Exploration
8. Wann hatten Sie den ersten Kontakt mit Alkohol und wann haben Sie das erste Mal Alkohol zu sich genommen?
Erinnerlich mit 6 Jahren, als ich mit meinem Vater auf dem Fußballplatz war. Bei Familienfesten oder Besuch von Bekannten meiner Eltern wurde Alkohol getrunken.
Das erste Mal Alkohol habe ich selbst mit 13 Jahren auf einer Jugendfreizeit getrunken.
9. Haben Sie regelmäßig Alkohol getrunken, und wie hat sich ihr Trinkverhalten in den letzten Jahren entwickelt?
Bis 2019 habe ich unregelmäßig Alkohol getrunken, im Durchschnitt im Monat 3L Bier. Selten habe ich mehr getrunken, bis ich betrunken war. Diese Ausreißer kamen im Jahr vielleicht 5 oder 6mal vor. Es gab jedoch Episoden, in denen ich mehr getrunken habe, zum einen der Tod des Vaters 2005, zum anderen die Trennung meiner Partnerin 2014.
Nach dem Hauskauf 2019 mit meiner damaligen Partnerin und Covid-Beginn 2020 und engere Bindung mit den Nachbarn hatten wir uns am Wochenende getroffen, uns besser kennengelernt. Hier hat sich die Frequenz, auch die Alkoholmenge schrittweise gesteigert. An Abenden mit maximaler Trinkmenge (über 5 bis 7 Stunden) habe ich irgendwann etwa 15 Bier (a 0,33l), manchmal auch bis 3 Jack-Daniels-Cola (1:3; dafür weniger Bier) und (überschlagen) etwa 10 Schnäpse (a 4cl Berliner Luft, immer wieder als "Kurzer“ bei Trinkspielen) getrunken. Durchschnittlich waren es die 10-14 Bier (eher weniger), und die Schnäpse (auch weniger als angegeben) zwischendurch. Das war etwa ein- bis zweimal im Monat über zwei Jahre.
Mit Ende Covid Mitte 2022 (so habe ich es zumindest erlebt) hat sich die Menge und auch die Gelegenheit, an denen ich Alkohol getrunken habe, wieder reduziert. Die Beziehung mit meiner Partnerin lief zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gut., wir haben wenig unternommen, saßen zuhause. Ich habe mich dann mit meinen Nachbarn oder mit Freunden getroffen. Unregelmäßig freitags habe ich bis zu 4 Bier (0,33l) getrunken. 1-2 mal im Monat habe ich samstags 6 (0,33l), manchmal auch 8 Bier getrunken.
November 2022 dann die Trennung, und wieder weil ein anderer Mann im Spiel war. Mein Konsum ging wieder nach oben, und ich habe wieder zweimal im Monat (über 3 Monate) 12 Bier (5% a 0,33L) und 15 Schnäpse (18% a 4cl) getrunken. Unter der Woche habe ich unregelmäßig abends bis zwei Gläser Wein (je 0,2L), in der Woche gesamt etwa 1L, getrunken,
Ich habe mich dann wieder gefangen, habe meinen Konsum wieder reduziert, allerdings gab es einmal im Monat einen Abend, an dem ich bis 15 Bier (0,33l) und bis etwa 15 Schnäpse (18% a 4cl) getrunken habe.
Anfang November 2023 wurde mir „sexuelle Belästigung“ vorgeworfen. Der Vorfall hatte gereicht, dass mir einige Nebenaufgaben, die ich wirklich gerne gemacht habe, entzogen wurden. Ich habe an drei Abenden meine Maximalmenge getrunken (etwa 15 Bier (a 0,33l), manchmal auch bis 3 Jack-Daniels-Cola (1:3; dafür weniger Bier) und (überschlagen) etwa 10 Schnäpse (a 4cl Berliner Luft)).
Anfang Januar 2024 habe ich mich wieder gefangen, habe meinen Konsum reduziert, in der Woche habe ich unregelmäßig abends bis zwei Gläser Wein (je 0,2L) getrunken, oder habe mich mit Freunden/Kollegen abends noch zum Feierabend-Bier getroffen. Ich hatte hier bis zu drei Bier, bevor ich dann nach Hause gefahren bin. Am Wochenende habe ich im Monat ein- bis zweimal samstags bis 6 Bier (etwa 2L) getrunken. Einmal im Monat gab es einen Abend, an dem ich trotzdem bis zu 15 Bier (0,33l) und etwa 15 Schnäpse getrunken habe.
Ich habe meine jetzige Partnerin im Mai 2024 kennengelernt, wir kamen im Juni zusammen, und der Konsum ging wieder zurück. Wir habend abends einmal die Woche ein Glas Wein zum Essen getrunken, ich habe am Wochenende 6 Bier (etwa 2L) getrunken, wenn ich mit Freunden zusammensaß, bis zur TF.
10. Wie viel und wie oft haben Sie getrunken?
In den letzten zweieinhalb Jahren durchschnittlich unter der Woche etwa 1L Wein, am Wochenende dann 12 Bier (5% a 0,33L) und 15 Schnäpse (18% a 4cl). Das Trinken am Wochenende kam durchschnittlich etwa 1-2 mal im Monat vor.
11. Wo und mit wem haben Sie überwiegend getrunken?
Ich habe überwiegend in Gesellschaft getrunken mit Nachbarn oder mit Freunden. Zudem habe ich alleine unter der Woche abends unregelmäßig zwei- bis drei Gläser Wein getrunken.
12. Warum haben Sie getrunken?
Innere Motive:
Über die letzten vier Jahre haben sich bei mir schleichend immer mehr Probleme angehäuft, welche ich nicht als solche erkannt habe, dadurch auch nicht lösen konnte. Nach der Trennung 2022 war ich dann überfordert, diesen Problemberg, aber auch die anfallenden Arbeiten schrittweise abzuarbeiten. Hilfe wollte und konnte ich nicht annehmen, da ich die Angst hatte, die Kontrolle zu verlieren, wenn ich nicht alles selbst mache, nicht perfekt mache. Jeder sollte jeder sehen, dass ich mit allen Situationen selbst klarkomme, ich dadurch Anerkennung von anderen bekomme, man mir auf die Schulter klopft. Wenn ich meine angestrebte Perfektion nicht erreicht habe, habe ich dies als persönliches Versagen empfunden, habe mich unzulänglich und wertgemindert gefühlt. Ich wollte allen anderen alles recht machen, wenn ich „Nein“ sagen wollte, habe ich „Ja“ gesagt, mir immer mehr Aufgaben auftragen lassen. Ich als Schwäche empfunden, wenn ich „Nein“ sage. Ich war dann in einer Abwärtsspirale gefangen, aus der ich alleine nicht mehr herausgekommen bin. Ich habe es als Schwäche gesehen, mich zu öffnen, über das zu sprechen, was mich belastet.
Die Ursache liegt darin, dass in meiner Familie Alkohol immer präsent war; Mein Vater war alkoholkrank, meine Mutter Co-abhängig, ich dadurch heute zu einem „erwachsenen Kind Alkoholabhängiger“ wurde.
In meiner Kindheit hatten meine Eltern aus verschiedenen Gründen immer mehr und öfter Streit. Zwar haben sie versucht, diesen nicht vor uns, also vor mir und meiner Schwester, auszutragen, aber natürlich haben wir diese wahrgenommen. Ich weiß nicht mehr genau, wann zum ersten Mal das Wort „Scheidung“ gefallen ist, aber ich hatte Angst, dass sich meine Eltern trennen, ich mich dann entscheiden müsste. Dadurch haben sich bei mir Verlustängste, aber auch Bindungsängste entwickelt. Ich wollte, dass meine Eltern mit allem was ich mache, stolz auf mich sind, um diesen Ängsten entgegenzuwirken, ihnen zu zeigen, dass ich das perfekte Kind bin, und es keinen Grund gibt zum Streiten, das ICH nicht der Grund bin. Dadurch wollte ich auch verhindern, dass sie sich zu trennen, da ich ja keine Probleme mache. Mit zunehmendem Alter, den ersten kleinen Problemen, die sich entwickelten, wollte ich meine Eltern nicht auch noch mit den Dingen belasten, die mich bedrückten und beschäftigten, und habe daher dies für mich behalten. Ich wollte nicht auffallen, habe mich vergraben und abgewartet, bis sich die Probleme augenscheinlich von alleine lösen, ich war im Irrglaube, dass es bei meinen Eltern so auch funktioniere. So war es auch in meinen Beziehungen früher: zum einen hatte ich Verlustängste, bin Streitereien aus dem Weg gegangen, habe meine Meinung immer wieder für mich behalten, war angenehm, um die Beziehung nicht zu gefährden. Ich war aber auch nicht in der Lage, mit meinen Partnerinnen über meine Wünsche zu reden, mich fester zu binden, eine Familie zu gründen, da ich immer daran gedacht habe, was wäre wenn……wenn ich mich öffne, wenn ich dann verletzt werde durch Trennung; wenn man sich lustig macht über meine Gefühle oder Wünsche. Ich habe über alles rational entschieden, weniger emotional, und dadurch bin ich auf der Stelle getrampelt, und habe mich nicht weiterentwickelt. Meine Ängste hatten meine Wünsche unterdrückt, dadurch ist meine Frustration mit der Zeit immer weiter gestiegen.
Alle meine Rückschläge, anfallende Probleme in der Vergangenheit habe ich kurzzeitig immer wieder versucht mit Alkohol zu überwinden. Als sich wieder alles gefügt hatte, ging der Konsum wieder zurück, ich war glücklich, und konnte wieder neu starten. Mit der Trennung 2022 bin ich allerdings in eine Spirale geraten, aus der ich selbst nicht mehr herauskam. Hier hatte ich keine Strategien, die Ursache der Probleme zu erkennen, daher fand ich auch keine Lösungen. Die gewachsene Verantwortung beruflich, die finanzielle Situation wegen des Hauses, die Hausarbeiten, die ich nun alleine machen musste, die Einsamkeit abends; ich war schlichtweg überfordert und habe hier keinen Ausweg gefunden, keine Lösungen, ich habe mich verloren. Meine Frustration ist weiter gestiegen, zumal ich auch meine Freunde, Kollegen und deren Leben betrachtet hatte, wie dieses sich entwickelt hatte, und habe dann auf mich geschaut, was ich alles nicht hatte. Mit Alkohol ging es mir besser, ich war wieder fröhlicher, konnte meine Probleme vergessen, ich konnte diese ausblenden. Ich kam aus mir heraus, ich war nicht mehr einsam, ich war wie ausgewechselt.
Äußere Motive:
In der Gruppe wollte ich nicht „Nein“ sagen und damit auffallen. Mir war es wichtig, was andere von mir halten, und ich wollte mitziehen. Ich kam an solchen Abenden aus meiner Einsamkeit raus, und das wollte ich genießen.
13. Welche Wirkung haben Sie in der Vergangenheit nach Alkoholgenuss bei sich beobachtet?
Bei wenig Alkoholkonsum war ich lustiger, enthemmter, redseliger; mit steigendem Konsum habe ich mich freier und erleichtert gefühlt, ich habe bei Gesprächen vieles ins Lächerliche gezogen. Auch war ich etwas „hyperaktiver“, übermütiger, und die Risikobereitschaft steig. Wenn ich weiter getrunken habe, war ich irgendwann emotionaler, war dann in der Lage, über mich und meine Gefühlslage zu reden, fühlte mich aber gleichzeitig erschöpft und müde.
Am Folgetag war ich auch müde, erschöpft, unkonzentriert, ich hatte Kopfschmerzen, mir war schlecht und ich hatte Magenschmerzen.
14. Gab es kritische Hinweise Anderer auf Ihren Alkoholkonsum und wie haben Sie darauf reagiert?
Nein. Wenn ich mehr Alkohol getrunken habe, dann in Gesellschaft, und es ist nicht aufgefallen.
15. Welche Auswirkungen und Folgen hatte Ihr Alkoholkonsum auf Ihr Leben und Ihr Umfeld?
Ich war unkonzentriert, habe nur das nötige getan, was dringend oder wichtig zu erledigen war, den Rest habe ich verschoben. Ich war lustlos, habe dadurch auch den Spaß an einigen Dingen verloren, da ich sie als übles „Muss“ und nicht als Entspannung empfunden habe.
Im beruflichen habe ich meine Aufgaben zwar erfüllt, aber nicht in der Perfektion, nach der ich strebe. Dadurch ist meine Frustration weiter gestiegen, ich habe dies immer als persönliches Versagen empfunden, was ich mir aber nicht anmerken lassen wollte.
16. Gab es in Ihrem bisherigen Leben frühere Zeiten, in denen sie weit mehr Alkohol als heute getrunken haben?
Wenn ja, nennen sie bitte die Lebensabschnitte und mögliche Ursachen und Umstände dafür.
2005 Tod meines Vaters. Ich konnte oder wollte hier nicht über meine Trauer sprechen, wollte stark wirken, vor meiner Familie und vor Freunden.
2014 Trennung meiner Partnerin. Die Ursache habe ich darin gesehen, dass sie einen anderen Mann kennengelernt hat, ich mir wertlos und ungenügend vorkam. Heute sehe ich den Fehler darin, dass in schlechten Zeiten nicht wirklich Lösungen gefunden wurden, sondern Streitursachen und Probleme nach einiger Zeit wie aufgelöst waren, jedenfalls für mich. Dass die Unzufriedenheit meiner Partnerin weiterhin bestand, habe ich nicht gesehen.
2022 Trennung meiner nächsten Partnerin. Auch hier hatte sich (zuvor schon) eine gewisse Unzufriedenheit eingestellt, die aber nicht angesprochen, sondern einfach übergangen wurde. Probleme wurden nicht gelöst, sondern nur verschoben.
2023 Vorwürfe wegen Belästigung. Dies war für mich ein Tabuthema, was ich nicht ansprechen wollte. Ich habe mich zwar verteidigt, aber nie angesprochen, was dies mit mir gemacht hat. Überspitzt gesagt, ich hatte das Gefühl, die Welt sei gegen mich, niemand wolle mir zuhören, und ich wollte nicht als schwach dastehen, indem ich jetzt noch emotional werde.
17. Haben sie jemals die Kontrolle über ihre Trinkmenge verloren und bis zur Volltrunkenheit Alkohol konsumiert?
Es gab einige Abende, an denen ich nicht mehr weiß wieviel ich getrunken habe, und ich hatte auch kleine Erinnerungslücken.
18. Haben Sie früher schon einmal oder öfter über einen längeren Zeitraum bewusst und mit Absicht völlig auf den Genuss von Alkohol verzichtet?
Berufsbedingt habe ich seit 2012 einmal im Jahr für 2-3 Monate keinen Alkohol getrunken.
19. In welcher Kategorie von Trinker haben sie sich früher gesehen und wie stufen Sie sich heute rückblickend ein? (mit Begründung)
Ich habe mich früher als Gesellschafts-/Partytrinker gesehen, und habe meinen Konsum als gesellschaftsfähig und „situationsbedingt normal“ eingestuft.
Heute stufe ich mich als Alpha-Trinker (nach Jellinek) ein. Mir ist heute bewusst, dass ich ein Problem im Umgang mit Alkohol hatte und habe, dass ich meine Grenzen nicht kannte bzw. sich diese durch meine Giftfestigkeit verschoben haben, ich immer mehr getrunken habe, um das Gefühl der Unbeschwertheit zu bekommen. Ich habe Alkohol missbraucht, um mich besser zu fühlen, meine Probleme zu vergessen.