Hallo
@Erlanger27, ich sehe hier leider auch keine "seltene Ausnahme".
Hier aus den BuK zur Hypothese A2:
Hypothese A2
Der Klient war über einen längeren Zeitraum wiederholt nicht in der Lage, mit Alk. kontrolliert umzugehen. Er verzichtet deshalb konsequent, zeitlich unbefristet und stabil auf den Konsum von Alkohol. Besteht trotzdem ein geringfügiger Alk.konsum, liegt diesem Verhalten eine fachliche Intervention und ein klar definiertes und eingeübtes Verhaltenskonzept zugunde (KT), mit dem kein erhöhtes Rückfallrisiko und damit auch kein erhöhtes Verkehrsrisiko verbunden ist.
Alk.verzicht ist demnach v.a. dann erforderlich, wenn sich, unabhängig von der aktenkundigen Verkehrsvorgeschichte, eine klinisch relevante Alk.gebrauchsstörung nach DSM-5 oder ein schädlicher Gebrauch nach den ICD-10 diagnostizieren lässt und aufgrund der Lerngeschichte auch sonst anzunehmen ist, dass sich ein konsequent kontrollierter Umgang mit alk. Getränken nicht erreichen lässt. In der Betrachtung der Lerngeschichte sind dabei die Auffälligkeiten in der Vorgeschichte, die individuelle Verarbeitung dieser Erlebnisse und ggf. auch therapeutische Maßnahmen mit einzubeziehen.
Kriterien für eine angemessene Problembewältigung (Auszüge):
Der Klient verzichtet auf den Konsum alk. Getränke. Dies wird auch mit med. Verlaufsbefunden nachvollziehbar belegt.
- Es liegen Laborbefunde (direkte AB-Kontrollen auf EtG oder PEth) für einen ausreichend langen Zeitraum vor. Wurden im Rahmen der AN Haaranalysen durchgeführt, ist berücksichtigt dass EtG im Haar max. 3 Monate ausreichend sicher nachgewiesen werden kann.
- Die Zeitdauer ohne AN zwischen dem Ende des Kontrollzeitraums einer dokumentierten AB und der Untersuchung beträgt nicht mehr als 4 Monate.
- Liegt ein ausreichender Beleg für die Alk.karenz aus einem länger zurückliegenden Zeitraum vor, kann der aktuelle Alk.verzicht nicht nur plausibel dargelegt werden, sondern wird durch eine aktuelle, wenn auch kürzer währende Bestätigung des konsequenten Verzichts (Urinanalyse auf EtG oder Blutanalyse auf PEth mit 3 Kontrollen in vier Monaten im Vorfeld der Untersuchung oder einer Haaranalyse von 3 cm) nachvollziehbar gemacht.
- Ergänzend können Befunde der Bestimmung von indirekten Alk.konsummarkern (LW) berücksichtigt werden.
- Der Alk.verzicht ist bereits ausreichend lange erprobt, sodass eine Integration in das Gesamtverhalten anzunehmen ist. Dies ist idR nach Ablauf eines Jahres, frühestens jedoch nach 6 Monaten anzunehmen.
- Der Klient hat eine Einzel- oder gruppentherapeutische Maßnahme bei einem entsprechend fachlich qualifizierten Psychologen oder bei einer Beratungsstelle absolviert, welche die Unterstützung des Klienten bei der Aufrechterhaltung seines Alk.verzichts zum Ziel hatte. Sie ist hinsichtlich aller psych. Bedingungen für den früheren Alk.missbrauch als abgeschlossen zu werten.
- Der Klient hat nach Abschluss einer unterstützenden Maßnahme (z.B. verkehrspsychologische Therapie) die erst zum Alk.verzicht motiviert hat, für einen ausreichend langen Zeitraum auf Alk.konsum verzichtet. Die Dauer dieses Zeitraums beträgt idR drei bis sechs Monate nach Beendigung der Maßnahme. Einzelne nachträgliche, der Stabilisierung dienende therapeutische Kontakte in längeren Zeitabständen können auch nach Abschluss der Maßnahme erfolgen.
- Sofern der Klient, der schon einen längeren Zeitraum konsequent und nachvollziehbar auf den Konsum alk. Getränke verzichtet hat, zur Stabilisierung seines geänderten Verhaltens und zur Aufarbeitung früherer Trinkmotive eine unterstützende psych. Maßnahme in Anspruch nimmt, ist die Gesamtdauer des Alk.verzichts ausreichend lange, um von einer stabilen Intregation ins Gesamtverhalten ausgehen zu können. Nach Abschluss der einstellungs- und verhaltensändernden Maßnahme sollte eine Phase der Festigung der neu gewonnen Einsichten und Vorsätze folgen.
Sofern der Klient im Kontext der Aufarbeitung der Ursachen für die Entstehung des unkontrollierten Alk.konsums im Rahmen einer Psychotherapie, einer verkehrspsych. oder suchttherapeutisch fundierten Maßnahme als Therapieziel KT entwickelt und erlernt hat, ist eine stabile Verhaltensänderung nachvollziehbar.
Sonderfall KT
Es sind bei Klienten mit dieser Problemausprägung seltene Ausnahmen denkbar, die das sogenannte KT als therapeutisches Verhaltensziel verfolgen und dieses nach einem fachlich begleiteten, nachvollziehbaren Entscheidungs- und Erprobungsprozess stabil etabliert haben (s. hierzu Beitrag 2 in diesem Thread).
Gegen KT spricht (Unbedingte Ausschlusskriterien):
- Diagnose Abhängigkeit
- Multimorbidität mit einer psych. Störung
- körperliche Folgen eines jahrelangen Alk.überkonsums
- chronische Erkrankungen mit einer Symptomatik oder einer Medikation, die Alk.konsum ausschließen
- Polytoxomanie (Mischkonsum von Alk. und Drogen oder anderen psychoaktiven Stoffen)
Ermessensentscheidungskriterien:
- Aspekte der Lerngeschichte im Straßenverkehr
- Persönlichkeitsstörungen (Bsp. Borderline)
- ungewöhnlich hohe Wiederholungs- oder Rückfallfrequenz (mehr als 2 Entziehungen der FE)
- andere rückfallbegünstigende Risikofaktoren (Bsp. mangelnde Impulskontrolle)
- Straftaten mit Aggressionspotenzial unter Alk.einfluss