Ich habe über den Zeitraum meines Urlaubs den Fragenkatalog ausgefüllt. Inzwischen habe ich mehrere Sitzungen bei meiner Verkehrspsychologin absolviert und auch viel mit meiner Frau reflektiert. Sie hat auch einen Pädagogischen hintergrund.
Das alles kostet mich wirklich enorme kraft. Vor allem der Fragenkatalog. Das geht wirklich tief in die Vergangenheit. Ich weiß zwar das es noch was früh dafür ist, aber immerhin habe ich eine Art Fahrplan an dem ich arbeiten kann.
Tathergang
1. Beschreiben Sie den Tag Ihrer Trunkenheitsfahrt aus eigener Sicht mit Datum und Uhrzeiten.
(wann, wo und mit wem getrunken / wann und wie aufgefallen / Promille)
Am Samstag, dem 10. Mai 2025, war ich zu einem Junggesellenabschied in Köln mit meinem alten Freundeskreis eingeladen. Ich fuhr gegen 11:30 Uhr mit dem Fahrrad zum Treffpunkt bei einem Freund in der Nähe, wo ich das Fahrrad abschloss. Gegen 12:00 Uhr fuhren wir mit mehreren Personen gemeinsam nach Köln.
Mein erster Alkohol – ein Bier – war gegen 12:00 Uhr. Im Verlauf des Abends trank ich in wechselnden Locations Bier und Longdrinks. Die letzte Station war ein Club, den ich in der Nacht zum 11. Mai gegen 1:00 Uhr verließ. Gemeinsam mit einem Freund fuhr ich zurück zu seinem Wohnort, wo mein Fahrrad stand.
Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt bereits sehr betrunken war, schloss ich mein Fahrrad auf und fuhr los, mit dem Ziel, nach Hause zu kommen. Die Strecke betrug etwa 4,5 bis 5 Kilometer. Auf dem Heimweg fiel ich durch starke Schlangenlinien und unsichere Fahrweise auf. Gegen 1:30 Uhr wurde ich von der Polizei angehalten. Der Atemalkoholtest ergab einen Wert von 1,8 Promille. Ich wurde mit zur Wache genommen, wo ein Bluttest durchgeführt wurde. Das Ergebnis betrug 2,24 Promille. Ich war die ganze Zeit über kooperativ.
2. Was und wie viel haben Sie am Tattag insgesamt getrunken?
1. Station:
4 × 0,4 l Bier
2 × 0,2 l Bier
2 × 2 cl Jägermeister
2. Station:
1 × 0,5 l Bier
3. Station:
5 × 0,2 l Bier
3 × 2 cl Jägermeister
4. Station:
2 × 0,5 l Bier
5. Station (Club):
3 × 0,3 l Longdrinks (Vodka Red Bull)
2 × 2 cl Jägermeister
Gesamtsumme:
Bier: ca. 3,4 Liter
Longdrinks (hochprozentig): 0,9 Liter Vodka-Red Bull
Kurze (Jägermeister): 9 × 2 cl = 18 cl = 180 ml
Der Konsum war sehr verteilt, aber durchgehend – ohne größere Pausen. Ich war mir bewusst, dass ich angetrunken war, aber ich habe die tatsächliche Wirkung unterschätzt.
3. Wie viel Kilometer fuhren Sie, bis Sie aufgefallen sind und wie viel Kilometer wollten Sie insgesamt fahren?
Ich bin in der Nacht zum 11. Mai 2025 etwa 3,1 Kilometer mit dem Fahrrad gefahren, bevor ich von der Polizei kontrolliert wurde. Mein eigentliches Ziel war es, nach Hause zu fahren – das wären insgesamt ca. 7 Kilometer gewesen.Ich war stark betrunken, habe aber in diesem Moment keine vernünftige Entscheidung mehr getroffen. Heute ist mir bewusst, wie gefährlich diese Fahrt war – für mich selbst und potenziell auch für andere.
4. Hatten Sie das Gefühl, noch sicher fahren zu können?
Nein. Ich hatte in dem Moment zwar nur ein Ziel vor Augen – nach Hause zu kommen – aber ich habe durchaus gespürt, dass ich stark betrunken war. Trotzdem habe ich mein Zustand und die Situation verdrängt. Ich war nicht mehr wirklich in der Lage, klar zu denken oder verantwortungsvoll zu handeln. Mein Handeln war impulsiv und kurzsichtig. Ich habe mir eingeredet, dass ich das irgendwie schaffe, obwohl ich tief drin wusste, dass das keine gute Idee ist. Heute weiß ich ganz klar: Ich hätte mein Fahrrad stehen lassen müssen. Ich war definitiv nicht mehr fahrtüchtig. Dass ich trotzdem losgefahren bin, war ein großer Fehler und hat mir im Nachhinein sehr deutlich vor Augen geführt, dass ich damals nicht verantwortungsvoll mit Alkohol umgegangen bin.
5. Wie haben Sie die Trunkenheitsfahrt vermeiden wollen (wenn überhaupt)?
Nein, ich habe sie nicht bewusst vermeiden wollen. Ich war in der Nacht so auf den Gedanken fixiert, einfach nur nach Hause zu kommen, dass ich nicht mehr vernünftig über Alternativen nachgedacht habe. Ich hätte zu Fuß gehen oder ein Taxi rufen können – das wäre in jeder Hinsicht die richtige Entscheidung gewesen.
Aber in meinem betrunkenen Zustand war ich nicht mehr klar im Kopf. Ich habe impulsiv gehandelt, nicht überlegt. Ich wollte mein Fahrrad einfach nicht stehen lassen – auch, weil ich es als „normal“ empfand, nach dem Feiern damit nach Hause zu fahren. Heute sehe ich das komplett anders. Es war verantwortungslos und hätte schlimme Folgen haben können – für mich und andere. Solch eine Situation wird es bei mir nicht mehr geben.
6. Haben Sie bereits früher im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss gestanden und sind aufgefallen?
Nein
7. Wie oft haben Sie alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen ohne aufzufallen und was folgern Sie daraus?
Wenn ich heute ehrlich zurückblicke, muss ich sagen, dass ich deutlich häufiger unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilgenommen habe, als ich es mir früher selbst eingestehen wollte – insbesondere mit dem Fahrrad.
Ich würde schätzen, dass ich im Laufe der Jahre zwischen 100 und 150 Mal mit dem Fahrrad angetrunken unterwegs war, besonders nach Treffen mit Freunden – z. B. an warmen Abenden am Rhein. Das war für mich damals „normal“, weil ich glaubte, dass Fahrradfahren weniger gefährlich oder rechtlich weniger relevant sei. Tatsächlich habe ich das völlig unterschätzt.
Beim Autofahren war ich zwar immer vorsichtig – ich bin nie absichtlich betrunken Auto gefahren und habe mein Auto nie zu Feiern mitgenommen, wenn ich wusste, dass dort Alkohol getrunken wird. Ich habe dann immer auf öffentliche Verkehrsmittel gesetzt. Allerdings kam es auch hier zu riskantem Verhalten: Ich bin schätzungsweise 50 bis 80 Mal mit dem Auto gefahren, obwohl ich vermutlich noch Restalkohol im Blut hatte.
Exploration
8. Wann hatten Sie den ersten Kontakt mit Alkohol und wann haben Sie das erste Mal Alkohol zu sich genommen?
(Allererste Erinnerung und erster Konsum)
Mein erster Kontakt mit Alkohol war mit ca. 9 Jahren. Meine Mutter und mein Onkel haben in der Küche ein Bier getrunken gehabt. Ich war neugierig und durfte an dem Bier riechen.
Zum ersten mal getrunken habe ich mit 14 Jahren im Jugendkreis, also ca. 1997. Ich habe damals bei meinem Freund das erste Mal auswärts übernachtet und bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich keinerlei Umgang mit Alkohol. Seine Eltern waren nicht zu Hause, und im Keller standen Bierflaschen. Aus jugendlicher Neugier heraus haben wir jeweils zwei Flaschen Bier getrunken.
Ich wusste damals überhaupt nicht, wie man mit Alkohol umgeht oder was daran problematisch sein könnte.
9. Haben Sie regelmäßig Alkohol getrunken, und wie hat sich ihr Trinkverhalten in den letzten Jahren entwickelt?
Mein Trinkverhalten hat sich im Laufe meines Lebens in mehreren Phasen entwickelt, die eng mit meiner jeweiligen Lebenssituation verknüpft waren.
1997 (mit ca. 14 Jahren): Mein erster Kontakt mit Alkohol geschah im Jugendkreis, bei einer Übernachtung bei einem Freund. Aus jugendlicher Neugier tranken wir jeweils zwei Flaschen Bier. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich keinen Umgang mit Alkohol und wusste auch nichts über mögliche Risiken. Danach spielte Alkohol erstmal keine Rolle mehr. Bis ca.1999
1999–2000 (mit ca. 16–17 Jahren): Etwa zwei Mal im Monat besuchte ich mit meinem damaligen Freundeskreis eine Kneipe. Dort spielte das gemeinsame Biertrinken eine große Rolle. An diesen Abenden konsumierte ich in der Regel acht bis neun kleine Bier (0,2 l). Unter der Woche spielte Alkohol keine Rolle, da ich sportlich aktiv war und viel Fußball spielte.
2000–2009: In dieser Zeit war ich in einer festen Beziehung. Wir waren neun Jahre lang ein Paar, und an den Wochenenden tranken wir regelmäßig Alkohol – meist drei bis vier Bier (0,5 l). Bei besonderen Anlässen wie Geburtstagen oder Feiern (ca. fünf- bis sechsmal im Jahr) waren es auch bis zu acht oder neun Bier. Ich trank ausschließlich Bier. Unter der Woche trank ich grundsätzlich nicht, da ich früh zur Arbeit nach Köln pendelte.
2009–2016: Nach einer schmerzhaften Trennung rutschte ich in eine intensive Partyphase. Ich lebte in Bonn und war fast jedes Wochenende mit meinem damaligen Freundeskreis feiern – hauptsächlich in Clubs oder auf Partys. Mein Alkoholkonsum bestand aus ca. acht bis neun Wodka Red Bull und neun bis zehn Jägermeister pro Abend. Diese Mengen waren über Jahre hinweg „normal“ für mich. Alkohol unter der Woche spielte auch in dieser Phase keine Rolle.
2016–2019: Ich lernte meine jetzige Ehefrau kennen. Zwar ging ich weiterhin gelegentlich feiern, aber deutlich seltener – etwa die Hälfte im Vergleich zu den Jahren zuvor. Auch die Konsummengen reduzierten sich entsprechend. 2019 beendete ich mein aktives Nachtleben vollständig.
Ab 2019: Ich ging nicht mehr feiern, mit wenigen Ausnahmen (etwa drei- bis viermal im Jahr), meist anlassbezogen wie runde Geburtstage oder Junggesellenabschiede – dort wurde dann auch wieder mehr getrunken. Ca. 7-8 Vodka Red Bull und 5-6 Jägermeister. Seit der Geburt meines Sohnes im Jahr 2021 reduzierten sich diese Ereignisse noch weiter – auf zwei bis maximal drei Mal im Jahr mit sehr langen Abständen dazwischen. Diese Situationen hingen fast ausschließlich mit meinem alten Freundeskreis zusammen.
2019–Mai 2025: An normalen Wochenenden trank ich regelmäßig zwei bis drei Bier (0,5 l), selten vier. 2-3-mal im Jahr habe ich mit dem alten Freundeskreis getrunken. Die Mengen betrugen die gleichen Mengen wie 2000-2009. 3-4x im Jahr habe ich zu dritt bei Besucher 1 Flasche Wein und 2-3 Bier getrunken. Schnaps spiele eher eine kleine Rolle. Ich müsste es mit 5-10 Jägermeister im Jahr beziffern. Wenn überhaupt. Mein Konsum war nicht mehr exzessiv, aber ich habe ihn nicht kritisch hinterfragt. Ich dachte, er sei kontrolliert und unproblematisch, weil er nicht mehr wie früher mit Feiern verbunden war. Erst durch den Vorfall im Mai 2025 wurde mir bewusst, dass mein Umgang mit Alkohol auch in dieser Phase nicht wirklich reflektiert war.
10. Wie viel und wie oft haben Sie getrunken?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Mit 14 Jahren (1997): Erster Kontakt mit Alkohol, 2 Bier (0,5 l)
Mit 16–17 Jahren (1999–2000): Ca. 2× pro Monat Kneipenbesuche, jeweils 8–9 Bier à 0,2 l pro Abend.
Mit 17–26 Jahren (2000–2009): 4x pro Monat (3–4 Bier à 0,5 l), bei Feiern bis zu 8–9 Bier à 0,5 l)
Mit 26–33 Jahren (2009–2016):5x pro Monat 8–9 Wodka Red Bull + 9–10 Jägermeister pro Abend.
Mit 33–36 Jahren (2016–2019): 2-3x pro Monat a 3-4 Wodka red Bull und max. 2-3 Jägermeister.
Ab 36 Jahren (seit 2019): 3-4 Bier a 0,5l/ Woche
2-3x Jahr 1 Flasche Wein + 2 Bier a 0,33l
3-4 x Jahr Feiern. 5-6 Bier a 0,33l und 2-3 Jägermeister 0,2cl und 1 Longdrink Vodka Red Bull 0,3L
Ab 2021 (Geburt des Sohnes) nur noch 2–3× pro Jahr mit langen Abständen Am Wochenenden: regelmäßig 2–3 Bier (0,5 l)
2–3× pro Jahr 5-6 Bier a 0,33l und 2-3 Jägermeister 0,2cl und 1 Longdrink Vodka Red Bull 0,3L
11. Wo und mit wem haben Sie überwiegend getrunken?
Ich habe ausschließlich in Gesellschaft getrunken – auf Partys, bei Feiern, runden Geburtstagen oder Jubiläumsveranstaltungen.
12. Warum haben Sie getrunken?
(Innere + äußere Motive)
Äußere Motive
Ein Großteil meines Konsums fand im Rahmen gesellschaftlicher Anlässe statt. Alkohol war oft fester Bestandteil von Feiern, Geburtstagen, Clubabenden oder sonstigen Treffen – besonders in meinem alten Bonner Freundeskreis. Ich habe getrunken, um dazuzugehören, um locker zu sein, um die Stimmung zu halten. Das Umfeld hat eine große Rolle gespielt: Wenn alle trinken, hinterfragt man es nicht – man macht einfach mit. Gerade in meiner Partyzeit von 2009 bis 2016 war der Konsum stark durch Gruppendynamik geprägt.
Innere Motive
Ich kam 1985 mit meiner Mutter als Kind allein nach Deutschland. Wir lebten lange Zeit unter schwierigen Bedingungen – in Übergangsunterkünften, häufigen Hotelumzügen, ohne feste Wohnung oder Stabilität. Diese frühen Jahre meiner Kindheit waren von ständigen Ortswechseln geprägt, teils noch vor dem Schuleintritt. Ich verlor immer wieder mein soziales Umfeld und musste mir neue Freunde suchen – das hat mich tief geprägt.
Als meine Mutter später einen neuen Mann kennenlernte, entstand vorübergehend Stabilität. Aus dieser Beziehung ging meine Schwester hervor. Doch auch diese Phase war von häufigen Umzügen bestimmt – etwa alle anderthalb Jahre. Ich musste immer wieder meine Umgebung verlassen, neue Schulen besuchen, mich neu orientieren. Dieses ständige Herausgerissen werden aus meinem sozialen Umfeld führte bei mir über die Jahre zu tiefsitzenden Verlustängsten und einem starken Bedürfnis nach Zugehörigkeit.
Erst mit dem Auszug aus dem Elternhaus und dem Beginn meiner Lehre 2003 konnte ich langsam Stabilität aufbauen. Ich war schulisch oft benachteiligt, weil ich durch die vielen Ortswechsel keinen durchgängigen Bildungsweg hatte. Dennoch bekam ich eine Ausbildung und schloss diese erfolgreich ab. Von 2007 bis 2011 absolvierte ich meinen staatlich geprüften Maschinenbautechniker – eine sehr fordernde Zeit mit hohem Leistungsdruck.
Im Jahr 2009 im Mai erfolgte ein Umzug der beruflich bedingt war nach Bonn. Nach dem Ende einer sehr unglücklichen Beziehung im Jahr(November) 2009 hatte ich erneut mit starker Trennungsangst zu kämpfen. Ich wollte mein Leben nicht wieder in Unsicherheit und Umbruch führen, sondern endlich irgendwo ankommen. Deshalb suchte ich gezielt Anschluss und fand diesen bei einem neuen Freundeskreis in Bonn. Einige dieser Jungs waren bereits tief in der Club- und Partyszene verwurzelt und nahmen mich schnell in ihren Kreis auf. Ich fühlte mich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder willkommen und akzeptiert – ein Gefühl, das mir in meiner Kindheit oft gefehlt hatte. Ich hatte Zugang zu jeden Club. Eine Neue Welt öffnete sich.
Allerdings bestand diese Freundschaft stark aus gemeinschaftlichem Feiern, bei dem Alkohol im Mittelpunkt stand. Für mich wurde Alkohol damit auch zu einem Symbol für Nähe, Zugehörigkeit und Akzeptanz. Ich habe ihn genutzt, um nicht nur zu „funktionieren“, sondern um mich als Teil einer Gruppe zu fühlen, um meine Unsicherheit zu überdecken und um den inneren Druck zu entkommen.
Gleichzeitig hatte ich ein tiefes Bedürfnis, unangenehme Gefühle zu betäuben: Einsamkeit, innere Leere, Druck, Trauer und das Gefühl, nie wirklich irgendwo angekommen zu sein. Alkohol war für mich ein Weg, diese Gefühle zu verdrängen – zumindest kurzfristig. Er verschaffte mir Erleichterung, ließ mich „abschalten“ und gab mir das Gefühl, Kontrolle zu haben, obwohl ich sie in Wirklichkeit zunehmend verlor.
Mit der Zeit wurde der Alkoholkonsum zu einer Art Routine – insbesondere an Wochenenden. Ich habe ihn nicht mehr bewusst hinterfragt, sondern als festen Bestandteil meiner Freizeit übernommen. Besonders in meiner Bonner Partyphase war Alkohol das Mittel, um mich „gut“ zu fühlen – obwohl es mir innerlich oft nicht gut ging. Ich habe erst viel später erkannt, dass ich Alkohol nicht nur aus gesellschaftlichen Gründen konsumierte, sondern auch, um seelische Belastungen zu kompensieren.
Heute verstehe ich diesen Zusammenhang sehr klar. Ich weiß, dass mein Alkoholkonsum eng mit meiner Vergangenheit, meiner emotionalen Unsicherheit und dem Wunsch nach Stabilität verknüpft war. Diese Erkenntnis war schmerzhaft, aber sie war notwendig, um den Weg in ein alkoholfreies Leben zu gehen. Der Alkohol hat mir kurzfristig Erleichterung verschafft – aber langfristig hat er mich daran gehindert, echte Strategien zur Bewältigung zu entwickeln und mich selbst wirklich kennenzulernen.
13. Welche Wirkung haben Sie in der Vergangenheit nach Alkoholgenuss bei sich beobachtet?
(bei wenig und bei viel Alkohol)
Bei geringem Konsum – z. B. zwei bis drei Bier – fühlte ich mich meist entspannter, etwas lockerer und sozial kontaktfreudiger. Gerade in der Anfangszeit empfand ich das als angenehm – ich war weniger angespannt, habe Hemmungen leichter abgelegt und fühlte mich in Gruppen sicherer. In dieser Phase wirkte Alkohol eher wie ein Verstärker von Geselligkeit.
Bei höherem Konsum – besonders in meiner intensiven Partyphase – habe ich deutliche Veränderungen bemerkt: Ich wurde lauter, risikofreudiger, manchmal auch leichtsinnig. Gleichzeitig nahm meine Selbstwahrnehmung ab: Ich fühlte mich oft noch kontrolliert, obwohl das objektiv nicht mehr der Fall war. In manchen Nächten verlor ich komplett das Gefühl für Zeit und Kontrolle über die Trinkmenge – besonders bei Jägermeister oder Longdrinks. Emotionen wie Traurigkeit oder innere Leere wurden betäubt, was kurzfristig wirkte, langfristig aber ungesund war.
14. Gab es kritische Hinweise Anderer auf Ihren Alkoholkonsum und wie haben Sie darauf reagiert?
In meinem direkten Umfeld – vor allem im alten Freundeskreis – war mein Alkoholkonsum nie wirklich ein Thema, das offen angesprochen wurde. Das lag auch daran, dass in dieser Gruppe Alkohol als völlig normal galt und exzessives Trinken oft sogar zum festen Bestandteil gemeinsamer Abende gehörte. Es war also kein Umfeld, in dem man sich gegenseitig hinterfragte oder zur Vorsicht mahnte.
Trotzdem gab es rückblickend kleinere Andeutungen, die ich damals aber nicht ernst genommen habe. Zum Beispiel kamen gelegentlich Sprüche wie „Du bist ja schon wieder ganz gut dabei heute“ oder „Trink nicht wieder so viel wie letztes Mal“. Ich habe solche Hinweise jedoch heruntergespielt und als übertrieben abgetan.
Erst im Nachhinein, durch die intensive Auseinandersetzung mit meinem Verhalten, wurde mir klar, dass diese Bemerkungen durchaus Warnsignale waren. Aber ich war zu sehr in meiner eigenen Normalität gefangen, um sie richtig einordnen zu können. Ich habe mir selbst lange eingeredet, dass mein Konsum harmlos sei – dabei war er es nicht.
Das alles kostet mich wirklich enorme kraft. Vor allem der Fragenkatalog. Das geht wirklich tief in die Vergangenheit. Ich weiß zwar das es noch was früh dafür ist, aber immerhin habe ich eine Art Fahrplan an dem ich arbeiten kann.
Tathergang
1. Beschreiben Sie den Tag Ihrer Trunkenheitsfahrt aus eigener Sicht mit Datum und Uhrzeiten.
(wann, wo und mit wem getrunken / wann und wie aufgefallen / Promille)
Am Samstag, dem 10. Mai 2025, war ich zu einem Junggesellenabschied in Köln mit meinem alten Freundeskreis eingeladen. Ich fuhr gegen 11:30 Uhr mit dem Fahrrad zum Treffpunkt bei einem Freund in der Nähe, wo ich das Fahrrad abschloss. Gegen 12:00 Uhr fuhren wir mit mehreren Personen gemeinsam nach Köln.
Mein erster Alkohol – ein Bier – war gegen 12:00 Uhr. Im Verlauf des Abends trank ich in wechselnden Locations Bier und Longdrinks. Die letzte Station war ein Club, den ich in der Nacht zum 11. Mai gegen 1:00 Uhr verließ. Gemeinsam mit einem Freund fuhr ich zurück zu seinem Wohnort, wo mein Fahrrad stand.
Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt bereits sehr betrunken war, schloss ich mein Fahrrad auf und fuhr los, mit dem Ziel, nach Hause zu kommen. Die Strecke betrug etwa 4,5 bis 5 Kilometer. Auf dem Heimweg fiel ich durch starke Schlangenlinien und unsichere Fahrweise auf. Gegen 1:30 Uhr wurde ich von der Polizei angehalten. Der Atemalkoholtest ergab einen Wert von 1,8 Promille. Ich wurde mit zur Wache genommen, wo ein Bluttest durchgeführt wurde. Das Ergebnis betrug 2,24 Promille. Ich war die ganze Zeit über kooperativ.
2. Was und wie viel haben Sie am Tattag insgesamt getrunken?
1. Station:
4 × 0,4 l Bier
2 × 0,2 l Bier
2 × 2 cl Jägermeister
2. Station:
1 × 0,5 l Bier
3. Station:
5 × 0,2 l Bier
3 × 2 cl Jägermeister
4. Station:
2 × 0,5 l Bier
5. Station (Club):
3 × 0,3 l Longdrinks (Vodka Red Bull)
2 × 2 cl Jägermeister
Gesamtsumme:
Bier: ca. 3,4 Liter
Longdrinks (hochprozentig): 0,9 Liter Vodka-Red Bull
Kurze (Jägermeister): 9 × 2 cl = 18 cl = 180 ml
Der Konsum war sehr verteilt, aber durchgehend – ohne größere Pausen. Ich war mir bewusst, dass ich angetrunken war, aber ich habe die tatsächliche Wirkung unterschätzt.
3. Wie viel Kilometer fuhren Sie, bis Sie aufgefallen sind und wie viel Kilometer wollten Sie insgesamt fahren?
Ich bin in der Nacht zum 11. Mai 2025 etwa 3,1 Kilometer mit dem Fahrrad gefahren, bevor ich von der Polizei kontrolliert wurde. Mein eigentliches Ziel war es, nach Hause zu fahren – das wären insgesamt ca. 7 Kilometer gewesen.Ich war stark betrunken, habe aber in diesem Moment keine vernünftige Entscheidung mehr getroffen. Heute ist mir bewusst, wie gefährlich diese Fahrt war – für mich selbst und potenziell auch für andere.
4. Hatten Sie das Gefühl, noch sicher fahren zu können?
Nein. Ich hatte in dem Moment zwar nur ein Ziel vor Augen – nach Hause zu kommen – aber ich habe durchaus gespürt, dass ich stark betrunken war. Trotzdem habe ich mein Zustand und die Situation verdrängt. Ich war nicht mehr wirklich in der Lage, klar zu denken oder verantwortungsvoll zu handeln. Mein Handeln war impulsiv und kurzsichtig. Ich habe mir eingeredet, dass ich das irgendwie schaffe, obwohl ich tief drin wusste, dass das keine gute Idee ist. Heute weiß ich ganz klar: Ich hätte mein Fahrrad stehen lassen müssen. Ich war definitiv nicht mehr fahrtüchtig. Dass ich trotzdem losgefahren bin, war ein großer Fehler und hat mir im Nachhinein sehr deutlich vor Augen geführt, dass ich damals nicht verantwortungsvoll mit Alkohol umgegangen bin.
5. Wie haben Sie die Trunkenheitsfahrt vermeiden wollen (wenn überhaupt)?
Nein, ich habe sie nicht bewusst vermeiden wollen. Ich war in der Nacht so auf den Gedanken fixiert, einfach nur nach Hause zu kommen, dass ich nicht mehr vernünftig über Alternativen nachgedacht habe. Ich hätte zu Fuß gehen oder ein Taxi rufen können – das wäre in jeder Hinsicht die richtige Entscheidung gewesen.
Aber in meinem betrunkenen Zustand war ich nicht mehr klar im Kopf. Ich habe impulsiv gehandelt, nicht überlegt. Ich wollte mein Fahrrad einfach nicht stehen lassen – auch, weil ich es als „normal“ empfand, nach dem Feiern damit nach Hause zu fahren. Heute sehe ich das komplett anders. Es war verantwortungslos und hätte schlimme Folgen haben können – für mich und andere. Solch eine Situation wird es bei mir nicht mehr geben.
6. Haben Sie bereits früher im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss gestanden und sind aufgefallen?
Nein
7. Wie oft haben Sie alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen ohne aufzufallen und was folgern Sie daraus?
Wenn ich heute ehrlich zurückblicke, muss ich sagen, dass ich deutlich häufiger unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilgenommen habe, als ich es mir früher selbst eingestehen wollte – insbesondere mit dem Fahrrad.
Ich würde schätzen, dass ich im Laufe der Jahre zwischen 100 und 150 Mal mit dem Fahrrad angetrunken unterwegs war, besonders nach Treffen mit Freunden – z. B. an warmen Abenden am Rhein. Das war für mich damals „normal“, weil ich glaubte, dass Fahrradfahren weniger gefährlich oder rechtlich weniger relevant sei. Tatsächlich habe ich das völlig unterschätzt.
Beim Autofahren war ich zwar immer vorsichtig – ich bin nie absichtlich betrunken Auto gefahren und habe mein Auto nie zu Feiern mitgenommen, wenn ich wusste, dass dort Alkohol getrunken wird. Ich habe dann immer auf öffentliche Verkehrsmittel gesetzt. Allerdings kam es auch hier zu riskantem Verhalten: Ich bin schätzungsweise 50 bis 80 Mal mit dem Auto gefahren, obwohl ich vermutlich noch Restalkohol im Blut hatte.
Exploration
8. Wann hatten Sie den ersten Kontakt mit Alkohol und wann haben Sie das erste Mal Alkohol zu sich genommen?
(Allererste Erinnerung und erster Konsum)
Mein erster Kontakt mit Alkohol war mit ca. 9 Jahren. Meine Mutter und mein Onkel haben in der Küche ein Bier getrunken gehabt. Ich war neugierig und durfte an dem Bier riechen.
Zum ersten mal getrunken habe ich mit 14 Jahren im Jugendkreis, also ca. 1997. Ich habe damals bei meinem Freund das erste Mal auswärts übernachtet und bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich keinerlei Umgang mit Alkohol. Seine Eltern waren nicht zu Hause, und im Keller standen Bierflaschen. Aus jugendlicher Neugier heraus haben wir jeweils zwei Flaschen Bier getrunken.
Ich wusste damals überhaupt nicht, wie man mit Alkohol umgeht oder was daran problematisch sein könnte.
9. Haben Sie regelmäßig Alkohol getrunken, und wie hat sich ihr Trinkverhalten in den letzten Jahren entwickelt?
Mein Trinkverhalten hat sich im Laufe meines Lebens in mehreren Phasen entwickelt, die eng mit meiner jeweiligen Lebenssituation verknüpft waren.
1997 (mit ca. 14 Jahren): Mein erster Kontakt mit Alkohol geschah im Jugendkreis, bei einer Übernachtung bei einem Freund. Aus jugendlicher Neugier tranken wir jeweils zwei Flaschen Bier. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich keinen Umgang mit Alkohol und wusste auch nichts über mögliche Risiken. Danach spielte Alkohol erstmal keine Rolle mehr. Bis ca.1999
1999–2000 (mit ca. 16–17 Jahren): Etwa zwei Mal im Monat besuchte ich mit meinem damaligen Freundeskreis eine Kneipe. Dort spielte das gemeinsame Biertrinken eine große Rolle. An diesen Abenden konsumierte ich in der Regel acht bis neun kleine Bier (0,2 l). Unter der Woche spielte Alkohol keine Rolle, da ich sportlich aktiv war und viel Fußball spielte.
2000–2009: In dieser Zeit war ich in einer festen Beziehung. Wir waren neun Jahre lang ein Paar, und an den Wochenenden tranken wir regelmäßig Alkohol – meist drei bis vier Bier (0,5 l). Bei besonderen Anlässen wie Geburtstagen oder Feiern (ca. fünf- bis sechsmal im Jahr) waren es auch bis zu acht oder neun Bier. Ich trank ausschließlich Bier. Unter der Woche trank ich grundsätzlich nicht, da ich früh zur Arbeit nach Köln pendelte.
2009–2016: Nach einer schmerzhaften Trennung rutschte ich in eine intensive Partyphase. Ich lebte in Bonn und war fast jedes Wochenende mit meinem damaligen Freundeskreis feiern – hauptsächlich in Clubs oder auf Partys. Mein Alkoholkonsum bestand aus ca. acht bis neun Wodka Red Bull und neun bis zehn Jägermeister pro Abend. Diese Mengen waren über Jahre hinweg „normal“ für mich. Alkohol unter der Woche spielte auch in dieser Phase keine Rolle.
2016–2019: Ich lernte meine jetzige Ehefrau kennen. Zwar ging ich weiterhin gelegentlich feiern, aber deutlich seltener – etwa die Hälfte im Vergleich zu den Jahren zuvor. Auch die Konsummengen reduzierten sich entsprechend. 2019 beendete ich mein aktives Nachtleben vollständig.
Ab 2019: Ich ging nicht mehr feiern, mit wenigen Ausnahmen (etwa drei- bis viermal im Jahr), meist anlassbezogen wie runde Geburtstage oder Junggesellenabschiede – dort wurde dann auch wieder mehr getrunken. Ca. 7-8 Vodka Red Bull und 5-6 Jägermeister. Seit der Geburt meines Sohnes im Jahr 2021 reduzierten sich diese Ereignisse noch weiter – auf zwei bis maximal drei Mal im Jahr mit sehr langen Abständen dazwischen. Diese Situationen hingen fast ausschließlich mit meinem alten Freundeskreis zusammen.
2019–Mai 2025: An normalen Wochenenden trank ich regelmäßig zwei bis drei Bier (0,5 l), selten vier. 2-3-mal im Jahr habe ich mit dem alten Freundeskreis getrunken. Die Mengen betrugen die gleichen Mengen wie 2000-2009. 3-4x im Jahr habe ich zu dritt bei Besucher 1 Flasche Wein und 2-3 Bier getrunken. Schnaps spiele eher eine kleine Rolle. Ich müsste es mit 5-10 Jägermeister im Jahr beziffern. Wenn überhaupt. Mein Konsum war nicht mehr exzessiv, aber ich habe ihn nicht kritisch hinterfragt. Ich dachte, er sei kontrolliert und unproblematisch, weil er nicht mehr wie früher mit Feiern verbunden war. Erst durch den Vorfall im Mai 2025 wurde mir bewusst, dass mein Umgang mit Alkohol auch in dieser Phase nicht wirklich reflektiert war.
10. Wie viel und wie oft haben Sie getrunken?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Mit 14 Jahren (1997): Erster Kontakt mit Alkohol, 2 Bier (0,5 l)
Mit 16–17 Jahren (1999–2000): Ca. 2× pro Monat Kneipenbesuche, jeweils 8–9 Bier à 0,2 l pro Abend.
Mit 17–26 Jahren (2000–2009): 4x pro Monat (3–4 Bier à 0,5 l), bei Feiern bis zu 8–9 Bier à 0,5 l)
Mit 26–33 Jahren (2009–2016):5x pro Monat 8–9 Wodka Red Bull + 9–10 Jägermeister pro Abend.
Mit 33–36 Jahren (2016–2019): 2-3x pro Monat a 3-4 Wodka red Bull und max. 2-3 Jägermeister.
Ab 36 Jahren (seit 2019): 3-4 Bier a 0,5l/ Woche
2-3x Jahr 1 Flasche Wein + 2 Bier a 0,33l
3-4 x Jahr Feiern. 5-6 Bier a 0,33l und 2-3 Jägermeister 0,2cl und 1 Longdrink Vodka Red Bull 0,3L
Ab 2021 (Geburt des Sohnes) nur noch 2–3× pro Jahr mit langen Abständen Am Wochenenden: regelmäßig 2–3 Bier (0,5 l)
2–3× pro Jahr 5-6 Bier a 0,33l und 2-3 Jägermeister 0,2cl und 1 Longdrink Vodka Red Bull 0,3L
11. Wo und mit wem haben Sie überwiegend getrunken?
Ich habe ausschließlich in Gesellschaft getrunken – auf Partys, bei Feiern, runden Geburtstagen oder Jubiläumsveranstaltungen.
12. Warum haben Sie getrunken?
(Innere + äußere Motive)
Äußere Motive
Ein Großteil meines Konsums fand im Rahmen gesellschaftlicher Anlässe statt. Alkohol war oft fester Bestandteil von Feiern, Geburtstagen, Clubabenden oder sonstigen Treffen – besonders in meinem alten Bonner Freundeskreis. Ich habe getrunken, um dazuzugehören, um locker zu sein, um die Stimmung zu halten. Das Umfeld hat eine große Rolle gespielt: Wenn alle trinken, hinterfragt man es nicht – man macht einfach mit. Gerade in meiner Partyzeit von 2009 bis 2016 war der Konsum stark durch Gruppendynamik geprägt.
Innere Motive
Ich kam 1985 mit meiner Mutter als Kind allein nach Deutschland. Wir lebten lange Zeit unter schwierigen Bedingungen – in Übergangsunterkünften, häufigen Hotelumzügen, ohne feste Wohnung oder Stabilität. Diese frühen Jahre meiner Kindheit waren von ständigen Ortswechseln geprägt, teils noch vor dem Schuleintritt. Ich verlor immer wieder mein soziales Umfeld und musste mir neue Freunde suchen – das hat mich tief geprägt.
Als meine Mutter später einen neuen Mann kennenlernte, entstand vorübergehend Stabilität. Aus dieser Beziehung ging meine Schwester hervor. Doch auch diese Phase war von häufigen Umzügen bestimmt – etwa alle anderthalb Jahre. Ich musste immer wieder meine Umgebung verlassen, neue Schulen besuchen, mich neu orientieren. Dieses ständige Herausgerissen werden aus meinem sozialen Umfeld führte bei mir über die Jahre zu tiefsitzenden Verlustängsten und einem starken Bedürfnis nach Zugehörigkeit.
Erst mit dem Auszug aus dem Elternhaus und dem Beginn meiner Lehre 2003 konnte ich langsam Stabilität aufbauen. Ich war schulisch oft benachteiligt, weil ich durch die vielen Ortswechsel keinen durchgängigen Bildungsweg hatte. Dennoch bekam ich eine Ausbildung und schloss diese erfolgreich ab. Von 2007 bis 2011 absolvierte ich meinen staatlich geprüften Maschinenbautechniker – eine sehr fordernde Zeit mit hohem Leistungsdruck.
Im Jahr 2009 im Mai erfolgte ein Umzug der beruflich bedingt war nach Bonn. Nach dem Ende einer sehr unglücklichen Beziehung im Jahr(November) 2009 hatte ich erneut mit starker Trennungsangst zu kämpfen. Ich wollte mein Leben nicht wieder in Unsicherheit und Umbruch führen, sondern endlich irgendwo ankommen. Deshalb suchte ich gezielt Anschluss und fand diesen bei einem neuen Freundeskreis in Bonn. Einige dieser Jungs waren bereits tief in der Club- und Partyszene verwurzelt und nahmen mich schnell in ihren Kreis auf. Ich fühlte mich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder willkommen und akzeptiert – ein Gefühl, das mir in meiner Kindheit oft gefehlt hatte. Ich hatte Zugang zu jeden Club. Eine Neue Welt öffnete sich.
Allerdings bestand diese Freundschaft stark aus gemeinschaftlichem Feiern, bei dem Alkohol im Mittelpunkt stand. Für mich wurde Alkohol damit auch zu einem Symbol für Nähe, Zugehörigkeit und Akzeptanz. Ich habe ihn genutzt, um nicht nur zu „funktionieren“, sondern um mich als Teil einer Gruppe zu fühlen, um meine Unsicherheit zu überdecken und um den inneren Druck zu entkommen.
Gleichzeitig hatte ich ein tiefes Bedürfnis, unangenehme Gefühle zu betäuben: Einsamkeit, innere Leere, Druck, Trauer und das Gefühl, nie wirklich irgendwo angekommen zu sein. Alkohol war für mich ein Weg, diese Gefühle zu verdrängen – zumindest kurzfristig. Er verschaffte mir Erleichterung, ließ mich „abschalten“ und gab mir das Gefühl, Kontrolle zu haben, obwohl ich sie in Wirklichkeit zunehmend verlor.
Mit der Zeit wurde der Alkoholkonsum zu einer Art Routine – insbesondere an Wochenenden. Ich habe ihn nicht mehr bewusst hinterfragt, sondern als festen Bestandteil meiner Freizeit übernommen. Besonders in meiner Bonner Partyphase war Alkohol das Mittel, um mich „gut“ zu fühlen – obwohl es mir innerlich oft nicht gut ging. Ich habe erst viel später erkannt, dass ich Alkohol nicht nur aus gesellschaftlichen Gründen konsumierte, sondern auch, um seelische Belastungen zu kompensieren.
Heute verstehe ich diesen Zusammenhang sehr klar. Ich weiß, dass mein Alkoholkonsum eng mit meiner Vergangenheit, meiner emotionalen Unsicherheit und dem Wunsch nach Stabilität verknüpft war. Diese Erkenntnis war schmerzhaft, aber sie war notwendig, um den Weg in ein alkoholfreies Leben zu gehen. Der Alkohol hat mir kurzfristig Erleichterung verschafft – aber langfristig hat er mich daran gehindert, echte Strategien zur Bewältigung zu entwickeln und mich selbst wirklich kennenzulernen.
13. Welche Wirkung haben Sie in der Vergangenheit nach Alkoholgenuss bei sich beobachtet?
(bei wenig und bei viel Alkohol)
Bei geringem Konsum – z. B. zwei bis drei Bier – fühlte ich mich meist entspannter, etwas lockerer und sozial kontaktfreudiger. Gerade in der Anfangszeit empfand ich das als angenehm – ich war weniger angespannt, habe Hemmungen leichter abgelegt und fühlte mich in Gruppen sicherer. In dieser Phase wirkte Alkohol eher wie ein Verstärker von Geselligkeit.
Bei höherem Konsum – besonders in meiner intensiven Partyphase – habe ich deutliche Veränderungen bemerkt: Ich wurde lauter, risikofreudiger, manchmal auch leichtsinnig. Gleichzeitig nahm meine Selbstwahrnehmung ab: Ich fühlte mich oft noch kontrolliert, obwohl das objektiv nicht mehr der Fall war. In manchen Nächten verlor ich komplett das Gefühl für Zeit und Kontrolle über die Trinkmenge – besonders bei Jägermeister oder Longdrinks. Emotionen wie Traurigkeit oder innere Leere wurden betäubt, was kurzfristig wirkte, langfristig aber ungesund war.
14. Gab es kritische Hinweise Anderer auf Ihren Alkoholkonsum und wie haben Sie darauf reagiert?
In meinem direkten Umfeld – vor allem im alten Freundeskreis – war mein Alkoholkonsum nie wirklich ein Thema, das offen angesprochen wurde. Das lag auch daran, dass in dieser Gruppe Alkohol als völlig normal galt und exzessives Trinken oft sogar zum festen Bestandteil gemeinsamer Abende gehörte. Es war also kein Umfeld, in dem man sich gegenseitig hinterfragte oder zur Vorsicht mahnte.
Trotzdem gab es rückblickend kleinere Andeutungen, die ich damals aber nicht ernst genommen habe. Zum Beispiel kamen gelegentlich Sprüche wie „Du bist ja schon wieder ganz gut dabei heute“ oder „Trink nicht wieder so viel wie letztes Mal“. Ich habe solche Hinweise jedoch heruntergespielt und als übertrieben abgetan.
Erst im Nachhinein, durch die intensive Auseinandersetzung mit meinem Verhalten, wurde mir klar, dass diese Bemerkungen durchaus Warnsignale waren. Aber ich war zu sehr in meiner eigenen Normalität gefangen, um sie richtig einordnen zu können. Ich habe mir selbst lange eingeredet, dass mein Konsum harmlos sei – dabei war er es nicht.