Hallo Nancy, ich hoffe, es geht dir wieder einigermaßen gut.
Ich habe nun meinen MPU-Bogen soweit fertig und würde mich über dein Feedback freuen.
Tathergang
1. Beschreiben Sie den Tag Ihrer Trunkenheitsfahrt aus eigener Sicht mit Datum und Uhrzeiten.
(wann, wo und mit wem getrunken / wann und wie aufgefallen / Promille)
Freitag der 13.10.2017 begann völlig normal, wie viele Freitage davor auch. Um 5:00 Uhr aufstehen, Morgentoilette erledigt. Dann in Ruhe einen Pfefferminztee und eine Zigarette. 5:30 Aufbruch zur Arbeit in den Nachbarort(19Km). Ankunft 5:55 Uhr. Arbeitsbeginn 6:00 Uhr. Bis auf den ganz normalen Wahnsinn( Batteriebestellungen für die am jeweiligen Tag fertiggestellten FFZ, Materialbelieferungsdefizite mit Zulieferern und Speditionen klären, Plansitzung zur Festlegung der Lieferzeiten unserer Produkte, Risikoteilsitzung zur Einschätzung eines reibungslosen Produktionsablaufes auf „just in time“ und „just in Sequenz“ Basis, Auftragsbestätigungen zu den am Vortag eingepflegten Kundenaufträgen erstellen und an den Kunden senden, Produktionsaufträge und Arbeitsbegleitpapiere erstellen und mit etwas Pech noch intern verlorengegangenes Material suchen, welches dringend gebraucht wird). Nebenher aß ich an diesem Vormittag zwei Vollkornbrötchen mit Lachsschinken, die ich mir von der Kantine holte. Das entspricht meiner täglichen Tagesration auf der Arbeit.
Um ca. 12:30 Uhr war an diesem Freitag Feierabend. Ich fuhr auf direkten Weg nach Hause, wozu ich um diese Zeit und dem Verkehrsaufkommen ca. 35 Min benötigte.
Da meine Frau noch bis spät Nachmittags arbeitete und sich anschließend mit ihrer Freundin für einen Theaterbesuch verabredet hatte, ohne zwischenzeitlich nach Hause zu kommen, hatte ich an diesem Freitag das Ganze. Gegen 14:00 Uhr bin ich mit unserem Hund zum ca. 2 Km entfernten Natur See gegangen. Dort war dann ohne Leine laufen und spielen angesagt. Ca. gegen 16:00 waren wir wieder bei uns zu Hause angekommen. Da es mit meiner Frau so abgesprochen war, bin ich nachdem ich den Hund versorgt hatte, um ca. 16:30 Uhr noch mit dem Auto zum Einkaufen gefahren. Anschließend habe ich noch eine Bratwurst vor dem Supermarkt gegessen und bin danach noch tanken und Zigaretten holen gefahren.
Während des tankens bekam ich einen Anruf von meinem Bruder, betreffend meiner Mutter, zu der ich wegen diverser Vorfälle seit Jahren keinen Kontakt mehr haben. Er sagte, dass er sie mit meinem zweiten Bruder besucht hätte, weil er gehört hätte, dass es ihr wohl nicht so gut ginge und Blut eben doch dicker als Wasser ist. Dann machte er eine Bemerkung die mich aufhorchen ließ! „ Naja, wenn zwei da sind dann ist der dritte wohl immer der böse“. Auf meine Nachfrage, was das jetzt heißen sollte, wollte er das am Telefon nicht weiter ausführen. Da er auch noch unterwegs war, zu einem Kundenbesuch, verabredeten wir uns spontan zu einem kurzen Treffen in der Kneipe Barcode. Nach dem wir geklärt hatten, wer sich gerade wo befand, war das für uns beide die dichteste Lösung. Ich traf dort auch wie verabredet kurz vor 18:00 Uhr ein und bestellte mir schon mal ein großes Bier. Als mein Bruder gegen 19:00 Uhr immer noch nicht eingetroffen war, rief ich ihn an, um zu fragen wo er denn bleibe. Er sagte, dass er noch beim Kunden ist und er es wohl doch nicht mehr schaffen würde zu kommen. Da er selbstständiger Solo-Handwerker ist, hatte ich dafür auch Verständnis, dass Geld verdienen vorrangig ist. Wir haben uns dann auf unbestimmte aber nächster Zeit vertagt.
Da ich nun schon mal da war und zudem auch Bekannte aus sehr alten Fußballzeiten und Freunde meines Sohnes getroffen hatte, war das Palaver natürlich groß. Wenn man 50 Jahre in ein Ort mit 34 tsd. Einwohnern lebt, ist man eben nicht anonym. Der eigentliche Grund meiner Anwesenheit in der Kneipe war dann auch irgendwann verblasst. Aus dem geplatzten kurzen Treffen mit meinem Bruder wurde ein vermeintlich positiver Abend mit alten Bekannten.
Weil ich nach dem vierten großen Bier langsam einen strammen Bauch bekam, wechselte ich die Getränkesorte. Havanna-Kola (= 0,2l Glas mit 4cl Havanna Rum. Bei diesem Getränk blieb ich dann auch, bis ich mich gegen ca. 01:00 Uhr mit dem Auto auf den Heimweg von 1,2km machte.
Als ich das Auto in der Tiefgarage gebracht hatte und ausstiegen bin, registrierte ich, dass ein Streifenwagen in der Garage stand, aus dem dann zwei Beamte ausstiegen. Nachdem sie näher gekommen waren, bemerkten die Beamten meine Fahne und fragten, ob ich mit einem Atemalkoholtest einverstanden wäre. Was ich wohl bejahte. Um 01:05 hatte ich 2,34 Promille AAK.
Die Blutentnahme erfolgte dann um 02:05 Uhr auf dem Polizeirevier mit einem Ergebnis von 2,3 Promille BAK.
2. Was und wie viel haben Sie am Tattag insgesamt getrunken?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Trinkzeit)
Berechnungsgrundlage:
Geschlecht: männlich
Gewicht: 110 kg (Tüv Nord rechnet mit 80kg x 0,7, also Faktor 56 und 0,14 Abbau pro Std.)
Trinkeinheiten: Bier = 0,2l
Wein = 0,1l
Schnaps = 2 cl
1 TE entspricht ca. 0,14 % = 8g Alkohol
Trinkmenge 4x0,5l Bier mit 5% Alkohol = 2000ml x 0,8 x 0,8 x 5 Vol.% = 64g Alk. = 10 TE
Trinkmenge 500 ml Schnaps 40% Alk. = 500 ml x 0,8 x 0,8 x 40 vol.% = 128g Alk = 25 TE
= 192g Alk
= 35 TE
192 g Alk
80Kg x 0,7Reduktion) Faktor 56 = 3,43 Promille Alk.
Von Trinkbeginn bis zur Blutentnahme: 8 Stunden
(0,14 Promille x 8 Std Abbau)1,12 = 2,3 Promille
3. Wie viel Kilometer fuhren Sie, bis Sie aufgefallen sind und wie viel Kilometer wollten Sie insgesamt fahren?
Ich wollte 1,2 Km fahren. Ich bin 1,2 Km gefahren.
4. Hatten Sie das Gefühl, noch sicher fahren zu können?
(Ja/Nein + Begründung)
Da kann ich nur mutmaßen, da ich mich an das ca. letzte Drittel des Abends nicht wirklich erinnern kann. Aber ich gehe davon aus, dass ich in dem Glauben war.
In den letzten eineinviertel Jahren hatte ich mir durch meinen sich stetig steigernden Alkoholkonsum eine erhebliche Trinkfestigkeit aufgebaut. Heute weiß ich, dass mit zunehmender Menge Alkohol die Kontrollfähigkeit rational zu denken und zu handeln immer mehr abhanden geht und das zur Enthemmung und groben Fehleinschätzungen und- Handlungen führt. Sehr vereinfacht ausgedrückt sieht das so aus: Das Großhirn, in dem der Verstand, die Logik, Regeln und Normen angesiedelt sind, wird - je nach Alkoholmenge und -gewöhnung - lahm gelegt oder ganz ausgeschaltet. Stattdessen übernimmt jetzt das Zwischenhirn, welches die Triebe und Enthemmung steuert. Als körperliche Defizite sind auf jeden Fall ein eingeschränktes Sehvermögen, mangelhafte Reaktionsfähigkeit und Probleme mit der Körperkoordination zu benennen.
5. Wie haben Sie die Trunkenheitsfahrt vermeiden wollen (wenn überhaupt)?
In meiner, durch den viel zu hohen Alkoholkonsum sehr getrübten Selbsteinschätzung bzw. Selbstüberschätzung vermutlich gar nicht.
6. Haben Sie bereits früher im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss gestanden und sind aufgefallen?
Nein
7. Wie oft haben Sie alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen ohne aufzufallen und was folgern Sie daraus?
Nachdem ich mich mit Promilleberechnung und Alkoholabbauzeiten auseinandergesetzt habe, muss ich mir eingestehen, dass ich an den Wochenenden der letzten eineinviertel Jahre mit Sicherheit auch sehr häufig restalkoholisiert Auto gefahren bin.
Um den Tag nach einem Alkoholkonsum habe ich mir nie wirklich ernsthafte Gedanken gemacht.
Inzwischen habe ich gelernt, dass selbst bei sehr geringen Promillewerten das Seh- und Reaktionsvermögen negativ beeinflusst ist. Außerdem wäre ich heute auch in der Lage, eine Restalkoholberechnung auf der Basis von TE und Zeit vorzunehmen.
Exploration
8. Wann hatten Sie den ersten Kontakt mit Alkohol und wann haben Sie das erste Mal Alkohol zu sich genommen?
(Allererste Erinnerung und erster Konsum)
Kontakt ohne zu konsumieren hatte ich seit frühester Kindheit, da mein Vater regelmäßig abends nach dem Dienst Bier getrunken hat. Mein allererster Alkoholkonsum war mit ca.14 Jahren ein Probierschluck von Opas Bier. Schmeckte mir aber noch nicht.
9. Haben Sie regelmäßig Alkohol getrunken, und wie hat sich ihr Trinkverhalten in den letzten Jahren entwickelt?
Es gab Lebensabschnitte, wo ich an den Wochenenden häufig getrunken habe und wiederum welche, wo ich so gut wie gar keinen Alkohol konsumiert habe.
In meiner Jugendzeit habe ich praktisch gar keinen Alkohol getrunken.
Als die intensivste Alkoholphase in meinem Leben würde ich die Zeit von meinem 22-28 Lebensjahr bezeichnen.
Die folgenden 28 Jahre war mein Trinkverhalten nach meiner Meinung in einem normalen Bereich angesiedelt.
Die letzten eineinviertel Jahre vor der Trunkenheitsfahrt erhöhte sich mein Alkoholkonsum dann kontinuierlich und drastisch.
10. Wie viel und wie oft haben Sie getrunken?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Mit knapp 17 Jahren, also ca.im 2. Ausbildungsjahr meiner Maurerlehre, habe ich ab und zu und unregelmäßig mal ein Bier mit Freunden getrunken.
In meiner 2 jährigen Bundeswehrzeit entwickelte sich dann schon eine gewisse Regelmäßigkeit.
In der Grundausbildung noch nicht so sehr, da wir in der Regel von morgens 5:00 bis abends 21:00 voll eingespannt waren und um 22:00 war „Licht aus“.
Nach der Grundausbildung wurde dann nach Dienstschluss relativ oft am Abend Bier getrunken. Entweder im Mannschaftsheim oder auf der Stube, beim Karten spielen. Man musste nicht mehr so früh raus und hatte allgemein mehr Freizeit. Trinkmenge bei mir waren in der Regel 2- 3 Halbe Liter Bier über den Abend.
Nach der Bundeswehr war ich an den Wochenenden sehr häufig mit Freunden auf Achse. Da wurde in der Regel auch Alkohol getrunken. Manchmal viel und manchmal weniger. Für die Festlegung genauer Trinkmengen ist es einfach zu lange her. Auf jeden Fall regelmäßig an den Wochenenden und auch mal mit höheren Trinkmengen. 5-6 große Biere und ein paar Schnäpse dazu waren sicherlich keine Seltenheit.
1988 lernte ich meine Frau kennen. Und nein, nicht in einer Kneipe, sondern beim Kaffee trinken in einem Eduscho-Laden, wo sie arbeitete.
Meine Frau brachte damals ihren siebenjährigen Sohn Patrick mit in die Beziehung. Patrick und ich waren uns von Anfang an sympathisch und haben uns gut verstanden.
Die Beziehung hatte den Effekt, dass sich das Leben und die Freizeit überwiegend zu Hause oder auf Besuch bei Freunden Abspielte. Je nach Besuchsanlass wurde dabei auch mal Alkohol getrunken(1-2 Bier 0,33l über die gesamte Besuchszeit. Aber sehr häufig eben auch nicht. Regelmäßige Kneipenbesuche haben seit dieser Zeit nicht mehr stattgefunden.
Zu dieser Zeit trank ich Alkohol so gut wie nur Anlassbezogen und in moderaten Mengen. Zu solchen Anlässen belief sich meine Trinkmenge in etwa auf 3 große Biere und gelegentlich auch mal 3-4 Schnäpse. Vor dem Beginn des Alkoholtrinkens habe ich sehr häufig auch erstmal Kaffee und/oder Wasser getrunken und gegessen. Was ich dann oft auch zwischendurch noch tat.
Auch wurden Trinkanlässe grundsätzlich ohne Kfz besucht.
Kurz vor der TF war es keine Seltenheit, dass ich an einem Freitagabend(4-5 Std) bis zu einer halben- dreiviertel Flasche Havanna-Club(40 % Alk.) konsumierte.
11. Wo und mit wem haben Sie überwiegend getrunken?
Auf Geburtstagsfeiern oder Grillfesten, Hauseinweihungen etc. mit Freunden und guten Bekannten im meist privaten Bereich oder angemieteten Locations, wenn es größere Festivitäten waren. Oder auch mit Freunden zusammen auf dem Wein-oder Stadtfest.
Es gab aber auch Feiern, wo ich den ganzen Abend gar keinen Alkohol getrunken habe, weil ich einfach keine Lust auf Alkohol hatte. Auch habe ich zu Anlässen nie sofort angefangen Alkohol zu trinken. Ich habe eigentlich immer erstmal bei Kaffee und/oder Wasser getrunken und geguckt, wer so alles da ist und wie die Leute so drauf sind.
12. Warum haben Sie getrunken?
(Innere + äußere Motive)
Die inneren Motive lagen in meiner Unzufriedenheit mit mir selbst. Da war die fehlende sportliche Betätigung, verletzungsbedingt, und der damit einhergehenden beträchtlichen Gewichtszunahme. Der Sport hatte für mich nicht nur den gesundheitlichen Aspekt, sondern diente mir auch als Ventil und Ausgleich zum Berufsleben und dem Alltag.
Das danach völlig ausgepowert sein empfand ich als total befriedigend und entspannend.
Diesen Zustand konnte ich mir zu dieser Zeit nicht verschaffen.
Sehr belastend war und ist auch das seit ca. zwei Jahren anhaltende Arbeitspensum. Durch den Wegfall und das nicht ersetzen eines Kollegen(Disponenten) übernahm ich vor ca. vier Jahren auf Anfrage meines Bereichsleiters dessen Aufgaben zusätzlich zu meiner Arbeit(Fertigungssteuerung) mit. Zunächst war es auch durchaus machbar für mich zweigleisig zu arbeiten, da die Abläufe, bis auf kleinere Probleme hier und da, gut strukturiert waren, ich auch schon immer gut in learning by doing war und auch keine Angst vor neuen Aufgaben habe.
Der extreme Stress begann letztendlich Ende 2014, als unser sehr ambitionierter und Vorreiterorientierter Vorstand beschloss ins lithium-ionen-Akku und Ladegeräte Geschäft mit eigener Produktion einzusteigen.
Diverse unvorhersehbare und schwerwiegende Komplikationen in diesem neu geschaffenen Geschäftsbereich erforderten auch in meinem Arbeitsbereich zeitaufwendige und ständige manuelle Eingriffe in die Prozessabläufe, im Bereich der Produktionsplanung und Materialbeschaffung. Überstunden in hohen Maße wurden zum Normalfall.
Erschwerend kam dann noch hinzu, dass im Frühjahr 2017 der Vertrieb einen Großkundenauftrag verloren hat der schon in der revolvierenden Planung Berücksichtigung fand und somit das Ergebnis schmälert. Das hatte zur Folge, dass eine Krisensitzung die nächste jagte und dadurch noch mehr effektive Arbeitszeit fehlte und zusätzlich Druck aufgebaut wurde.
Und letztendlich haben die ständigen Querelen meiner Mutter auch nicht gerade zu meinem Wohlbefinden beigetragen. Der krönende Abschluss ist jedenfalls, dass ich wohl auf Grund meines Kontaktabbruches enterbt bin.