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TF mit 1,66 Ersttäter, MPU steht an

Elchtreiber

Benutzer
Hallo und guten Morgen

Nach nun 2 Jahren ohne Füherscehin, langer Therapiezeit, und nun (hoffentlich) ordentlicher Aufarbeitung, steht meine MPU ins Haus. Ich hatte mir jetzt kurz davor nochmal 4 Wochen eingeräumt, alles nochmal Revue passieren zu lassen, in Schriftform zu bringen.
Der FB hat mir geholfen, mein Verhalten auch mal in Worte zu fassen.

LG


Zur Person
Geschlecht: männlich
Größe: 1,70
Gewicht: 75 kg
Alter:61

Was ist passiert?
Datum der Auffälligkeit: Do 9.2.23
BAK: 1,66
Trinkbeginn: 9:30
Trinkende: 15:00
Uhrzeit der Blutabnahme: 17:15

Stand des Ermittlungsverfahrens
Gerade erst passiert: Nein
Strafbefehl schon bekommen: Ja
Dauer der Sperrfrist: 10 Monate (bis 10/23)

Führerschein
Hab ich noch: nein
Hab ich abgegeben: ja
Hab ich neu beantragt: ja
Habe noch keinen gemacht:

Führerscheinstelle
Hab schon in meine Akte geschaut Ja/Nein: Ja, zu Beginn mein Anwalt. Jetzt aktuell nochmal, da war ich beim LRA vor Ort.
Sonstige Verstöße oder Straftaten?: Nein
Genaue Fragestellung der FSSt (falls bekannt):
„Kann Herr xxxx trotz festgestellter Alkoholabhängigkeit ein Kraftfahrzeug der Gruppe 1 (A BE) sicher führen. Kann insbesondere davon ausgegangen werden, dass Abhängigkeit im Sinne Anlage4 der FeV nicht mehr besteht und ein stabile Abstinenz vorliegt“.
Bundesland: B-W

Konsum
Ich trinke noch Alkohol, wenn ja wie oft wieviel: Nein
Ich lebe abstinent seit: 6.Jan 2024

Abstinenznachweis
Haaranalyse ja/nein: Ja, 1x pos, 4x ok
Urinscreening ja/nein: Nein
PEth-Analytik ja/nein: Nein
Keinen Plan?:

Leberwerte ja/nein seit wann, wieviele: Nicht explizit „Leberwerte“ aber ca.10 Blutbilder aus 2 Jahren. Alle mit MCV/GGT, teilw. auch mit GOT/GPT

Aufarbeitung
Suchtberatungsstelle aufgesucht?: 25.4. 2023, bei der PSB xxxx
Selbsthilfegruppe (SHG):Nein
Psychologe/Verkehrspsychologe: Psycologe ja, im Rahmen der Therapie. Extra Verkehrspsy nein
Kurs für verkehrsauffällige Autofahrer: Nein
Ambulante/stationäre Therapie: Mai 2023: 3 Wochen Entgiftung, dann Kombitherapie 2 Monate stationär Klinik/1 Jahr ambulant am Wohnort
Keine Ahnung: ?: Hoffentlich doch

MPU
Datum: kommt demnächst KW 19/2025
Welche Stelle (MPI): AVUS
Schon bezahlt?: Ja
Schon eine MPU gehabt? Nein
Wer hat das Gutachten gesehen?:
Was steht auf der letzten Seite (Beantwortung der Fragestellung)?:

Altlasten
Bereits durch Alkohol auffällig geworden Punkte oder sonstige Straftaten: Nein, erstmalige Auffälligkeit, ansonsten 45 Jahre unfallfrei gefahren. Als Berufspendler gelegenlich einen Blitzer erwischt (ca. 1x jählrlich, bis 15Kmh meist auf Bundesstraße).

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Tathergang
1. Beschreiben Sie den Tag Ihrer Trunkenheitsfahrt aus eigener Sicht mit Datum und Uhrzeiten.
(wann, wo und mit wem getrunken / wann und wie aufgefallen / Promille)
Als leidenschaftlicher Hobby-Koch hatte ich den 9.2.2023 (einen der freien Tage meiner Teilzeitarbeit) als Koch-Tag eingeplant, nachmittags Stand noch ein Gespräch mit der Rentenberatung im Kalender.
Angesichts der Menge und des Arbeisaufwandes begannen die Vorbereitungen bereits gegen 9 Uhr. Da für das Gulasch viel Soße benötigt wurde, stand -wie selbstverständlich- der Kochwein daneben. Während mehrerer Pfannen Fleisch und Zwiebeln und dem zugehörigen Ablöschen habe ich selbst etwa 5 Gläser Wein getrunken. Solange das Gulasch geschmort hat, konnte ich ab ca. 12.30 Uhr eine Pause machen und einen kleinen Mittagsschlaf einlegen. Ab ca. 13:30 dann die Soße nachbereitet und abgeschmeckt, dabei nochmals 2 Glas Wein getrunken. Gegen 15:30 bin ich mit dem PKW zur Rentenberatung gefahren -ca. 2 km- und habe dort erstmals in der Tiefgerage geparkt. Kam etwas verspätet zur Beratung und habe kurz erwähnt, dass ich mich erst in der Garage orientieren musste. Nach Beendigung des Gesprächs bin ich wieder nach Hause gefahren, habe mich bereits wieder umgezogen, und wegen des kalten Wetters etwas Brennholz aus meiner Hofeinfahrt geholt. Gegen 16:40 standen 2 Polizeibeamte auf dem Hof: aufgrund einer telefonischen Aussage stünde der Verdacht einer TF im Raum. (Fahrend gesehen hat mich niemend, aufgefallen bin ich wohl auch nicht) Ich habe freiwillig einer AAK (0,92 ml) und einer folgenden BE auf dem Polizirevier XXX zugestimmt. Die Blutprobe ca. 17:30 Uhr ergab eine BAK von 1,66 - meine FE wurde noch vor Ort einbehalten


2. Was und wie viel haben Sie am Tattag insgesamt getrunken?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Trinkzeit)
Anm.: da der Alkohol auch eine gewisse finanzielle Belastung darstellt, musste ich irgendwann von den "guten" Weinen auf den einfachen Kochwein umgesteigen. Mein Angaben beruhen also auf 3L bzw. 5L Bag-in-Box pro Woche, das kann ich recht genau beziffern.
1 Glas=0,2 l Wein / 0,5l bei Bier

Vormittags von 9-12:30 ca. 5 Glas Rotwein
Nachmittags 13:30-15 Uhr ca. 2 Glas Rotwein


3. Wie viel Kilometer fuhren Sie, bis Sie aufgefallen sind und wie viel Kilometer wollten Sie insgesamt fahren?
Ob ich im Straßenverkehr aufgefallen bin, kann ich nicht beurteilen. Die Mitarbeiterin im Rathaus hat meinen Alkoholpegel bemerkt und die Polizei verständigt. Gefahren bin ich zum Rathaus und zurück ca. 2+2 km.


4. Hatten Sie das Gefühl, noch sicher fahren zu können?
(Ja/Nein + Begründung)
Ja, eigentlich schon. Ich war das Fahren mit einem gewissen "Grundpegel" ja schon gewohnt. Und als defensiver, routinierter Fahrer hatte ich mir bei der kurzen Strecke keine Gedanken gemacht.

5. Wie haben Sie die Trunkenheitsfahrt vermeiden wollen (wenn überhaupt)?
In der Situation hat sich mir die Frage garnicht gestellt. Fußweg wäre mir zu beschwerlich gewesen, ÖPNV lag weit ausserhalb meines Denk-Horizonts, und ein Problembewustsein hatte ich nicht.

6. Haben Sie bereits früher im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss gestanden und sind aufgefallen?
Polizeibekannte TF sind nicht vermerkt. Einmal konnte ich durch einen glücklichen Zufall einer nächliche Routinekontrolle "entwischen".

7. Wie oft haben Sie alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen ohne aufzufallen und was folgern Sie daraus?
Mit meinem heutigen Wissenstand muß ich zugeben: 10 Jahe lang fast täglich. Bei der Betrachtung meines Konsumverhaltens (abends 1 Fl. Wein) bin ich wohl morgens mit 0,3-0,6 regelmäßig zur Arbeit gefahren (ca. 35 km). Hinzu kommen jährlich noch ca. 20 Fahrten (Veranstaltungen, Familienfeiern, Essen), bei denen ich mit zuviel Alkohol hinters Steuer gesessen bin, obwohl ich das nicht mehr hätte tun sollen. Bei gut 37.000 alkoholbedingten VUs im letzten Jahr grenzt es eigentlich an ein Wunder, dass ich nicht darin involviert war.


8. Wann hatten Sie den ersten Kontakt mit Alkohol und wann haben Sie das erste Mal Alkohol zu sich genommen?
In meinem Elternhaus kam Alkohol eigentlich nicht vor. Den ersten Kontakt hatte ich mit etwa 9 Jahren: Auf einer Hochzeitsfeier wurde ich mit 2 DM gelockt, um endlich mit einer Cousine zu tanzen. Als ich das bewältigt hatte, "durfte" ich mal am Sekt nippen...
Mein eigener Konsum hat mit etwa 14 Jahren begonnen: Bei den -eher seltenen- Dorf-Discos, privaten Festen, Klassenausfahrten. Probiert wurde fast alles: Bier, Sekt, Most, Liköre, Whisky.

9. Haben Sie regelmäßig Alkohol getrunken, und wie hat sich ihr Trinkverhalten in den letzten Jahren entwickelt?
Nach einer jugendlichen "Sturm- únd Drang-Zeit" mit Parties und Wochenend-Konsum ging meine Trinkmenge zurück auf etwa 2 Bier pro Woche bei irgendwelchen Events. Ausnahme waren jährliche Ski-Wochen zu Ostern, bei denen ich am Abend auch mal 1 Flasche Wein + diverse Schnäpse getrunke habe. Im Laufe der Jahre (ab ca. 2000) hat sich dann ein "Feierabend-Bier" etabliert, um den vermeintlich stressigen Tag abzuschließen. Aus dem Bier wurde Wein, die Mengen haben sich deutlich erhöht bis schlussendlich 1 Fl Wein/Tag. Aus Kostengründen hat sich sich die Weinqualität verschlechtert, es ging nur noch um Quantität.

10. Wie viel und wie oft haben Sie getrunken?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
In den vergangenen 10 Jharen etwa 1 Flasche Rotwein/Tag, zu Events (Kochen, Freizeiten) auch mehr oder Hochprozentiges.

11. Wo und mit wem haben Sie überwiegend getrunken?
Meist alleine, abends gemütlich zum Essen oder auf dem Sofa.

12. Warum haben Sie getrunken?
(Innere + äußere Motive)
Als Jugendlicher sicher, um dazu zu gehören, Alkohol war allgegenwärtig.
Ich bin als Einzelkind aufgewachsen, in einem sehr fürsorglichen Elternhaus (ohne Alkoholthema im Familienkreis). Durch eine (ganz leichte) Gehbehinderung wurde ich immer geschont und gehätschelt. Es gab nie ernsthafte Auseinandersetzungen, keine Querelen mit Geschwistern, keine Kloppereien mit Nachbarskinder. Ein paar halbherzige Versuche meiner Eltern, mich in einem Verein unterzubringen scheiterten: Musik (Akkordeon!), Sport (ich?). Da war mir ein spannendes Abenteuer-Buch lieber.
Inhaltlich fiel mir die Schulzeit nicht schwer, guter Durchschnitt. Im sozialen Umfeld der Klassengemeinschaft fehlte mir allerdings einiges an Durchsetzungsvermögen, Esprit, Kommunikation... Der (gemeinsame) Alkoholkonsum führte zu einem besseren Gruppengefühl, mehr Aktzeptanz.
Diese Erfahrung "Es geht mir damit besser" habe ich in mein weiteres Leben transportiert. Erst als Belohnung benutzt, dann als Seelentröster. Nachdem meine 2-jährige Haussanierung 2002 fertig wurde, war ein großes Lebensziel erreicht. Etwa um 2010 machte ich mir Gedanken: Was kommt nun? und begann wieder, regelmäßig zu trinken. Antriebslosigkeit, fehlende Neuorientierung, um die Einsamkeit zu vergessen. Gute Freunde und Familie hatte ich vernachlässigt, ebenso mein schönes Hobby Modellbau mit den vielen Kollegen.
Ich begann, größere Probleme zu ignorieren, selbst kleine Aufgaben immer wieder zu verschieben. 2015 erkrankte meine Mutter an Krebs, damals 79 Jahre alt. Sie hat die Krankheit gemeistert, aber wie geht es mit ihr weiter? Ich könnte eine Pflege nicht stemmen.
Der Berg an Problemen, Aufgaben schien übermächtig, sich immer weiter aufzutürmen und nicht zu überwinden. Mit dem altbewährten "Helfer" Alkohol konnte ich meine ganze Mutlosigkeit, Unentschlossenheit und Mängel bequem verdrängen - und damit wieder mal nur verschieben.

13. Welche Wirkung haben Sie in der Vergangenheit nach Alkoholgenuss bei sich beobachtet?
(bei wenig und bei viel Alkohol)
Mit wenig Alkohol war ich deutlich gesprächiger. Ich bin eben nun mal ein Eigenbrödler, Einzelkind und nicht so kommunikativ, hab gern meine Ruhe.
Kontaktaufnahme, Gespräch, Witz - das alles fiel mir mit Alkohol leichter.
Bei viel Alkohol (also die besagte Flasche Wein) kam es zu motorischen Aussetzern. Also Aussprache, Gleichgewicht, fahrige Bewegungen. Auch Gedankengänge war nicht immer schlüssig, Sätze blieben in der Luft hängen. Dann habe ich mich auch noch weiter zurückgezogen.

14. Gab es kritische Hinweise Anderer auf Ihren Alkoholkonsum und wie haben Sie darauf reagiert?
Eine Arbeitskollegin hat mich darauf hingewiesen, dass ich gelegentlich nach Alkohol rieche und bei der Arbeit zittere. Das habe ich natürlich verleugnet, und Herz-Kreislauf-Tropfen dafür vorgeschoben. Das Zittern konnte ich allerdings bei meiner feinmotorischen Arbeit nicht wirklich verbergen, ich habe mir dann einen möglichst abgelegenen Arbeitsplatz gewählt. Diese klare Ansage hätte mich eigentlich aufrütteln müssen, derweil habe ich eine Abhängigkeit weiterhin vor mir selbst geleugnet.

15. Welche Auswirkungen und Folgen hatte Ihr Alkoholkonsum auf Ihr Leben und Ihr Umfeld?
Mit dem Alkohol habe ich mich selbst immer weiter ins soziale Abseits befördert. Meine wenigen privaten Kontakte nicht mehr gepflegt, auch nicht auf mich selbst geachtet. Körperliche Aktivitäten habe ich auf ein Minimum reduziert, mein unsportlicher, ungesunder Lebenswandel hat sich verfestigt. Ich war am Ende nur noch ein körperliches und psychisches Bündel. Ich wurde zunehmend unsicherer, unzuverlässiger im Kontakt mit meinem Umfeld. Habe mich noch weiter zurückgezogen, nicht mehr agiert, nur noch reagiert. Vor 2 Jahren, Anfang April '23 hat mir dann mein Körper die Grenzen gezeigt: Nach einem Zusammbruch auf der Arbeit bin ich mit Verdacht auf Infarkt in der Notaufnahme gelandet. In meinem Single-Haushalt mit Haus+Garten schränkt mich der fehlende Führerschein enorm ein. Ganz zu schweigen davon, dass ich seit nun 2 jahren meinen Arbeitsweg (35 km) mit ÖPNV bestreite, was etwa 3,5 h Lebenszeit bedeutet.

16. Gab es in Ihrem bisherigen Leben frühere Zeiten, in denen sie weit mehr Alkohol als heute getrunken haben? Wenn ja, nennen sie bitte die Lebensabschnitte und mögliche Ursachen und Umstände dafür.
Weihnachten '22 bis zum Zusammenbruch April '23
Auslöser war wohl Weihnachten 2022 die Ankündigung meines langjährigen Arbeitgebers, den Firmensitz ins 95 km entfernte XXX zu verlegen. Das hat -kurz vor der Rente- meine sowieso nur vage Zukunftsplanung vollends aus der Bahn geworfen. Über die Feiertage stand mein Gedankenkarusell nicht mehr still, ich flüchtete noch weiter in den Alkoholkonsum .

17. Haben sie jemals die Kontrolle über ihre Trinkmenge verloren und bis zur Volltrunkenheit Alkohol konsumiert?
Nein

18. Haben Sie früher schon einmal oder öfter über einen längeren Zeitraum bewusst und mit Absicht völlig auf den Genuss von Alkohol verzichtet?
Nein. Also nicht im Sinne von: "Ich trinke zuviel, jetzt muß ich komplett aufhören"

19. In welcher Kategorie von Trinker haben sie sich früher gesehen und wie stufen Sie sich heute rückblickend ein? (mit Begründung)
Eine Zeit lang konnte ich mir das als "Genusstrinken" schön reden. Also: Guter Wein zu gemütlichem Essen, etc.
Als es immer öfter und mehr wurde (kostenintensiver) habe ich auf Kanister umgestellt. Zu der Zeit dachte ich gelegentlich: Naja, ein wenig viel. Aber es funktioniert doch alles prima.
Ab einem bestimmten Zeitpunkt fing ich an, die Alkoholbeschaffung zu planen. Beim Einkauf die Läden zu wechseln, ein festes Budget im Haushaltplan vorzusehen. Spätestens hier hätte ich mir eine handfeste Sucht eingestehen müssen, was ich aber durch Konsum sofort wieder verdrängt habe. Ein weiteres Hochkommen von Schuld- und Schamgefühlen habe ich mir nicht erlaubt, das habe ich mit einem konstanten Alkoholpegel unterdrückt.

20. Trinken Sie heute Alkohol? Wenn ja, was, wie viel und wie oft?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Nein

21. Wann haben Sie zuletzt Alkohol getrunken?
Sylvester '23 hatte ich einen "Zwischenfall", hatte wieder einen psychischen Tiefpunkt erreicht.
Nach der stationären Therapie begann mit Wiedereingliederung wieder das Arbeitsleben, vor Weihnachten dann Vollzeit. Incl. Fahrzeiten bin ich dann ca. 12h ausser Haus. Das wollte alles nochmal neu sortiert werden, und ich sehnte mich dringend nach 2 Wochen terminfreier Zeit. Am 23.Dezember dann die Mitteilung, dass meine Mutter im Krankenhaus liegt :-( Die Feiertage bis Sylvester habe ich dann in verschiedenen Krankenhäusern bei meiner Mutter verbracht, mit ÖPNV hinterhergereist. Nachdem Mutter wieder zuhause war, bin ich eingeknickt, habe meine restlichen Weinbestände ausgetrunken.
Dieser Zwischenfall hat mich auch meine erste Haarprobe vom 19.2.24 gekostet, sie war positiv mit 31pg. Diese will ich natürlich nicht verwenden, wesshalb im Augenblick noch die Zeit für eine 6. Probe läuft.

22. Trinken sie gelegentlich alkoholfreies Bier?
Ja. Nach meiner Ansicht ist Bier relativ weit von meinem Trinkmuster entfernt, und ich kenne das Risiko. Ich traue mir zu, bei einem netten Grillabend in Gesellschaft auch mal eine alkoholfreies Bier zu trinken.

23. Warum trinken Sie heute Alkohol/keinen Alkohol?
Mit dem Zusammenbruch April '23 hat mir mein Körper ein klares Zeichen gesetzt: Bis hier! Alkohol hatte mich bis dato zu einem grauen Schatten meiner selbst gemacht, körperlich wie geistig. Mit der Abstinenz bin ich wieder deutlich aktiver, agiler, entscheidungsfreudiger geworden, und das Leben hat mir gezeigt, dass Alkohol keine Lösungen bietet.

24. Warum haben Sie das Trinken reduziert bzw. aufgegeben und warum nicht schon eher?
Ohne diesen Zusammbruch wäre ich in einer langen dunklen Spirale immer weiter nach unten getrudelt. Ganz langsam, ohne den Mut und die Kraft dagegen anzukämpfen. Es brauchte diesen Tritt um mich aus Selbstmittleid und Lethargie zu befreien.

25. Wie haben Sie die Änderung Ihres Trinkverhaltens erreicht und dabei die Umstellungsphase erlebt?
Der wissende Blick und die lapidare Frage "Alkohol?" des Rettungssanitäters haben mich zutiefst erschreckt. So weit bin ich schon?
Eine Woche später war ich bei der Suchtberatung, 2 Wochen später zur Entgiftung in der Klinik. Trotz aller wohlwollenden (auch mal fehlgeleiten) Unterstützung aus menem Umfeld, war es eine Entscheidung, die nur ich treffen konnte. Schieben und drücken hätte wohl eher das Gegenteil bewirkt. Im Freundeskreis ist mein Enschluss mit Erleichterung aufgenommen worden. Arbeitgeber und Kollegen haben das mitgetragen, mussten sie doch meinen Ausfall fast 1 Jahr überbrücken. Aus der stationären Reha habe ich vor allem mein Selbstvertrauen wieder mitgebracht. Rückbesinnung auf meine Stärken, mehr Achtsamkeit, Offenheit. Das 1 Jahr ambulant in kleiner, auch wechselnder, Besetzung hat mir persönlich noch mehr gebracht. Während dieser Zeit habe ich Menschen so nahe an mich herangelsssen, wie wohl nie zuvor.

26. Wie wirkt sich Ihr geändertes Verhalten auf Sie, Ihr Leben und Ihr Umfeld aus?
Körperlich geht es mir wesentlich besser, ich kann meine Umwelt jetzt auch mit wiedererweckten Sinnen genießen. Bin eher bereit, spontane Entscheidungen zu treffen, statt nur zu reagieren.
Bei der Arbeit kann ich wieder mit meiner langjährigen Erfahrung dienen, aber auch mit kreativen Ideen überraschen. Das stößt nicht überall auf Gegenliebe, was mich aber diebisch freut ;-) Streichelt es doch meinem angeknacksten Ego, und zeigt mir, dass ich wieder in der Spur bin. Da mein Arbeitsplatz (wegen dem Umzug) wahrscheinlich bis Weihnachten weg ist, bin ich in die Offensive gegangen. Derzeit laufen schon Bewerbungen, und ich will -nun mit 62 Jahren- hier nochmal einen Neustart versuchen.

27. Wie stellen Sie sicher, dass Ihr neues Verhalten dauerhaft stabil bleibt?
Primär will ich meine Gesundheit im Auge behalten, natürlich auch zum Thema Alkohol. Das beinhaltet ein neues Fahrrad ebenso, wie eine (noch nicht begonnene) Herzsportgruppe. Für meinen Rücken lag ich im MRT und bin in Physiotherapie. Wegen Cholesterin versuche ich meine Kochgewohnheiten auf eher mediterane Küche umzustellen (mache ich gerne), und auch wie früher mehr gemeinsam mit Freunden zu kochen. Die Zigaretten habe ich aus meiner Wohnung verbannt, seit ich vergangenes Jahr wochenlang die komplette Wohnung neu gestrichen habe. Zu einigen meiner guten Freunde habe ich wieder Kontakt, und gemeinsames Gassigehen mit dem Hund führt oft zu ergiebigen Gesprächen. (Nein, nicht mit dem Hund.. ;-)
Aus der ambulanten Gruppe haben sich einige Kontakte erhalten, mit denen ich fast wöchentlich in Verbindung bin. Sehr gefreut hat mich, dass einer dieser Kontakte Modellbauer im selben Verein ist. So ergibt sich auch jetzt -in der autofreien Zeit- eine Möglichkeit, meine Modelle zu transportieren und wieder aktiver in das Hobby einzusteigen.


28. Können Sie sich vorstellen, jemals wieder in Ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen?
(Ja/Nein + Begründung)
Zum jetzigen Zeitpunkt bin ich festen Willens nicht wieder in diese Spirale zu fallen. Mir ist klar, dass die Gefahr, die Versuchung hinter der nächsten Ecke lauern kann. Meine Risikogebiete glaube ich zu kennen (Selbstmitleid, cocooning, mein Sofa...) Ich denke, die Frühzeichen zu sehen, passende Strategie und Werkzeug in der Tasche zu haben. In meinem engsten Umfeld werde ich auch Unterstützung finden, sollte sich eine Krise anbahnen. Und den Weg zur PSB in XXX kenne ich nun zu Genüge, weiss mich dort auch gut aufgehoben.

29. Wie wollen sie in Zukunft das Trinken vom Fahren trennen?
Schon aus gesundheitlichen Gründen will ich weiterhin abstinent bleiben. Diese Frage sollte sich also nicht stellen.

30. Haben Sie zum Abschluss noch etwas hinzuzufügen?
 
Willkommen :smiley138:

Mir sind einige formale Dinge noch nicht klar.

Aufgrund welcher Informationen steht in deiner Fragestellung „Alkoholabhängigkeit“ ?
Was bedeutet bei deinen Haaranalysen „okay“ ? Negativ ?

Aus erst einmal nur formaler Sicht sehe ich Folgendes sehr kritisch:
- Rückfall nach der Therapie
- konsumieren alkoholfreien Biers
- Arbeitsumfeld nicht alkoholfrei, um nicht zu sagen „alkoholgeprägt“

Was steht im Abschlussbericht deiner Therapie ?

Deine psychologische Aufarbeitung ist mir noch deutlich zu dünn.

Dein Motiv siehst du ja, zumindest, wie ich es verstanden habe, in selbstgewählter „sozialer Isolation“ und einem gewissen dir gegebenen Prokrastinismus.
Da ist mir der Zusammenhang, um daraus eine „Alkoholabhängigkeit“ zu entwickeln, nicht schlüssig.
Dass es dir mit Alkohol nicht „besser geht“, ist dir doch relativ schnell bewusst geworden, oder ?
Du hast doch -nach deinen eigenen Worten- sehr schnell erkannt, dass der Alkohol gerade dieses um ein Vielfaches verstärkt.
Da muss also sehr viel mehr, sehr viel tiefere Gründe hinterstehen.
Oder -wie oben ausgeführt- der tiefere Zusammenhang sehr genau durchleuchtet werden.

Deine Vermeidungsstrategien sind mir noch viel zu sehr im „Außen“, „Gesundheit“ und „Wille“.
Das sind aus psychologischer Sicht keine Strategien, die helfen, dauerhaft Abstinenz aufrechtzuerhalten.
Niemand will alkoholabhängig sein.
Jeder, der alkoholabhängig ist, weiß, dass diese Krankheit nicht nur die Gesundheit ruiniert, sondern nicht gestoppt letzten Endes tödlich endet.

So weit erstmal, liebe Grüße :smiley138:
 
Hallo und dankeschön

ich versuche erstmal die formale Klärung

-Im Rahmen der Vorfeldermittlungen des LRA wurden von mir ärztliche Unterlagen angefordert und explizit nachgefragt, ob eine ICD-10-Diagnose vorliegt. Daraufhin habe ich die Entlasspapiere der Entzugsklinik eingereicht. Hierin wird F10.2 diagnostiziert.
Desshalb auch der formulierte Text in dder MPU-Anordnung.

-Sorry, über die Definition von pos/neg bin ich Anfangs gestolpert. (Ein pos Laborergebniss ist für mich eben NICHT positiv)
Soll also heißen: 1. Probe im FEB 24 war positiv mit 31pg/mg
4 weitere Proben negativ mit 0 pg. Die nächste Probe ist Ende dieser Woche geplant.

-Wo hast du was mit Arbeitsumfeld her? Ich arbeite in der Industrie, da ist seit Jahren nix mehr mit Alkohol. Firmenfeier,Jubiläen etc. seit 20 Jahren nur O-Saft oder Blubberwasser.
Bei (und vor) der Arbeit hab ich nicht getrunken. Falls du den Hinweis mit der aufmerksamen Kollegin meinst: Sie hatte einen alkoholkranken Lebenspartner, und damit auch ein feines Näschen entwickelt. Mein allgemeiner Verfall war mir aber auch so anzusehen, und sie konnte das schon richtig zuordnen

Über deine andren Kommentare will ich noch ein wenig nachdenken.
Melde mich wieder :pc0003:
LG
 

Bitte versteht das nicht falsch, aber ich möchte hier einfach nicht meine komplette Krankengeschichte ins Netz stellen. Ich habe mal auszugsweise 2 Entlassbefunde eingestellt. Es sind jeweils die -vermutlich relevanten- abschließenden Seiten des psychologischen Teils. Hier mal der Abschluss der 2-monatigen stationionären...
 

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Wo hast du was mit Arbeitsumfeld her?
Ich habe irgendwie Hobbykoch, Kochwein und Feinmotorik zusammengenommen und dich zum „Koch“ gemacht mit Arbeitsumnfeld „Gastro“.
Bitte versteht das nicht falsch, aber ich möchte hier einfach nicht meine komplette Krankengeschichte ins Netz stellen.
Ich verstehe das nicht falsch, das ist allein deine Entscheidung, welche Informationen du Preis gibst.

Im Therapiebericht fällt mir noch auf, dass du von 3 empfohlenen stabilisierenden Maßnahmen 2 nicht umsetzt, regelmäßiger Besuch einer SHG und Verzicht auf suchtgedächtnistriggernde alkoholfreie Getränke.
 
Kennst du das nicht? Diese Schieberei?
hab ich von anderen Patienten auch schon mitbekommen.
Ich war nie ein Freund großer Veränderungen, weitreichende Entscheidungen liegen mir nicht. Da fehlt mir einfach die Strategie, Schachzüge vorauszudenken, Intrigen einzufädeln, den großen Wurf anzubringen. Da ich (überwiegend) nur für mich selbst entscheiden muß, kann ich mir das reiflich überlegen, auch mal hintenanstellen. Die nächste Aufgabe fällt an, ist kompliziert, wird auch mal geschoben. Der Berg wird größer, alles noch komplizierter, Panik macht sich breit. Der einfachste Weg diesem Gedanken-Chaos und Entscheidungsdruck zu entfliehen ist - nichts denken! Und das funktionierte bestens mit dem altbewährten Freund Alkohol. Seit etwa 2000 maßvoller aber regelmäßiger Begleiter, habe ich ihn zunhmend benutzt, um nicht über meine Probleme nachdenken zu müssen. Sollte doch mal ein kleiner Funke Selbstkritik aufgelodert sein, habe ich das "neues Problem" einsortiert und hintenangeschoben. Ich hab mich geschämt, hätte ich doch den Gedanken zulassen müssen: Ich bin Alkoholiker.

Von "sehr schnell erkannt" will ich nicht gerade sprechen.
Wenn ich über die damligen zeiträume berichte, dann sehe ich das aus heutiger Sicht. Wenn du mich 2010 gefragt hättest, ob ich mich als Alki sehe, hätte ich das mit fester Überzeugung veneint. Vom jetztigen Standpunkt betrachtet, würde ich dort etwa festmachen, was über sozialen Konsum hinausging.
Was sich zu diesem zeitpunkt abspielte, hab ich oben schon erwähnt: Ich hatte eine richtungsweisende Entscheidung verwirklicht - ein Haus erworben, einen ansprechenden sicheren Job und war finanziell auf der sicheren Seite. Was kommt nun ? Nenne es midlife-chrisis oder sonstwie, aber irgendwie saß ich vor einer diffusen Wolke "Zukunft". Das mögen manche als Freiheit bezeichnen, aber für mich als Eintscheidungs-Unwiligem fällt es schwer, auf so einem leeren Blatt zu malen. Ich ließ mich treiben - begann wieder, nur zu reagieren. Die Unzufriedenheit mit mir selbst wuchs, keine Entscheidugen treffen zu wollen, eigentlich auch keinen Plan zu haben.

In der Zwischenzeit hab ich gelernt, mein Zufriedenheits-Niveau besser einzuschätzen. Manche mögen die Zufriedenheit als Vorstufe zum Glück sehen. Ich sehe das Glück eher als einzelne Momente, die das Zufriedenheit-Niveau positiv beeinflussen können. Manche mögen das Level hoch ansetzen, ich weiss mich auch mit einem niedrigeren Pegel zufrieden. Da kann ich auch wieder die kleinen Glück-Momente sinnvoll verwenden, ständig glücklich sein geht eigentlich nicht. Natürlich gibt es die negativen Einflüsse auch noch, aber meine großen Probleme versuche ich jetzt in Scheibchen zu schneiden, und einzeln anzugehen.

Puh, da werde ich sicher noch weiter machen..
Schönen Abend noch
 
Sorry, kleiner Gedankensprung

Beim Thema SHG bin ich nicht so überzeugt.
Im Rahmen meiner Stationären haben sich verschiedene Gruppen vorgestellt, von denen ich leider nur die AAA gesehen habe. Und die haben sich straff organisiert, schon militärisch präsentiert (mag auch an der jeweiligen Ortsgruppe liegen), sowas liegt mir nicht. In so einem reglementierten Umfeld kann ich mir kein gedeihliches Gespräch vorstellen.
Freundeskreis gäbe es hier sogar direkt im Nachbardorf, aber da hab ich ein persönliches Problem mit einem Teilnehmer. Diesen Mensch habe ich bereits vor 2 Jahren beim Entzug kennengelernt, und es gibt einfach Antipathien, die man auch mit stundenlagem Gequatsche nicht wegreden kann. Mag sein, dass man sich aus dem Weg gehen kann, aber den will ich nicht wieder sehen.
Mit ihrer überbordenden Gott-Präsenz schrecken mich die Blaukreuzler einfach ab, schon die erste Web-Seite.

Meine Unterstützung beziehe ich aus eher privaten Quellen: Eine Teilnehmerin meiner ehemaligen ambulanten Gruppe sehe ich regelmäßig, (zB gerade heute Nachmittag zum Eis essen), ein andrer Teilnehmer steht mir auch noch regelmäßig in meinem Modellbauverein zur Verfügung. Im Laufe dieser Geschichte hat sich ein Arbeitskollege als ehemaliger Suchtbeauftragter seiner alten Firma herausgestellt. Ebenso einer meiner alten Freunde, mit dem ich schon den Kontakt verloren glaubte und den ich als absolut integer und zuverlässig kenne.
Den Kontakt zur PSB würde ich jederzeit in Anspruch nehmen, bei Bedarf auch mal als "Gasthörer" wieder an den Stunden teilnehmen. Mein Therapiejahr hat gezeigt, das dort ehemalige Teilnehmer gern gesehene "Dozenten" sind.
Um jetzt die Kurve zu sozialen Kontakten zu kriegen:
Ja, die oben genannten Hilfe-Stellen beziehen sich überwiegend auf Alkoholthemen. Wenn ich mal jemand zum "Ausheulen" brauche -gibt ja auch noch andere Krisensituationen- weiss ich eine Cousine an meiner Seite. Mag jetzt komisch klingen. Aber sie ist sowas wie das Herz unseres Familienclans, hat alle irgendwie im Blick: Meine Mutter, ihre Eltern, ihre 7 (8?) Patenkinder, mich, etc... Dort fühle ich mich bedingungslos gut aufgehoben. Meine 89jährige Mutter kann und will ich damit nicht belasten, da ist es jetzt an mir, Unterstützung zu leisten (Was ich im Rahmen meiner jetzigen Möchkeiten auch tue)

Die Frage steht ja nun fast schon im Raum: Nein, eine feste Beziehung hatte ich nie. Also kein frühzeitiges regulierendes Eingreifen des Partners, kein ausweinen an einer starken Schulter.
Selfmade-Man! Lonesome-Cowboy! Wenn es so einfach wäre...
Was fehlt zum Glück? Mein Haus, meine Yacht, meine Frau?
Mangelnde soziale Kompetenz hatte ich ja oben schon mal erwähnt. Unter dieser "Spitze des Eisbergs" schlummert ein miserables Selbstwertgefühl, zuwenig Selbstliebe, mangelnde Empathie. Sozusagen ein handfester Minderwerigkeitskomplex. Als Kind hab ich mich immer unsportlich, pummelig , kindhaft gefühlt - irgendein Nachbarsjunge war immer lauter, schneller, stärker. Im Sportunterricht: Die 2 besten Kicker durften abwechselnd ihre Manschaft auswählen, wer am Schluss übrig blieb? Mobbing vom Feinsten! Später die Bundewehr-Musterung: Sorry - 5 (untauglich für Krieg und Frieden).
Mit diesem Background fühlte ich mich nie wohl auf diesem fremden Terrain "Beziehung". Zu mehr wie guten Freundschaften ist es nie gekommen, da fehlt mir Biss, die Risikobereitschaft.
Einen "Glücks-Punkt" in dieser Sache kann ich in meiner Zufriedenheits-Skala also nicht verbuchen. Die habe ich mir eher mit Leistung erarbeitet: Job, Haus, früher die Arbeit im Jugendhaus, Fotografie, Kreativität. Doch diese Sterne verblassen langsam. Ich denke, das begann ich um 2010 zu realisieren, die Skala rutschte runter. Hier und da dann noch ein Problem - schon wieder Minus-Punkte.
Dieser Negativ-Bilanz wollte ich damals mit Alkohol entkommen, was ersichtlich schief gelaufen ist.
Dank der Therapie weiss ich jetzt aber auch (wieder!) meine positiven Trigger anzuzapfen: Ein gelungener Kuchen, eine besondere Lichtstimung beim drögen warten an der Haltestelle, ein netter hiflsbereiter Busfahrer (doch, die gibt es!) der für zwei verängstigte Schulbuben nochmal anhält. Kleinigkeiten, aber der Tag ist gebongt :-)

Das alles mag natürlich eine feste Partnerschaft nicht ersetzen, aber es hilft mir derzeit weiter. Und in Sachen Sozialkontakte werde ich mir wieder (nicht lachen) eine Katze ins Haus holen. Ich hatte gut 15 Jahre einen schwarzen Freigänger, eher gesagt: wir hatten uns. Ich konnte mir damals aus dem Wurf eine aussuchen, und hab wohl mein Pendant gewählt: Etwas unbedarft, tolpatschig, immer der Letzte am Futternapf und selten in eine Klopperei verwickelt. Ich mag diese Freigeister die kommen und gehen, kratzborstig sind und gelegentlich auch mal eine Schmuserunde brauchen. Vermutlich konnte ich da auch gut meine Wünsche und Träume projezieren.

- auweia, is länger geworden als vorgehabt - und so prosaisch ....
Also eigentlich wollte ich hier keine Therapiestunde buchen wenn es zu ausschweifend wird, bitte Bescheid sagen!
 
Also eigentlich wollte ich hier keine Therapiestunde buchen
Gut, dass du es getan hast :smiley711:

Genau dazu kannst du das hier für dich nutzen:
Schreibe deine Gedanken hier auf.
Von uns bekommst du Rückmeldung.
Das ist Aufarbeitung.

Auch gilt bei Aufarbeitung immer:
Je mehr du berichtest, umso besser.
So gibst du uns wichtige Hinweise.

Nun meine Gedanken:

Das Unterstützer-Team, von dem du erzählst, finde ich richtig gut.
Du hast dir aus deiner Familie, deiner Klinik und Freundes-, Bekanntenkreis die „Sahnestücke“ herausgesucht.
Genau auf diese Art und Weise gelingt Support.
Du hast auf deine Bedürfnisse hierzu erkannt.
Darauf hast du dich gegen z.B. AA und z.B. für deine Cousine entschieden, großartig und nicht „komisch“ :smiley22: !

Zur „sozialen Einsamkeit“ und „Bindungsangst“:
Versuche das für dich vielleicht mal umzudeuten.

Ist es nicht eine gute Entscheidung gewesen, „alleine“ zu bleiben ?
So, wie ich dich hier wahrnehme, fühltest du dich doch durchaus wohl in der Rolle des „lonesome cowboys“ ?
Anstatt auf Teufel kommˋ raus die „Prinzessin mit dem weißen Pferd“ zu suchen -und zu behalten-, hast du dich auf deine Ziele konzentriert.
Ich finde das gut und richtig.
Gekippt ist das Ganze doch erst, als
a ) das „Wichtigste“ erreicht war
b ) „altersbedingt“ -aus deiner Perspektive- die „neuen großen Ziele“ wegfielen

( Exkurs und meine persönliche Meinung hierzu:
Viele Menschen, Männlein wie Weiblein, könnten sich und ihrem Partner viel Leid und Ärger ersparen, wenn sie sich erst einmal um ihre Baustellen kümmern würden und nicht meinen, der Partner sei jetzt das Mittel der Wahl, sie „glücklich“ zu machen…
Interessanterweise erlebe ich immer wieder, dass Menschen, wenn sie das für sich erkannt haben und zufrieden Single sind, dann „Mr/Ms Right“ kommt und bleibt :smiley22: )
 
Das alles mag natürlich eine feste Partnerschaft nicht ersetzen.
Warum „ersetzen“ ?
Ersetzen bedeutet doch lebensnotwendig, oder ?
( So im Sinne von, unser Trinkwasser in D ersetze ich in Indonesien durch Mineralwasser aus dem Laden. )
Warum nicht „ersetzen“ ersetzen durch „brauche ich nicht“ für meine zufriedene Abstinenz… ?
Oder sogar, „…könnte meine zufriedene Abstinenz“ gefährden.. ?

Was du ansonsten schilderst, Busfahrer, Schulkinder, Sonnenaufgänge finde ich auch richtig gut und gesund.
Stichwort: Achtsamkeit…

Zum Abschluss meiner Gedanken zu deinen Schilderungen noch einige Worte zu unseren vierbeinigen Freunden:
Es ist doch nicht nur wissenschaftlich bis ins Kleinste erforscht, dass Haustiere ausschließlich gut für unsere Seele und Gesundheit sind.
Es macht uns glücklich, mit ihnen spazierenzugehen, sie zu beobachten, uns um sie zu kümmern….

Daher finde ich auch diesen Gedanken, dir einen „neuen schwarzen vierbeinigen Seelenverwandten“ zu suchen, grandios !
Und, wir wissen doch: Sie finden dich !

( Auch hier erlaube ich mir eine persönliche Anmerkung:
Ich kann noch so schlecht gelaunt sein nach einem richtigen Sch***tag, nach Box ausmisten und einem Spaziergang mit meinen Hunden und anschließender Schnurreinheit mit meinem Kater sind mir -fast- alle Menschen wurscht :smiley624: )

Zusammengefasst sehe ich dich ein sehr gutes Stück weiter oben auf der Leiter der psychologischen Aufarbeitung, weiter so :smiley138:
 
Und ja, ich hab da Single-dasein nicht "nur aktzeptiert". Natürlich auch genossen und gepflegt. Gelegentlich nagen aber schon mla Zweifel, wenn man die hochgezogenen Augenbrauen sieht.
Aber nein, ich mach da keine Doktrin draus. Wenn das weisse Pferd mal vorbeikommt, wird sich zeigen, ob wirgemeinsam ausreiten gehen ;-)


Hier reden wir evtl. aneinander vorbei, oder du hast eine doppelte Verneinung im Satz?

Ersetzen bedeutet doch lebensnotwendig, oder ?

Ich denke schon, ich verfolge das nur nicht konsequent.
Schon die alten Griechen, auch die mordernere Psychoanlyse haben das postuliert. Liebe, Anerkennung und Achtung sind lebensnotwendige Grundbedürfnisse ohne die das Lebewesen verkümmert. Man kann sich das scheibchenweise aus verschiedenen Quellen zusammensammeln: Leistung, Erfolg, Haustiere...
Eine Partnerschaft wird das aber nicht vollwertig ersetzen können. so hatte ich das gemeint
 
Nun meine Gedanken zum Zwischenfall
Auch ich sehe meinen "lapse" an Weihnachten 23 kritisch, zeigt er mir doch, dass die Situation jederzeit wieder kippen kann.

Meine Abstinenz war noch lange nicht etabliert, das Umfeld eine (heute erkennbare) Gefahrensituation. Nach der Stationären war ich mit Organisatoreischem beschäftig, der Arbeitsweg kalt, dunkel und mühsam. Die ambulante Gruppe hatte ich bis dahin erst ein paarmal besucht, fühlte mich da noch nicht angekommen, die offizielle Ansprechadresse über die Feiertage natürlich geschlossen.
Meine Hoffnung auf ein paar ruhige Feiertage wurde den Krankenhausaufenthalt meiner Mutter zunichte gemacht. Meine Cousine (die "Familienfee") stand wegen Urlaub leider nicht zur Verfügung, eine liebe Nachbarin hat damals den Krankentransport übernommen. Ich bin dann mit Gepäck und Unterlagen hinterhergereist. Nach 3 Tagen Krankenhaus-Hopping hatte ich abends den kritischen Punkt erreicht: Müde, verzweifelt, alleine. Verärgert über meine eingeschränkte Mobilität, überfordert mit Entscheidungen. Leider hatte ich noch nicht konsequent alle Kellerbestände entsorgt, der Griff zur Flasche war eine verlockende Option.
Ich hab wieder getrunken bis 5. Jan 24. Das kann ich datieren, weil da meine Vorräte zu Ende waren, und das lange Wochenende verhinderte, dass ich nochmal einkaufen kann. Da bin ich dann auch aus dem Strudel aus Mutlosigkeit, Selbstmitleid und Verzweiflung wieder aufgetaucht. Hab gesehen, wo ich mich gerade befinde - kurz vor einem neuen Abgrund.
Hier hat dann wohl ein Schalter geklickt, ich konnte Wissen aus meiner Rückfalltherapie abrufen (Erkentniskreis?). Ich MUSSS nicht mehr das ganze Procedere durchlaufen. Wenn ich es an DIESEM Punkt schaffe, den einen kleinen Schritt wieder zurück zu gehen, kann ich direkt wieder in die Erprobungsphase einsteigen. Dieses doch recht trockene und theoretische Fakten-Wissen hat mir an dieser Stellle aber wieder Mut gemacht, meinen Ehrgeiz geweckt. (Das hört sich nach Münchhausen an, ich weiss, ist aber so)
In der Gruppe habe ich den Vorfall später nur kurz "erwähnt", aus Angst, gleich zerrissen zu werden. Ich bin dankbar, dass es nicht sofort zum Abendthema aufgebaut wurde. Im späteren Einzel konnte ich das mit meiner Therapeutin besser in Worte fassen, und bin auch gestärkt und bestätigt aus dem Gespräch gegangen.
Das Eingeständniss fällt mir nicht leicht, aber jetzt weiss ich immerhin, dass und wie ich mit solchen Situationen umgehen kann. Ich drücke mir selbst die Daumen, dass es beim nächstenmal auch gelingt. Nein, ich drück die Daumen, dass es kein nächstes Mal gibt!
 
Ein paar ganz praktische Fragen stellen sich mir nun natürlich auch:
Kann und sollte ich den Vorfall bei der MPU erwähnen? Die Frage nach dem letzten Konsum wird sicher kommen.
Verleugnen werde ich das sicher nicht, dafür bin ich viel zu durchschaubar, aber drauflupfen müsste ich ihn ja nicht.
Auf der anderen Seite könnte mir eine überstandene Situation ja auch Pluspunkte einbringen...

das führt gleich zum Nächsten:
Erwartet der GA, dass ich meinen letzten Abschlussbericht der Therapie vorlege? Da steht der Vorfall natürlich drin.
Und im Zwischenbericht auch noch die unselige Formulierung: "...ist zu erwarten, dass zumindest bis zum Erreichen der FE eine Abstinenz gegeben ist"
Das gereicht mir natürlich nicht zu Ruhm und Ehre...
Oder ist das gleich mal verdächtig, wenn ich den Bericht nicht vorlege? Es ist ja recht unwahrscheinlich, dass ich keinen hätte.

Und
Ich muß mich auch mit Plan B beschäftigen
Im Falle eines neg. Gutachtens ziehe ich meinen Antrag bei der FsS zurück?
Obwohl ich 18 Monate Frist hatte wird das hier knapp. Hatte erst 12 Monate, konnte wg. AN nochmal 6 Monate verlängern. Davon hab ich mir mit der ersten HA 3 Monate vergeigt. Kei Ahnung, ob ich jetzt nochmal Schonfrist erbetteln kann.
Wenn ich nach der MPU eine positive Prognose bekomme und "nur noch" auf das Papier warten muß, wird das wahrscheinlich funktionieren.
Sollte ich ein schlechtes Gefühl haben, möchte ich eigentlich nicht auf eine weitere Verlängerung bestehen, um dann doch zurückzuziehen.
 
ein ganz dickes Dankeschön schnurrr ... :)
Sehr, sehr gerne :smiley138:

Zu deinem „lapse“:
Es liegt wirklich ganz alleine an dir, ob du dich mit oder ohne Erwähnung wohler fühlst.
Ich persönlich tendiere dazu, es nicht zu sagen.
Nicht lügen, sondern schweigen.
Aus meiner Sicht ist es das Wichtigste, dass du es -auch mit professioneller Unterstützung- aufgearbeitet hast.
Du hast erkannt, welche Stellschrauben noch nachjustiert werden mussten.
Aber, wie gesagt, nur meine persönliche Einschätzung.

Bezüglich Therapiebericht würde ich mir gerne bis morgen Zeit nehmen, welche Strategie am besten für dich ist.
Fristverlängerung und negatives Gutachten sind imho keine Optionen, mit denen du dich beschäftigen solltest.

Liebe Grüße :smiley138:
 
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