Tathergang
1. Beschreiben Sie den Tag Ihrer Trunkenheitsfahrt aus eigener Sicht mit Datum und Uhrzeiten.
(Wann, wo und mit wem getrunken / wann und wie aufgefallen / Promille)
Ich traf mich an dem 05.07.2020 mit meinem besten Freund und dessen Freundin gegen 17 Uhr in einem Biergarten nach längerer Zeit mal wieder aufgrund der Coronabeschränkungen. Es staute sich vieles an negativen Gefühlen an, die ich an diesem Tag wohl durch meinen Alkoholkonsum wieder Luft verschaffen konnte. Die negativen Gefühle sammelten sich durch viele kleine Nadelstiche zusammen, wie Streß und Ärger auf der Arbeit, Gedanken über meinen Bruder , der sein Leben nicht im Griff hat. Dann erzählte mir die Freundin meines Freundes noch daß ihr Stiefvater letzte Woche verstorben sei, was zusätzlich noch Auslöser des Trinkens waren, da dies mich auch wieder an meine frühere Zeiten erinnerte, weil ich früh meine Eltern verloren habe. Ich trank dann von ca. 17:30 Uhr bis 21 Uhr 7 Bier (0,5l) und 3 Schnäpse. Da ich nicht weit nach Hause hatte wollte ich um 21:30 Uhr ca. 500m durch die Fußgängerzone mit dem Rad fahren. Nach ca. 50m kam mir schon die Polizei entgegen, ich mußte nach links ausweichen, weil sie ziemlich weit rechts fuhren aus meiner Sicht, dabei hab ich noch eine komische Armbewegung gemacht, woraufhin sie wendeten und mich schließlich nach ca. 300m anhielten. Der Promillewert 1,76 ‰ ( BAK)
2. Was und wie viel haben Sie am Tattag insgesamt getrunken?(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Trinkzeit)
7 Bier ( 0,5l) und 4 Schnäpse in 4 Std.
3. Wie viel Kilometer fuhren Sie, bis Sie aufgefallen sind und wie viel Kilometer wollten Sie insgesamt fahren?
Ca. 50m bis ich auffiel und wollte ca. 500m fahren
4. Hatten Sie das Gefühl, noch sicher fahren zu können?(Ja/Nein + Begründung)
Das Gefühl war durch den Alkoholkonsum gegeben noch einigermaßen sicher fahren zu können, mir war auch das hohe Gefahrenpotenzial zu diesem Zeitpunkt mit einem Fahrrad nicht bewußt. Durch die hohe Trinkfestigkeit die ich mir im Laufe der Jahre angeeignet habe, war dies auch möglich noch mit dem Rad zu fahren.
5. Wie haben Sie die Trunkenheitsfahrt vermeiden wollen (wenn überhaupt)?
Habe sie insofern nicht vermeiden wollen, da ich zum damaligen Zeitpunkt die Gefahren alkoholisiert mit einem Fahrrad zu fahren für zu gering eingestuft habe. Zudem die Strecke nicht allzu lang gewesen wäre (ca. 500m) und aussschließlich durch die Fußgängerzone ging. Ich die Gefahr unter einem Wert von 1,6 ‰ für gering hielt, und ich nicht damit gerechnet hätte, da schon drüber zu sein. Dies geschah aufgrund der hohen Alkoholtoleranz.
6. Haben Sie bereits früher im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss gestanden und sind aufgefallen?
Im Jahre 2000 war eine Trunkenheitsfahrt mit Pkw und Unfall mit 0,54 ‰
7. Wie oft haben Sie alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen ohne aufzufallen und was folgern Sie daraus?
In den letzten 20 Jahren nicht mehr mit dem Pkw, allerdings mehrere 100 male als Fußgänger und ca. 50 mal mit dem Rad
Exploration
8. Wann hatten Sie den ersten Kontakt mit Alkohol und wann haben Sie das erste Mal Alkohol zu sich genommen? (Allererste Erinnerung und erster Konsum)
Das war mit 17 Jahren in meiner Ausbildung
9. Haben Sie regelmäßig Alkohol getrunken, und wie hat sich ihr Trinkverhalten in den letzten Jahren entwickelt?
Seit dem ersten Kontakt trank ich bis zu der TF regelmäßig. Je nach Lebenssituation und Umstände änderte sich das auch mal in der Menge.
Als junger Erwachsener regelmäßig an den Wochenende mit Freunden in die Disko bzw. Tanzveranstaltungen gefahren. Der Konsum stieg mit der Zeit an auf bis zu 10 Bieren am Abend oder 4 Biere und 4 Schnäpse oder 4-6 Gläser Jack-Daniels-Cola od. Vodka-Energy.
In den Zeiten in denen ich mich in einer festen Beziehung befand, war der Alkoholkonsum deutlich reduzierter, d.h. ab und an mal an Wochenenden 2-3 Bier.
10. Wie viel und wie oft haben Sie getrunken? (Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Die letzten ca. 5 Jahre vor der TF war ich Single, da belief sich der Alkoholkonsum auf 5- 8 Biere bzw. auch mal 3-5 Biere und 3-5 Mischgetränke (Jackie-Cola od. Vodka-Energy) 3-4 mal im Monat an Wochenenden
11. Wo und mit wem haben Sie überwiegend getrunken?
Mit Freunden, Kumpels, Arbeitskollegen, vorwiegend auf Tanzveranstaltungen, Zeltfesten, ab und an mal beim Fußball
12. Warum haben Sie getrunken? (Innere + äußere Motive)
Anfangs war es um dazu zu gehören, da hat es mir nicht wirklich geschmeckt. Alkohol denk ich war und ist noch großer Bestandteil der Gesellschaft. Nach und nach sah ich auch einige Vorteile darin, ich wurde durch den Alkoholkonsum offener, redseliger, kontaktfreudiger. Für mich als sehr schüchternen zurückhaltenden Menschen war das dann das Mittel um mit Leuten, insbesondere auch mit Frauen in Kontakt zu kommen. Da ich meine Eltern recht früh verloren habe, fehlte mir von der Seite her der Rückhalt bzw. die Bestätigung zu meiner Person, dadurch war das Selbstwertgefühl nicht besonders groß. Auch bei manchen Entscheidungen fehlte mir das Durchsetzungsvermögen. War zu sehr leichtgläubig und blauäugig, quasi zu sehr abhängig von der Meinung anderer. Das Nein-Sagen und dabei bleiben stellte mich damals vor große Herausforderung.
Auch das Abschalten und Entspannen nach einer arbeitsreichen Woche gelang mir früher oft nur beim Feiern bzw. Weggehen mit Freunden mit Alkoholkonsum.
13. Welche Wirkung haben Sie in der Vergangenheit nach Alkoholgenuss bei sich beobachtet?
(bei wenig und bei viel Alkohol)
Bei wenig Alkohol wurde ich entspannter und ruhig, auch offener nicht mehr ganz so schüchtern.
Bei mehr Alkohol wurde ich emotionaler und danach habe ich gehandelt. Gefühle konnten nicht mehr so kontrolliert werden.
Bei viel Alkohol wurde ich oft zu Tode betrübt, sauer, auch oft streitlustig. Selten sehr lustig und freudig erregt.
Hemmungen wurden weniger.
Der Tag danach war dann meist mit Übelkeit und Kopfschmerzen verbunden. Die zeit der Erholungsphasen wurde mit den Jahren immer länger.
14. Gab es kritische Hinweise Anderer auf Ihren Alkoholkonsum und wie haben Sie darauf reagiert?
Da ich die Ausbrüche eines hohen Konsums immer nur hatte wenn ich solo war, gab es auch niemanden der da was kritisiert hätte.
15. Welche Auswirkungen und Folgen hatte Ihr Alkoholkonsum auf Ihr Leben und Ihr Umfeld?
Freunde und Bekannte gingen mir manchmal aus dem Weg, wenn ich zu viel getrunken hatte, weil ich dann alles raus ließ was mir gegen den Strich ging, wo ich nüchtern immer nichts sagte.
16. Gab es in Ihrem bisherigen Leben frühere Zeiten, in denen sie weit mehr Alkohol als heute getrunken haben?
Wenn ja, nennen sie bitte die Lebensabschnitte und mögliche Ursachen und Umstände dafür.
Als junger Erwachsener habe ich mich häufig an den Wochenenden mit Freunden getroffen, um Abends aus zugehen. Damals habe ich meine Grenzen ausgetestet und sehr viel getrunken. Ich empfand es als normal in der Disko zu trinken, da hoher Alkoholkonsum im Freundeskreis gesellschaftlich akzeptiert war. Ich denke, dass damals der Grundstein dafür gelegt worden ist, dass ich Alkohol in seiner Form verharmlost habe. Aus Geselligkeit und vermeintlich anerkannter gesellschaftlicher Akzeptanz, habe ich mir keine Gedanken über den Unterschied und den Grenzen zu "Genuss" oder "Missbrauch" gemacht.
In den Phasen wo ich Single war, war der Alkoholkonsum am größten, ich konnte da die sich angestauten Gefühle mit niemanden besprechen, hab das nur über den Alkoholkonsum bewältigt.
17. Haben sie jemals die Kontrolle über ihre Trinkmenge verloren und bis zur Volltrunkenheit Alkohol konsumiert?
Nein, ich wußte am Tag danach immer noch was und wieviel ich getrunken hatte.
18. Haben Sie früher schon einmal oder öfter über einen längeren Zeitraum bewusst und mit Absicht völlig auf den Genuss von Alkohol verzichtet?
Es gab immer mal Zeiten in einer Beziehung wo ich mehrere Wochen keinen Alkohol bewußt und mit Absicht zu mir genommen habe.
19. In welcher Kategorie eines Alkohol trinkenden Menschen haben Sie sich früher gesehen und wie stufen Sie sich heute rückblickend ein?
(mit Begründung)
Als junger Erwachsener, über den Genuss hinausgetrunken, um Grenzen auszutesten. Ich habe den Umhang mit Alkohol verharmlost und nicht kritisch hinterfragt. Heute weiß ich, dass mein Alkoholkonsum über dem Maß des Normalen lag und aus welchen Gründen ich so agiert habe.
Deswegen würde ich mich als Alkoholgefährdet einstufen.
Heute und in Zukunft
20. Trinken Sie heute Alkohol? Wenn ja, was, wie viel und wie oft?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Ich trinke seit dem Vorfall am 05.07..2020 keinen Alkohol mehr.
21. Wann haben Sie zuletzt Alkohol getrunken?
Am 05.07.2020
22. Trinken sie gelegentlich alkoholfreies Bier?
Nein
23. Warum trinken Sie heute Alkohol/keinen Alkohol?
Weil der Alkohol der Hauptgrund dafür ist, dass ich in Schwierigkeiten mit dem Gesetz geraten bin und so eine TF begangen habe. Dass es überhaupt so weit kommen konnte, schockierte mich zutiefst. Wie heißt es immer so schön "es muss immer erst etwas passieren damit sich was ändert".
Daß ich durch die hohe Promillezahl die ich erreichen konnte, eine hohe Alkoholgewöhnung in mir habe und dadurch meine Gesundheit in Gefahr gebracht habe, und ich dies in Zukunft nicht mehr möchte. Auch das durch diese hohe Alkoholtoleranz im Körper die natürliche Abwehr gegen hohe Alkoholmengen nicht mehr richtig funktioniert, man dadurch leichtsinnig wird und größeres Risiko eingeht, und dadurch die Selbstgefährdung bzw. die Gefährdung anderer billigend in Kauf nimmt.
Auch habe ich durch einen Verkehrstherapeuten herausgefunden und erarbeitet, dass ich mit Alkohol nicht richtig umgehen konnte. Da es schon nahe am Missbrauch war, habe ich den Alkoholkonsum eingestellt, damit sich nicht irgendwann einmal wieder dieser schleichende Prozess einfügt dass es wieder mehr Alkohol werden würde, und ich wieder dahin käme wie vor der TF.
24. Warum haben Sie das Trinken reduziert bzw. aufgegeben und warum nicht schon eher?
Nach der TF war ich sehr erschrocken über mich selber, wie verantwortungslos ich mich und andere in Gefahr bringen hätte können. Auch war ich erschrocken über diese hohe Promillezahl. Dies war mir bisher nicht bewusst, dass man sich als Person ständig unterbewusst Erwartungen Anderer erfüllen will und welche Gründe mich darin bestärkten so zu handeln. Ich hab mich mit dem Thema Alkohol vorher noch nie so intensiv auseinandergesetzt wie ich das jetzt tue.
25. Wie haben Sie die Änderung Ihres Trinkverhaltens erreicht und dabei die Umstellungsphase erlebt?
Ich habe mir zunächst im tiefsten Inneren gesagt "es reicht jetzt". Diese drei Wörter haben zunächst mal alles in Gang gesetzt. Eine große Hilfe und auch Erleichterung war kurze zeit später die Aufarbeitung des Alkoholproblems in einer Verkehrstherapie. Ich konnte bei dem Verkehrstherapeuten auch zugeben dass ich nicht perfekt bin und Fehler gemacht habe. Ich wurde dort auch verstanden, mir wurde geholfen meinen Kummer, Sorgen und Ängste zu überstehen.
Ich habe mich auch nicht zurückgezogen, sondern die Flucht nach vorne ergriffen. Ich habe mich dem gestellt, war ehrlich zu Freunden und Arbeitskollegen. Die Reaktion und die Hilfsbereitschaft von diesen Leuten war sehr beeindruckend. Ich wurde von niemandem verurteilt und jeder bot mir ein offenes Ohr und Hilfe an. Hin und wider gab es auch Arbeitskollegen die mich ausgelacht oder veräppelt haben, aber denen kam ich mit einer Kraft und Mut entgegen, die ich so vorher nie gekannt habe.
Da bei mir keine körperliche Abhängigkeit vorlag, war es körperlich ein Leichtes Gewohnheiten zu verändern, die sich eingeschlichen hatten. Es ist trotzdem kein einfacher Prozess gewesen, ich bin auch stolz darüber, wie ich das geschafft habe.
26. Wie wirkt sich Ihr geändertes Verhalten auf Sie, Ihr Leben und Ihr Umfeld aus?
Ich werde ganz anders wahrgenommen, ob bei Freunden od. Bekannten und Arbeitskollegen. Ich trete ganz anders auf und das spürt man. Durch die Aufarbeitung beim VP und der Herausarbeitung meiner Stärken und Schwächen fand ich mehr Selbstvertrauen in mir, so wie ich es früher selten kannte. Ich bin dadurch offener geworden, kann meine Meinung jetzt besser vertreten. Auch das Nein-Sagen und dabei bleiben fällt mir jetzt deutlich einfacher wie vorher. Ich bleibe meinen Entscheidungen treu, auch wenn es mal Konsequenzen nach sich zieht, halt ich das aus. Ich bin nicht mehr so negativ eingestellt. Das Scheinbild "das Alkohol mir hilft" ist verblasst. Helfen kann nur ich mir selbst und die Leute die das wollen. Viele finden es gut und lobenswert wie ich mit dem Thema Alkohol umgehe und das ich es geschafft habe dieses zu ändern. Ich konnte Schritt für Schritt eine gute Entwicklung für meine Persönlichkeit machen. Ich bin auch für viele meiner Freunde und Bekannten ein Mahnmal geworden, wenn ich jetzt den Alkohol verneine, trinken sie meist auch weniger.
27. Wie stellen Sie sicher, dass Ihr neues Verhalten dauerhaft stabil bleibt?
Eines der wichtigen Gründe ist, dass ich mir selbst verziehen habe, ich habe Fehler gemacht, die ich nicht mehr ändern kann, aber ich habe mir selbst bewiesen dass ich daraus gelernt habe. Jetzt ist auch mein Selbstvertrauen stärker geworden, bin jetzt dadurch auf offener und kontaktfreudiger geworden. Damit sind auch manche gründe fürs Trinken weggefallen, habe zudem auch gelernt eher "nein" zu sagen. Reine "Saufveranstaltungen" meide ich konsequent. Zudem habe ich bei der Analyse beim VP gelernt, eine bessere, kritischere Selbstbeobachtung zu entwickeln, die es mir ermöglicht, ein zu großes Ausmaß der persönlichen Belastungsgrenze rechtzeitig entgegenzuwirken.
28. Können Sie sich vorstellen, jemals wieder in Ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen? (mit Begründung)
Eine hundertprozentige Sicherheit kann es hier nicht geben da ich auch nur ein Mensch bin der Fehler macht. Mir ist bewußt daß da immer mal wieder Risiken auftauchen können. Aber meine große Motivation und mein neu erlerntes Verhalten wird mich in meinem Handeln weiter bestärken. Ich mir trotzdem dessen bewußt bin, dass die vorhandene Trinkfestigkeit bzw. das Alkoholproblem bestehen bleibt und nicht mehr umzukehren ist. Durch die bessere Selbstbeobachtung kann ich jetzt bei auftretenden und überhandnehmenden negativen Gefühlen rechtzeitig entgegenwirken. Auch habe ich mich von Freunden getrennt, die nur zum "Saufen" da waren. Auch eine ausgeglichenere Lebensweise trägt jetzt dazu bei, nicht mehr in die alten Muster zu verfallen.
29. Wie wollen sie in Zukunft das Trinken vom Fahren trennen?
Ich lebe abstinent, daurch stellt sich die Frage für mich nicht mehr.
30. Haben Sie zum Abschluss noch etwas hinzuzufügen?
Nein