19. In welcher Kategorie von Trinker haben sie sich früher gesehen und wie stufen Sie sich heute rückblickend ein?
Früher habe ich mir über meinen Alkoholkonsum wenig Gedanken gemacht, manchmal dachte ich schon, dass es ein wenig überhandnimmt, diese Gedanken habe ich jedoch schnell wieder verdrängt. Ich hätte mich daher früher als jemanden eingestuft, der gerne trinkt, der einfach gerne feiert. Dass Alkohol eben dazugehört, wenn man ein geselliger Typ ist.
Rückblickend sehe ich meinen Umgang mit Alkohol als absolut leichtsinnig an. Ich habe Alkoholmissbrauch betrieben, da ich Alkohol wegen der psychischen Wirkung getrunken habe und Alkohol mir vermeintlich meinen Stress genommen hat und mich lockergemacht hat. Alkohol war für mich kein Genussmittel, sondern Mittel zum Zweck meinen Druck, den ich verspürte, auszuschalten oder hemmungslos zu feiern. Ich habe gedacht, dass der Alkohol mir den Stress nimmt, wie viel mehr Stress ich durch meine zuvor verkaterten Tage hatte merke ich erst jetzt, wo ich meine freien Tage aktiv nutze.
Heute und in Zukunft
20. Trinken Sie heute Alkohol? Wenn ja, was, wie viel und wie oft?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Nein.
21. Wann haben Sie zuletzt Alkohol getrunken?
Am 18.08.2017
22. Trinken sie gelegentlich alkoholfreies Bier?
Nein.
23. Warum trinken Sie heute Alkohol/keinen Alkohol?
Ich trinke keinen Alkohol, weil ich in der Vergangenheit gezeigt habe, dass mein Umgang mit Alkohol nicht verantwortungsbewusst war. Der Alkohol hat mir nicht gutgetan und ich trinke keinen Alkohol, weil mein Leben ohne Alkohol viel wertvoller ist. Ich gestalte meinen Alltag aktiver, treibe Sport und schaffe es, an freien Tagen wirklich meine Zeit genießen zu können. Ich bin ohne Alkohol ausgeglichener und motivierter. Es geht mir nicht nur psychisch ohne Alkohol besser, sondern auch körperlich. Ich merke, dass ich mit viel weniger Schlaf auskomme und trotzdem topfit durch den Tag gehe. Ich habe gefühlt viel mehr Zeit, weil die vernebelten Stunden einfach wegfallen. Ich habe damals versucht im Alkohol ein Ersatzgefühl zu bekommen und habe mich meinen Problemen und auch Emotionen nicht gestellt. Das geht nur nüchtern. Dass der Alkohol nicht ein einziges Problem löst, habe ich erst erkannt, als es 5 vor 12 war. Die Trunkenheitsfahrt war ein derartiges Schockerlebnis, dass diese der Auslöser für mich war, mir über mein Leben und meinen Alkoholkonsum Gedanken zu machen und mich für ein abstinentes Leben zu entscheiden. Ich sage immer: Der Knall musste wahrscheinlich „so laut“ sein, damit ich den Schuss höre. Mir ist heute klar, dass ich mich selbst durch meinen Alkoholkonsum in peinliche Situationen gebracht habe (Whatsapp, Telefon, persönlich). Ich möchte mich nicht mehr für ein peinliches Verhalten, dass ich im nüchternen Zustand nicht habe, schämen müssen. Die Trunkenheitsfahrt hat mir die Augen geöffnet und mich auf den richtigen Weg geführt: Bewusst leben. Achtsam leben. Im hier und jetzt leben. Gut zu mir selbst zu sein. Dieses ist nicht möglich, wenn ich trinke. Ich möchte Herr der Dinge sein und keine Unannehmlichkeiten mehr durch Alkoholkonsum in Kauf nehmen. Daher lebe ich abstinent. Ob ich in ein kontrolliertes Trinken übergehen werde, habe ich noch nicht entschieden. Noch möchte ich keinen Alkohol trinken. Dafür überwiegen die positiven Aspekte meines neuen Lebens einfach viel zu sehr. Ich plane, habe Träume, bin fit und möchte auch anderen zeigen, dass ein Leben ohne Alkohol einfach fantastisch sein kann. Eine Kollegin meinte sogar „Ich trinke seit 3 Wochen keinen Alkohol – Du bist eine richtige Inspirationsquelle für mich“. – Was für ein Kompliment.
Welche Auswirkungen hatte mein Trinkverhalten auf mein nüchternes Leben?
Beziehung: Ich habe die Probleme, die wir in der Beziehung hatten einfach ignoriert, bzw. mir meinen Ex-Freund schön getrunken. Im alkoholisierten Zustand hat das rational zwischen uns immer super gepasst. Dass ich aber eigentlich todunglücklich war, habe ich dadurch total ausgeblendet. Auch die Tatsache, dass wir perspektivisch für mich überhaupt keine Chance hatten. Eigentlich wollte ich nie ein Kind oder den Rest meines Lebens mit diesem Mann. Aber mit 32 war ich in absoluter Torschusspanik.
Job: Meine Leistungsfähigkeit und auch Motivation waren längst nicht mehr so, wie sie einmal waren. An Tagen, an denen ich verkatert war, war ich mehr damit beschäftigt meine Kopfschmerzen zu kurieren, als zu arbeiten.
Freunde: Meine Freunde haben von dem tatsächlichen Ausmaß nichts mitbekommen. Wenn ich mich seltener gemeldet habe, habe ich Stress oder Ähnliches als Ausrede benutzt. Viele meiner Freundinnen wohnen weiter weg und angetrunken fand ich es ja immer super zu telefonieren.
Fitness: Die Tage nach dem Alkoholkonsum, waren immer schrecklich. Geprägt von „nichts tun“. Junk Food, schlafen, abhängen.
24. Warum haben Sie das Trinken reduziert bzw. aufgegeben und warum nicht schon eher?
Ich habe das Trinken aufgegeben, weil die Trunkenheitsfahrt mir den nötigen Schlag vor den Bug gegeben hat. Der Vorfall hat mich dazu bewegt, über mein Leben nachzudenken und ich glaube, dass wenn nicht alles so passiert wäre, ich wahrscheinlich in eine Alkoholabhängigkeit geraten wäre. Ich habe mir viele Gedanken über meinen Konsum gemacht und bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich mein Leben so wie zuvor nicht mehr weiterleben möchte. Durch die Maßnahmen (NLP, Change, BodyTalk, YOGA…), die ich ergriff, habe ich auch erst die tatsächlichen Ursachen und Motive für mein Trinkverhalten erkannt. Und das war sehr ernüchternd. Also festzustellen, welche Mechanismen in mir wirken und wie die Wechselwirkungen zwischen Alkoholkonsum, Glaubenssätzen, Emotionen und Verhalten sind.
Vor der Trunkenheitsfahrt hatte ich ein Selbstbild, das ich so nicht mehr haben möchte. Ich möchte die sein, die aktiv und mitten im Leben steht und nicht verkatert im Bett liegt. Ich habe mir kaum Gedanken über meinen Alkoholkonsum gemacht und wenn, dann alles ins lächerliche gezogen. Ich habe den Ernst der Lage zuvor nicht in letzter Konsequenz richtig eingeschätzt und daher nicht schon eher gehandelt und die Finger vom Alkohol gelassen.
25. Wie haben Sie die Änderung Ihres Trinkverhaltens erreicht und dabei die Umstellungsphase erlebt?
Kommuniziert habe ich meine Abstinenz quasi direkt nach meiner TF. Den Weg dahin habe ich unten im Change beschrieben. Mein Umfeld hat zweigeteilt reagiert. Die einen empfinden mich als stark und Inspiration. Aber es gibt auch etliche, die mich zu „übertrieben“ finden. Es gibt jedoch niemanden in meinem Umfeld, der das nicht akzeptiert. Mein neuer Freund findet es total super, dass ich nichts trinke. Er trinkt ab und an noch mit Arbeitskollegen, aber er selbst sagt auch, dass er es super findet, dass wir eben einfach nichts trinken. Wir unternehmen super viele tolle Dinge. Wir klettern, gehen wandern, joggen gemeinsam, Kino, Museen, etc. Als ich ganz „frisch nüchtern“ auf einer Geburtstagsparty war, war es schon komisch. Alle um mich herum tranken und ich war „gefühlt“ der Aussenseiter. Aber es war überhaupt nicht schlimm. Ich war trotzdem „entertainy“ (einer meiner alten Glaubenssätze war, dass ich ohne Alkohol nicht lustig und unterhaltsam sei). Am nächsten Morgen war ich total happy, nüchtern und fit in den Tag zu starten und trotzdem einen schönen Geburtstag erlebt zu haben. Als ich Arbeitskolleginnen zu Besuch hatte, war vollkommen klar – bei mir gibt es eben keinen Alkohol. Wir haben alkoholfreie Cocktails gemacht und hatten einen wirklich schönen Abend. Auch nachträglich haben die Ladies noch gesagt, was für ein schöner Abend das doch gewesen sei!
Mittlerweile ist das total etabliert und wird auch so gut wie nicht mehr thematisiert. Ich trinke eben nichts und Punkt. Ich werde nach wie vor eingeladen etc. Selbst in der Disko war ich zwischenzeitlich nüchtern. Nicht bis morgens um 5, aber dafür auch ohne Kater am nächsten Tag.
Change Prozess
Vorahnung: Gedanken über die Menge des konsumierten Alkohols
Schock: TF am 17.05.2018. „Verdammt – 1,8 Promille. Was ist mit mir los?“
Verneinung / Verdrängung: Super motiviert startete ich damit, keinen Alkohol zu trinken und zum „Supermenschen“ zu werden. Frei nach dem Motto – hey – das ist doch alles kein Problem. Dann lasse ich den Alkohol eben. Sonst muss ich ja nur Dinge und Themen im Äußeren ändern. Ich trennte mich von meinem Ex-Freund, klärte die Beziehung zu meinem Arbeitskollegen A., verbannte den Stalker aus meinem Leben und dachte, damit wäre es getan.
Nachdem ich das 4 Wochen durchgezogen hatte und die Trennung von meinem Ex-Freund durch war, wurde ich wieder lockerer im Umgang mit Alkohol. Ich hatte das erste Date mit meinem neuen Freund und wir haben bspw. Getrunken, weil ich noch immer in dieser „Alkohol gehört zur Geselligkeit“ verhaftet war.
Rationale Einsicht: Nachdem ich damit begonnen hatte, mich von Frau W. durch NLP coachen zu lassen und meine Themen anzufassen und meine Glaubenssätze zu identifizieren, wurde mir erst so richtig bewusst, welche Mechanismen bei mir griffen und wofür ich den Alkohol tatsächlich eingesetzt habe. Das war der Moment, an dem ich rational begriff, dass ich etwas Grundlegendes ändern musste. Zudem hatte ich ein Gespräch bei einer Verkehrspsychologin, die mir eindeutig gesagt hat, dass ich gefährdet war in eine Alkohlabhängigkeit abzurutschen.
Tal der Tränen / Emotionale Akzeptanz: Mit dieser Rationalen Einsicht ging es dann erst einmal in eine Art Überforderungssituation im Sinne von – verdammt: Wie schaffe ich es, diese festgefahrenen Glaubenssätze und Verhaltensmuster zu durchbrechen. Fest stand – der Alkohol ist passee. Leider hatte ich erst zu diesem Zeitpunkt die Information, dass ein Abstinenzprogramm hilfreich wäre.
Ausprobieren / Erkenntnisse / Interpretation: An dieser Stelle wurde das Coaching mit Frau W. intensiver. Wir führten ein soziales Panorama durch und setzten mich einmal in Beziehung zu meiner Umwelt. Ich habe einen „BodyTalk“ zum Thema „inneres Kind“ durchgeführt. Ich habe ganz tolle Fotos von mir machen lassen. Immer wenn ich sie anschaue denke ich: Hey schau mal: DAS bist du. Ich habe das Abstinenzprogramm gestartet. Ich habe eine 6-tägige Schulung zum Thema „Veränderungsmanagement“ gemacht, die mir auch nochmal Werkzeuge aufgezeigt persönliche Veränderungen anzugehen und gezielt zu steuern. Und das wahrscheinlich wichtigste ist: Ich habe für mich meine Beziehung zu meiner Mutter geklärt. Ich grenze mich nicht mehr komplett ab, wie ich das zu Beginn vorhatte, sondern konnte ihr einfach schlicht und ergreifend verzeihen. Ich habe die Beziehung für mich aus meiner Erwachsenensicht überdacht und hierfür ein Konzept gefunden, das für mich passt (regelmäßige Treffen in Abständen, die für mich ok sind).
Heute: Selbst nach der Nachricht vom TÜV, dass meine Urinproben zu dünn sind, konnte ich meine Perspektive fast unmittelbar ändern, indem ich das Geschenk in der Situation gesucht habe und sofort identifizieren konnte. Das Geschenk ist: ich brauche keinen externen Faktor, der mich dazu zwingt keinen Alkohol zu trinken. Ich brauche niemanden, der das überprüft, weil ich das für niemand anderen tue, als für mich selbst. Eine Möglichkeit wäre ja gewesen, zur nächsten Tankstelle zu gehen – zu trinken und zu denken: Ach – ist ja jetzt eh egal – kontrolliert ja niemand mehr. Aber nein. Einige Tage später informierte ich mich nach Alternativen und bin dadurch zur IAS zu den Haaranalysen gekommen.
Auch nach einem beruflichen Tiefschlag, war Alkohol einfach überhaupt kein Thema und keine Option. Ich konnte die Situation als Chance sehen und habe mir überlegt was ich denn eigentlich möchte. Ist das der Job, der Dich glücklich macht? Was macht Dich glücklich? Daraufhin habe ich eine intensive Bewerbungsphase gestartet, habe beschlossen Yogastunden zu geben und den Job komplett vom Privatleben zu trennen.