramme erforderlich sind. Dies ist auch deshalb von großer Bedeutung, als die Anforderungen an die Abstinenz- bzw. Alkoholverzichtsbelege gestiegen sind.

Die Regelungen in den Drogen- und Alkoholkriterien wurden besser miteinander abgeglichen. Insbesondere beziehen sich die Diagnosekriterien für die Substanzabhängigkeit nun einheitlich auf die in der ICD-102 und im DSM-IV3 aufgeführten diagnostischen Kriterien.

1 Schubert, W. & Mattern, R. (Hrsg.)(2009). Urteilsbildung in der Medizinisch-Psychologischen Fahreignungsdiagnostik.
Beurteilungskriterien. Kirschbaum Verlag Bonn.
2 Dilling, H., Mombour, W. u. Schmidt, M.H. (Hrsg.) (2005). WHO – Internationale Klassifikation psychischer
Störungen ICD-10 Kapitel V (F). Göttingen: Verlag Hans Huber.
3 Saß, H., Wittchen, H.-U., Zaudig, M. u. Houben, I.(Hrsg. dtsch. Bearbeitung) (2003). Diagnostische Kriterien
des Diagnostischen und statistischen Manuals Psychischer Störungen – DSM-IV-TR. Göttingen: Hogrefe
- Verlag für Psychologie.

In Kapitel 7 wurden die Ausführungen zur Toxikologie weitgehend überarbeitet. So wurde nun erstmals der Umfang eines polytoxikologischen Screenings beschrieben und Bestimmungsgrenzen für die Analyse von Urin und Haar festgelegt. Damit ist künftig sichergestellt, dass alle in Begutachtungsstellen für Fahreignung und in akkreditierten Laboren durchgeführten Abstinenzkontrollen den selben Standards genügen und mit der selben Sensitivität messen. Zusätzlich wurde in Kapitel 7 ein neür Abschnitt „7.2 Psychologische Testverfahren“ aufgenommen, der den Einsatz von Leistungstestverfahren im Rahmen der Fahrreignungsdiagnostik detailliert beschreibt.

Auf ausgewählte Punkte, die im Rahmen der Einführung der erweiterten und überarbeiteten 2. Auflage der „Beurteilungskriterien“ intensiv diskutiert wurden, soll im Folgenden genaür eingegangen werden.

Anforderungen an Abstinenzbelege.

Es wurde in den „Beurteilungskriterien“ nun deutlicher geregelt, dass bei einer notwendigen Abstinenz- bzw. einem Alkoholverzicht, diese auch durch geeignete Belege nachvollziehbar gemacht werden müssen.
Sowohl bei Alkoholabhängigkeit als auch bei dauerhaft fehlender Trinkkontrolle ist von dem Betroffenen der Verzicht auf jeglichen Konsum von alkoholischen Getränken zu belegen, was in der Regel mit Urinkontrollen oder eine Haaranalyse auf EtG (Ethylglucuronid) erfolgen kann. Eine Haaranalyse auf EtG ist jedoch nur für einen Zeitraum von 3 Monaten verwertbar, da sich das EtG auch bei normalem Waschen des Haares soweit verdünnt, dass länger zurückliegender Konsum nicht mehr sicher nachweisbar ist. Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass allein die Vorlage unauffälliger Leberlaborbefunde eine Alkoholabstinenz nicht hinreichend belegen kann, da auffällige Leberwerte nur bei regelmäßig erhöhtem Konsum zu finden sind. Eine Ausnahme stellen Verlaufskontrollen von früher erhöhten Laborparametern dar, da in diesen Fällen zu erwarten ist, dass bei erneutem Alkoholkonsum auch wieder eine Erhöhung der Leberwerte stattfindet. Der Gutachter muss also künftig deutlicher unterscheiden zwischen Personen, die aktüll zwar auf Alkohol verzichten, denen aber grundsätzlich ein kontrollierter Alkoholkonsum noch zugetraut werden kann und solchen, bei denen die Fähigkeit zum kontrollierten Trinken auf Daür nicht mehr besteht. In den letztgenannten Fällen ist ein nachvollziehbarer Beleg des Alkoholverzichts erforderlich, in den anderen Fällen genügen weiterhin die Leberlaborkontrollen, um nachvollziehbar zu machen, dass kein überhöhter Alkoholkonsum mehr stattfindet.
Bei fehlenden Belegen oder Vorlage von Belegen mit fraglicher Nachvollziehbarkeit kann der vom Betroffenen behauptete Alkoholverzicht i.d.R. nicht als hinreichend bestätigt gelten. Es können jedoch bei der Befundabwägung in der Gesamtkonstellation auch weitere Gesichtspunkte, wie etwa im Rahmen von (teil-)stationären Behandlungen durchgeführte Urinkontrollen berücksichtigt werden, deren Stellenwert dann abhängig von den Durchführungsstandards zu bewerten ist.

Einen neu beschriebenen Sonderfall stellen Abstinenzbelege bei einer Opiatvorgeschichte dar. Hier ist der Untersuchungsumfang auf Buprenorphin (Subutex®) sowie Tramadol und Tilidin zu erweitern.
Hinsichtlich der Einbestellfristen wurde deutlicher geregelt, dass die Untersuchung am Folgetag der telefonischen Einbestellung oder des Posteingangs erfolgen muss.

Abstinenzzeiträume

Bei der Beschreibung der für eine günstige Verkehrsverhaltensprognose erforderlichen Abstinenz- bzw. Alkoholverzichtszeiträume wurde der Tatsache Rechnung getragen, dass suchttherapeutische Einrichtungen vermehrt ambulante Langzeittherapien anbieten, die neben der eigentlichen Entwöhnung auch eine Integration und Stabilisierung des Alkohol- oder Drogenverzichts in den allgemeinen Lebenskontext zum Ziel haben und über einen Zeitraum von deutlich länger als einem halben Jahr andaürn. Damit musste die in den „Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung“ 4 geforderte Frist von in der Regel einem Jahr nach Abschluss der Entwöhnungstherapie auf solche Sonderfälle angewendet werden. Es gilt hier der Grundsatz, dass der gesamte Zeitraum des nachvollziehbaren Alkohol- oder Drogenverzichts nennenswert länger als ein Jahr sein soll, und dass davon 12 Monate im Zeitraum seit Beginn der Therapie liegen sollen. Das Ende einer Therapiemaßnahme ist in diesen Fällen nicht mehr von so zentraler Bedeutung, da ja auch eine therapeutische Begleitung bei der Stabilisierung einer Abstinenz im Grunde wünschenswert ist und dieser Aspekt daher im Vordergrund steht. In vergleichbarer Weise kann künftig auch berücksichtigt werden, dass jemand bereits nachvollziehbar abstinent eine Therapie aufgenommen hat. Liegt auch hier insgesamt ein nennenswert länger als ein Jahr andaürnder Abstinenzzeitraum vor, genügen nach Abschluss der Therapie noch 6 Monate des nachgewiesenen Alkohol- oder Drogenverzichts. Sofern keine Abhängigkeit vorliegt, kann im Einzelfall unter Berücksichtigung vom Zeitverlauf und von der Zielrichtung der Therapie auch ein kürzerer Zeitraum nach deren Abschluss ausreichen.

Zu gelegentlichen Missverständnissen ist es bei der Frage gekommen, wie die geforderten Abstinenz- bzw. Alkoholverzichtszeiträume bei Inhabern der Fahrerlaubnis anzuwenden sind, da sie ja in der Regel nicht im Rahmen der behördlichen Vorlagefrist für ein Gutachten absolviert werden können. Hier ist klar festzustellen, dass in den Fällen, in denen die Nichteignung für die Behörde noch nicht feststeht, auch noch keine Aussage über die Problematik gemacht werden kann. Ob von Abhängigkeit, fehlender Kontrollfähigkeit oder nur von Gefährdung auszugehen ist, ob also Abstinenz bzw. Alkoholverzicht erforderlich ist oder nicht und wenn ja, wie lange, kann hier oft erst im Rahmen eines Gutachtens festgestellt werden. Die behördliche 4 Bundesanstalt für Straßenwesen (Hrsg.)(2000). Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung. Berichte der BASt, Heft M 115. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW.

Frist für die Überprüfung eines möglichen Eignungsmangels ist naturgemäß in Anbetracht der erforderlichen Gefahrenabwehr häufiger kürzer zu fassen, als dies für die Forderungen nach einer Stabilisierung einer Verhaltensänderung in Folge eines bestehenden Eignungsmangels der Fall ist.

Die erweiterte und überarbeitete 2. Auflage der „Beurteilungskriterien“ ist im Rahmen der Fahreignungsbegutachtung durch Fachärzte und die amtlich anerkannten Begutachtungsstellen für Fahreignung (a. a. BfF) ab dem Zeitpunkt verbindlich zu beachten, an dem sie von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) in deren Anforderungen an Träger von a. a. BfF aufgenommen werden. Das ist zum 01.07.2009 der Fall. Damit entfällt auch die in der Hypothese CTU 3 in Fußnote 10 genannte Umsetzungsfrist (S. 176 der „Beurteilungskriterien“). Die nach diesem Zeitpunkt gestarteten Abstinenz- bzw. Alkoholverzichtskontrollprogramme müssen die beschriebenen Anforderungen erfüllen, um im Rahmen der Begutachtung der Fahreignung verwendet werden zu können.

Daraus folgt, dass es im Verlauf des Jahres 2009/2010 Betroffene geben kann, die noch Kontrollprogramme nach den bisherigen, nicht einheitlich beschriebenen Standards durchgeführt haben. Hier kann im Rahmen der Begutachtung individüll geprüft werden, ob unter Berücksichtigung des gesamten Befundbildes trotzdem von einer ausreichend nachvollziehbar belegten sowie glaubhaft dargelegten Abstinenz bzw. Alkoholverzicht von Alkohol und/oder Drogen ausgegangen werden kann. Hinsichtlich der Auswahl der Labore sind ab dem 01.07.2009 nur noch Labore mit der toxikologischen Analyse im Rahmen von Abstinenz- bzw. Alkoholverzichtskontrollen zu beauftragen, welche die in der Hypothese CTU beschriebenen Standards einhalten. Ab dem 01.01.2010 ist dies durch eine Akkreditierung der Labore für forensische Zwecke nach DIN ISO EN 17025 nachzuweisen. Die Liste der akkreditierten Labore kann u. a. auf der Internetseite des Deutschen Akkreditierungsrats (www.dar.bam.de/ast/) eingesehen werden.

Prof. Dr. Wolfgang Schubert Prof. Dr. Volker Dittmann J. Brenner-Hartmann
DGVP, 1. Vorsitzender DGVM, Präsident StAB, Federführender


Hier noch ein Link:

http://www.bast.de/cln_033/nn_42254...erichte/unterreihe-m/2011-2010/m115-2010.html

 
Zuletzt bearbeitet:

Nancy

Super-Moderator und MPU Profi
Teammitglied
Administrator
Urteilsbildung in der Fahreignungsdiagnostik auf der Grundlage der Beurteilungskriterien der DGVP und DGVM:


Es ergibt sich folgende Hypotheseneinteilung:


A1: Der Proband ist alk.abhängig (und hat bereits eine Therapie gemacht) In diesem Fall ist KT nicht möglich, AB muss über einen Zeitraum von mind. 12 Monaten nachgewiesen werden.



A2: Der Proband ist nicht in der Lage seinen Alk.konsum zu kontrollieren (Kontrollverlust). Er verzichtet daher freiwillig auf diese Substanz. Für diesen Fall ist eine (Mindest)zeit der belegten AB von 6 Monaten nachzuweisen.



A3: Der Proband war alk.gefährdet**, hat dies jedoch durch Reflexion seines Verhaltens eingesehen und sein Konsumverhalten entsprechend verändert. Er ist somit in der Lage, KT zu praktizieren



A4: Der Proband ist nicht, bzw. nicht mehr, gefährdet ein KFZ nach Alk.genuss zu führen, da er seine Trinkanlässe und das Führen eines KFZ sicher trennen kann.


** Auch wenn während der MPU statt von Alk.gefährdung, von Alk.missbrauch gesprochen wird, ist hierdurch allein nicht von einem neg. Ga auszugehen. Wichtig ist hierbei die individuelle Geschichte des Probanden (und auch das Einsehen seines Fehlverhaltens, mit ensprechender Veränderung und Stabilisierung).

Zusatz: Dennoch ist nach neuestem Kenntnisstand davon auszugehen, dass bei einer Einstufung zum Missbrauch eine AB von mind. 6 Monaten verlangt wird. Ergänzt am 14.9.2013 **Nancy**
 
Zuletzt bearbeitet:

Nancy

Super-Moderator und MPU Profi
Teammitglied
Administrator
Zuletzt bearbeitet:

Afterlife

Benutzer
Da Nancy nur die 2. Auflage der Beurteilungskriterien vorliegt, war ich mal so frei, die (hoffentlich) passenden Seiten aus der 3. zu scannen und durch die Texterkennung zu jagen. Ich hab das ganze soweit lesbar gemacht, aber es können noch "Artefakte" auftauchen.

Kriterim A 1.3 N -- Es besteht nachvollziehbar eine anhaltende Abstinenz von Alkohol, die über einen ausreichenden Zeitraum aufrechterhalten wird. Dies wird mit medizinischen Verlaufsbefunden belegt.
1. Der Klient verzichtet bei vorliegender Alkoholabhängigkeit mindestens seit einem Jahr konsequent auf den Konsum von Alkohol.
2. Der Klient konsumiert keine sog. alkoholfreien Getränke mit geringen Mengen an Alkoholgehalt (alkoholfreies Bier, Leichtbier, alkoholfreier Wein oder Sekt). Er verzichtet auch konsequent auf den Konsum alkoholhaltiger Speisen (Eis mit Likör, Alkoholpralinen, Rumtorte etc.).
3. Die Abstinenzangaben werden durch Urinkontrollen und/oder Haaranalysen auf den Abstinenzmarker Ethylglucuronid, deren Durchführungsbedingungen den Kriterien der Hypothese CfU entsprechen, dokumentiert (in der Regel sechs Urinuntersuchungen im Verlauf von 12 Monaten vor der Begutachtung). Seit der letzten durchgeführten Kontrolle vor der Untersuchung liegt kein längerer, nicht plausibel erklärter Zeitraum ohne Abstinenzkontrollen vor. Bei der Durchführung von Haaranalysen wurde berücksichtigt, dass EtG im Haar maximal 3 Monate ausreichend sicher nachgewiesen werden kann.
4. Ergänzend oder alternativ liegen eine hinreichend geschlossenen Reihe von Bestimmungen von Labor-Alkoholmarkern vor, die erhöhte Befundwerte aus einer Trinkphase ausweisen (Beleg für individuelle Sensitivität) und die sich normalisiert haben (z. B. GGT, GPT, CDT). Dies ist durch eine hinreichend regelmäßige Kontrolle der Laborbefunde dokumentiert, die keine Lücken aufweist, die länger als zwei Monate sind.
5. Auch nach einer dokumentierten einjährigen Abstinenz liegt seit der letzten durchgeführten Kontrolle vor der Untersuchung kein längerer, nicht plausibler Zeitraum ohne Abstinenzkontrollen vor.
6. Auch ein plausibel begründeter Zeitraum ohne Abstinenzkontrollen nach einer zuvor dokumentierten einjährigen Abstinenz betragt m der Regel nicht mehr als 4 Monate.
7. Liegt ein einjähriger Abstinenzbeleg aus einem länger als 4 Monate zuruckliegenden Zeitraum vor, kann die aktuelle Aufrechterhaltung der Abstinenz nicht nur plausibel dargelegt werden, sondern Wird zusatzlich durch eine aktuelle, wenn auch einen kürzeren Zeitraum überblickende Bestätigung der Abstinenz (Urinanalyse mit 3 Kontrollen in 4 Monaten oder eine Haaranalyse eines 3 cm langen Segments) nachvollziehbar gemacht.
8. Früher bekannte alkoholtoxische Körperschädigungen haben sich zurückgebildet (Normalbefund oder Rückbildungsstadium (Narbe) ohne akute toxische Einflüsse).
9. Der Klient weist bei der medizinischen Untersuchung keine Befunde auf, die für Alkoholkonsum in jüngster Vergangenheit sprechen.
(1) Verschiedene der erhobenen Befunde erhärten in der Zusammenschau als "Mosaik" den Verdacht auf Alkoholmissbrauch
(2) Beim Klienten ist am Untersuchungstag Alkoholgeruch in der Atemluft auffällig und es ist bei einer daraufhin veranlassten Atemalkoholkontrolle (oder Blutprobe) Alkohol nachweisbar.
10. Werden für eine aktuelle Erhöhung der Laborparameter andere Ursachen als Alkoholmissbrauch angeführt, konnte das Bestehen einer Alkoholabstinenz durch mehrfache, unregelmäßig und kurzfristig anberaumte Kontrolluntersuchungen des Urins auf Ethylglucuronid glaubhaft gemacht werden.
11. Der Klient hat nach Abschluss der stationären oder ambulanten Entwöhnungstherapie ein Jahr Abstinenz eingehalten.
12. Kann bei besonders günstig gelagerten Umständen (z. B. sehr kurze Phase der Abhängigkeit ohne weit reichende Störung der sozialen Bezüge und ohne wesentliche Persönlichkeitsveränderungen mit intrinsischer Therapiemotivation) bereits vor Ablauf von einem Jahr nach Beendigung der Therapie von einer stabilen Abstinenz ausgegangen werden, besteht sie trotzdem seit bereits mind. einem halben Jahr.
13. Lag vor einer suchttherapeutischen Maßnahme bereits ein längerer Zeitraum mit einer nachvollziehbaren Abstinenz, so beträgt die alkoholabstinente Zeit nach Abschluss der therapeutischen Maßnahme mindestens noch 6 Monate. Der gesamte Zeitraum des Alkoholverzichts (incl. Therapiephase) ist in der Regel nennenswert länger als ein Jahr, keinesfalls jedoch kürzer als 12 Monate.
14. Hat der Klient eine ambulante Langzeitmaßnahme durchgeführt, die i. d. R. neben dem Ziel der Entwöhnung auch dte Unterstützung der Reintegration und der Stabilisierung neuer Verhaltensgewohnheiten verfolgt (Nachsorgecharakter), so ist der Zeitraum der nachvollziehbaren Abstinenz insgesamt (incl. des Zeitraums der ambulanten Therapie) nennenswert länger als ein Jahr. Davon liegen mind. 12 Monate im Zeitraum seit Beginn der Therapie.
15. liegt der letzte bekannte Alkoholkonsum bereits viele Jahre zurück, ist die alkoholabstinente Lebensweise aus den übrigen Befunden nachvollziehbar abzuleiten und wird durch stabilisierende Veränderungen gestützt, so liegen Belege für die Alkoholabstinenz noch mindestens für 6 Monate vor der Begutachtung vor.
16. Hält der Klient Alkoholabstinenz ohne vorherige therapeutische Aufarbeitung der persönlichen Ursachen, die zur Entwicklung der Alkoholabhängigkeit geführt haben ein, liegt ein dem Problem angemessener - in der Regel nennenswert länger als ein Jahr währender - nachvollziehbar dokumentierter Stabilisierungszeitraum vor.
17. Wurde die Einhaltung der Abstinenz anfangs (i. d . R. bis zu 6 Monaten) durch eine Medikation zur Verminderung des "Suchtdrucks" unterstützt (Acamprosat, Campral ), so beträgt die Dauer der Alkoholabstinenz ohne medikamentöse Unterstützung danach noch mindestens 6 Monate.
18. Sofern die medikamentöse Unterstützung der Abstinenz langfristig angelegt ist (12-24 Monate), finden sich keine Hinweise auf fehlende Compliance. Kann die Aufrechterhaltung der Abstinenz zum Untersuchungszeitpunkt bereits angenommen werden, ist aufgrund der veränderten Bedingungen nach Absetzen der Medikation eine Nachuntersuchung erforderlich.
19 Der Klient kann Angaben zum Zeitpunkt und den Umständen des Abstinenzentschlusses machen.
20. Der Klient kann körperliche, seelische und /oder soziale Veränderungen zu Beginn und im Verlauf der Abstinenz beschreiben.

Q: Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung - Beurteilungskriterien - 3. Auflage / Kriterium A 1.3 N / Seiten 126, 127, 128
 

Nancy

Super-Moderator und MPU Profi
Teammitglied
Administrator
Aus meiner Sicht passt zum Thema Beurteilungskriterien, die Anlage FeV 4a sehr gut:


Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)

Anlagen zur Fahrerlaubnis-Verordnung
Anlage 4a (zu den §11 Absatz 5)
quad.gif
Grundsätze für die Durchführung der Untersuchungen und die Erstellung der Gutachten
Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind die Begutachtungs-Leitlinien für Kraftfahreignung vom 27. Januar 2014 (VkBl. S. 110).



  1. Die Untersuchung ist unter Beachtung folgender Grundsätze durchzuführen:
    1. Die Untersuchung ist anlassbezogen und unter Verwendung der von der Fahrerlaubnisbehörde zugesandten Unterlagen über den Betroffenen vorzunehmen. Der Gutachter hat sich an die durch die Fahrerlaubnisbehörde vorgegebene Fragestellung zu halten.
    2. Gegenstand der Untersuchung sind nicht die gesamte Persönlichkeit des Betroffenen, sondern nur solche Eigenschaften, Fähigkeiten und Verhaltensweisen, die für die Kraftfahreignung von Bedeutung sind (Relevanz zur Kraftfahreignung).
    3. Die Untersuchung darf nur nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen vorgenommen werden.
    4. Vor der Untersuchung hat der Gutachter den Betroffenen über Gegenstand und Zweck der Untersuchung aufzuklären.
    5. Über die Untersuchung sind Aufzeichnungen anzufertigen.
    6. In den Fällen der §§ 13 und 14 ist Gegenstand der Untersuchung auch das voraussichtliche künftige Verhalten des Betroffenen, insbesondere ob zu erwarten ist, dass er nicht oder nicht mehr ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln oder Arzneimitteln führen wird. Hat Abhängigkeit von Alkohol oder Betäubungsmitteln oder Arzneimitteln vorgelegen, muss sich die Untersuchung darauf erstrecken, dass eine stabile Abstinenz besteht. Bei Alkoholmissbrauch, ohne dass Abhängigkeit vorhanden war oder ist, muss sich die Untersuchung darauf erstrecken, ob der Betroffene den Konsum von Alkohol einerseits und das Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr andererseits zuverlässig voneinander trennen kann. Dem Betroffenen kann die Fahrerlaubnis nur dann erteilt werden, wenn sich bei ihm ein grundlegender Wandel in seiner Einstellung zum Führen von Kraftfahrzeugen unter Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln oder Arzneimitteln vollzogen hat. Es müssen zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis Bedingungen vorhanden sein, die einen Rückfall als unwahrscheinlich erscheinen lassen. Das Gutachten kann auch geeignete Kurse zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung empfehlen.
    7. In den Fällen des § 2a Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5 Satz 5 oder des § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder des § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 9 dieser Verordnung ist Gegenstand der Untersuchung auch die Erwartung an das voraussichtliche künftige Verhalten des Betroffenen, dass er nicht mehr erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen oder gegen Strafgesetze verstoßen wird. Es sind die Bestimmungen von Buchstabe f Satz 4 bis 6 entsprechend anzuwenden.
  2. Das Gutachten ist unter Beachtung folgender Grundsätze zu erstellen:
    1. Das Gutachten muss in allgemeinverständlicher Sprache abgefasst sowie nachvollziehbar und nachprüfbar sein. Die Nachvollziehbarkeit betrifft die logische Ordnung (Schlüssigkeit) des Gutachtens. Sie erfordert die Wiedergabe aller wesentlichen Befunde und die Darstellung der zur Beurteilung führenden Schlussfolgerungen. Die Nachprüfbarkeit betrifft die Wissenschaftlichkeit der Begutachtung. Sie erfordert, dass die Untersuchungsverfahren, die zu den Befunden geführt haben, angegeben und, soweit die Schlussfolgerungen auf Forschungsergebnisse gestützt sind, die Quellen genannt werden. Das Gutachten braucht aber nicht im Einzelnen die wissenschaftlichen Grundlagen für die Erhebung und Interpretation der Befunde wiederzugeben.
    2. Das Gutachten muss in allen wesentlichen Punkten insbesondere im Hinblick auf die gestellten Fragen (§ 11 Absatz 6) vollständig sein. Der Umfang eines Gutachtens richtet sich nach der Befundlage. Bei eindeutiger Befundlage wird das Gutachten knapper, bei komplizierter Befundlage ausführlicher erstattet.
    3. Im Gutachten muss dargestellt und unterschieden werden zwischen der Vorgeschichte und dem gegenwärtigen Befund.
  3. Bei Abgabe einer Urinabgabe können als Alternative zur Sichtkontrolle auch dem Stand der Wissenschaft und Technik entsprechende Verfahren zur eindeutigen Zuordnung des Urins zu der zu untersuchenden Person verwendet werden.
  4. Die medizinisch-psychologische Untersuchung kann unter Hinzuziehung eines beeidigten oder öffentlich bestellten und vereidigten Dolmetschers oder Übersetzers, der von der Begutachtungsstelle für Fahreignung bestellt wird, durchgeführt werden. Die Kosten trägt die zu untersuchende Person.
  5. Wer
    1. mit Unternehmen oder sonstigen Institutionen vertraglich verbunden ist, die
      • aa) Personen hinsichtlich der typischen Fragestellungen in der Begutachtung von Begutachtungsstellen für Fahreignung im Sinne des § 66 zur Klärung von Zweifeln an der Kraftfahreignung in Gruppen oder einzeln beraten, behandeln, betreuen oder auf die Begutachtung vorbereiten oder
      • bb) Kurse zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung anbieten, oder
    2. solche Maßnahmen in eigener Person anbietet,
    darf keine Personen zur Klärung von Zweifeln an der Kraftfahreignung in Begutachtungsstellen für Fahreignung untersuchen oder begutachten.


  6. Befunde, die bei der Fahreignungsbegutachtung berücksichtigt werden, müssen folgende Anforderungen erfüllen:
    1. beigestellte Befunde müssen im Original vorliegen und vom Aussteller unterzeichnet sein;
    2. soweit für die Feststellung der Eignung die Vorlage von Abstinenzbelegen erforderlich ist, dürfen hierfür ausschließlich Belege von Stellen anerkannt werden, in denen die nach Stand der Wissenschaft und Technik erforderlichen Rahmenbedingungen der Abstinenzkontrolle wie Terminvergabe, Identitätskontrolle und Probenentnahme gewährleistet sind; dies kann angenommen werden, wenn die Befunderhebung und Befundauswertung verantwortlich von
      • aa) einem Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation, der nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein darf,
      • bb) einem Arzt des Gesundheitsamtes oder anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
      • cc) einem Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“,
      • dd) einem Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
      • ee) einem Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung,
      • ff) einem Arzt/Toxikologen in einem für forensisch-toxikologische Zwecke akkreditierten Labor
    3. durchgeführt wurde.
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Oben