Vielen Dank Nancy für deine Mühe und deine wertvollen Hinweise. Ich habe mir nun weitere Gedanken zu den einzelnen Fragen gemacht.
Hallo Moerker,
ich mache dann mal ein paar Anmerkungen zum FB:
Zum -von mir- fett markierten: Nur er? Oder du auch?
Ich hatte am nächsten Tag keine anwesenheitspflichtige Veranstaltungen.
Der Rekonstruktionsversuch ist leider kläglich gescheitert...
Ernsthaft: das kann nicht alles gewesen sein.
Schau bitte selber nochmal nach:
Kontrolliertes Trinken: Programme für Betroffene zur Reduktion eines überhöhten Alkoholkonsums; Zusatzausbildungen für Fachkräfte; Informationen über Alkohol
www.kontrolliertes-trinken.de
Nach diesem Rechner (der ziemlich genau ist) hättest du bei max. 1,3‰ zur BE-Zeit gelegen.
War es doch einiges mehr an Bier?
Ich habe diesen Rechner zur Rekonstruktion benutzt, jedoch habe ich vergessen das Gewicht anzupassen. Also 32cl reiner Gin und 7 Biere waren dann die realistische Trinkmenge.
Du wusstest also wie "kontrolliertes Trinken" geht?
Ich hatte während meiner Schulzeit nicht das Bedürfnis mehr zu trinken... ich habe mir über solche Konzepte damals keine Gedanken gemacht. Ich war eigentlich sehr zufrieden damals, da ich damals auch keinen Aggressionen seitens meiner Umwelt ausgesetzt war.
Erst mit den darauffolgenden frustrierenden Erfahrungen im Zivildienst und dem Studium, und den abstrus hohen und zugleich widersprüchlichen Erwartungen meines Vaters, habe ich den Alkohol als willkommenen Ausgleich für die dauernde emotionale Belastung entdeckt. Schlussendlich ist er gekränkt (er konnte seinen Willen nicht durchsetzen), dass ich nicht Zahnmedizin studiert habe und hat jede Woche, als ich daheim war, kein gutes Haar an mir, meinem Studium und meinen Freizeitaktivitäten gelassen. Da ich finanziell von ihm abhängig war, muss ich mir seine Tiraden gefallen lassen.
Auf der Studentenverbindung wurde mir immer ein Bier in die Hand gedrückt, wenn ich über meine Probleme reden wollte. Dort habe ich die entlastende Wirkung von Alkohol kennengelernt, und meine Verbindungsbrüder waren zufrieden, dass sie mich in eine angenehme Stimmung gebracht haben.
Dieses Verhaltensmuster habe ich dann auch bei Freunden, Studienkollegen, Bekannten oder Verwandtschaft angewandt, also immer wenn es einen sozialen Anlass gab. Daran hat er sich mein Vater seltsamerweise nie gestört. Hätte ich den Enthusiasmus in sportliche Aktivitäten oder das Erlernen einer Fremdsprache gesteckt, hätte mein Vater das wieder nur verächtlich gemacht. Vermutlich weil er selbst keine Fremdsprache beherrscht und sportlich auch immer besser sein wollte als ich, obwohl er 33 Jahre älter ist als ich. Alkoholkonsum war da eine willkommene Abwechslung vom belastenden Alltag. Durch die permanente unberechtigte Schwarzmalerei meines Vaters, konnte ich für mich keine stimmige Zukunftsperspektive entwickeln.
Dann erzähle doch mal mehr von den "Spitzen", denn deine Trinkmengen im Vorfeld erklären bei weitem nicht deinen Trunkenheitsgrad bei der TF.
Auch wenn du bei der TF (lt. Polizeibericht) ziemliche Schlagseite hattest, so musst du doch im Vorfeld öfter in etwa die Alk.mengen konsumiert haben die du bei deiner TF intus hattest. Ganz einfach weil du sonst nicht bis zu 1 km weit gekommen wärst (aufsteigen, fahren, Balance halten und nicht stürzen...)
Defacto bin ich nicht mehr 1km geradelt, sondern bin aufs Rad gestiegen, habe einmal getrampelt, bin fast umgekippt und musste mich dann immer wieder abstützen mit den Beinen; aus dem Polizeibericht: "... dabei schwankte er stark und musste mehrmals bis zum Stillstand abbremsen". Der ärztliche Bericht ist eigentlich auch eindeutig, gerade die neurologischen Ausfälle sind schon heftig (Nystagmus + perseverierende Sprache). Wir können schon davon ausgehen, dass ich in jener Nacht an meiner oberen Grenze war, nichtsdestoweniger habe ich diese in der Vergangenheit sicherlich öfters erreicht.
Ich habe an den Wochenenden oder bei passenden sozialen bis zu 6L Bier oder 2,5L Wein an einem Abend getrunken habe. Mein Gewicht hat in den letzten 14 Jahren auch zwischen 68kg und 104kg geschwankt. Für meine schwereren Zeiten mögen dann diese Mengen sicherlich zutreffen. Über die verschiedenen Lebensphasen und mit steigendem Gewicht ist dann die Menge Alkohol, die ich an einem Abend getrunken und vertragen habe, immer größer geworden.
Zecher = Trinker
Du magst also die Gesellschaft von Trinkern?
Im anonymisierten Hochschul-Studium in Deutschland bekommt man als Student per se keine Anerkennung, sondern ist eigentlich nur mit gelangweilten Dozenten oder unkooperativen Verwaltungspersonal konfrontiert. Informationen, die für einen essentiell sind, werden bewusst zurückgehalten. Der Alltag in einer Uni-Stadt ist auch stressig, alle Wege dauern länger, überall muss man sich anstellen, ständig ist man mit gereizten Personen konfrontiert. Der ständige Geldmangel ist belastend, die ständige Unsicherheit. Mitbewohner und Verbindungsbrüder wollen ihre Bedürfnisse erfüllt wissen. Niemand ist ernsthaft an Gesprächen oder meinen Problemen interessiert. Dazu die ambivalente Haltung meines Vaters. Da ist die gesellige Runde mit anderen Leuten, die trinken ein vermeintlich guter Ausgleich. Ich mag die Gesellschaft von fröhlichen und entspannten Menschen. Meiner persönlichen Erfahrung nach, werden die Menschen zugänglicher, wenn man mit ihnen trinkt. Dass dies nur eine Illusion ist, habe ich leider auch erst lernen müssen. V.a. wenn man am nächsten Tag wieder nüchtern aufeinander trifft und all die Freundschaftsbekundungen vom Vortag nichts mehr wert sind. Hilfe in alltäglichen Situationen kann man von seinen Partyfreunden natürlich auch nicht erwarten. So erwies sich das ganze soziale Leben in der Universitätsstadt als falsch.
Nun gut, der GA ist zwar auch nicht gerade mit dem Klammerbeutel gepudert, dennoch wirst du dir u.U. die Frage anhören müssen warum gerade
du als angehender Mediziner -und damit quasi in einer Vorbildfunktion- dir den Alk. in derart hohen Mengen einverleibt hast, obwohl gerade du hättest wissen müssen welche gravierenden Folgen hierbei zu erwarten sind (und dabei meine ich nicht nur die finanziellen
)
Es ist ein Unterschied, ob man sich mit dem Lehrbuch mit Krankheiten auseinander setzt, oder ob man jeden Tag, wie ich jetzt im praktischen Jahr mit den Auswirkungen eines ungesunden Lebensstil konfrontiert ist. Gefühlte 80% der Patienten, die akut im Krankenhaus behandelt werden, haben ihre Krankheit aufgrund eines ungesunden Lebensstils (1. Rauchen, 2. Übergewicht, 3. Bewegungsmangel, 4. Alkoholabusus). Daher fällt es mir auch jetzt wesentlich leichter kontrolliertes Trinken zu praktizieren und mein Gewicht zu regulieren. Da ich bisher erst wenig für meine Altersvorsorge getan habe, bin ich gezwungen, die nächsten 33 Jahre zu arbeiten und Gesund zu bleiben. Deshalb versuche ich nun auch keine vermeidbaren Risiken mehr einzugehen. Im Falle des missbräuchlichen Gebrauchs von Alkohol wären das: diverse Krebserkrankungen, Pankreatitis, Pankreasinsuffizienz, Leberschäden, Neuropathie, Herzinsuffizienz, Stoffwechselstörungen, vorzeitige Alterung, Einschränkung der kognitiven Fähigkeit, psychische Labilität, Bluthochdruck... .
Für mich selbst sind folgende Auswirkungen, die ich bei mir festgestellt habe am gravierendsten: Gewichtszunahme bis zum Maximum von 104kg, damit eingeschränkte Beweglichkeit und körperliche Fitness, beginnender Hypertonus laut Betriebsärztin. Meine Kleidung hat nicht mehr gepasst. Ich habe ein Mondgesicht bekommen und war nicht mehr attraktiv. Dadurch habe ich viel negatives Feedback von meiner Umwelt erhalten.
Gut und schön, aber gab es auch negative Hinweise?
Vor allem an Tagen nach dem Trinken, habe ich die ganze Zeit benötigt mich zu regenerieren (meistens Samstage oder Sonntage), so dass ich nicht tatkräftig bei meiner Familie im Garten mithelfen konnte oder vergnügliche Unternehmungen mit meiner Freundin durchgeführt habe. Auch wurde meine Gewichtszunahme kritisch von meinem Umfeld betrachtet.
Wir sind hier mit den Fragen immer noch in der Vergangenheit. Heißt: es gilt hier die Dinge aufzuführen die vor deiner TF relevant waren. Wenn du schreibst "bisher sehr wenige" impliziert das, dass du nicht weißt welche Folgen dein weiterer Konsum noch haben wird, was wiederum beinhaltet das auch ein zukünftig hoher Konsum nicht ausgeschlossen werden kann...
ok aufgrund der oben genannten gesundheitlichen Folgeschäden, die auftreten, die zwangsläufig auch soziale und psychische Folgen haben, habe ich mich entschlossen Strategien zu entwickeln mit denen ich die alten Trinkmuster vermeiden werde. Ich habe mich dazu zum kontrollierten Trinken entschieden, d.h. festgelegte Trinkanlässe, runde Geburtstage, Taufen, Hochzeiten, an denen ich max. 2x0,3L Bier trinke. Da ich dies nun ein halbes Jahr praktiziere, ist mir aufgefallen, dass ich gar nicht mehr das Verlangen habe mehr und öfters zu trinken. Es fordert mich auch keiner aktiv auf, mehr zu trinken. Inzwischen zähle ich auch nicht mehr die Wochen, an denen ich nichts getrunken habe. Da ich jetzt weder im Umfeld meiner Verwandtschaft, noch in meiner Universitätsstadt lebe, sondern mit meiner Freundin in einer anderen Kleinstadt zusammenwohne, habe ich auch jederzeit einen Ansprechpartner und es erübrigt sich aus Frustration Alkohol zu trinken.
Klingt nach ziemlich vielen Kontrollverlusten...
Einen richtigen Blackout mit Filmriss hatte ich nur nach meinem Physikum. Ansonsten habe ich diese großen Mengen, v.a. aufgrund meiner Gewöhnung vertragen und habe ansonsten die Feiern ohne Filmriss oder Blackouts erlebt.
Du hast die Trinkmenge also nur wegen des "Lernerfolgs" reduziert?
Das war natürlich nur der Anlass und mein hohes Gewicht von 104kg. Die oben genannten gesundheitlichen Gefahren des Alkoholkonsums sind mir auch bekannt gewesen. Daneben wollte ich einen guten Eindruck in dem Krankenhaus machen und Leistung zeigen, in dem ich das PJ ableiste. Dazu brauche ich meine Wochenenden zur Erholung, damit ich am Montag morgen wieder tatkräftig in der Klinik erscheinen kann. Eventuell will ich in diesem Krankenhaus auch nach dem Studium das Arbeiten als Assistenzarzt beginnen.
Das ist natürlich eine eindeutig intrinsische Motivationserklärung dem vielen Alk. abzuschwören...
Nun gut die Trennung zwischen intrinsisch und extrinsisch erscheint mir etwas künstlich, aber ich kann inzwischen mehrere Beweggründe angeben.
Krankheitsvermeidung, Vermeidung von sozialen Konsequenzen, meinen persönlichen Vorteilen, v.a. besseres körperliches Wohlbefinden, größeres Maß an Ausgeglichenheit, mehr sinnvoll genutzte Freizeit, Wiederentdecken von Interessen, angenehmere Wochenenden, Erkennen der wahren Freunde.
Genau aus dem Grund weil viele denken dass ihnen so etwas nicht mehr passieren kann gibt es so viele Rückfalltäter...
In den letzten sechs Monaten habe ich das kontrollierte Trinken eingeübt, dennoch bin ich mir bewusst, dass es Situationen gibt, in denen mein Verhalten auf eine Probe gestellt werden wird. Eine grundsätzliche Sache ist, dass ich in meinem Leben den Kontakt mit Leuten, die mir nicht guttun komplett meide (Verbindungsbrüder) oder nur auf das notwendigste reduziere (v.a. Vater).
Als gutes Mittel der Stressbewältigung habe ich ausgiebige Spaziergänge für mich entdeckt, in denen ich allein oder mit meiner Lebenspartnerin über berufliche oder private (v.a. Verwandtschaft) betreffende Probleme rede. Dadurch löst sich die innere Anspannung und ich erlebe einen Perspektivwechsel, so dass ich nicht mehr auf alkoholische Getränke zur Stressbewältigung angewiesen bin. Zudem habe ich Computerspiele aus meiner Jugend wiederentdeckt, die ich in solchen Situationen spielen kann, und welche auch auf mich einen sehr entspannenden Charakter haben.
Das soziale Umfeld, in dem ich mich jetzt bewege, ist älter und reifer und es dreht sich viel um Kinder oder Familienplanung, d.h. die entsprechenden Feiern haben ihren Charakter verändert, übermäßiges Trinken gehört hier nicht mehr dazu.
Jo, und damit ist praktisch die selbst gesetzte Regel zur Höchstmenge obsolet...
Diesen Passus habe ich aus einem anderen Fragebogen übernommen. Ich war selbst davon nicht überzeugt.
Ich werde für mich nur noch die Nullpromillegrenze akzeptieren, wenn es um das Fahren eines Fahrzeugs, sei es Fahrrad oder KFZ geht. Wenn im Rahmen des kontrollierten Trinkens ein Trinkereignis geplant ist, werde ich dazu, weder mit dem Fahrrad, noch mit dem Auto anreisen, sondern entweder öffentliche Verkehrsmittel nehmen, zu Fuß gehen oder mich abholen lassen.