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Trunkenheitsfahrt, Bak 1,78

Es ist toll, dass du dich uns gegenüber öffnest ! Hut ab !
Bedeutet das nicht auch Erleichterung ?
Gut finde ich, dass du es zumindest deinem Mann erzählt hast.

Frage dich doch mal, warum du es für dich behältst ?
Hast du den Eindruck, dass es für dich, deine Person einen „Makel“ darstellt ?
Wenn ja, warum ?
Was hat das mit dir zu tun ?

Achtung: „Fest-klopf-Modus“
Glaubst du, dass du ein so schreckliches Kind warst, dass dein Vater gezwungen wurde, ein Säufer zu werden und zu bleiben ?
Und deine Mutter ?
Sorry, eine Mutter, die über Jahre ihre Kinder, es sind ja mit deinem Bruder zumindest 2, mit einem Alkoholiker im Haus großzieht, ist keine gute, fürsorgliche Mutter.
Das geht nicht, liegt in der Natur der Sache.
Eine Mutter, die so etwas macht, ist co-abhängig und gar nicht in der Lage, sich angemessen um ihre Kinder zu kümmern, weil sie tagtäglich damit beschäftigt ist, um den armen kranken Alkoholiker zu kreisen, ihn zu beschützen, zu kontrollieren, abwechselnd ihn aufzubauen oder runterzuputzen und 100 andere Dinge tun muss.
Den Rest ihrer Energie stecken solche Mütter darin, meist über Jahrzehnte, ihre „Hoffnung“ aufrechtzuerhalten, dass der Alkoholiker doch merken muss, dass er mit dem Saufen aufhören muss.
Wäre sie nicht co-abhängig, wäre sie mit euch ausgezogen und hätte sich dann, aber auch erst dann um euch kümmern können.
Das sind übrigens keine Dinge, die ich mir ausgedacht habe.
Das ist wissenschaftlich gut erforscht und Fakt.
Lies dich mal ein in „Co-Abhängigkeit“ und „EKA“ ( erwachsenes Kind alkoholkranker Eltern )
Bei Kindern, die so aufgewachsen sind, gibt es im Prinzip nur 2 Möglichkeiten:
Übertriebene Rebellion oder
Krampfhafte Anpassung, möglichst unauffällig und „brav“ zu sein, was dazu führt, dass diese ihre eigenen Bedürfnisse, Wünsche, Gefühle überhaupt nicht mehr wahrnehmen und quasi antrainiert nur in`s Außen schauen.
„Fest-klopf-Modus“ aus

Mir bricht es immer wieder das Herz, wenn ich so etwas lese.
Und du bist nicht die Erste und wirst auch nicht die Letzte sein, die als Erwachsene sagt, „meine Mama hat mich immer unterstützt“.
Bis sie dann durch die Beschäftigung mit sich selber und den oben benannten erforschten Verhaltensmustern erkennen muss, dass das eben nicht der Fall war.

Es tut mir wirklich aus tiefster Seele Leid, dass ich dir so harte Worte schreibe.
Sie sind aber für deine Aufarbeitung, dein Leben und eine zufriedene Abstinenz leider absolut unerlässlich.

„Alleine durch Streicheln hat noch niemand die Finger von der Flasche gelassen“

Eine gute Nachricht habe ich aber für dich.
Das ist die Wurzel allen, deines Übels !
Ein alkoholabhängiger Vater und eine co-abhängige Mutter !
Das erklärt alles, deine Selbstzweifel, dein Kontrollbedürfnis, dein Streben nach Anerkennung, deine Angst vor Zurückweisung, deine Angst vor negativer Kritik und dein Umgang damit, deine krampfhafte Suche nach einer schnellen Lösung etc.
Auch deine Wahrnehmung bzgl deiner Lehrerin und der Mädchenclique, ja, und letztendlich auch deine Reaktion auf den Kontaktabbruch deines Bruders wird dadurch absolut schlüssig.
Du fühlst schon immer, dass du als Mensch nicht wahrgenommen wirst.
Und, so schrecklich das ist, dein Gefühl war richtig.
Deine Eltern, die wichtigsten und unerlässlichsten Bezugspersonen, konnten dich aus unterschiedlichen Gründen gar nicht wahrnehmen.
Wer ist mein Kind ?
Was hat es für Bedürfnisse ?
Was geht ihm durch den Kopf ?
Etc.

Viele liebe Grüße :smiley138:

P.S.: Nimm dir jetzt bitte eine Auszeit, das war harter Tobak und braucht Zeit, diese Worte sacken zu lassen.
Vielleicht einen Spaziergang mit deinem Mann….?
 
Edit I: Meinen Beitrag habe ich auf #70 geschrieben.
Edit II: Ich sehe, dass der liebe @joost auch großartige Ansätze für dich, liebe Jagel, hat
 
Ich danke euch wirklich sehr.
Das stimmt, ich bin jetzt wirklich erleichtert.
Das stimmt, das muss ich erst einmal sacken lassen.
Wie schnell bekommt man denn bei einem Trauma Therapeuten einen Platz?
 
das kommt darauf an, wo du wohnst. Ich habe schon Wartezeiten von über nem Jahr erlebt. Aber: für die MPU ist das jetzt nicht ausschlaggebend, dass du eine Therapie fertig hast. Da genügt der Eindruck, dass du zwischenzeitlich anders mit den ursächlichen Emotionen umgehen kannst. Und wenn du da genau hinschaust, wirst Du auch schon so einiges finden - gerade, wenn du Abstinenznachweise erbringen musst. Da bleibt Dir ja gar nix anderes übrig!Und wer suchet, der findet
:)

Und gleich vorweg: die Offenheit, mit der Du da rangehst, ist extrem erfolgversprechend - für die MPU, aber auch für Dein Leben. Respekt!
 
Ich habe das alles immer für mich behalten, weil ich den Schein der heilen Welt nach außen waren wollte.
Ich wollte nicht verurteilt werden.
Ich glaube nicht, dass ich ein schreckliches Kind war.
Ich war immer ein ruhiges, schüchternes Kind.
Mein Papa ist da leider nie rausgekommen, er wurde als Kind von seinem Vater geschlagen, sein Vater war auch Alkoholiker.
Ich informiere mich jetzt mal nach einem Therapieplatz. Im Saarland ist das bestimmt schwierig.
 
Ich hab mal nachgeschaut bzgl Wartezeit, die beträgt 10 Monate. Das ist ja heftig und anscheinend wird es nicht immer von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen.
 
ja, du musst explizit nach "Psychotherapeut" suchen - der Begriff ist geschützt, setzt eine Approbation voraus und das ist die Basis für Kassenabrechnung. Psychologe / Praxis für Psychotherapie etc... können idR nicht mit der Kasse abrechnen. Und wenn sich dann ein Heilpraktiker (aus Versehen oder vorsätzlich) Psychotherapeut nennt, ist das in höchstem Maße abmahngefährdet. Und Psychiater haben als Lösungsmodell idR nur Symptombehandlung mit Pillen und interessieren sich gar nicht für Ursachen.

Tipp: schau mal bei Therapie.de, aktiviere als Filter nur "Abrechnung -> GKV"
Und bei den Fundstellen suchst du im Beschreibungstext nach "EMDR*" "Schematherapie*" "Hypnose" "EgoState". Dann hast du die klassischen Kassenrichtungen, aber eben die Vertreter, die auch über den Tellerrand ihres jeweiligen Normverfahrens schauen.

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* kassenzugelassene Trauma-Therapie-Methoden
 
Es kann sein, dass die weiter entfernt sind (bei mir wäre der nächste 80km entfernt), aber in Ballungsgebieten sieht das anders aus. Die Krankenkasse zahlt erst seit ein paar Jahren moderne Traumamethoden, daher bilden sich die Kassentherapeuten noch nicht allzu lang darin aus. Du könntest auch mal einen Heilpraktiker als Selbstzahler suchen. Da sind viele Quacksalber dabei, aber halt auch einige, die schon 30 Jahre mit diesen Methoden arbeiten und richtig gut sind (Stichworte: EgoState-Therapie, Emotionszentrierte Therapie, Hypnosystemisch, Brainspotting, Somatic Experiencing, Embodyment, oft als Methoden-Mischung). Oft reicht da ein Kurzzeit-Setting mit 5 - 10 Sitzungen und du bringst gute Voraussetzungen mit, glaube ich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Großartig :)
Kennst du den (etwas augenzwinkernden) Leitspruch der Traumatherapie?
"es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit" :p

Das ist natürlich übertrieben.. wenn Mist passiert ist, ist er passiert. Das muss man nicht schönreden (und es wäre auch respektlos ggü dem alten Erleben). Aber man kann die Anstrengungen würdigen, mit denen man damals am Ende doch für sich gesorgt hat und man kann dem Erlebten eine andere Bedeutung geben, kognitiv wie auch emotional. Und eine Situation hat immer nur die Wirkung auf uns über die Bedeutung, die wir ihr geben (können).
Viel Erfolg auf dieser Bühne!

Und jetzt wieder zur MPU...
 
Guten Morgen :)

Den Spruch finde ich gut, ich hab gestern mehrere gute Sprüche gelesen.

Gestern Abend meinte mein Mann noch zu mir, dass er den größten Respekt hat, weil ich mich in kurzer Zeit so öffnen könnte und den Grund herausgefunden habe. Ich bin so froh, dass ich dieses Forum gefunden habe und dass es euch gibt.

Jetzt beginnt die Aufarbeitung und zu lernen, den alten Gefühlen entgegen zu steuern oder diese umzuwandeln.
Mein Mann meinte gestern, dass ich eine tolle Frau bin und wir haben zwei tolle Kinder und was ich bis jetzt im Leben erreicht habe, darauf kann ich stolz sein.
Und ja, das kann ich auch. Ich will selbstbewusster werden und auch generell bewusster leben.

Das Buch hört sich gut an, ich glaube das werde ich mir mal anschauen.
 
Ich habe das alles immer für mich behalten, weil ich den Schein der heilen Welt nach außen wahren wollte.
Ich wollte nicht verurteilt werden.
Damit hast du genau das gemacht, was dir von deiner Mutter vorgelebt wurde.

Ich glaube nicht, dass ich ein schreckliches Kind war.
Mit Sicherheit nicht !

Ich war immer ein ruhiges, schüchternes Kind.
War klar, deswegen habe ich ja auch das „brave Kind“ ausgeführt und nicht die „Rebellion“ :smiley22:

Mein Papa ist da leider nie rausgekommen, er wurde als Kind von seinem Vater geschlagen, sein Vater war auch Alkoholiker.
Hierzu möchte ich dir noch ein paar mahnende Worte mit auf deinen Weg geben.
Es geht sicherlich für dich nicht darum, dass du deine Eltern verteufeln sollst o.Ä.

Achtung: „Fest-klopf-Modus“
Aber, siehe bitte ihren Anteil, nicht Schuld, für deinen Alkoholmissbrauch und dessen Ursache.
Was ich ganz wichtig in diesem Zusammenhang finde, ist, dich darauf hinzuweisen, dass auch deine Eltern, genau wie du jetzt, jede Gelegenheit hatten, diesen Kreis aus Gewalt und Abhängigkeit zu durchbrechen.

Was bedeutet das denn, dass dein Opa auch Alkoholiker war ?
Ist das eine Entschuldigung ?
Eine Rechtfertigung ?
Nein, es ist, ohne weitere Informationen, vielleicht der Ansatz einer Erklärung.
Und deine Mutter ?
Ja, vielleicht oder auch wahrscheinlich, wurde ihr vorgelebt, die Ehe sei für immer, man verließe seinen Mann nicht, eine Scheidung sei gesellschaftlicher Selbstmord etc.
Dann kommt häufig in solchen Fällen auch noch die monetäre -gefühlte und eingetrichterte- Abhängigkeit dazu, und schon ist das perfekte Gefängnis fertig gezimmert !

Ich stelle dir mal alle „Argumente“ zusammen, warum ein Co-Abhängiger seinen alkoholkranken Partner nicht verlässt.
Übrigens: Echte, und es sind immer dieselben.
- „Ich möchte meinen Kindern nicht den Vater nehmen.“
- „Mein Mann verdient das Geld, und ich kann mir keine eigene Wohnung leisten.“
- „Ich habe Angst, dass, wenn ich mit den Kindern gehe, er ganz abstürzt.“
- „Ich liebe ihn doch so.“
- „Er ist, wenn er nicht trinkt, ein toller Ehemann und Vater.“
- „Er muss doch jetzt ganz bald einsehen, dass er mit dem Trinken aufhören muss.“

Und, um das noch einmal zu betonen, das sind alle Argumente, von mehreren 100en Betroffenen, meist Frauen, aber auch Männer ( Verhältnis 70:30 ).
Ich habe dir dieses aufgeschrieben, um dir noch einmal vor Augen zu führen, wie sinnlos es ist, dich mit den Gründen zu beschäftigen, warum deine Eltern so gehandelt bzw. eher Jahrzehnte in Nichthandlung eingefroren waren.
Genau so entstehen Generationen dieser toxischen Familien, ja, Generationen !

Für dich ist das aber vollkommen irrelevant, warum deine Eltern dich und deinen Bruder in dieser Hölle aufwachsen ließen.
Sie haben es getan, fertig !
Kinder brauchen eine sichere Höhle, keine Hölle.
Und ja, es ist auf fachlicher Ebene vollkommen unstrittig, dass diese Kombination „alkoholkrank-coabhängig“ für Kinder die Hölle ist und zu seelischen Schäden führt.

Warum, ist nicht deine Baustelle und daher für dich einzig und allein Energieverschwendung.
Energie, die du für dich brauchen wirst.
„Fest-klopf-Modus“ aus

So, liebe Jagel, das war wieder viel, aber du hast wirklich große Fortschritte gemacht und dir auch schon einen Therapieplatz
gesucht, großartig !
Sei stolz auf dich und genieße deinen Sonntag :smiley138:
 
Gestern Abend meinte mein Mann noch zu mir, dass er den größten Respekt hat, weil ich mich in kurzer Zeit so öffnen könnte und den Grund herausgefunden habe. .
Großartig, du hast offenbar das Muster, das dir vorgelebt wurde, schon vorher durchbrechen können, und dir einen Mann gesucht, der dich liebt und wertschätzend behandelt !

Du wirst feststellen, dass dir auch bei anderen Menschen, denen du dich öffnen möchtest, genau das entgegengebracht werden wird.
Respekt und Anerkennung deiner Stärke !
Öffnung wird nur von, sorry, antisozialen Persönlichkeiten, als Schwäche wahrgenommen…

Liebe Grüße :smiley138:
 
Da hast du absolut recht. Deine Worte sollte ich mir ausdrucken.
Euer Wissen ist beeindruckend.
Ich sage euch Bescheid wann ich mit der Therapie starten kann. Der Mpu Vorbereitungskurs startet am 16.06.
Liebe Grüße, ich wünsche euch auch einen schönen Sonntag
 
Für dich ist das aber vollkommen irrelevant, warum deine Eltern dich und deinen Bruder in dieser Hölle aufwachsen ließen.
Sie haben es getan, fertig !
.. und manchmal reicht es schon, wenn "die Kleine", vllt zusammen mit Dir (als fürsorglicher Erwachsenenanteil), in einer Trance den Eltern ihren Anteil der Verantwortung des Geschehens mit den Worten überreicht* "hier hast du deinen Teil der Verantwortung - schaue, dass er dorthin kommt, wo er hingehört**". Das kann schon viel im Erleben (und in der Bewertung der Vergangenheit) verändern... und uralte Familienmuster (endlich) durchbrechen.

___________________________________
* vllt sogar symbolisch liebevoll als Geschenk verpackt
** ohne diesen Zusatz können die Betroffenen oft die Verantwortung / das Geschenk nicht annehmen und man steht dann da und bekommt sie nicht los. Gaga, ist aber oft so.
 
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