Trunkenheitsfahrt mit 2,00‰, Unfall mit Sachschaden; Ersttäter

Cook

Neuer Benutzer
Guten Morgen liebe Community,

nach mehreren Wochen des stillen Mitlesens, will ich hier auch mal meinen Fall darlegen und diesen mit euch gemeinsam reflektieren.

Dazu zuerst der Fragebogen:

FB Alkohol

Zur Person
Geschlecht: m
Größe: 186cm
Gewicht: 86 kg
Alter: 28

Was ist passiert?
Datum der Auffälligkeit: 07.08.2021
BAK: 2,00‰
Trinkbeginn: 19:30 Uhr
Trinkende: 23:30 Uhr
Uhrzeit der Blutabnahme: 01:30 Uhr

Stand des Ermittlungsverfahrens
Gerade erst passiert: nein
Strafbefehl schon bekommen: ja
Dauer der Sperrfrist: 8 Monate

Führerschein
Hab ich noch: nein
Hab ich abgegeben: ja
Hab ich neu beantragt: nein
Habe noch keinen gemacht: -/-

Führerscheinstelle
Hab schon in meine Akte geschaut Ja/Nein: Nein
Sonstige Verstöße oder Straftaten?: Ordnungswidrigkeiten; zu schnelles Fahren. Insg. 3 Punkte im FAER
Genaue Fragestellung der FSSt (falls bekannt): nicht bekannt.

Bundesland:
Verstoß begangen in Hessen, wohnhaft in Baden-Württemberg



Konsum
Ich trinke noch Alkohol, wenn ja wie oft wieviel: nein
Ich lebe abstinent seit: 08.08.2021

Abstinenznachweis
Haaranalyse ja/nein: nein, Haare zu kurz
Urinscreening ja/nein: ja
Keinen Plan?: -/-

Leberwerte ja/nein seit wann, wieviele: nein

Aufarbeitung
Suchtberatungsstelle aufgesucht?: ja, zwei Gespräche
Selbsthilfegruppe (SHG): nein
Psychologe/Verkehrspsychologe: Ja, bisher drei Sitzungen
Kurs für verkehrsauffällige Autofahrer: nein
Ambulante/stationäre Therapie: nein
Keine Ahnung:

MPU - Noch nichts passiert
Datum:
Welche Stelle (MPI):
Schon bezahlt?:
Schon eine MPU gehabt?
Wer hat das Gutachten gesehen?:
Was steht auf der letzten Seite (Beantwortung der Fragestellung)?:

Altlasten
Zwei Punkte im Fahrereignungsregister aufgrund überhöhter Geschwindigkeit von 31 km/h innerorts - 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot - Anfang 2020
Einen Punkt für überhöhte Geschwindigkeit außerorts um 28 km/h - 1 Punkt mit Bußgeld.


Durch meine Sitzungen beim VP weiß ich schon grob, was weiterhin noch auf mich zukommen wird, würde aber gerne auch auf den breiten Erfahrungsschatz im Forum zurückgreifen.

Zu meiner "alkoholischen Vorgeschichte"
Mein Trinkverhalten ist in den letzten Jahren ziemlich außer Kontrolle geraten, ohne, dass ich mir vor der Tat bewusst oder länger darüber Gedanken gemacht hätte. Ohne näher drauf einzugehen, in meinem Beruf ist es durchaus üblich, nach der Arbeit auch unter der Woche das ganze mal ziemlich eskalieren zu lassen. Ich selbst bin diesen Partys selten ferngeblieben, oft gehörte ich selbst zu den Organisatoren. Bei solchen Gelegenheiten blieb es in den seltensten Fällen mal ein paar Flaschen Bier, oft wurde das lediglich dazu genutzt, um auf einen "angemessenen" Pegel zu kommen, bevor Longdrinks und ähnliches getrunken wurden.
Ich habe mir seit der Tat viele Gedanken gemacht, weshalb ich gerne so viel getrunken habe und dachte anfangs, es ging nur um Spaß und die Feierlaune. Mittlerweile habe ich festgestellt, dass ich ein von Natur aus eher ruhiger und relativ wenig geselliger Mensch bin. Durch den Alkohol hat sich das natürlich immer schlagartig geändert, ich wurde geselliger, die Stimmung wurde ausgelassener und ich empfand mehr Freude daran, mich mit anderen Menschen zu "sozialisieren", zudem wurden die kleinen Probleme des Alltags durch den "Stoff" immer weiter in den Hintergrund gerückt, bis man sich überhaupt keine Gedanken mehr über Probleme gemacht hat. Als dann später meine langjährige Beziehung kaputt ging und ich aus beruflichen Gründen nach der Trennung weiter weg zog, wo ich niemanden kannte und die Coronaauflagen noch dazu kamen, habe ich meinen Frust oft abends in meiner Wohnung versucht wegzutrinken. Die neue Einsamkeit war ungewohnt, ich war das erste mal in meinem Leben wirklich alleine und kam damit eher weniger gut klar. Hier hat es dann angefangen, dass ich mehr und mehr alleine getrunken habe, um dieses Gefühl der leere und Einsamkeit abzustellen, was für ein paar Stunden abends auch immer hervorragend funktionierte. Die Quittung am nächsten Morgen, kann sich hier glaub ich jeder ausmalen. Dazu kam, dass ich im neuen Umfeld neue Menschen kennenlernte, die einen ähnlich lockeren Umgang mit Alkohol pflegten, weshalb ein Hinterfragen zu meinem Verhalten immer weniger wurde.

Jetzt, fast 5 Monate nach der Tat, hab ich viele Bereiche meines Lebens geändert und in meinem sozialen Umfeld aufgeräumt. Ich hab wieder Spaß am Sport gefunden, durch den konsequenten Verzicht auf Alkohol und ein neues Bewusstein für gesunde Ernährung, konnte ich mein Gewicht um 13 kg reduzieren. Die Abstinenz hat mich in gewisser Weise auch dazu gezwungen, mich mit meinen Problemen und Gefühlen zu beschäftigen, da ich diese jetzt nicht einfach wieder wegtrinken kann. Seitdem bin ich deutlich ruhiger geworden, lass mich nicht mehr so schnell aus dem Konzept bringen. Alles in allem kann ich sagen, dass ich durch die Abstinenz viele Fortschritte in meinem Leben gemacht habe, die sich wohl anders nicht ergeben hätten, hätte ich einfach so weiter gemacht. Ich glaube kaum, dass ich den Rest meines noch jungen Lebens abstinent leben werde aber ich werde den Alkohol definitiv nie wieder als Problemlöser nutzen.
Ich habe mich für meine Tat sehr geschämt und bereue dieses Verhalten. Wenn ich könnte, würde ich diese, wie jeder andere auch, ungeschehen machen. Das einzige, was ich jetzt machen kann, ist es ab sofort besser zu machen. Ich bin unglaublich froh darüber, dass bei meinem dummen Verhalten niemand verletzt wurde oder zu Tode kam.

Nachdem ich jetzt viel geschrieben habe, meine Fragen an euch:

Ist meine Trinkvergangenheit glaubhaft dargestellt oder kommt der Verdacht der Beschönigung auf?
Was habt Ihr noch für Anregungen, wie ich die Tat richtig reflektiere? Ich kann leider nicht mehr sagen, als dass ich mein Verhalten bereue und ich niemals wieder einen Menschen durch meine Verantwortungslosigkeit gefährden möchte. Mir wird schlecht, wenn ich darüber nachdenke, was alles hätte passieren können.
 

Nancy

Super-Moderator und MPU Profi
Teammitglied
Administrator
Hallo Cook,

willkommen im Forum :smiley138:


Nun ja, es geht hier mE weniger um "Beschönigung", sondern eher darum dass noch nicht so ganz erkennbar ist, warum du so viel getrunken hast.

Einerseits gibst du an...
in meinem Beruf ist es durchaus üblich, nach der Arbeit auch unter der Woche das ganze mal ziemlich eskalieren zu lassen. Ich selbst bin diesen Partys selten ferngeblieben, oft gehörte ich selbst zu den Organisatoren.
andererseits ist zu lesen...
Mittlerweile habe ich festgestellt, dass ich ein von Natur aus eher ruhiger und relativ wenig geselliger Mensch bin.
Das passt für mich nicht so ganz zusammen...
think.gif

Vllt. täuscht mich mein erster Eindruck aber auch...

Bist du in der Gastronomie tätig?
 

Cook

Neuer Benutzer
Hallo Nancy :)

vielen lieben Dank für deine Antwort.
Es geht in der Sache drum, dass ich ohne Alkohol eher ruhig bin. Sobald es darum ging, ne Party oder sonst was zu veranstalten, war ich sofort Feuer und Flamme dafür.

warum ich so viel getrunken habe. Einerseits, um meine Ungeselligkeit zu überwinden, später dann um nicht über meine Probleme nachdenken zu müssen, was die Trennung von meiner Verlobten, den viel zu frühen Tod meiner Mutter und die allgemeine Unzufriedenheit, die mich erfüllt hat angeht.

ich hoffe, ich konnte es jetzt verständlicher beschreiben
 

Nancy

Super-Moderator und MPU Profi
Teammitglied
Administrator
Hallo Cook,

sorry für die verspätete Antwort. Ich habe derzeit noch familiären Weihnachtsbesuch und kann nur sporadisch antworten...

Bitte fülle doch mal den Fragebogen für eine Alkohol-MPU aus, im Zusammenhang gelesen kann man viel besser auf deine Geschichte eingehen.
Lasse dir aber möglichst Zeit mit den Antworten :smiley138:
 

Cook

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Tathergang

1. Beschreiben Sie den Tag Ihrer Trunkenheitsfahrt aus eigener Sicht mit Datum und Uhrzeiten.
(Wann, wo und mit wem getrunken / wann und wie aufgefallen / Promille)
Ich war am 06.08.2021 auf die Geburtstagsfeier einer guten Freundin eingeladen. Die Feier startete gegen 19:00 Uhr und fand in ihrer Wohnung statt. Einige der anwesenden Gäste waren mir bekannt. Im Laufe des Abends ist man in zahlreiche Gespräche bekommen, da auch Personen dabei waren, die ich seit meiner Schulzeit nicht mehr gesehen habe. Während der Gespräche mit den anwesenden Gästen, trank ich mit jedem von ihnen. Gegen 0:00 Uhr machte ich mich, in dem Glauben, ich hätte nicht so viel getrunken und sei noch fahrtüchtig, auf den Weg, da ich mich noch mit einer anderen Freundin verabredete, bei welcher ich dann auch die Nacht verbringen wollte. Kurz vor Erreichen ihres Wohnortes, kam mir ein Fahrzeug entgegen, welches eine Baustellenabsperrung auf seiner Seite der Fahrbahn hatte, in meiner Fahrbahn entgegen, weshalb ich ein Ausweichmanöver starten musste infolge dessen, ich mit einem, am rechten Fahrbahnrand parkenden Fahrzeugs, kollidierte. Bei meinem Wagen lösten die Airbags aus und das automatische Notrufsystem hat sofort die Verbindung mit der Rettungsleitstelle aufgebaut. Der Mitarbeiter schickte daraufhin umgehend einen Polizeiwagen an den Unfallort. Eine freiwillige Atemalkoholmessung, welche ich in dem Glauben daran, nicht wirklich viel getrunken zu haben, ergab einen Messwert von 2,00‰. Nachdem das Fahrzeug abgeschleppt wurde, wurde ich von der Polizei ins nahegelegene Krankenhaus gebracht, wo mir dann Blut entnommen wurde. Der Promillewert bestätigte sich hier. Der Unfall ereignete sich um 0:30 am 07.08.2021.

2. Was und wie viel haben Sie am Tattag insgesamt getrunken?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Trinkzeit)
In der Zeit von 19:30 Uhr bis 0:00 Uhr habe ich circa sechs 0,5 l Flaschen Bier, zwei Gläser Weißwein und einen Gin-Tonic getrunken.

3. Wie viel Kilometer fuhren Sie, bis Sie aufgefallen sind und wie viel Kilometer wollten Sie insgesamt fahren?
Ich bin ca. 30 KM gefahren, insgesamt wollte ich rund 35 KM fahren.

4. Hatten Sie das Gefühl, noch sicher fahren zu können?
(Ja/Nein + Begründung)
Ja, ich war der festen Überzeugung, das Fahrzeug noch sicher zu führen, da ich abgelenkt durch die vielen Gespräche nicht genau mitgezählt habe, wie viel ich bereits getrunken hatte. Durch das ziemlich schnelle Trinken und einer nicht von der Hand zu weisenden erhöhten Alkoholgewöhnung trat die Wirkung des Alkohols wohl auch später auf. Ich habe meine Ausfallerscheinung (lallende Sprechweise, schwankender Gang) erst bemerkt, als der Unfall passiert war.

5. Wie haben Sie die Trunkenheitsfahrt vermeiden wollen (wenn überhaupt)?
Ich wollte die Fahrt nicht vermeiden, ich war zum Zeitpunkt des Fahrtantritts der Fehleinschätzung unterlegen, noch voll fahrtüchtig zu sein.

6. Haben Sie bereits früher im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss gestanden und sind aufgefallen?
Ich habe früher schon unter Alkoholeinfluss im Verkehr gestanden, bin aber vorher noch niemals aufgefallen.

7. Wie oft haben Sie alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen ohne aufzufallen und was folgern Sie daraus?
Ich habe schon oft alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen. Meist waren das Fahrten mit Restalkohol vom Vorabend im Körper.
Eine Fahrt im volltrunkenen Zustand habe ich an diesem Abend allerdings zum ersten Mal unternommen.
Offensichtlich hat der Alkohol so großen Einfluss auf mein Leben gehabt und war so sehr in meinen Alltag integriert, dass ich mir irgendwann keine Gedanken mehr darüber machte, welchen Einfluss er auf meinen Körper hat. Auch den Einfluss auf die Fahrtauglichkeit habe ich mit der Zeit immer weiter unterschätzt, weil ich immer dachte, dass mir das nie passieren würde.

Exploration

8. Wann hatten Sie den ersten Kontakt mit Alkohol und wann haben Sie das erste Mal Alkohol zu sich genommen?
(Allererste Erinnerung und erster Konsum)
Das erste mal Alkohol habe ich an einer 1. Mai Feier im Jahr 2008 getrunken.

9. Haben Sie regelmäßig Alkohol getrunken, und wie hat sich ihr Trinkverhalten in den letzten Jahren entwickelt?
Anfangs habe ich sehr unregelmäßig Alkohol getrunken, da meine Mutter hier sehr strikt drauf geachtet hat. Anfangs mochte ich den Geschmack von alkoholischen Getränken auch nicht besonders. Mit fortschreitendem Alter hat sich das aber geändert, ich war auf vielen Feiern unterwegs, anfangs wurde ich oft von Freunden "mitgeschleppt". Dabei merkte ich mehr und mehr, dass ich mit steigendem Alkoholkonsum mein introvertiertes Wesen besser ablegen kann. Anfangs habe ich Alkohol nur am Wochenende und nur während Partys getrunken. Als ich dann den Beruf wechselte und oft nur am Wochenende zuhause war, wurde es auch immer regelmäßiger, dass ich mit Kollegen auch unter der Woche trank, oft auch in größeren Mengen.

10. Wie viel und wie oft haben Sie getrunken?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Zum Schluss fast täglich, ein bis zwei Flaschen Bier nach Feierabend waren die Regel. Der hohe Konsum unter der Woche wurde nach einer Versetzung im Jahr 2020 weniger, da ich ab da wieder unter der Woche zuhause war und nicht mehr in die Versuchung kam, mit den Kollegen nach Feierabend noch ausschweifende Abende zu verbringen. An Wochenende wurde trotzdem weiterhin im Freundeskreis immer wieder viel getrunken. Getrunken habe ich überwiegend Bier und Wein, oftmals aber auch Longdrinks. 10 0,5 l Flaschen Bier an einem Abend waren hier keine Seltenheit, meistens kombiniert mit 2-3 Longdrinks.

11. Wo und mit wem haben Sie überwiegend getrunken?
Mein Feierabendbier habe ich in aller Regel alleine getrunken. Über einen langen Zeitraum habe ich überwiegend mit Kollegen nach der Arbeit getrunken, am Wochenende mit meinem Freundeskreis.

12. Warum haben Sie getrunken?
(Innere + äußere Motive)
Innere Motive: Überwindung von Schüchternheit, Problembewältigung wie z.B. das Ende einer langjährigen Beziehung, Unzufriedenheit im Job, Verdrängung des Gefühls der Einsamkeit im neuen Umfeld nach einem Umzug und damaligen Ausgangsbeschränkungen und die fehlende Verarbeitung des krankheitsbedingten Todes meiner Mutter im Alter von 42 Jahren.
Äußere Motive: Sehr lockerer und freizügiger Umgang mit Alkohol im sozialen Umfeld, häufige Animation zum feiern gehen von selbigen und eine gewisse, gegenseitige Erwartungshaltung zum Trinken von Alkohol.

13. Welche Wirkung haben Sie in der Vergangenheit nach Alkoholgenuss bei sich beobachtet?
(bei wenig und bei viel Alkohol)
Bei wenig Alkohol verspürte ich meist die entspannende Wirkung und hatte das Gefühl, dass meine Probleme alle gar nicht weiter schlimm sind und sich leicht bewältigen lassen.
Bei viel Alkohol habe ich zuerst ein Euphoriegefühl gespürt, welches sich meistens im Verlauf in Reizbarkeit wandelte, wobei ich nicht aggressiv wurde. Ab einem gewissen Zeitpunkt kam meistens ein Gefühl von tiefer Traurigkeit, die sich meistens erst wieder im Verlauf des darauffolgenden Tages abklang.

14. Gab es kritische Hinweise Anderer auf Ihren Alkoholkonsum und wie haben Sie darauf reagiert?
Da ich mich zum Großteil mit Leuten umgab, die im Umgang mit Alkohol genauso locker waren wie ich, kam es zu keinen kritischen Hinweisen.

15. Welche Auswirkungen und Folgen hatte Ihr Alkoholkonsum auf Ihr Leben und Ihr Umfeld?
Ich konnte mit fortschreitendem Konsum den Alltag meist nicht mehr problemlos bewältigen. Ich litt unter einer dauerhaften Müdigkeit, war psychisch nur wenig belastbar und vergaß Kleinigkeiten schnell. Das hatte Auswirkungen auf die Arbeit, weswegen es hier schon zu Gesprächen kam. Aber durch mangelnde Einsicht, dass diese Schwierigkeiten mit dem Alkohol in Zusammenhang stehen, habe ich meinen Konsum hier auch nicht weiter hinterfragt, sondern es auf darauf schob, dass mir einfach zu viel durch den Kopf geht. Auch der Hinweis von Freunden, dass ich fertig aussehe und ich immer öfter bereits gesagtes wiederhole schob ich auch darauf.

16. Gab es in Ihrem bisherigen Leben frühere Zeiten, in denen sie weit mehr Alkohol als heute getrunken haben?
Wenn ja, nennen sie bitte die Lebensabschnitte und mögliche Ursachen und Umstände dafür.
Da ich aktuell keinerlei Alkohol zu mir nehme, ist diese Frage ganz klar mit einem Ja zu beantworten.
Mein Alkoholkonsum stieg immer dann an, wenn sich einschneidende Veränderungen in meinem Leben auftaten.
Das erste mal hab ich das im Jahr 2016 gemerkt, als meine Mutter, mit der ich ein sehr gutes Verhältnis hatte, in Folge jahrelanger, schwerer Krankheit in noch jungem Alter verstarb. Auch die Jahre der Krankheit davor haben mir sehr zu schaffen gemacht.
Als sich meine damalige Verlobte überraschend von mir trennte, wurde der Alkoholkonsum auch wieder mehr, da ich schwer mit der Trennung zu kämpfen hatte und versucht habe, den Schmerz mit Alkohol betäuben anstatt mich wirklich mit dem eigentlichen Problem auseinanderzusetzen. Aus dieser Trennung resultierte auch der Umzug in eine neue Gegend, da ich die Gelegenheit nutzte, näher an meine Arbeitsstelle zu ziehen. Hier kannte ich niemanden und war einer dauerhaften Einsamkeit ausgesetzt, die ich vorher durch die Beziehung oder das Wohnen an meiner Arbeitsstätte so nicht kannte. Ich war vorher nie wirklich für längere Zeit alleine und konnte damit nicht umgehen. Sobald ich aber getrunken habe, fühlte sich das alles nicht mehr so schlimm an. Alkohol wurde also zusammengefasst überwiegend als Problemlöser von mir missbraucht oder diente dem Wunsch soziale Interaktion für mich einfacher zu machen. Die Trennung hatte mein Selbstvertrauen damals auch komplett zerstört, der Alkohol konnte das zumindest zeitweise beheben.

17. Haben sie jemals die Kontrolle über ihre Trinkmenge verloren und bis zur Volltrunkenheit Alkohol konsumiert?
Es gab Abende, an denen ich mehr trank, als eigentlich geplant. Einen kompletten Kontrollverlust habe ich aber nicht erlebt, wenn ich bis zur Volltrunkenheit getrunken habe, geschah das geplant.

18. Haben Sie früher schon einmal oder öfter über einen längeren Zeitraum bewusst und mit Absicht völlig auf den Genuss von Alkohol verzichtet?
Oft habe ich nur unbewusst für längere Zeit auf Alkohol verzichtet, weil ich mich mit meinem Konsum nie wirklich selbstkritisch befasst habe und von daher nie einen Grund sah, länger zu verzichten.

19. In welcher Kategorie eines Alkohol trinkenden Menschen haben Sie sich früher gesehen und wie stufen Sie sich heute rückblickend ein?
(mit Begründung)
Ich habe meinen Konsum früher für unproblematisch gehalten, da ja nie etwas schlimmes passiert war und ich mich mit Leuten umgeben habe, für die es auch völlig normal war, regelmäßig über die Stränge zu schlagen.
Rückblickend, auch nachdem ich eine Suchtberatungsstelle und einen Verkehrspsychologen aufgesucht habe, sehe ich mich als Missbräuchler, da ich, wenn ich über mich und mein Trinkverhalten nachdenke, das immer wiederkehrende Muster erkenne, dass, wenn sich in meinem Leben etwas zum Negativen verändert, ich immer wieder angefangen habe. die negativen Gedanken und Gefühle mit Alkohol zu betäuben.

Heute und in Zukunft

20. Trinken Sie heute Alkohol? Wenn ja, was, wie viel und wie oft?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Nein, ich verzichte auf jede Art von Alkohol.

21. Wann haben Sie zuletzt Alkohol getrunken?
Am Tag des Unfalls.

22. Trinken sie gelegentlich alkoholfreies Bier?
Nein

23. Warum trinken Sie heute Alkohol/keinen Alkohol?
Ich trinke keinen Alkohol mehr, weil ich gesehen habe, was ein unkontrollierter Umgang damit anrichten kann. Bei meinem Unfall kam es "nur" zu einem Sachschaden aber es hätte hier weitaus schlimmer kommen können. Ich hätte einem Kind die Eltern nehmen können oder umgekehrt bzw. einen Menschen aus dem Kreis seiner Lieben reißen können und damit enorm viel Leid verursachen können. Ich bin heilfroh, dass niemand anderem und mir selbst dabei nichts schlimmeres passiert ist.

24. Warum haben Sie das Trinken reduziert bzw. aufgegeben und warum nicht schon eher?
Ich habe keinen Grund gesehen irgendwas zu verändern. Ich war der Meinung, mich so, wie läuft, wohl zu fühlen. Ich habe einen Auslöser gebraucht um eine Verhaltensänderung zu beginnen. In dem Sinne, so verrückt es auch klingt, war es gut, dass es passiert ist, weil ich nicht weiß, wie lange es gedauert hätte, bis ich von selbst merke, dass ich grundlegend was verändern muss.

25. Wie haben Sie die Änderung Ihres Trinkverhaltens erreicht und dabei die Umstellungsphase erlebt?
Zu anfang, hier meine ich die ersten zwei Monate, war es schwierig, Ich hatte keine Entzugserscheinungen oder dergleichen, musste aber meine Gewohnheiten komplett umstellen und oft dominierte in der Zeit der Gedanke:"Ach komm, was soll denn an einem Bier verkehrt sein?". Es hat mich ein paar Wochen gekostet, diesen Gedanken zu überwinden, zumal natürlich die Probleme von vorher nicht ausradiert wurden, sondern nur neue hinzukamen. Ich habe die Zeit aber genutzt mich selbst wieder neu kennenzulernen und mein Verhalten vor der Tat intensiv zu reflektieren. Heute lebe ich zufrieden alkoholfrei, auch, wenn sich das Gedankenkarussell natürlich hin und wieder weiterdreht.

26. Wie wirkt sich Ihr geändertes Verhalten auf Sie, Ihr Leben und Ihr Umfeld aus?
Ich habe angefangen, wieder viel Sport zu machen und hab mein Gewicht von rund 100 KG auf 87 KG reduzieren können, hab mir ein neues Bewusstsein für gesunde Ernährung angeeignet. Durch Meditation und regelmäßiger Selbsteflexion, schaff ich es immer mehr, diesmal auch nachhaltig, mich mit meiner Vergangenheit und allem, was damals so schief gelaufen ist abzufinden und damit abzuschließen. Das schafft wieder viel Selbstvertrauen. Auch in meinem Beruf arbeite ich wieder konzentrierter, komme wieder besser mit hohem Arbeitsaufkommen klar und kann wieder schneller denken und handeln, das ist auch aufgefallen.
Aus meinem Umfeld höre ich nur positives zu meinem alkoholfreien Ich. Einige meiner Freunde haben begonnen, sich nach meiner Tat, auch eingehend mit ihrem Alkoholkonsum auseinanderzusetzen und schränken ihr Trinkverhalten auch ein. Ich werde als angenehmerer Gesprächspartner wahrgenommen, sehe nicht mehr so kaputt aus wie vorher und kann mir wieder merken, wer was wann gesagt hat.

27. Wie stellen Sie sicher, dass Ihr neues Verhalten dauerhaft stabil bleibt?
Ich habe zu hart daran gearbeitet, da hinzukommen wo ich jetzt bin und bin enorm stolz darauf, was ich in den letzten Monaten verändert habe und möchte diese Verbesserungen in meinem Leben behalten. Nach nunmehr fünf Monaten ohne Alkohol, hab ich bemerkt, dass ich diesen nicht brauche.
Auch hat sich meine grundlegende Einstellung zu Alkoholkonsum geändert. Ich habe Freunde getroffen, die vorher auf einer Feier waren und dort dem Alkohol sehr zugesprochen haben. Dabei habe ich gemerkt, wie unangenehm Betrunkene sein können und habe mich dafür geschämt, dass ich sehr wahrscheinlich schon sehr oft in so einem Stadium war.

28. Können Sie sich vorstellen, jemals wieder in Ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen?
(mit Begründung)
Nein, dafür fühle ich mich mittlerweile viel zu wohl in meiner Haut und würde mir selbst vorwerfen, versagt zu haben, sollte ich es jemals wieder soweit kommen lassen. Die Abstinenz hat anfangs viel Disziplin von mir gefordert, die ich mittlerweile auch in andere Lebensbereiche übertragen habe. Ich hab eine ganz neue Willensstärke an mir entdeckt und weiß mittlerweile, dass ich alles schaffen kann. Und vor allem, will ich nichts und niemanden mehr, durch solch ein verantwortungsloses, dummes und egoistisches Verhalten in Gefahr bringen, dieser Gedanke ist mittlerweile sehr tief in mir verankert.

29. Wie wollen sie in Zukunft das Trinken vom Fahren trennen?
In dem ich mich in kein Stadium mehr trinke, in dem ich impulsive und schlechte Entscheidungen treffe. Sollte ich wieder trinken, nur zu besonderen Anlässen und nicht mehr wegen sinnlosen Gefeiers. Auch werde ich Veranstaltungen, an denen naturgemäß sehr viel getrunken wird (Karneval, Festivals u.ä.) meiden. Und bevor ich etwas trinke, muss ein Plan stehen, wie ich nachhause komme oder wo ich sonst schlafen kann und, wenn es nicht am gleichen Ort ist, wie ich dort hinkomme. Aber in erster Linie, sehe ich das Problem am übermäßigen Trinken und ein exzessives Rauschtrinken wird bei mir nicht mehr stattfinden.

30. Haben Sie zum Abschluss noch etwas hinzuzufügen?
Nein, ich denke, es ist alles gesagt.
 

bakira2906

Erfahrener Benutzer
Hallo, ich habe deine Geschichte jetzt nur grob überflogen. Aber was mir direkt auffällt ist die Frage 29.
Wenn du mit AB die MPU angehst muss das für immer stehen (zumindest muss das dem Gutachter gegenüber glaubhaft gemacht werden).
Für KT ist deine Geschichte meiner Meinung nach nicht geeignet.
Da du selbst von einer hohen Alkoholgewöhnung sprichst scheinst du ja nicht die Kontrolle über deinen Konsum zu haben.
 

Cook

Neuer Benutzer
Hallo, danke für deine Antwort :)
Diesen Punkt muss ich nochmal näher mit meinem VP besprechen. Er war selbst über mehrere Jahre MPU-Gutachter und meinte, er würde keine dauerhafte Abstinenz von mir fordern. Mit den AB habe ich bereits 2-3 Wochen nach der Tat angefangen. Aber danke für den Punkt!
 

bakira2906

Erfahrener Benutzer
Hey, vielleicht melden sich ja noch einige andere mit ihrer Meinung dazu ich bin ja kein Experte.
War jetzt nur so mein Gedanke, das Alkohol eine zu große Rolle spielt, und ich dadurch AB als sicherer empfinden würde als KT
 

rüdscher

Erfahrener Benutzer
Moin,

erstens, deine Trinkmengen (Unfall und früher) passen nicht ganz. Bei deiner TF hattest weniger geladen als sonst am Wochenende typischerweise, gibst aber schwankenden Gang, also Ausfallerscheinungen an. Wie warst du dann an den Wochenenden erst druf? Passt nicht wirklich zusammen.

zweitens, deine 12, deren Antwort dann Grundlage deiner Strategie sein muss, ist sehr oberflächlich beantwortet. Das reicht nicht aus.

Drittens, deine 27 ist ebenfalls sehr oberflächlich, ausserdem sehe ich einen dicken Widerspruch zwischen 25 und 28, deine 28 ist insgesamt ein No-Go

viertens, deine Strategie ist unklar, ist es nun KT oder AB? Und wie hast du diese Strategie dauerhft gelebt (min 6 Monate, wenn du von einer Trinkpause zu KT gehst, solltest du die finale Strategie, in diesem Fall dann Kt für 6 Monate erfolgreich gelebt haben)

für 2 Promille und eine intensive Aufrbeitung ist mir das viel zu oberflächlich, da gebe ich dir ehrlich gesagt maximal eine 5%-Chance…

viele Grüsse,
rüdscher
 

Cook

Neuer Benutzer
Servus,

erstmal vielen Dank für deine Antwort. Kannst Du mir sagen, weshalb meine 28 insgesamt ein No-Go ist? Versteh mich nicht falsch aber ohne zu wissen, wo dabei genau das Problem liegt, kann ich mir darüber keine Gesanken machen :D

Wo siehst du denn den dicken Widerspruch zwischen der 25 und der 28? Bin jetzt beide nochmal durchgegangen und sehe grundsätzlich nichts widersprüchlich geschriebenes.

Du hast absolut recht, was meine Strategie betrifft, bin ich noch nicht besonders weit. Zum Glück habe ich aber noch mindestens bis August Zeit eine passende Strategie zu entwickeln. Was AB und KT angeht, werde ich bis zur MPU gänzlich auch Alkohol verzichten, der Vertrag über die AB wurde meinerseits bereits damals für 12 Monate abgeschlossen und das soll das letzte sein, an dem es scheitern kann.

Kannst Du mir evtl. noch ein paar Tipps bzgl. der Oberflächlichkeit geben? Ich habe wirklich lange über meine Motivation nachgedacht, weshalb ich getrunken habe und alles dargelegt, was ich an mir beobachten konnte.

danke für die konstruktive Kritik und liebe Grüße :)
 

rüdscher

Erfahrener Benutzer
Moin,

in der 25 hast du dargestellt wie sehr dich manches umtreibt und auch der Alkohol (wenn auch bisher nicht getrunken) gedanklich irgendwo präsent ist.

dann, in der 28 schreibst du, dass dur dir nicht vorstellen kannst, sass es wieder pasiert.

Du wirst aber immer auf einen Saufdruck vorbereitet sein müssen und dann eine solide Vermeidungsstrategie habenn.

Mit deiner Antwort auf 28 bist du bei praktisch jedem GA durchgefallen.

Ich sehe diese Antworten deshalb im Widerspruch.

Was deine Motivation angeht- da musst viel tiefer bohren. Was war dein Grund? Warum war das ein Grund? Was hat das ausgelöst?

Am Ende steht in der 12 vieles von deiner Biografie und deiner Persönlichkeit und beides kann man nicht eindach ignor, sondern braucht eben Strategien, damit umzugehen.

Viele Grüsse,
Rüdscher
 

Andi18

MPU Profi
Noch ein Kommentar zu den Motiven.
Bei ganz jungen Delinquenten sind sicherlich die äußeren Faktoren, wie z.B. Gruppenzwang, präsenter.
Mit 28 Jahren gilt es also schon im Inneren nachzubohren.
12. Warum haben Sie getrunken?
(Innere + äußere Motive)
Innere Motive: Überwindung von Schüchternheit, Problembewältigung wie z.B. das Ende einer langjährigen Beziehung, Unzufriedenheit im Job, Verdrängung des Gefühls der Einsamkeit im neuen Umfeld nach einem Umzug und damaligen Ausgangsbeschränkungen und die fehlende Verarbeitung des krankheitsbedingten Todes meiner Mutter im Alter von 42 Jahren.
Äußere Motive: Sehr lockerer und freizügiger Umgang mit Alkohol im sozialen Umfeld, häufige Animation zum feiern gehen von selbigen und eine gewisse, gegenseitige Erwartungshaltung zum Trinken von Alkohol.
Du bringst jetzt eine Reihe von Aspekten. Ende der Beziehung, Job, Tod. Was die Gefühlslage angeht sehe ich hier einen Zusammenhang. Versuche hier in Dich zugehen und den Kern zu ergründen. Warum warst nicht i.d.Lage mit der Unzufriedenheit umzugehen?
Hast es als Schwäche empfunden, darüber zu reden? Was ist mit Deinem Selbstbewusstsein passiert?
Hier noch eine Sammlung an Trinkmotiven.
Vlt ergründest diese auch einfacher entlang einer Zeitachse zur Trinkhistorie? ich denke da kommst dann schnell drauf.

Ansonsten hab ich den FB nicht gänzlich gelesen. Folgende Antworten stechen mir direkt ins Auge..
15. Welche Auswirkungen und Folgen hatte Ihr Alkoholkonsum auf Ihr Leben und Ihr Umfeld?
Ich konnte mit fortschreitendem Konsum den Alltag meist nicht mehr problemlos bewältigen. Ich litt unter einer dauerhaften Müdigkeit, war psychisch nur wenig belastbar und vergaß Kleinigkeiten schnell. Das hatte Auswirkungen auf die Arbeit, weswegen es hier schon zu Gesprächen kam. Aber durch mangelnde Einsicht, dass diese Schwierigkeiten mit dem Alkohol in Zusammenhang stehen, habe ich meinen Konsum hier auch nicht weiter hinterfragt, sondern es auf darauf schob, dass mir einfach zu viel durch den Kopf geht. Auch der Hinweis von Freunden, dass ich fertig aussehe und ich immer öfter bereits gesagtes wiederhole schob ich auch darauf.
17. Haben sie jemals die Kontrolle über ihre Trinkmenge verloren und bis zur Volltrunkenheit Alkohol konsumiert?
Es gab Abende, an denen ich mehr trank, als eigentlich geplant. Einen kompletten Kontrollverlust habe ich aber nicht erlebt, wenn ich bis zur Volltrunkenheit getrunken habe, geschah das geplant.
damit rückst Dich in ein ganz schlechtes Licht und KT scheidet hier eh aus und bedingen 12 Monate ANs.
Damit bist sicher in A2 einzukategorisieren.
Das fett markierte halte ich noch einen für einen Widerspruch zur Frage 14.
 
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