25. Wie haben Sie die Änderung Ihres Trinkverhaltens erreicht und dabei die Umstellungsphase erlebt?
Nach dem ersten Schock der TF habe ich zunächst nichts getrunken und etwa zwei Wochen stundenlang Bücher und im Internet gelesen. Dabei ist mir bewusst geworden, dass ich in vielen Situationen nicht aus Genuss getrunken habe, sondern um eine Wirkung zu erzielen. Daher habe ich den Beschluss gefasst, nur noch aus Genuss zu trinken. Dies habe ich mit meiner Familie und auch mit einigen meiner wichtigsten Freunde besprochen, ich habe ihnen von meiner TF erzählt und auch davon, dass ich zu der Erkenntnis gekommen bin, dass ich aus den o.g. Gründen manchmal zuviel getrunken habe und dass ich das ändern möchte.
Es war in dieser Phase nicht schwer, auf den Alkohol zu verzichten, sondern eher schwierig, zu akzeptieren und einzusehen, dass ich missbräuchlich mit selbigem umgegangen bin und mein Konsum über viele Jahre nicht normal sondern problematisch war. Am Anfang habe ich mich auch oft gefragt, warum mir das nicht früher aufgefallen ist und warum ich nicht früher etwas daran geändert habe. Durch Teilnahme an einer SHG bin ich noch intensiver in das Thema eingestiegen, habe gelernt, mein Trinkverhalten richtig einzuordnen und mir nichts mehr vorzumachen und ich habe natürlich dort auch gesehen, wie es weitergehen kann, wenn man unkontrolliert weiter trinkt. Für mich hat sich dort die Gewissheit verfestigt, dass ich frei werden will und selbst entscheiden möchte, an welchem Tag ich ein Glas Alkohol trinke und wann nicht und dass ich das nur durch eine Umstellung meiner bisherigen Gewohnheiten erreichen kann. Aufgrund meines hohen Konsums in der Vergangenheit kann ich nicht mehr so unbedarft an das Trinken von Alkohol herangehen wie andere Menschen. Ich benötige einerseits einen klaren Plan, wann ich was trinke. Ich entscheide andererseits frei, welcher Anlass es für mich wert ist, dass man darauf anstößt und welcher Anlass eigentlich nur ein Fest zum Trinken ist. Auf solchen Festen trinke ich meist gar nichts mehr bzw. gehe nicht mehr hin. Es ist mir aufgefallen, dass es dort, wenn man hingeht, nüchtern viel besser ist. Man nimmt den ersten Teil, in dem sich alle normal unterhalten, noch mit, kann dann aber schön den Absprung schaffen und nach Hause gehen, wenn man merkt, dass es nur noch um die Glorifizierung früherer und die Planung neür Trinkanlässe sowie ganz aktüll die Beschaffung von neüm Alkohol geht. Hier gab es das Beispiel der Hochzeit eines sehr guten Freundes. Mir war klar, dass dort viele Gäste sehr viel trinken würden. Es war mir sehr wichtig, bei der Feier dabei zu sein und auch etwas länger zu bleiben, und es war eine wirklich tolle Feier, da ich mich mit allen Gästen gut und lange unterhalten konnte. Ich wollte dort jedoch lieber gar nichts trinken und es war sehr angenehm, den Abend so bewusst zu erleben.
Auch die anderen Feiern/Veranstaltungen, die ich seitdem besucht habe, auf denen ich früher vermutlich sehr viel getrunken hätte, haben mir großen Spaß gemacht. Es war mir vorher klar, dass ich nichts trinken werde. Bei den ersten beiden Malen war es komisch aber nicht schwer, das erste Glas abzulehnen, doch beim zweiten war es schon normal, dass ich andere Getränke trinke und es ist vermutlich nicht einmal aufgefallen. Es hat mir sehr viel Freude gemacht, mich angeregt mit allen Menschen zu unterhalten ohne mich allzu sehr konzentrieren zu müssen und einfach nur Spaß zu haben, ohne dass es ständig um das Trinken geht. Mittlerweile ist es völlig normal für mich und für mein Umfeld geworden, dass ich bewusst und sehr kontrolliert trinke.
Auf Reiseleitungen habe ich festgestellt, dass es völlig falsch gedacht ist, dass man die Gäste besser betreut, wenn man abends noch zwei bis drei Gläser an der Bar nimmt. Im Gegenteil: Man konzentriert sich dadurch auf einige wenige Gäste, diejenigen, die gerne an der Bar sitzen. Seitdem ich auf Reiseleitungen prinzipiell auf Alkohol verzichte, ist mir aufgefallen, dass ich dadurch in der Lage bin, mit ALLEN Gästen einen Small-Talk zu halten und nicht mit einigen wenigen an der Bar zu sitzen. Ich möchte es aber auch nicht ausschließen, dass ich bei einem Anlass, der es mir wert ist, auf einer Reiseleitung ein Glas trinke. Ich denke z.B. daran, dass ich vor einigen Jahren am ersten Tag einer Reiseleitung Geburtstag hatte. Da habe ich im ersten Hotel der Reise ein Glas Sekt für alle Mitreisenden ausgegeben. Das war sehr schön und ein guter Beginn der Reise. Manchmal begleite ich auch Pilgergruppen und wenn der Pfarrer an einem Ort wie dem See Genesareth den Kelch mit Wein an alle Mitreisenden weitergibt, möchte ich es mir auch offen halten, daran zu nippen. Das passiert nicht oft, doch wenn es passiert, möchte ich mir offen halten, daran teilzunehmen.
Da es früher auch schon zahlreiche Anlässe gab, auf denen ich nur wenig getrunken habe, war es für mich nicht schwer, auf diesen Anlässen weiter und jetzt auch bewusst kontrolliert zu trinken. Die anderen, die eigentlichen Sauf-Anlässe, wegzulassen, war überhaupt nicht schwer für mich, es war eher eine Befreiung, dass ich nicht jetzt schon wieder hier oder da ordentlich einen mittrinken muss.
26. Wie wirkt sich Ihr geändertes Verhalten auf Sie, Ihr Leben und Ihr Umfeld aus?
Mein geändertes Verhalten hat sich in vielerlei Hinsicht auf mein Leben ausgewirkt:
- Ich habe 10 Kilo abgenommen, ohne wirklich gefastet zu haben
- Ich rauche fast nicht mehr, weil ich nur beim Trinken geraucht habe.
- Ich bin fast immer gut drauf und es gibt keine wegen Kater verlorenen Tage
- Ich habe mich bei der zweiten Nachfrage (bei der ersten vor 3 Jahren habe ich noch abgelehnt) bereit erklärt, für den Kirchenvorstand zu kandidieren und bin gewählt worden, habe nun also endlich begonnen mich gesellschaftlich zu engagieren.
- Ich beschäftige mich noch intensiver mit meinen beiden Kindern und helfe meiner Frau dadurch sehr. Mir macht das Leben in der Familie viel mehr Spaß, da ich mich nun endlich so richtig darauf einlassen kann und nicht mehr daran denke, wem ich sonst noch alles gerecht werden muss. Liebevolle Blicke meiner Kinder sind der größte Dank und die größte Anerkennung, die ich mir vorstellen kann.
- Mit einigen Freunden, mit denen mich mehr als gemeinsames Trinken verbunden hat, treibe ich jetzt gemeinsam Sport. Die meisten von denen haben auch Kinder und so gehen wir manchmal mit den Kindern ins Schwimmbad oder jetzt im Winter Schlitten fahren – statt wie zuvor gemeinsam zu trinken. Die anderen Freunde, mit denen mich nicht viel mehr als gemeinsames Trinken verbunden hat, treffe ich nicht mehr. Wochenendausflüge wie früher brauche ich nicht mehr, stattdessen unternehme ich Ausflüge mit meiner Familie oder gehe mit einem Freund auf das Rennrad zur 2-Tages-Tour. Mein Freundeskreis ist dadurch kleiner aber intensiver geworden.
- Das wichtigste ist eigentlich, dass ich eine ganz neü Freiheit verspüre. Ich entscheide jetzt jeden Tag, was ich mache und es gibt mir nicht der Kater oder ein geplantes Trinkereignis vor, was ich machen kann. Mein geändertes Verhalten gibt mir ganz neü Freiheiten und Möglichkeiten für die Gestaltung meines Lebens.
- Auf Veranstaltungen ging es oft um Alkohol, wo man Nachschub herbekommt etc. Heute kann ich mich viel besser auf die Menschen einlassen, mit denen ich mich unterhalte und die Gespräche bringen mir eine große Zufriedenheit, denn ich merke, wie ich ohne Alkohol mit allen Menschen gute Gespräche führe, nicht nur mit denen, die trinken.
- Jeder hat Verständnis dafür, dass ich eine Veränderung in meinem Leben vorgenommen habe. Die Leute haben durchweg positiv auf die Entscheidung reagiert, ich muss nicht wie ich mir teilweise eingebildet habe, meinen „Ruf“ erhalten. Im Gegenteil bei vielen habe ich das Gefühl, dass sie förmlich darauf gewartet haben, dass sich etwas ändert, rufen wieder öfter an und fragen, ob wir was mit den Kindern unternehmen.
- Meine Eltern sagen, dass ich jetzt scheinbar endlich erwachsen werde und auch hier hat sich durch unsere Kinder aber auch durch meinen Verzicht auf Feiern mit Alkohol ein noch intensiveres und vielfältigeres Verhältnis ergeben.
27. Wie stellen Sie sicher, dass Ihr neüs Verhalten daürhaft stabil bleibt?
Mein neüs Verhalten habe ich in den letzten Monaten erprobt und mein Leben hat sich durchweg positiv verändert. Dies ist für mich eine große Motivation. Mit meinem Umfeld habe ich diese Änderung besprochen und alle unterstützen meine Entscheidung. Außerdem habe ich nicht nur mein Trinkverhalten, sondern auch einige Dinge in meinem Leben, die das unkontrollierte Trinken begünstigt haben, geändert.
Mir ist klar geworden, dass ich das Trinken nicht mehr für mein Selbstwertgefühl benötige, dass es mich sogar behindert, meinem Selbstwertgefühl in den letzten Jahren sogar öfter geschadet hat.
Den Kontakt zu reinen Trinkfreunden, der ohnehin nur noch sehr lose war, habe ich abgebrochen. Mir ist dabei aufgefallen, dass die sich von sich aus auch fast nie melden und es fehlt absolut nichts. Mit anderen Freunden treffe ich mich nicht mehr zum Trinken sondern nur noch zum Sport oder zur gemeinsamen Freizeitgestaltung mit unseren Kindern.
Veranstaltungen, bei denen es in erster Linie ums Trinken geht, meide ich, bzw. plane sie nicht mehr. Festivals und Ausflüge, bei denen es vorrangig ums Trinken geht, irgendwo in andere Städte, plane ich ebenfalls nicht mehr mit und nehme auch nicht mehr daran teil.
Einige dieser Veranstaltungen, z.B. Fasching, haben durch die Kinder auch eine neü Bedeutung bekommen, in der Alkohol keine Rolle mehr spielt. Gerade habe ich erlebt, wie stolz ich war, mit meinen Kindern im Umzug mitzugehen, die Kleine in der Trage vor dem Bauch, der Große, der zum ersten Mal selbst Wurfmaterial verteilt hat – da hatte ich überhaupt kein Bedürfnis danach, etwas zu trinken. Die Leute haben unserer Gruppe zugejubelt, mehr als auf früheren Zügen, bei denen wir im angetrunkenen Zustand alkoholische Getränke ausgeschenkt haben.
Dabei ist mir darüber hinaus wieder einmal aufgefallen, dass ich auch ohne Alkohol feiern kann. Ich bin verkleidet durch die vollen Straßen gelaufen, habe den Leuten zugewunken und hatte dabei überhaupt kein Bedürfnis nach Alkohol, aber großen Spaß.
Ich habe zurück zur Kirche gefunden, gehe alleine oder mit meiner Frau, zum Familiengottesdienst auch mit meinen Kindern, in die Messe und engagiere mich im Kirchenvorstand. Dort habe ich neben den allgemeinen Aufgaben die Rolle des Beauftragten für den Kindergarten. Dadurch lerne ich viele neü Leute kennen und kann etwas im Kindergarten und in der ganzen Gemeinde mitgestalten. Am Neujahrsempfang habe ich sehr bewusst mit den Gemeindemitgliedern angestoßen.
Das Fußballspielen habe ich aufgegeben, stattdessen mache ich Triathlon. Der Fußball erwies sich in der schonungslosen Aufarbeitung neben der positiven Funktion der körperlichen Ertüchtigung auch als eine Möglichkeit, mit der Mannschaft feucht-fröhlich die Saison zu beginnen / zu beenden und eine entsprechende Weihnachtsfeier als Trinkanlass zu haben. Zu oft ging es dort ums Trinken.
Statt Musik-Festivals fahre ich z.B. mit dem Rennrad im Rahmen einer 2-Tagestour 2 mal jeweils 100-150 km mit Freunden qür durch die deutschen Mittelgebirge oder wir nehmen an einem Halbmarathon irgendwo teil. Dabei kann auch die Familie dabei sein, man trifft sich z.B. nachmittags am Endpunkt der Radtour oder besucht neben dem Halbmarathon die Sehenswürdigkeiten einer anderen Stadt.
Wir sparen derzeit für ein Haus, suchen ein altes Haus, das wir umbaün und selbst gestalten können. Das wird eine Aufgabe, die meine ganze Zeit, Kraft und finanziellen Mittel erfordert. Wir wollen ein drittes Kind. Es passt einfach nicht mehr, ich habe genug andere Aufgaben, die mich ausfüllen.
Momentan schwirren mir immer noch Horrorbilder durch den Kopf, dass ich in jener Nacht hätte angefahren werden können. Doch mir ist bewusst, dass diese Bilder irgendwann verblassen und ich nur durch eine nachhaltige Änderung meiner Einstellung und meiner Lebensumstände eine daürhafte Lösung erreichen. Da mir mittlerweile klar geworden ist, wofür ich den Alkohol missbraucht habe, bin ich davon überzeugt, meinen kontrollierten, selbstkritischen Konsum fortzuführen.
28. Können Sie sich vorstellen, jemals wieder in Ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen?
(Ja/Nein + Begründung)
Die Vorstellung an die alten Gewohnheiten stellt sich von Zeit zu Zeit ein, gerade auch jetzt am Fasching. Das, was ich dann sehe, sowohl real als auch in meinen Erinnerungen, bestärkt mich in meiner Entscheidung und gibt mir zusätzliche Motivation. Ich möchte nicht mehr vom Alkohol getrieben sondern frei und selbstbestimmt unterwegs sein.
Mein missbräuchliches Trinkverhalten passt nicht mehr in mein aktülles Leben, es ist wohl auch ein bisschen so, dass ich dem entwachsen bin. Es ist mittlerweile selbstverständlich für mich, jeden Konsum von Alkohol streng zu überwachen. Damit ich diese Gewohnheiten und die damit verbundenen Probleme nicht vergesse, gehe ich weiterhin zur SHG. Ich habe eine sehr nette Gruppe gefunden, in der auch KT besprochen wird und in der die Konfrontation mit dem missbräuchlichen Konsum von Alkohol nicht aus dem Blickfeld gerät.
Darüber hinaus habe ich aber durch die intensive Aufarbeitung genau analysiert, was die Gründe für meinen Missbrauch waren und was ich eigentlich in meinem Leben möchte. Das lässt sich alles besser ohne Alkohol erreichen, er hat dabei oft gestört.
Sollte es dennoch eines Tages wieder zu einem missbräuchlichen Verhalten kommen, fühle ich mich stark genug, dies aufzuarbeiten, gemeinsam mit meiner Familie/meinen Freunden zu analysieren, woran es gelegen hat, die Ursache abzustellen und dafür zu sorgen, dass es ein einmaliger Vorfall bleibt.
29. Wie wollen sie in Zukunft das Trinken vom Fahren trennen?
Mir ist nun bewusst, dass eine TF auch auf dem Fahrrad für mich und andere Verkehrsteilnehmer lebensbedrohlich sein kann und daher gilt für mich auch auf dem Fahrrad 0,0 Promille. Um die Gefahr einer TF durch unkontrollierten Alkoholkonsum auszuschalten, habe ich mein Trinkverhalten dahingehend geändert, dass ich Alkohol nur noch in kontrollierten Mengen zu mir nehme. Dadurch, dass ich nicht mehr als 2 TE trinke, fällt die Gefahr einer Fahrt unter Restalkohol weg. Ansonsten bin ich mit dem Auto ohnehin nie gefahren.
Mir ist klar geworden, dass das Fahrrad nicht das richtige Verkehrsmittel für den Heimweg ist, wenn ich Alkohol getrunken habe. Noch heute stelle ich mir vor, was gerade auf dem Fahrrad alles passieren kann, dass es für den Fahrer selbst mindestens so gefährlich wie die Fahrt mit dem Auto ist. Es ist wie viele Dinge in Bezug auf Alkohol erstaunlich, dass es in der Bevölkerung die auch bei mir bis vor kurzem herrschende Meinung gibt, dass das Fahrrad das richtige Verkehrsmittel nach dem Konsum von Alkohol ist. Ich muss mir vorwerfen, dass ich dies nie kritisch hinterfragt habe. Es schien mir immer ein Kavaliersdelikt zu sein und was die eigene Sicherheit angeht, habe ich mir auch nie Gedanken gemacht. Dies hat sich durch die Fahrt und die Tatsache, dass ich viel mehr Verantwortung habe als noch vor kurzer Zeit, grundlegend geändert. Mittlerweile sehe ich das Fahren auf dem Fahrrad als mindestens ebenso gefährlich an wie das Fahren mit dem Auto.
Da ich meine Trinkanlässe nun genau plane, weiß ich, wann ich etwas trinke und an diesen Tagen fährt entweder meine Frau mit dem Auto oder ich nehme die öffentlichen Verkehrsmittel bzw. ein Taxi.
Da ich nun auch für das Fahrrad das richtige Bewusstsein entwickelt habe, bin ich mir sicher, dass ich in Zukunft nicht mehr zwischen Fahrrad und Auto differenzieren werde sondern das Fahrrad ebenso wie das Auto behandeln werde, nämlich gar nicht, sobald ein Glas Alkohol im Spiel ist.
Nach dem ersten Schock der TF habe ich zunächst nichts getrunken und etwa zwei Wochen stundenlang Bücher und im Internet gelesen. Dabei ist mir bewusst geworden, dass ich in vielen Situationen nicht aus Genuss getrunken habe, sondern um eine Wirkung zu erzielen. Daher habe ich den Beschluss gefasst, nur noch aus Genuss zu trinken. Dies habe ich mit meiner Familie und auch mit einigen meiner wichtigsten Freunde besprochen, ich habe ihnen von meiner TF erzählt und auch davon, dass ich zu der Erkenntnis gekommen bin, dass ich aus den o.g. Gründen manchmal zuviel getrunken habe und dass ich das ändern möchte.
Es war in dieser Phase nicht schwer, auf den Alkohol zu verzichten, sondern eher schwierig, zu akzeptieren und einzusehen, dass ich missbräuchlich mit selbigem umgegangen bin und mein Konsum über viele Jahre nicht normal sondern problematisch war. Am Anfang habe ich mich auch oft gefragt, warum mir das nicht früher aufgefallen ist und warum ich nicht früher etwas daran geändert habe. Durch Teilnahme an einer SHG bin ich noch intensiver in das Thema eingestiegen, habe gelernt, mein Trinkverhalten richtig einzuordnen und mir nichts mehr vorzumachen und ich habe natürlich dort auch gesehen, wie es weitergehen kann, wenn man unkontrolliert weiter trinkt. Für mich hat sich dort die Gewissheit verfestigt, dass ich frei werden will und selbst entscheiden möchte, an welchem Tag ich ein Glas Alkohol trinke und wann nicht und dass ich das nur durch eine Umstellung meiner bisherigen Gewohnheiten erreichen kann. Aufgrund meines hohen Konsums in der Vergangenheit kann ich nicht mehr so unbedarft an das Trinken von Alkohol herangehen wie andere Menschen. Ich benötige einerseits einen klaren Plan, wann ich was trinke. Ich entscheide andererseits frei, welcher Anlass es für mich wert ist, dass man darauf anstößt und welcher Anlass eigentlich nur ein Fest zum Trinken ist. Auf solchen Festen trinke ich meist gar nichts mehr bzw. gehe nicht mehr hin. Es ist mir aufgefallen, dass es dort, wenn man hingeht, nüchtern viel besser ist. Man nimmt den ersten Teil, in dem sich alle normal unterhalten, noch mit, kann dann aber schön den Absprung schaffen und nach Hause gehen, wenn man merkt, dass es nur noch um die Glorifizierung früherer und die Planung neür Trinkanlässe sowie ganz aktüll die Beschaffung von neüm Alkohol geht. Hier gab es das Beispiel der Hochzeit eines sehr guten Freundes. Mir war klar, dass dort viele Gäste sehr viel trinken würden. Es war mir sehr wichtig, bei der Feier dabei zu sein und auch etwas länger zu bleiben, und es war eine wirklich tolle Feier, da ich mich mit allen Gästen gut und lange unterhalten konnte. Ich wollte dort jedoch lieber gar nichts trinken und es war sehr angenehm, den Abend so bewusst zu erleben.
Auch die anderen Feiern/Veranstaltungen, die ich seitdem besucht habe, auf denen ich früher vermutlich sehr viel getrunken hätte, haben mir großen Spaß gemacht. Es war mir vorher klar, dass ich nichts trinken werde. Bei den ersten beiden Malen war es komisch aber nicht schwer, das erste Glas abzulehnen, doch beim zweiten war es schon normal, dass ich andere Getränke trinke und es ist vermutlich nicht einmal aufgefallen. Es hat mir sehr viel Freude gemacht, mich angeregt mit allen Menschen zu unterhalten ohne mich allzu sehr konzentrieren zu müssen und einfach nur Spaß zu haben, ohne dass es ständig um das Trinken geht. Mittlerweile ist es völlig normal für mich und für mein Umfeld geworden, dass ich bewusst und sehr kontrolliert trinke.
Auf Reiseleitungen habe ich festgestellt, dass es völlig falsch gedacht ist, dass man die Gäste besser betreut, wenn man abends noch zwei bis drei Gläser an der Bar nimmt. Im Gegenteil: Man konzentriert sich dadurch auf einige wenige Gäste, diejenigen, die gerne an der Bar sitzen. Seitdem ich auf Reiseleitungen prinzipiell auf Alkohol verzichte, ist mir aufgefallen, dass ich dadurch in der Lage bin, mit ALLEN Gästen einen Small-Talk zu halten und nicht mit einigen wenigen an der Bar zu sitzen. Ich möchte es aber auch nicht ausschließen, dass ich bei einem Anlass, der es mir wert ist, auf einer Reiseleitung ein Glas trinke. Ich denke z.B. daran, dass ich vor einigen Jahren am ersten Tag einer Reiseleitung Geburtstag hatte. Da habe ich im ersten Hotel der Reise ein Glas Sekt für alle Mitreisenden ausgegeben. Das war sehr schön und ein guter Beginn der Reise. Manchmal begleite ich auch Pilgergruppen und wenn der Pfarrer an einem Ort wie dem See Genesareth den Kelch mit Wein an alle Mitreisenden weitergibt, möchte ich es mir auch offen halten, daran zu nippen. Das passiert nicht oft, doch wenn es passiert, möchte ich mir offen halten, daran teilzunehmen.
Da es früher auch schon zahlreiche Anlässe gab, auf denen ich nur wenig getrunken habe, war es für mich nicht schwer, auf diesen Anlässen weiter und jetzt auch bewusst kontrolliert zu trinken. Die anderen, die eigentlichen Sauf-Anlässe, wegzulassen, war überhaupt nicht schwer für mich, es war eher eine Befreiung, dass ich nicht jetzt schon wieder hier oder da ordentlich einen mittrinken muss.
26. Wie wirkt sich Ihr geändertes Verhalten auf Sie, Ihr Leben und Ihr Umfeld aus?
Mein geändertes Verhalten hat sich in vielerlei Hinsicht auf mein Leben ausgewirkt:
- Ich habe 10 Kilo abgenommen, ohne wirklich gefastet zu haben
- Ich rauche fast nicht mehr, weil ich nur beim Trinken geraucht habe.
- Ich bin fast immer gut drauf und es gibt keine wegen Kater verlorenen Tage
- Ich habe mich bei der zweiten Nachfrage (bei der ersten vor 3 Jahren habe ich noch abgelehnt) bereit erklärt, für den Kirchenvorstand zu kandidieren und bin gewählt worden, habe nun also endlich begonnen mich gesellschaftlich zu engagieren.
- Ich beschäftige mich noch intensiver mit meinen beiden Kindern und helfe meiner Frau dadurch sehr. Mir macht das Leben in der Familie viel mehr Spaß, da ich mich nun endlich so richtig darauf einlassen kann und nicht mehr daran denke, wem ich sonst noch alles gerecht werden muss. Liebevolle Blicke meiner Kinder sind der größte Dank und die größte Anerkennung, die ich mir vorstellen kann.
- Mit einigen Freunden, mit denen mich mehr als gemeinsames Trinken verbunden hat, treibe ich jetzt gemeinsam Sport. Die meisten von denen haben auch Kinder und so gehen wir manchmal mit den Kindern ins Schwimmbad oder jetzt im Winter Schlitten fahren – statt wie zuvor gemeinsam zu trinken. Die anderen Freunde, mit denen mich nicht viel mehr als gemeinsames Trinken verbunden hat, treffe ich nicht mehr. Wochenendausflüge wie früher brauche ich nicht mehr, stattdessen unternehme ich Ausflüge mit meiner Familie oder gehe mit einem Freund auf das Rennrad zur 2-Tages-Tour. Mein Freundeskreis ist dadurch kleiner aber intensiver geworden.
- Das wichtigste ist eigentlich, dass ich eine ganz neü Freiheit verspüre. Ich entscheide jetzt jeden Tag, was ich mache und es gibt mir nicht der Kater oder ein geplantes Trinkereignis vor, was ich machen kann. Mein geändertes Verhalten gibt mir ganz neü Freiheiten und Möglichkeiten für die Gestaltung meines Lebens.
- Auf Veranstaltungen ging es oft um Alkohol, wo man Nachschub herbekommt etc. Heute kann ich mich viel besser auf die Menschen einlassen, mit denen ich mich unterhalte und die Gespräche bringen mir eine große Zufriedenheit, denn ich merke, wie ich ohne Alkohol mit allen Menschen gute Gespräche führe, nicht nur mit denen, die trinken.
- Jeder hat Verständnis dafür, dass ich eine Veränderung in meinem Leben vorgenommen habe. Die Leute haben durchweg positiv auf die Entscheidung reagiert, ich muss nicht wie ich mir teilweise eingebildet habe, meinen „Ruf“ erhalten. Im Gegenteil bei vielen habe ich das Gefühl, dass sie förmlich darauf gewartet haben, dass sich etwas ändert, rufen wieder öfter an und fragen, ob wir was mit den Kindern unternehmen.
- Meine Eltern sagen, dass ich jetzt scheinbar endlich erwachsen werde und auch hier hat sich durch unsere Kinder aber auch durch meinen Verzicht auf Feiern mit Alkohol ein noch intensiveres und vielfältigeres Verhältnis ergeben.
27. Wie stellen Sie sicher, dass Ihr neüs Verhalten daürhaft stabil bleibt?
Mein neüs Verhalten habe ich in den letzten Monaten erprobt und mein Leben hat sich durchweg positiv verändert. Dies ist für mich eine große Motivation. Mit meinem Umfeld habe ich diese Änderung besprochen und alle unterstützen meine Entscheidung. Außerdem habe ich nicht nur mein Trinkverhalten, sondern auch einige Dinge in meinem Leben, die das unkontrollierte Trinken begünstigt haben, geändert.
Mir ist klar geworden, dass ich das Trinken nicht mehr für mein Selbstwertgefühl benötige, dass es mich sogar behindert, meinem Selbstwertgefühl in den letzten Jahren sogar öfter geschadet hat.
Den Kontakt zu reinen Trinkfreunden, der ohnehin nur noch sehr lose war, habe ich abgebrochen. Mir ist dabei aufgefallen, dass die sich von sich aus auch fast nie melden und es fehlt absolut nichts. Mit anderen Freunden treffe ich mich nicht mehr zum Trinken sondern nur noch zum Sport oder zur gemeinsamen Freizeitgestaltung mit unseren Kindern.
Veranstaltungen, bei denen es in erster Linie ums Trinken geht, meide ich, bzw. plane sie nicht mehr. Festivals und Ausflüge, bei denen es vorrangig ums Trinken geht, irgendwo in andere Städte, plane ich ebenfalls nicht mehr mit und nehme auch nicht mehr daran teil.
Einige dieser Veranstaltungen, z.B. Fasching, haben durch die Kinder auch eine neü Bedeutung bekommen, in der Alkohol keine Rolle mehr spielt. Gerade habe ich erlebt, wie stolz ich war, mit meinen Kindern im Umzug mitzugehen, die Kleine in der Trage vor dem Bauch, der Große, der zum ersten Mal selbst Wurfmaterial verteilt hat – da hatte ich überhaupt kein Bedürfnis danach, etwas zu trinken. Die Leute haben unserer Gruppe zugejubelt, mehr als auf früheren Zügen, bei denen wir im angetrunkenen Zustand alkoholische Getränke ausgeschenkt haben.
Dabei ist mir darüber hinaus wieder einmal aufgefallen, dass ich auch ohne Alkohol feiern kann. Ich bin verkleidet durch die vollen Straßen gelaufen, habe den Leuten zugewunken und hatte dabei überhaupt kein Bedürfnis nach Alkohol, aber großen Spaß.
Ich habe zurück zur Kirche gefunden, gehe alleine oder mit meiner Frau, zum Familiengottesdienst auch mit meinen Kindern, in die Messe und engagiere mich im Kirchenvorstand. Dort habe ich neben den allgemeinen Aufgaben die Rolle des Beauftragten für den Kindergarten. Dadurch lerne ich viele neü Leute kennen und kann etwas im Kindergarten und in der ganzen Gemeinde mitgestalten. Am Neujahrsempfang habe ich sehr bewusst mit den Gemeindemitgliedern angestoßen.
Das Fußballspielen habe ich aufgegeben, stattdessen mache ich Triathlon. Der Fußball erwies sich in der schonungslosen Aufarbeitung neben der positiven Funktion der körperlichen Ertüchtigung auch als eine Möglichkeit, mit der Mannschaft feucht-fröhlich die Saison zu beginnen / zu beenden und eine entsprechende Weihnachtsfeier als Trinkanlass zu haben. Zu oft ging es dort ums Trinken.
Statt Musik-Festivals fahre ich z.B. mit dem Rennrad im Rahmen einer 2-Tagestour 2 mal jeweils 100-150 km mit Freunden qür durch die deutschen Mittelgebirge oder wir nehmen an einem Halbmarathon irgendwo teil. Dabei kann auch die Familie dabei sein, man trifft sich z.B. nachmittags am Endpunkt der Radtour oder besucht neben dem Halbmarathon die Sehenswürdigkeiten einer anderen Stadt.
Wir sparen derzeit für ein Haus, suchen ein altes Haus, das wir umbaün und selbst gestalten können. Das wird eine Aufgabe, die meine ganze Zeit, Kraft und finanziellen Mittel erfordert. Wir wollen ein drittes Kind. Es passt einfach nicht mehr, ich habe genug andere Aufgaben, die mich ausfüllen.
Momentan schwirren mir immer noch Horrorbilder durch den Kopf, dass ich in jener Nacht hätte angefahren werden können. Doch mir ist bewusst, dass diese Bilder irgendwann verblassen und ich nur durch eine nachhaltige Änderung meiner Einstellung und meiner Lebensumstände eine daürhafte Lösung erreichen. Da mir mittlerweile klar geworden ist, wofür ich den Alkohol missbraucht habe, bin ich davon überzeugt, meinen kontrollierten, selbstkritischen Konsum fortzuführen.
28. Können Sie sich vorstellen, jemals wieder in Ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen?
(Ja/Nein + Begründung)
Die Vorstellung an die alten Gewohnheiten stellt sich von Zeit zu Zeit ein, gerade auch jetzt am Fasching. Das, was ich dann sehe, sowohl real als auch in meinen Erinnerungen, bestärkt mich in meiner Entscheidung und gibt mir zusätzliche Motivation. Ich möchte nicht mehr vom Alkohol getrieben sondern frei und selbstbestimmt unterwegs sein.
Mein missbräuchliches Trinkverhalten passt nicht mehr in mein aktülles Leben, es ist wohl auch ein bisschen so, dass ich dem entwachsen bin. Es ist mittlerweile selbstverständlich für mich, jeden Konsum von Alkohol streng zu überwachen. Damit ich diese Gewohnheiten und die damit verbundenen Probleme nicht vergesse, gehe ich weiterhin zur SHG. Ich habe eine sehr nette Gruppe gefunden, in der auch KT besprochen wird und in der die Konfrontation mit dem missbräuchlichen Konsum von Alkohol nicht aus dem Blickfeld gerät.
Darüber hinaus habe ich aber durch die intensive Aufarbeitung genau analysiert, was die Gründe für meinen Missbrauch waren und was ich eigentlich in meinem Leben möchte. Das lässt sich alles besser ohne Alkohol erreichen, er hat dabei oft gestört.
Sollte es dennoch eines Tages wieder zu einem missbräuchlichen Verhalten kommen, fühle ich mich stark genug, dies aufzuarbeiten, gemeinsam mit meiner Familie/meinen Freunden zu analysieren, woran es gelegen hat, die Ursache abzustellen und dafür zu sorgen, dass es ein einmaliger Vorfall bleibt.
29. Wie wollen sie in Zukunft das Trinken vom Fahren trennen?
Mir ist nun bewusst, dass eine TF auch auf dem Fahrrad für mich und andere Verkehrsteilnehmer lebensbedrohlich sein kann und daher gilt für mich auch auf dem Fahrrad 0,0 Promille. Um die Gefahr einer TF durch unkontrollierten Alkoholkonsum auszuschalten, habe ich mein Trinkverhalten dahingehend geändert, dass ich Alkohol nur noch in kontrollierten Mengen zu mir nehme. Dadurch, dass ich nicht mehr als 2 TE trinke, fällt die Gefahr einer Fahrt unter Restalkohol weg. Ansonsten bin ich mit dem Auto ohnehin nie gefahren.
Mir ist klar geworden, dass das Fahrrad nicht das richtige Verkehrsmittel für den Heimweg ist, wenn ich Alkohol getrunken habe. Noch heute stelle ich mir vor, was gerade auf dem Fahrrad alles passieren kann, dass es für den Fahrer selbst mindestens so gefährlich wie die Fahrt mit dem Auto ist. Es ist wie viele Dinge in Bezug auf Alkohol erstaunlich, dass es in der Bevölkerung die auch bei mir bis vor kurzem herrschende Meinung gibt, dass das Fahrrad das richtige Verkehrsmittel nach dem Konsum von Alkohol ist. Ich muss mir vorwerfen, dass ich dies nie kritisch hinterfragt habe. Es schien mir immer ein Kavaliersdelikt zu sein und was die eigene Sicherheit angeht, habe ich mir auch nie Gedanken gemacht. Dies hat sich durch die Fahrt und die Tatsache, dass ich viel mehr Verantwortung habe als noch vor kurzer Zeit, grundlegend geändert. Mittlerweile sehe ich das Fahren auf dem Fahrrad als mindestens ebenso gefährlich an wie das Fahren mit dem Auto.
Da ich meine Trinkanlässe nun genau plane, weiß ich, wann ich etwas trinke und an diesen Tagen fährt entweder meine Frau mit dem Auto oder ich nehme die öffentlichen Verkehrsmittel bzw. ein Taxi.
Da ich nun auch für das Fahrrad das richtige Bewusstsein entwickelt habe, bin ich mir sicher, dass ich in Zukunft nicht mehr zwischen Fahrrad und Auto differenzieren werde sondern das Fahrrad ebenso wie das Auto behandeln werde, nämlich gar nicht, sobald ein Glas Alkohol im Spiel ist.



