Alkoholfahrt mit dem Fahrrad

Kai67

Neuer Benutzer
Hallo zusammen,

ich wollte hier ersteinmal meine geschichte erzählen damit der Kopf mal bisschen frei wird, beschäftigt einen doch mehr als man möchte. Vorneweg muss ich sagen, dass mir in sehr jungen Jahren (1986,1989) der Führerschein wegen Alkohol entzogen wurde. Einmal ein halbes und beim zweiten mal ein ganzes Jahr. War deswegen 1990 bei einer MPU und habe diese erfolgreich bestanden. Danach mein Leben komplett geändert, 1993 geheirate, Haus gebaut, Tochter bekommen. Ich bin jetzt 54, arbeite seit 38 Jahren als Maschinenschlosser, davon 35 Jahre Vollcontischicht. So das sollte zu meiner Person reichen:)

Also, am 13.06.2020 mache ich mit Bekannten eine Radtour durch's Grüne, wohne extrem ländlich. Nachdem ich seit März Coronabedingt in Kurzarbeit bin und mir das alles sehr zugesetzt hat, kam es auf ein Bier mehr oder weniger nicht an. Wir haben um 17:00 Uhr bei der Dorfkneipe (400m von zu Hause) halt gemacht und bis ca. 19:15 4 halbe Liter Weizen und 4 "Grüne" dazu konsumiert. Wie das so ist in einer Dorfschenke auf dem Land gab es wohl auch ein wenig verbalen Streit. Die ziemlich neue Bedienung in der Schänke ist mit diesen "Bräuchen" nicht so vertraut und rief die blauen Freunde. Da wollte ich dann nichts mehr mit zu tun haben, habe noch bezahlt und bin leider nicht nur mit sondern auf meinem Rad weg vom Ort des Geschehens. Zu meinem körperlichen Unglück bin ich 100 Meter weiter auch noch aus der Balance gekommen und gestürzt. Verlassen habe ich die Kneipe um 19.23 und zu Hause war ich um 19.33. Dort angekommen habe ich mich nach draussen gesetzt, mir einen nassen Lappen auf die Beule gedrückt und noch zwei weitere 0,33 Liter Weizen verkostet. Gegen 20 Uhr dann auf die Couch zur Luftraumüberwachung.

So, gegen 21.30 steht dann ein Einsatzkommando von 4 Polizisten vor meiner Tür und meint ich müsste jetzt meinen Führerschein abgeben und mit zur Wache kommen. Auf meine Frage was man mir den vorwirft sagen alle im Chor, "sie sind betrunken mit dem Fahrrad gefahren". Auf der Wache dann erste Blutabnahme und ständig liegt mir ein Polizist im Ohr, das ich sofrt meinen Lappen angeben muss wenn ich den gefunden habe. Sie müssen auch eine 2 Blutprobe haben weil sie nicht wissen was ich 2 Stunde alleine zu Hause getan habe. Ich solle mich kooperativ verhalten, man würde das lobend erwähnen. Langsam hatte ich wirklich Panik und habe dem zugestimmt. Also erste Blutprobe gegen 21.45, zweite ca. 22.20. Nach der zweiten sagen sie mir ganz freundlich, ich müsste meinen Führerschein jetzt überhaupt nicht abgeben. Ich bekomme Punkte, eine Geldstrafe und die Anordnung zur MPU.
Am nächsten Tag gegen 17 Uhr gehe ich zur Wache und frage nach meinm Atemalkoholwert. Bekomme die Aussage, 1,55 Promille und antworte. "Dann bin ich ja wenigstens unter den 1,6". Nee, nee sagt der eifrige aus der letzten Nacht, das wird ja jetzt hochgerechnet und dann kommen Sie drüber.

Seitdem sind knapp 2 Wochen vergangen in denen ich so allerhand gelesen habe. Mein Anwalt sagt die Vergehen aus 1986 und 1989 können mir nicht mehr zum Nachteil angekreidet werden weil ich die letzten 31 Jahre nichts in diese Richtung ausgefressen habe und die deshalb getilgt wurden.
Heute kam dan von der netten Polizei der Brief zur Beschuldigtenbefragung. Im Kurzwortlaut stand dort, um 19.30 betrunken mit dem Rad, gestürzt. Erste Blutprobe 1.8, zweite Blutprobe 1,71. Nichts vom Alkomaten auf der Wache und auch keine Zeit, dass die Blutprobe soviel später genommen wurde. Da mein Anwalt mir gesagt hat, tunlichst die Lippen zu versiegeln werde ich dieses Schreiben nächste Woche an ihn übergeben, Termin habe ich schon.

Jetzt eigentlich meine ersten Fragen an euch. Sollte ich schon mal einen Vorbereitungskurs für eine MPU buchen ? Ist es bei eventuell negativen "Test" tatsächlcih möglich, dass man mir dann auch das Radfahren verbietet ? Ich muss 30km zur Arbeit und bei uns am Arsch der Welt fährt alle 2 Stunden mal ne Bahn durch, da wäre das Rad zumindest noch eine extrem Möglichkeit etwas für meine Kondition zu tun und zur Maloche zu fahren.

Wie gesagt, ich weiß dass diese fahrt Konsequenzen hat, es ist meine Schuld und dafür stehe ich auch gerade. habe auch schon mal tiefer gegrübelt was diese "Männerabende" überhaupt bringen. Im Moment würde ich mich einfach über erste Einschätzungen freuen.

Vielen Dank im voraus.
P.S. nicht über die Zeit wundern, habe gerade Pause auf Nachtschicht.

Kai
 

RodionRomanovich

Erfahrener Benutzer
Servus @Kai67,

mal so ganz auf die Schnelle:
Mein Anwalt sagt die Vergehen aus 1986 und 1989 können mir nicht mehr zum Nachteil angekreidet werden weil ich die letzten 31 Jahre nichts in diese Richtung ausgefressen habe und die deshalb getilgt wurden.
Recht hat er.

Erste Blutprobe 1.8, zweite Blutprobe 1,71. Nichts vom Alkomaten auf der Wache und auch keine Zeit, dass die Blutprobe soviel später genommen wurde.
Durch die fallenden Werte bist du schon in der Abbauphase, so dass der Nachtrunk hier wahrscheinlich nicht zum Tragen kommt.
Der Nachtrunk ist ein zweischneidiges Schwert: Gelingt es damit, unter 1,6%o zu bleiben, ist die MPU abgewendet. Steht eine MPU an , macht der Nachtrunk die Argumentation nicht leichter, da die erste Reaktion auf den Führerscheinentzug wegen Alkohol erst einmal Alkohol ist.

Im Kurzwortlaut stand dort, um 19.30 betrunken mit dem Rad, gestürzt. Erste Blutprobe 1.8, zweite Blutprobe 1,71.
Die Zeiten der Blutentnahmen sind sicher aktenkundig. Rückgerechnet auf 19:30 (also ohne nachtrunk) hättest du mindestens 2,1 Promille. Ab hier wird kontrolliertes Trinken schon deutlich schwieriger. Der jüngste Hüpfer unter der Sonne bist du auch nicht mehr, was auch das KT etwas schwieriger macht. Und dass du lange im training steht, ist erwiesene Sache bei deiner Vorgeschichte, die zwar nicht gegen dich verwendet wird, du dich selbst aber unbedingt mit ihr auseinandersetzen solltest.

Da mein Anwalt mir gesagt hat, tunlichst die Lippen zu versiegeln werde ich dieses Schreiben nächste Woche an ihn übergeben, Termin habe ich schon.
Das ist erstmal grundsätzlich nicht verkehrt. Hoffentlich bedenkt der gute Mann auch immer den verwaltungsrechtlichen Teil (MPU) und nicht nur den strafrechtlichen (verkehrsrechtlichen). Verwaltungsrecht ist nämlich nicht jedes Anwalts Fachgebiet.

Sollte ich schon mal einen Vorbereitungskurs für eine MPU buchen ?
Nein, erstmal nicht. Wie du dich vorbereitest ist erstmal deine Sache, da braucht es nicht zwingend einen teuren Kurs. Wichtig wäre, dass du erstmal den Profilbogn ausfüllst, damit wir einen Überblick haben. Wichtig ist erst einmal zu erörtern, wie du zukünftig mit Alkohol umgehen willst (abstinent oder kontrolliert trinken, sofern letzteres möglich ist). Im Falle von Abstinenz musst du für diese nämlich rechtzeitig Nachweise erbringen. Ob für dich dann Suchtberatung und/oder Sitzungne beim Verkehrspsychologen in Frage kommen, schauen wir dann später.

Ist es bei eventuell negativen "Test" tatsächlcih möglich, dass man mir dann auch das Radfahren verbietet ?
Ja, das ist oft bei Radfahrern Teil der Fragestellung. Ein Verstoß gegen das Verbot zieht ein Bußgeld nach sich. Zwar werden Radfahrer wirklich selten kontrolliert, aber auf dem Dorf, wo jeder jeden kennt, kann man doch schnell ins Fadenkreuz der örtlichen Sheriffs geraten.
 

Falo

Stamm-User
Ist es bei eventuell negativen "Test" tatsächlcih möglich, dass man mir dann auch das Radfahren verbietet ?
Das Verbot von Fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (also Fahrrad/Mofa) ist ein so harter Eingriff das dafür eine einzelne TF auf den Fahrrad normal nicht ausreicht.
Aber folgt noch eine weiterer TF kommt wahrscheinlich das Fahrrad verbot.


Ansonsten hat RodionRomanovich deine Fragen bereits sehr gut beantwortet.
 

Rübezahl

Gesperrte(r) User(in)
Das Verbot von Fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (also Fahrrad/Mofa) ist ein so harter Eingriff das dafür eine einzelne TF auf den Fahrrad normal nicht ausreicht.
Aber folgt noch eine weiterer TF kommt wahrscheinlich das Fahrrad verbot.

Da muss ich widersprechen. Das ist mittlerweile Standard geworden. war bei mir auch so. Sofort alles verboten
 

Rübezahl

Gesperrte(r) User(in)
aber irgendwie klingt das alles komisch. Wie haben die die Blutprobe so schnell untersucht? bei mir dauerte das 3 Wochen. Wieso sagen die, du musst die FE Abgeben wenn du mit Rad unterwegs warst? Wie können die einfach vor der Tür stehen und zur begrüßung sagen, dass du betrunken rad gefahren bist. klingt so unseriös. ca. 20 uhr warst mit den letzten bier fertig. dann wirst gg 21 uhr dein max Pegel gehabt haben...ca. 1,9 oder bissl mehr. ohne den 0,66L Weizen im maximum 1,5-1,6 so gegen 20 Uhr. Zur Tatzeit ca. 19:30 dürftest noch in Anflutung aus der Kneipe gewesen sein.
Alles etwas diffus....Vom Gefühl her würde ich sagen....einen Ticken mehr bebechert evt?
 

Falo

Stamm-User
Ja, du hast recht ich habe mich mal ein wenig eingelesen und es ist wirklich so das bei einer TF auf den Fahrrad ab 1,6 Promille auch eine MPU angeordnet werden kann mit der 'fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge' Fragestellung.
Da gibt es inzwischen etliche Urteile die das bestätigt haben.
Also ist meine obrige Aussage FALSCH! und ein Verbot des 'fahrrad fahren' ist durchaus möglich.
 
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