26. Hatten sie Konsumpausen/spitzen?
Warum? Wann?
Pausen nur unfreiwillig, wenn nichts da war. Das kam aber selten vor. Eine eindeutige Konsumspitze war 2018 im Oktober, als ich von Zuhause auszog, in die erste eigene Wohnung. Da gab es dann nicht mehr das Risiko, von Mama erwischt zu werden und ich konnte konsumieren, wann und wo ich wollte.
27. Was hat Sie daran gehindert, ohne Droge abzuschalten?
Es war schlichtweg einfacher, mit der Droge abzuschalten.
28. Waren Sie gefährdet in eine Drogenabhängigkeit zu geraten?
Ja, auf jeden Fall. Cannabis war meine Lösung für ungefähr jede Situation, egal ob es ein Problem gab oder nicht; ein Joint war immer die greifbarste Lösung.
29. Waren sie drogenabhängig?
Ja. Zwar nicht im klassischen Sinne, dass ich Geld oder ähnliches geklaut hätte aber ich denke, wenn man abends zum einschlafen einen Joint braucht, um abschalten zu können, kann man schon von einer Abhängigkeit sprechen.
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Wieso passiert das nicht wieder?
30. Hätten sie, rückblickend, eine Drogenkarriere verhindern können?
Ja. Ich hätte auf jede erdenklich andere Art mein Selbstwertgefühl aufbauen können. Ich hätte lernen können, vernünftig Probleme ansprechen zu können und dahingehend nicht die Bewältigungsstrategien meines Vaters mit einer anderen Substanz nachzuahmen.
31. Wieso haben Sie sich für eine Abstinenz entschieden?
Weil ich gesehen habe, was der Konsum aus mir gemacht hat und wie viel mir das im Leben verbauen kann. Der Verlust der Fahrerlaubnis war da der nötige Tritt in den Hintern, ich wollte nicht auf ganzer Länge versagen sondern mir selbst beweisen, dass ich mich aus so einer Sackgasse auch wieder hinausmanövrieren kann.
32. Beschreiben Sie den Punkt, an dem Sie sich für ein abstinentes Leben entschieden haben (Knackpunkt)
Das war der 20.02.20. Es war der Tag, an dem ich den Brief bekam in dem stand, dass mir die FE entzogen wird. Aus Trotz besorgte ich mir von einem Bekannten etwas Gras, obwohl ich schon seit November nicht mehr gekifft hatte Ich durfte ja eh kein Auto mehr fahren; wozu sollte ich also clean sein? Ich weiß noch genau, wie ich in meinem Zimmer saß, heulte und das Gras verfluchte, während ich am Joint zog. Nach der dritten Tüte in Folge kamen dann die schlechten Gedanken. Der Gedanke, dass ich jetzt auf ganzer Linie versagt hätte und dass ich es gerade nur noch schlimmer mache mit dem Konsum. Mir wurde bewusst, dass ich eine ziemlich toxische Beziehung zu dem Kraut führte die ich dringend beenden muss, wenn ich noch die Kurve kriegen will. Ich spülte dann völlig breit mein letztes Gras im Klo runter und schmiss alles, was mich ans kiffen erinnerte direkt in die Tonne. Das war ein ziemlich befreiendes Gefühl.
33. Wieso kommt für Sie nur Abstinenz und nicht für gelegentlicher Konsum in Betracht?
Anfangs dachte ich, ich könnte ja mal so 3-4 Mal im Jahr einen kiffen, zu besonderen Anlässen. Mit dem Auto fahren könnte ich das schließlich so managen, dass ich 4 Wochen Pause zwischen Konsum und Fahren habe. Die Ansicht hat sich mittlerweile verändert. Ich habe in der Zeit der Abstinenz Zukunftspläne und Träume entwickelt. Ich möchte Sozialarbeiterin werden und Jugendlichen in Problemsituationen helfen. Cannabis passt in diesen Lebensentwurf überhaupt gar nicht. Ich brauche für diese Pläne einen klaren Kopf und darf mir außerdem auch nichts zu schulde kommen lassen, was illegale Drogen angeht. Ich möchte ein gutes Vorbild sein für die Kids mit denen ich arbeite. Außerdem mag ich mich im nüchternen Zustand viel lieber. Ich bin unter Cannabis so abgestumpft geworden, dahin will ich nie wieder zurück.
34. Wie haben Sie die Umstellung zur Abstinenz erlebt?
Total gemischt. Anfangs hatte ich Probleme, einzuschlafen, habe total wirr geträumt. Außerdem wusste ich manchmal nichts mit mir anzufangen in Momenten in denen ich normalerweise gekifft habe. Ich habe mich in der Zeit viel mit Sucht und Suchtgedächtnis beschäftigt. Daraufhin habe ich begonnen, meine alten Gewohnheiten gegen neue auszutauschen. Ich habe beispielsweise abends, statt des Joints, das Ritual eingeführt, dass ich einen Tee trinke und mich dabei nur auf meinen Tee und das zur Ruhe kommen konzentriere. Das tut mir total gut und ich bin morgens fitter mit dem Tee am Abend als wenn ich abends noch einen Joint rauche.
35. Wer hat Ihnen dabei wie geholfen?
Mein Partner und meine Mama haben mir immer zugehört und mich in schwierigen Momenten immer darin bestärkt, dass ich das Richtige tu. Außerdem haben mein Partner und meine besten Freundinnen auch mit dem kiffen aufgehört, wir haben diese Phase also gemeinsam abgeschlossen. Hauptsächlich war es aber meine eigene Sturheit und der Wille, das selbst auf die Reihe zu kriegen, was mir am meisten bei dieser Entscheidung geholfen hat.
36. Wie reagiert Ihr Umfeld auf diese Umstellung?
Eigentlich durchweg positiv.
Meine Mama zum Beispiel wusste bis zur Polizeikontrolle nicht, dass ich so viel konsumierte. Sie betont immer wieder, dass ich jetzt, wo ich abstinent bin, viel lebendiger wäre. Sie sagt, seitdem ich nicht mehr kiffe, sehe ich gesünder aus und kann mich besser ausdrücken.
Bei den Freunden ist das sehr zwiegespalten. Die meisten sehen es wie meine Mama und sind stolz auf mich bzw haben es als Anreiz genommen, auch aufzuhören. Andere gehen eher auf Abstand, ich denke, um sich nicht selbst mit ihrem Konsum auseinandersetzen zu müssen.
37. Haben Sie nach der Auffälligkeit weiterhin Kontakt zu Ihren Drogenbekannten gehabt?
Ja. Das waren schließlich die einzigen Freunde die ich hatte. Mittlerweile ist da aber eine Art Spaltung passiert. Ich habe bei vielen gemerkt, dass man sich nur versteht, wenn man zusammen kifft. Es war total langweilig und mir wurde die Inhaltlosigkeit der Gespräche mit den Menschen erst bewusst, als ich nüchtern zwischen ihnen saß. Ich habe mich mit der Zeit immer mehr von diesem Kreis entfernt, einfach weil es mir zu blöd wurde. Mittlerweile grüßt man sich noch, wenn man sich z.B. beim einkaufen sieht, mehr aber nicht. Ich habe das Gefühl, dass ich aus dieser Phase rausgewachsen bin und dadurch eben einfach nicht mehr zu diesem Freundeskreis gehören möchte.
38. Haben Sie nach Ihrer Auffälligkeit miterlebt, wie Ihre Bekannten Drogen konsumiert haben?
Ja, habe ich anfangs. Später immer seltener, heute gar nicht mehr. Mittlerweile ist niemand mehr in meinem Freundeskreis, der noch konsumiert.
39. Wie haben Sie in Zukunft vor mit Cannabis/dem Konsum umzugehen?
Konsumieren werde ich selbst nicht mehr. Da mich dieses Thema aber für mein Leben geprägt hat, würde ich später gern Aufklärungsarbeit leisten, vielleicht auch in den Bereich Suchtberatung gehen. Ich möchte Jugendlichen und jungen Erwachsenen helfen, ihren Konsum ernst zu nehmen und kritisch zu hinterfragen. Ich weiß ja durch meine Geschichte selbst sehr gut, wo die Knackpunkte sind und wo man anzusetzen hat. Ich möchte also aus all dem Negativen am Ende etwas Positives ziehen. Das ist denke ich in meinem Fall der beste Umgang mit diesem Thema.
40. Haben Sie zu Hause Cannabis?
Nein.
41. Wie wollen Sie es gegebenen Falls in Zukunft verhindern, nochmals unter Drogeneinfluss ein KFZ zu führen?
Schlicht und unergreifend; nicht mehr konsumieren.
42. Wie wollen Sie einen beginnenden Rückfall erkennen?
Durch meine Abstinenz bis jetzt habe ich verstanden, warum ich damals so viel konsumiert habe. Ich weiß, dass ich, immer wenn es größere Probleme in meinem Leben gab, zur Droge gegriffen habe. Mein Umfeld (Familie, Partner, Freunde) wissen das auch und achten da auch sehr auf mich. Wenn also etwas passiert, wegen dem ich normalerweise gekifft hätte, bin ich und mein Umfeld auch, darauf sensibilisiert mich da abzufangen. Ich kann mit allen offen sprechen und für die meisten Probleme lässt sich dann auch eine Lösung finden.
43. Wie ist derzeit der Konsum von Alkohol bei Ihnen?
Es gibt, bis auf das Schlückchen Sekt an Silvester, keinen Alkoholkonsum bei mir.
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