Hallo Tagträumer,
nun will ich dir den versprochenen Kommentar zu deinem FB geben.
Ich gehe dabei allerdings (auch in Bezug zur Kürze der Zeit bis zur MPU) nicht auf alle Antworten ein, sondern beziehe mich dabei auf die aus meiner Sicht wichtigsten Punkte.
Ich führe dabei zwar Komplettzitate auf, füge aber trotzdem noch einmal zusätzlich deine Antorten in Zitaten an, lass' dich davon also nicht verwirren:
1. Beschreiben Sie den Tag Ihrer Trunkenheitsfahrt aus eigener Sicht mit Datum und Uhrzeiten. (wann, wo und mit wem getrunken / wann und wie aufgefallen / Promille)
1. TF (Auto): 2019 Ende Oktober habe ich mich mit meinen Freunden zum Weggehen verabredet und getroffen haben wir uns um 21:00. Nach 3 Stunden gemütlich zusammensitzen, ratschen und vorglühen haben wir uns auf den Weg zur Diskothek gemacht. Ich bin öfter früher als die Anderen Nachhause gegangen und so war es an jenem Abend auch. Den Club habe ich um 02:15 verlassen, bin ins Auto gestiegen und wurde um 02:20 kontrolliert. BAK 1,23
Ausfallerscheinung (Schlangenlinien etc.) gab es nicht. Es war eher eine Allgemeine Verkehrskontrolle, da ich von der Ecke kam, wo eine Diskothek ist. Die Polizei war direkt hinter mir, als ich auf die Hauptstraße gefahren bin.
2. TF (Fahrrad): 2020 ende Juni hab ich mich mit meinem besten Freund getroffen, da er seinen Geburtstag am See ein bisschen feiern wollte. 13:00 getroffen und losgefahren sind wir um 17:00. Da wir Hunger bekommen hatten, haben wir uns auf den Weg zum Supermarkt gemacht. 17:15 wurden wir kontrolliert, da der Polizist, der bei meiner Hausdurchsuchung dabei war, mich erkannte hatte und dachte, ich habe etwas stecken (auch so vor Gericht ausgesagt). BAK 2,07
Hausdurchsuchung? "etwas stecken"?
Also bist du bereits mit Drogen aufgefallen?
In deinem neg. Gutachten steht nichts von einer Vorgeschichte - von daher gehe mich mal davon aus dass es bei der nächsten MPU auch nicht dazu kommt
2. Was und wie viel haben Sie am Tattag insgesamt getrunken? (Genaue Angaben in Sorte, Menge)
21:00-24:00 4 Bier a 0,5L
24:00-02:00 2-3 Bier a 0,5L
13:00-17:00 10 Bier a 0,5L
Ich habe jetzt nicht ausgerechnet ob die Trinkmengen ausreichen würden um deine jeweilige BAK zu erklären - aber - du gehst wieder zu einer PIMA-Stelle. Wir wissen nicht inwieweit einzelne Niederlassungen an einem Ort (?) miteinander vernetzt sind. Sollte dies der Fall sein und du machst jetzt ganz andere Angaben halte
ich das für problematisch. Offiziell würde man dazu nichts im Ga finden, aber intern würde das wohl nicht dazu führen deine Glaubwürdigkeit zu unterstützen. Das wollte ich am Rande erwähnt haben.
12. Warum haben Sie getrunken? (Innere + äußere Motive)
Anfangs war es ein Gemeinschaftsgefühl und die Zusammengehörigkeit mit der Gruppe. Zum Anderen hatte ich auch nie ein positives Selbstbild und habe mit Alkohol probiert, mangelndes Selbstbewusstsein und Selbstzweifel überwinden zu können. Ich leide seit meiner Pubertät unter der Krankheit Erythrobobie (Errötungsangst) und habe dies immer als extremen Mangel an mir selbst angesehen. Ich habe nur noch Scham gefühlt, sobald ich wieder rot wurde. Total unbegründet und nicht mit einer peinlichen Situation gleich zu setzten, wann ich rot wurde. Alle Mitmenschen konnten es mir ansehen, total entblößt - deshalb habe ich mir auch eingebildet, dass die Leute nur auf meine roten Wangen starren würden. Fühle mich beobachtet, angestarrt, totaler Horror. Des weiteren kam der Stress in meiner damaligen Beziehung dazu. Sobald ich mit meinen Freunden zum Feiern gehen wollte, gab es gelegentlich Streitigkeiten in der Beziehung. Unter der Woche war ich mit meiner Freundin und am Wochenende mit den Jungs, das hatte meine damalige Freundin aber nicht eingesehen und Streit verursacht. Somit stellte das Weggehen/der Alkohol auch ein gewisses Druckventil dar. Makel an mir selbst (erröten), Stress in der Beziehung, fehlende Arbeitsperspektive nach dem Abitur, Tod der Schwester noch nicht richtig verarbeitet, gerichtliche Verhandlungen etc.
Ich habe die Wochenenden immer gebraucht, um den Stress zu entkommen. Es hatte mir damals als Ausgleich geholfen und dadurch wurde auch immer mehr getrunken.
Unterbewusst reagiere ich wahrscheinlich auf Stress so empfindlich, da sich meine Eltern 2012/2013 geschieden haben. Zu damaligen Zeiten war lautstarken Streit an der Tagesordnung.
Ich finde deine Trinkmotive nachvollziehbar und diese waren bei der neg. MPU auch nicht das Problem.
Zum einen waren deine AN zu kurz, denn bei Wiederholungstätern ist es schon eher die Regel dass die Nachweise für ein ganzes Jahr gefordert werden und die 6 Monate nur in wenigen Ausnahmefällen reichen, und zum anderen war deine Erklärung warum du künftig auf den Alk. verzichten willst nicht ausreichend.
Hier ein Bsp. aus deinem Ga:
Wie er ab dann mit dem Alkohol umgegangen sei:
Am 30.6. war die Fahrt. Am nächsten Morgen wurde mir dann klar, was ich für einen Mist gebaut habe. Da das ja auch eine Straftat war habe ich mich mit meinem Anwalt auseinandergesetzt was jetzt das beste Vorgehen wäre. Und er hat mir dann zu einem Abstinenznachweis geraten
Das. ist. keine. intrinsische. Motivation!
Du hast auf den Alk. verzichtet und AN gemacht weil der RA es dir geraten hat? Sorry, aber da läuten bei allen GA die Alarmglocken...
Du hast zwar dann angegeben dass du zugibst dass du es anfangs nur für den FS gemacht hast und dass dir der Alk.verzicht später immer besser getan hat - Zitat: "Man ist viel produktiver und zuverlässiger", (kurze Anmerkung: niemals von "man" sprechen, es geht um Dich!), jedoch ist hierdurch erkennbar dass es zunächst mal nicht deine eigene Entscheidung war auf den Alk. zu verzichten. Das. ist. ein. Problem.
Weiter geht es hiermit:
Bescheinigung über ein Intensivseminar vorgelegt.
Frage des GA: Was er dort gelernt habe?
Antwort: "Die Strategien wie ich in Zukunft mit Alkohol umgehen soll"
Bitte was? Warum bespricht man denn in einer einzigen Sitzung die Strategien über den künftigen Umgang mit Alk. wenn man doch nie wieder welchen trinken möchte?
Ich mache dann mal weiter mit dem FB:
23. Warum trinken Sie heute Alkohol/keinen Alkohol?
Ich trinke keinen Alkohol mehr, da ich an dem Gefühl Gefallen gefunden habe. Ich will auch wieder mit Sport anfangen und da würde sich es beißen. Ich habe ebenfalls mein Selbstbewusstsein gebessert und eine neue Freundin kennengelernt.
Meinen alten Freundeskreis, bei dem soviel getrunken wurde, habe ich abgeschnitten und bin sehr froh darüber.
Komplimente habe ich während des Weggehens (nüchtern) bekommen und fande das Gefühl mega!
Ich fühle mich ebenfalls fitter und produktiver, sei es jetzt privat oder in der Arbeit.
Du trinkst keinen Alk. mehr da du "an dem Gefühl gefallen gefunden hast". Welchem Gefühl denn genau?
Und wie genau hast du dein Selbstewusstsein verbessert? Wer oder was hat dir dabei geholfen?
24. Warum haben Sie das Trinken reduziert bzw. aufgegeben und warum nicht schon eher?
Bei der ersten TF mit dem Auto hatte ich noch nicht den Schuss gehört. Der Schuss ist erst Gefallen, seitdem ich mich mit dem Thema MPU und AN beschäftige. Ich bin seit ein paar Wochen sehr reflektierend geworden und schäme mich für viele Dinge sehr, die ich betrunken gemacht habe. Früher dachte ich, es sei normal sich am Wochenende normal abzuschießen. Dies ist aber nicht der Fall und ich bin froh, dass es zu den Trunkenheitsfahrten gekommen ist. Diese Verhaltensänderung habe ich gebraucht.
Also ist "der Schuss" erst gefallen als die MPU-Aufforderung kam?
Und du bist "seit ein paar Wochen reflektierend geworden"? Ist das nicht ein bisschen spät? Wo war deine Selbstreflektion vorher?
27. Wie stellen Sie sicher, dass Ihr neues Verhalten dauerhaft stabil bleibt?
Wenn mir Alkohol angeboten wird, lehne ich dankend ab. Bestellt wird immer nur ein Wasser, ein Saft o.ä.
Zum Ausgleich, als Druckventil, will ich wieder aktiv Sport betreiben. Meine Freundin/Familie ist immer da zum reden, falls mich was bedrückt. Auch beruflich will ich mich weiterbilden und da ist der Konsum von Alkohol kontraproduktiv. Ich will was in meinem Leben erreichen und bin auch nicht mehr der Jüngste, es wird Zeit in die Puschen zu kommen. Es muss nach vorne gehen und da steht Alkohol nur im Weg!
Zum Thema Erröten: habe ich mittlerweile auch bezwungen, da ich mich so akzeptiere, wie ich bin. Ich habe meine Makel mal in der Gruppe angesprochen und die meinten, es sei ihnen gar nicht aufgefallen. Seitdem ich mich damit abgefunden habe, dass es mal passieren kann und es auch völlig in Ordnung ist, rot zu werden, ist es besser geworden. Vor allem machen einen die Kanten und Ecken zu dem Menschen, der man ist.
"Zum Ausgleich, als Druckventil, will ich wieder aktiv Sport betreiben"......also hast du damit noch gar nicht angefangen? Was ist denn zur Zeit dein Druckventil?
"...und ich bin auch nicht mehr der Jüngste..."
(Jetzt fühle ich mich gerade ganz schön alt....)
Wie alt darf man denn sein um bei der MPU als "jüngster" zu gelten?
Lass' solche Aussagen weg, die sind einfach nur Unfug (sorry).
28. Können Sie sich vorstellen, jemals wieder in Ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen?
Schicksalsschläge stellen immer eine Gefahr dar, aber da ich aktuell auch zum Psychologen gehe, kann ich dort meine Gedanken teile. Freunde und Freundin sind für mich da, wenn ich sie brauche. Draht zur Mutter ist auch wieder sehr gut geworden.
Ich will meine aktuelle Lebensweise nicht gefährden, deshalb fresse ich nichts mehr in mich hinein und rede lieber darüber.
Lies dir mal deine Antwort zu den Trinkmotiven in der Frage 12 durch. Denkst du, die Probleme die du "hattest" werden durch dein Vorgehen in der Antwort zur Frage 28 gelöst?
Ich habe es schon öfter geschrieben: bei AN von 12 Monaten ist es leichter eine MPU zu bestehen und man kann viel offener über seine Hintergründe reden. Trotzdem muss die Aufarbeitung abgeschlossen und nachvollziehbar sein und das ist sie anhand deiner Antworten noch nicht wirklich (das meinte Max damit dass der FB noch nicht MPU-tauglich ist).
Darum meine Empfehlung: nimm dir noch einmal dein neg. Gutachten vor und lies es durch. Versuche zu verstehen wo du noch einmal ansetzen musst und dann wäre es sinnvoll wenn du die Fragen aus dem Originalgutachten noch einmal neu beantworten würdest.
Antworten (aus deinem Ga) wie: "Erstens denke ich mal, dass ich nicht wieder in alte Verhaltensmuster zurückfallen würde..." sind dabei ein absolutes "No go", solche Dinge brechen dir bei der MPU das Genick...