Nagi22
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16. Gab es in Ihrem bisherigen Leben frühere Zeiten, in denen sie weit mehr Alkohol als heute getrunken haben?
Mein Alkoholkonsum hat sich ab meinem 16ten Lebensjahr bis zu meinem Unfall am 27.4.22 stetig gesteigert. Ab dem Tag meines Unfalls habe ich mich stark vom Alkohol distanziert und lebe ab dem 24.09.2022 abstinent. Also war der gesamte Zeitraum vor meinem Unfall mit weitaus mehr Alkoholkonsum verbunden, als nach dem Unfall.
Wenn ja, nennen sie bitte die Lebensabschnitte und mögliche Ursachen und Umstände dafür.
Es gab keine Lebensabschnitte, wo ich versucht habe, mit dem Alkohol irgendwelche Probleme oder Lebenskrisen zu überwinden.Die Ursachen und Umstände meines Trinkens decken sich daher mit Frage 12.
17. Haben sie jemals die Kontrolle über ihre Trinkmenge verloren und bis zur Volltrunkenheit Alkohol konsumiert?
Ich habe mit 18 das erste mal von Alkohol erbrechen müssen. Dies geschah bei einer Geburtstagsparty einer Freundin. Wir haben Trinkspiele gespielt, ich hatte schlechte Karten und war zudem vor Beginn des Trinkspiels schon sehr gut angetrunken. Ich hing den restlichen Abend aufm Klo und wurde am nächsten morgen dazu noch mit einem stattlichen Kater belohnt. So habe ich die eklige Seite des Alkohols kennengelernt.
Bei meiner Abiparty habe ich einen Filmriss erlebt. Das war im Sommer 2019. Ich kann mich noch an Dinge bis 24 Uhr erinnern, war jedoch wohl bis 4 Uhr da und bin auch irgendwie nachause gekommen, davon weiß ich aber gar nichts mehr.
Bei diesen beiden Ereignissen habe ich die Kontrolle über meine Trinkmenge verloren, da es natürlich nicht mein Ziel war zu erbrechen oder einen Filmriss zu erlangen.
Es gabe jedoch weitere Abende, vorwiegend dann, als ich 2020 von meinem Work and Travel wieder zurück kam, wo ich sehr bewusst mit Freunden zur Volltrunkenheit konsumiert habe. Da konnte ich mein Limit meistens gut einschätzen und es war ja auch das Ziel an seine Verträglichkeit ran zu gehen. Daher habe ich dort die Kontrolle über meine Trinkmenge nicht verloren, da ich aufgehört habe, bevor es eklig wurde.
18. Haben Sie früher schon einmal oder öfter über einen längeren Zeitraum bewusst und mit Absicht völlig auf den Genuss von Alkohol verzichtet?
Im Alter von 16-17 war Alkohol noch so wenig etabliert bei mir und meinem Freundeskreis, dass ich unbewusst bestimmt mal einen Monat nichts getrunken hatte.
In der Klausurphase meines Abiturs 2019 habe ich über 1 Monat komplett auf das trinken und feiern verzichtet. Ansonsten gab es eigentlich keinen Zeitraum, wo nicht wenigstens 1-2 Bier oder Gläser Wein am Wochenende getrunken wurden.
19. In welcher Kategorie eines Alkohol trinkenden Menschen haben Sie sich früher gesehen und wie stufen Sie sich heute rückblickend ein?
(mit Begründung)
Anhand der Tatsache, dass ich niemals alleine und vorwiegend am Wochenende getrunken habe, würde ich mein damaliges Ich als Gelegenheitstrinker mit starker Gefährdung zur Abhängigkeit betrachten.
Betrachtet man rückblickend meinen stetig gestiegenen Alkoholkonsum und die Mengen, die ich in mich rein gekippt habe, liegt die Gefährdung zur Abhängigkeit auf der Hand. Von respektvollem Umgang und Genuss kann man hier bei weitem nicht mehr sprechen.
Wäre ich durch den Unfall nicht dermaßen auf die Fresse geflogen, wäre ich nie von meinem hohen Ross runter gekommen und hätte nicht bemerkt, wie fortgeschritten mein Alkoholkonsum ist.
20. Trinken Sie heute Alkohol? Wenn ja, was, wie viel und wie oft?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Ich lebe seit dem 24.09.2022 abstinent und möchte nie mehr Alkohol trinken.
21. Wann haben Sie zuletzt Alkohol getrunken?
Der letzte Konsum war am 23.09.22, ein Bier 0,33L im Restaurant. Von meinem Unfall bis zum 24.09.2022 habe ich ganz selten mal ein Bier getrunken, wenn ich mit meiner Familie essen war. Das waren in den 5 Monaten maximal 3 Bier.
22. Trinken sie gelegentlich alkoholfreies Bier?
Nein, ich nehme meine Abstinenz sehr ernst und meide jegliche Produkte, worin Alkohol enthalten ist.
23. Warum trinken Sie heute Alkohol/keinen Alkohol?
Durch den Unfall habe ich an mehreren Stellen meines Lebens und im Leben andere gravierende Schäden angerichtet. Zunächst das Schuldgefühl und die damit verbundene Scham, meine Freunde und andere Verkehrsteilnehmer in Lebensgefahr gebracht zu haben, plagt mich bis heute noch und hat ein dickes Loch in mein Selbstwertgefühl geschossen. Ohne Alkohol wäre mir diese Dummheit nicht passiert und dies ist ein großer Grund für meinen nun abstinenten Lebensstil.
Die Enttäuschung meiner Familie, vor allem meiner Eltern und Großeltern, die sowas nie von mir erwartet hätten, trägt ebenfalls maßgeblich zu meiner Entscheidung bei. Dazu kommt noch der finanzielle Aspekt mit Totalschaden des Autos und der von mir umgenieteten Objekte, Ermittlungskosten, Gerichtskosten, MPU und so weiter. Des weiteren die Schwierigkeit zur Arbeit und Uni zu kommen.
Ich glaube sagen zu können, dass ich durch den Unfall Angst vor der Wirkung Alkohols bekommen habe. Neben der Kacke die mir passiert ist, haben gute Bekannte von mir zwei Tage später, am 29.04.22, einen so starken Autounfall gehabt, dass drei von vier Insassen ums Leben gekommen sind, was ebenfalls aufgrund von Freunden, die an dem Tag noch mit den Leuten waren, mit Alkoholkonsum in Verbindung stand. Eine dieser Personen lag mir besonders am Herzen und der Verlust macht mir bis heute sehr zu schaffen. Natürlich hätte es auch bei meinem Unfall deutlich mehr Verletzungen geben können. Das Monatsende im April war eine so dunkle Zeit und voller schlimmer Erfahrungen, dass ich mich dazu entschlossen habe für mein Leben die Finger vom Alkohol zu lassen, um nie mehr andere und mich damit in Gefahr zu bringen.
Ich habe mich auch strikt gegen KT entschieden, da ich weiß, wie schwer ich in der Vergangenheit zu Alkohol nein sagen konnte, wenn ich schon eine geringe Menge getrunken habe, was man am Tag meines Unfalls gesehen hat. Ich kam mit einem Bier zum See und ging mit mehreren Bieren und ner halben Flasche Hartstoff intus wieder. Das ist mir durch meine jetzige Aufarbeitung meines Alkoholkonsums über die letzten Jahre nur deutlicher klar geworden.
Ein weiterer Grund für meine Abstinenz ist, dass es mich gestört hat, ohne Alkohol nicht den Mut zu besitzen, Frauen anzusprechen oder offen und lustig auf Menschen zuzugehen. Diese Eigenschaft auch nüchtern zu haben, verdient meinen vollsten Respekt und ich bin drauf und dran, diese für mich zu erreichen.
24. Warum haben Sie das Trinken reduziert bzw. aufgegeben und warum nicht schon eher?
Alkohol hat sich durch mein Umfeld und die gesellschaftliche Normalität zu trinken sehr stark in meinem Leben eingenistet und ich habe eigentlich nie viel über die Risiken nachgedacht. Das liegt vor allem daran, dass ich mich in meinem Ego vor meinem Unfall gestärkt gefühlt habe und dachte, ich stehe über den Dingen und krieg das alles schon geregelt. Auch die Hinweise meiner Freunde und Familie über meinen erhöhten Konsum wurden von mir ignoriert und als unwichtig empfunden. Diese Eigenschaft hat nichts mit einer verantwortungsbewussten, erwachsenen Person zu tun und zeigt, dass ich im Geiste vor meinem Unfall eine starke Unreife besaß. Durch den Unfall bin ich so doll auf die Schnauze geflogen, dass ich richtig wach gerüttelt wurde und reichlich Zeit hatte, mein Weltbild neu zu ordnen und aus der Situation zu lernen, auf die harte Tour.
25. Wie haben Sie die Änderung Ihres Trinkverhaltens erreicht und dabei die Umstellungsphase erlebt?
Die Änderung meines Trinkverhaltens habe ich dadurch erreicht, dass ich am eigenen Leib erfahren habe, wie plötzlich Alkohol ein Leben zerstören kann. Ich habe von einem auf den anderen Tag komplett damit aufgehört, mich mit Alkohol zu berauschen und in den folgenden 5 Monaten nur 3 Bier 0,33L beim Essengehen getrunken und schließlich am 24.09.22 komplett aufgehört. Sehr schade, dass ich nicht in der Lage war, dies ohne extreme Gefährdung anderer im Straßenverkehr zu schaffen.
Ich habe mich nach dem Unfall für 3 Monate stark aus meinem Partyleben entzogen und musste erstmal viel Zeit für mich haben, um über die ganze Situation nachzudenken und damit klarzukommen. Wichtig für mich war es, dass meine Leistungen beim Sport und in der Uni nicht darunter leiden, da mir sofort klar wurde, dass dies der einzige Weg ist, wie ich es schaffen kann, in der Zukunft mit beiden Beinen im Leben zu stehen.
Meine Familie war eine sehr große Hilfe, da sie mich in keinster Weise im Stich gelassen haben, sondern mich immer aufbauten und hinter mir standen, obwohl ihre Enttäuschung über das Passierte sehr groß war, natürlich mehr als zurecht.
Mein enger Freundeskreis ist geblieben und hat mich dabei unterstützt, den Kopf auch mal frei zu bekommen und das Beste aus der Situation zu machen.
Nach den drei Monaten nach dem Unfall habe ich die Situationen soweit verkraften können, dass ich mich wieder stärker in das Sozialleben etabliert habe und auch mal wieder feiern gegangen bin ohne Alkohol. Für mich war es keine Option, nicht mehr mit Leuten zu sein, die trinken, sondern viel mehr zu lernen, Nein zu sagen und trotzdem einen schönen Abend haben zu können. In Deutschland kann man sich eh nicht vom Alkohol verstecken, auch wenn ich nur noch mit Freunden unterwegs bin, die auch nicht trinken, werden immer wieder Situationen kommen, wo Alkohol konsumiert wird.
Die ersten male Feiern ohne Alkohol waren schon komisch, weil ich es nicht ohne Alkohol kannte, aber das war vollkommen in Ordnung für mich, da mein Interesse am Alkoholrausch erloschen ist. Zudem fand ich es super, mich an alles erinnern zu können, fit am nächsten Tag zu sein und einfach Spaß haben konnte ohne Alkohol.
Als ich dann auch mal nüchtern was mit ner Frau hatte beim feiern wurde ich in meiner Denkweise nur bestärkt und bin heute sehr froh darüber, dass ich Alkohol aus meinem Leben kicken konnte.
26. Wie wirkt sich Ihr geändertes Verhalten auf Sie, Ihr Leben und Ihr Umfeld aus?
Durch meinen Unfall haben sich einige meiner Freunde an die eigene Nase gefasst und ihre TF von dort an unterlassen. Auch meine AB hat dazu geführt, dass viele in meinem Umfeld weniger tranken, was auch daran liegt, dass ich nicht mehr da bin, um zum Trinken zu animieren, wie ich es früher doch getan habe.
Mein familiäres Verhältnis ist momentan sehr gesund und ich bin dankbar dafür, dass sie so zu mir halten. Das war aber schon immer so, nur dass ich es heutzutage einfach viel mehr zu schätzen weiß.
Dazu kommen noch einige gesundheitliche Aspekte, die mir erst nach 3-4 Monaten AB aufgefallen sind. Ich habe an jedem Tag eine stabile Konzentrationsfähigkeit und keinerlei durchhänger Tage mehr, wie nach einer Partynacht. Des Weiteren hat sich mein Muskelgedächtnis etwas weiterentwickelt, so kann ich vor allem beim wakeboarden und skaten schneller neue Bewegungen verinnerlichen und zu späterem Zeitpunkt wieder abrufen.
In der Uni läuft auch alles super und ich komme sehr gut mit. Sport ist und bleibt mein ultimativer Ausgleich und ich habe tolle Trainingsergebnisse in den letzten Wochen erzielen können und tue mein Bestes, dass es so weiter geht.
27. Wie stellen Sie sicher, dass Ihr neues Verhalten dauerhaft stabil bleibt?
Durch die lange Auseinandersetzung mit mir, meiner Vergangenheit und meinen Trinkmotiven konnte ich vor allem den Mut neue Leute anzusprechen und das Selbstbewusstsein meinen Körper im nüchternen Zustand so zu lieben wie er ist erlangen und bin super stolz auf diese Eigenschaften, welche ich früher nur durch den Konsum von Alkohol erlangen konnte. Durch die neue erlernten Skills fallen schonmal große Beweggründe, zum Alkohol zu greifen, weg und ich bin noch lange nicht am Ende dieser Reise angelangt.
Das Gefühl, die Kontrolle über das Auto verloren und meine Freunde und andere Verkehrsteilnehmer extrem gefährdet zu haben in Kombination mit dem Verlust eines Kumpels 2 Tage später durch deren Unfall sind bis heute noch so präsent und erinnern mich stark daran, dass ich mit Alkohol nicht umzugehen weiß und mein Unfall noch einen so viel schlimmeren Ausgang mit Toden oder Verletzungen hätte haben können. Ich habe für mich beschlossen, daher nie wieder in solch eine Situation zu kommen und fühle mich in meiner Einstellung sehr gefestigt, auch in Zukunft noch so zu denken.
Ich habe auch gelernt, dass ich viele Dinge zu einseitig gesehen habe und meine Meinung über die Meinung anderer stellte, auch wenn es Familie und Freunde waren. Das war falsch und ich nehme mir heutzutage Dinge, die mir wichtig Personen sagen, viel mehr zu Herzen. Damit ich nicht wieder in meine eingefahrene Denkweise zurück falle ist es wichtig, dass ich mit meinen Gefühlen offen und ehrlich umgehe und viel darüber rede um mögliche zukünftige Fehlentscheidungen meinerseits schon im Keim zu ersticken.
28. Können Sie sich vorstellen, jemals wieder in Ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen?
(mit Begründung)
Ja, niemand kann wissen was die Zukunft bringt und was letztendlich passieren wird. Seit meinem Unfall habe ich durch Nachforschungen feststellen können, was die Gründe für meinen extremen Alkoholkonsum waren. Seitdem habe ich an mir gearbeitet und vieler der damaligen Gründe abgelegt und brauche den Alkohol einfach nicht mehr, um das zu erreichen, was ich will. Fakt ist jedoch, dass Sport so zentral als Ausgleichsventil in den Mittelpunkt meines Lebens gerückt ist, dass eine starke Verletzung als Beispiel eine Situation wäre, mit der ich sehr zu kämpfen hätte und am ehesten einen Rückfall ermöglichen könnte. Da ich meine inneren und äußeren Trinkmotive nun jedoch gut kenne, kann ich schon frühzeitig gegensteuern, um einen Rückfall zu vermeiden. Des Weiteren habe ich gelernt mehr auf die Meinung der mir am Herzen liegenden Menschen zu hören und suche vermehrt den Austausch, um über Dinge zu reden, die mich momentan belasten.
29. Wie wollen sie in Zukunft das Trinken vom Fahren trennen?
Ich trinke nie wieder.
30. Haben Sie zum Abschluss noch etwas hinzuzufügen?
Nein
Mein Alkoholkonsum hat sich ab meinem 16ten Lebensjahr bis zu meinem Unfall am 27.4.22 stetig gesteigert. Ab dem Tag meines Unfalls habe ich mich stark vom Alkohol distanziert und lebe ab dem 24.09.2022 abstinent. Also war der gesamte Zeitraum vor meinem Unfall mit weitaus mehr Alkoholkonsum verbunden, als nach dem Unfall.
Wenn ja, nennen sie bitte die Lebensabschnitte und mögliche Ursachen und Umstände dafür.
Es gab keine Lebensabschnitte, wo ich versucht habe, mit dem Alkohol irgendwelche Probleme oder Lebenskrisen zu überwinden.Die Ursachen und Umstände meines Trinkens decken sich daher mit Frage 12.
17. Haben sie jemals die Kontrolle über ihre Trinkmenge verloren und bis zur Volltrunkenheit Alkohol konsumiert?
Ich habe mit 18 das erste mal von Alkohol erbrechen müssen. Dies geschah bei einer Geburtstagsparty einer Freundin. Wir haben Trinkspiele gespielt, ich hatte schlechte Karten und war zudem vor Beginn des Trinkspiels schon sehr gut angetrunken. Ich hing den restlichen Abend aufm Klo und wurde am nächsten morgen dazu noch mit einem stattlichen Kater belohnt. So habe ich die eklige Seite des Alkohols kennengelernt.
Bei meiner Abiparty habe ich einen Filmriss erlebt. Das war im Sommer 2019. Ich kann mich noch an Dinge bis 24 Uhr erinnern, war jedoch wohl bis 4 Uhr da und bin auch irgendwie nachause gekommen, davon weiß ich aber gar nichts mehr.
Bei diesen beiden Ereignissen habe ich die Kontrolle über meine Trinkmenge verloren, da es natürlich nicht mein Ziel war zu erbrechen oder einen Filmriss zu erlangen.
Es gabe jedoch weitere Abende, vorwiegend dann, als ich 2020 von meinem Work and Travel wieder zurück kam, wo ich sehr bewusst mit Freunden zur Volltrunkenheit konsumiert habe. Da konnte ich mein Limit meistens gut einschätzen und es war ja auch das Ziel an seine Verträglichkeit ran zu gehen. Daher habe ich dort die Kontrolle über meine Trinkmenge nicht verloren, da ich aufgehört habe, bevor es eklig wurde.
18. Haben Sie früher schon einmal oder öfter über einen längeren Zeitraum bewusst und mit Absicht völlig auf den Genuss von Alkohol verzichtet?
Im Alter von 16-17 war Alkohol noch so wenig etabliert bei mir und meinem Freundeskreis, dass ich unbewusst bestimmt mal einen Monat nichts getrunken hatte.
In der Klausurphase meines Abiturs 2019 habe ich über 1 Monat komplett auf das trinken und feiern verzichtet. Ansonsten gab es eigentlich keinen Zeitraum, wo nicht wenigstens 1-2 Bier oder Gläser Wein am Wochenende getrunken wurden.
19. In welcher Kategorie eines Alkohol trinkenden Menschen haben Sie sich früher gesehen und wie stufen Sie sich heute rückblickend ein?
(mit Begründung)
Anhand der Tatsache, dass ich niemals alleine und vorwiegend am Wochenende getrunken habe, würde ich mein damaliges Ich als Gelegenheitstrinker mit starker Gefährdung zur Abhängigkeit betrachten.
Betrachtet man rückblickend meinen stetig gestiegenen Alkoholkonsum und die Mengen, die ich in mich rein gekippt habe, liegt die Gefährdung zur Abhängigkeit auf der Hand. Von respektvollem Umgang und Genuss kann man hier bei weitem nicht mehr sprechen.
Wäre ich durch den Unfall nicht dermaßen auf die Fresse geflogen, wäre ich nie von meinem hohen Ross runter gekommen und hätte nicht bemerkt, wie fortgeschritten mein Alkoholkonsum ist.
20. Trinken Sie heute Alkohol? Wenn ja, was, wie viel und wie oft?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Ich lebe seit dem 24.09.2022 abstinent und möchte nie mehr Alkohol trinken.
21. Wann haben Sie zuletzt Alkohol getrunken?
Der letzte Konsum war am 23.09.22, ein Bier 0,33L im Restaurant. Von meinem Unfall bis zum 24.09.2022 habe ich ganz selten mal ein Bier getrunken, wenn ich mit meiner Familie essen war. Das waren in den 5 Monaten maximal 3 Bier.
22. Trinken sie gelegentlich alkoholfreies Bier?
Nein, ich nehme meine Abstinenz sehr ernst und meide jegliche Produkte, worin Alkohol enthalten ist.
23. Warum trinken Sie heute Alkohol/keinen Alkohol?
Durch den Unfall habe ich an mehreren Stellen meines Lebens und im Leben andere gravierende Schäden angerichtet. Zunächst das Schuldgefühl und die damit verbundene Scham, meine Freunde und andere Verkehrsteilnehmer in Lebensgefahr gebracht zu haben, plagt mich bis heute noch und hat ein dickes Loch in mein Selbstwertgefühl geschossen. Ohne Alkohol wäre mir diese Dummheit nicht passiert und dies ist ein großer Grund für meinen nun abstinenten Lebensstil.
Die Enttäuschung meiner Familie, vor allem meiner Eltern und Großeltern, die sowas nie von mir erwartet hätten, trägt ebenfalls maßgeblich zu meiner Entscheidung bei. Dazu kommt noch der finanzielle Aspekt mit Totalschaden des Autos und der von mir umgenieteten Objekte, Ermittlungskosten, Gerichtskosten, MPU und so weiter. Des weiteren die Schwierigkeit zur Arbeit und Uni zu kommen.
Ich glaube sagen zu können, dass ich durch den Unfall Angst vor der Wirkung Alkohols bekommen habe. Neben der Kacke die mir passiert ist, haben gute Bekannte von mir zwei Tage später, am 29.04.22, einen so starken Autounfall gehabt, dass drei von vier Insassen ums Leben gekommen sind, was ebenfalls aufgrund von Freunden, die an dem Tag noch mit den Leuten waren, mit Alkoholkonsum in Verbindung stand. Eine dieser Personen lag mir besonders am Herzen und der Verlust macht mir bis heute sehr zu schaffen. Natürlich hätte es auch bei meinem Unfall deutlich mehr Verletzungen geben können. Das Monatsende im April war eine so dunkle Zeit und voller schlimmer Erfahrungen, dass ich mich dazu entschlossen habe für mein Leben die Finger vom Alkohol zu lassen, um nie mehr andere und mich damit in Gefahr zu bringen.
Ich habe mich auch strikt gegen KT entschieden, da ich weiß, wie schwer ich in der Vergangenheit zu Alkohol nein sagen konnte, wenn ich schon eine geringe Menge getrunken habe, was man am Tag meines Unfalls gesehen hat. Ich kam mit einem Bier zum See und ging mit mehreren Bieren und ner halben Flasche Hartstoff intus wieder. Das ist mir durch meine jetzige Aufarbeitung meines Alkoholkonsums über die letzten Jahre nur deutlicher klar geworden.
Ein weiterer Grund für meine Abstinenz ist, dass es mich gestört hat, ohne Alkohol nicht den Mut zu besitzen, Frauen anzusprechen oder offen und lustig auf Menschen zuzugehen. Diese Eigenschaft auch nüchtern zu haben, verdient meinen vollsten Respekt und ich bin drauf und dran, diese für mich zu erreichen.
24. Warum haben Sie das Trinken reduziert bzw. aufgegeben und warum nicht schon eher?
Alkohol hat sich durch mein Umfeld und die gesellschaftliche Normalität zu trinken sehr stark in meinem Leben eingenistet und ich habe eigentlich nie viel über die Risiken nachgedacht. Das liegt vor allem daran, dass ich mich in meinem Ego vor meinem Unfall gestärkt gefühlt habe und dachte, ich stehe über den Dingen und krieg das alles schon geregelt. Auch die Hinweise meiner Freunde und Familie über meinen erhöhten Konsum wurden von mir ignoriert und als unwichtig empfunden. Diese Eigenschaft hat nichts mit einer verantwortungsbewussten, erwachsenen Person zu tun und zeigt, dass ich im Geiste vor meinem Unfall eine starke Unreife besaß. Durch den Unfall bin ich so doll auf die Schnauze geflogen, dass ich richtig wach gerüttelt wurde und reichlich Zeit hatte, mein Weltbild neu zu ordnen und aus der Situation zu lernen, auf die harte Tour.
25. Wie haben Sie die Änderung Ihres Trinkverhaltens erreicht und dabei die Umstellungsphase erlebt?
Die Änderung meines Trinkverhaltens habe ich dadurch erreicht, dass ich am eigenen Leib erfahren habe, wie plötzlich Alkohol ein Leben zerstören kann. Ich habe von einem auf den anderen Tag komplett damit aufgehört, mich mit Alkohol zu berauschen und in den folgenden 5 Monaten nur 3 Bier 0,33L beim Essengehen getrunken und schließlich am 24.09.22 komplett aufgehört. Sehr schade, dass ich nicht in der Lage war, dies ohne extreme Gefährdung anderer im Straßenverkehr zu schaffen.
Ich habe mich nach dem Unfall für 3 Monate stark aus meinem Partyleben entzogen und musste erstmal viel Zeit für mich haben, um über die ganze Situation nachzudenken und damit klarzukommen. Wichtig für mich war es, dass meine Leistungen beim Sport und in der Uni nicht darunter leiden, da mir sofort klar wurde, dass dies der einzige Weg ist, wie ich es schaffen kann, in der Zukunft mit beiden Beinen im Leben zu stehen.
Meine Familie war eine sehr große Hilfe, da sie mich in keinster Weise im Stich gelassen haben, sondern mich immer aufbauten und hinter mir standen, obwohl ihre Enttäuschung über das Passierte sehr groß war, natürlich mehr als zurecht.
Mein enger Freundeskreis ist geblieben und hat mich dabei unterstützt, den Kopf auch mal frei zu bekommen und das Beste aus der Situation zu machen.
Nach den drei Monaten nach dem Unfall habe ich die Situationen soweit verkraften können, dass ich mich wieder stärker in das Sozialleben etabliert habe und auch mal wieder feiern gegangen bin ohne Alkohol. Für mich war es keine Option, nicht mehr mit Leuten zu sein, die trinken, sondern viel mehr zu lernen, Nein zu sagen und trotzdem einen schönen Abend haben zu können. In Deutschland kann man sich eh nicht vom Alkohol verstecken, auch wenn ich nur noch mit Freunden unterwegs bin, die auch nicht trinken, werden immer wieder Situationen kommen, wo Alkohol konsumiert wird.
Die ersten male Feiern ohne Alkohol waren schon komisch, weil ich es nicht ohne Alkohol kannte, aber das war vollkommen in Ordnung für mich, da mein Interesse am Alkoholrausch erloschen ist. Zudem fand ich es super, mich an alles erinnern zu können, fit am nächsten Tag zu sein und einfach Spaß haben konnte ohne Alkohol.
Als ich dann auch mal nüchtern was mit ner Frau hatte beim feiern wurde ich in meiner Denkweise nur bestärkt und bin heute sehr froh darüber, dass ich Alkohol aus meinem Leben kicken konnte.
26. Wie wirkt sich Ihr geändertes Verhalten auf Sie, Ihr Leben und Ihr Umfeld aus?
Durch meinen Unfall haben sich einige meiner Freunde an die eigene Nase gefasst und ihre TF von dort an unterlassen. Auch meine AB hat dazu geführt, dass viele in meinem Umfeld weniger tranken, was auch daran liegt, dass ich nicht mehr da bin, um zum Trinken zu animieren, wie ich es früher doch getan habe.
Mein familiäres Verhältnis ist momentan sehr gesund und ich bin dankbar dafür, dass sie so zu mir halten. Das war aber schon immer so, nur dass ich es heutzutage einfach viel mehr zu schätzen weiß.
Dazu kommen noch einige gesundheitliche Aspekte, die mir erst nach 3-4 Monaten AB aufgefallen sind. Ich habe an jedem Tag eine stabile Konzentrationsfähigkeit und keinerlei durchhänger Tage mehr, wie nach einer Partynacht. Des Weiteren hat sich mein Muskelgedächtnis etwas weiterentwickelt, so kann ich vor allem beim wakeboarden und skaten schneller neue Bewegungen verinnerlichen und zu späterem Zeitpunkt wieder abrufen.
In der Uni läuft auch alles super und ich komme sehr gut mit. Sport ist und bleibt mein ultimativer Ausgleich und ich habe tolle Trainingsergebnisse in den letzten Wochen erzielen können und tue mein Bestes, dass es so weiter geht.
27. Wie stellen Sie sicher, dass Ihr neues Verhalten dauerhaft stabil bleibt?
Durch die lange Auseinandersetzung mit mir, meiner Vergangenheit und meinen Trinkmotiven konnte ich vor allem den Mut neue Leute anzusprechen und das Selbstbewusstsein meinen Körper im nüchternen Zustand so zu lieben wie er ist erlangen und bin super stolz auf diese Eigenschaften, welche ich früher nur durch den Konsum von Alkohol erlangen konnte. Durch die neue erlernten Skills fallen schonmal große Beweggründe, zum Alkohol zu greifen, weg und ich bin noch lange nicht am Ende dieser Reise angelangt.
Das Gefühl, die Kontrolle über das Auto verloren und meine Freunde und andere Verkehrsteilnehmer extrem gefährdet zu haben in Kombination mit dem Verlust eines Kumpels 2 Tage später durch deren Unfall sind bis heute noch so präsent und erinnern mich stark daran, dass ich mit Alkohol nicht umzugehen weiß und mein Unfall noch einen so viel schlimmeren Ausgang mit Toden oder Verletzungen hätte haben können. Ich habe für mich beschlossen, daher nie wieder in solch eine Situation zu kommen und fühle mich in meiner Einstellung sehr gefestigt, auch in Zukunft noch so zu denken.
Ich habe auch gelernt, dass ich viele Dinge zu einseitig gesehen habe und meine Meinung über die Meinung anderer stellte, auch wenn es Familie und Freunde waren. Das war falsch und ich nehme mir heutzutage Dinge, die mir wichtig Personen sagen, viel mehr zu Herzen. Damit ich nicht wieder in meine eingefahrene Denkweise zurück falle ist es wichtig, dass ich mit meinen Gefühlen offen und ehrlich umgehe und viel darüber rede um mögliche zukünftige Fehlentscheidungen meinerseits schon im Keim zu ersticken.
28. Können Sie sich vorstellen, jemals wieder in Ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen?
(mit Begründung)
Ja, niemand kann wissen was die Zukunft bringt und was letztendlich passieren wird. Seit meinem Unfall habe ich durch Nachforschungen feststellen können, was die Gründe für meinen extremen Alkoholkonsum waren. Seitdem habe ich an mir gearbeitet und vieler der damaligen Gründe abgelegt und brauche den Alkohol einfach nicht mehr, um das zu erreichen, was ich will. Fakt ist jedoch, dass Sport so zentral als Ausgleichsventil in den Mittelpunkt meines Lebens gerückt ist, dass eine starke Verletzung als Beispiel eine Situation wäre, mit der ich sehr zu kämpfen hätte und am ehesten einen Rückfall ermöglichen könnte. Da ich meine inneren und äußeren Trinkmotive nun jedoch gut kenne, kann ich schon frühzeitig gegensteuern, um einen Rückfall zu vermeiden. Des Weiteren habe ich gelernt mehr auf die Meinung der mir am Herzen liegenden Menschen zu hören und suche vermehrt den Austausch, um über Dinge zu reden, die mich momentan belasten.
29. Wie wollen sie in Zukunft das Trinken vom Fahren trennen?
Ich trinke nie wieder.
30. Haben Sie zum Abschluss noch etwas hinzuzufügen?
Nein