12. Warum haben Sie getrunken?
(Innere + äußere Motive)
Aufgewachsen bin ich zusammen mit meiner 5 Jahre älteren Schwester und mit meiner Mutter. Mein Vater ist gestorben im alter von 48 an einen Herzinfarkt. Ich war damals 6 Jahre alt. Von da an wurden ich und meine Schwester allein von meiner Mutter Erzogen. Als ich 14 war, ist meine Schwester dann ausgezogen und ich lebte allein mit meiner Mutter bis sie verstorben ist, zu dem Zeitpunkt war ich 23 Jahre. In dieser Zeit war ich immer für meine Mutter da. Ich hatte damals wenige Freunde. Ging nie weg auf Partys oder in Discos. Und Alkohol trank ich schon gar nicht weil ich wusste wie meiner Mutter zu Alkohol steht. In der Zeit mit meiner Mutter hab ich das nicht getan weil ich dachte ich müsse immer für meine Mutter da sein weil sie doch allein war, und ich wollte sie nicht enttäuschen. Dadurch das ich lange allein mit meiner Mutter zusammen gelebt habe, war ich eigentlich sehr früh selbstständig weil ich ja so zusagen der Mann im Haus war. Nach einigen Gesprächen mit meiner Schwester hat sie mir Dinge gesagt von Früher die ich wohl vergessen habe, oder verdrängt wie meine Schwester meint. So weiß ich z.b erst seid einiger Zeit das meine Schwester sich um unsere Weihnachtsgeschenke und Geburtstagsgeschenke gekümmert hat, sie gekauft und für mich und sich selbst eingepackt hat, da meine Mutter sich um so was nicht gekümmert hat. Unsere Mutter hat uns nie gefragt, wie es uns geht. Sie ist auch nie zu Elternabenden gegangen weil es sie nicht interessierte. Unsere Zeugnisse haben sie auch nie interessiert. Meine Schwester war früher ziemlich Dick und wie sie mir erzählt hat, hat unsere Mutter immer mit ihr geschimpft, weil sie so dick war, hat aber nicht begriffen, dass sie als Kind da nichts für konnte. Sie hatte die Verantwortung für die Ernährung, sie hätte ihr helfen müssen, statt sie nieder zu machen. Es gab keine Anerkennung und keine Zuwendung. Nie sagte sie das sie uns Liebt oder wenigstens mal ein lob. Probleme wurden bei uns zu Hause einfach Totgeschwiegen, somit hab ich nie gelernt mich mit Konflikten auseinander zu setzen. Nachdem ich dann mit 23 in meiner erste Eigene Wohnung zog und ich den Tot meiner Mutter verarbeitet hatte kam mir auch der Gedanke das es auch was Gutes haben könnte das meine Mutter verstorben war. Denn wenn sie noch leben würde dann würde ich wahrscheinlich immer noch bei ihr sein. Ich hätte immer das Gefühl gehabt ich müsse bei ihr bleiben damit sie nicht allein ist. Ich musste und wollte dann ja auch „mein“ leben leben, und Zuhause und allein ging das schlecht. Also fing ich dann an öfter weg zu gehen, party zu machen und in Discos zu gehen. Lernte neue Leute kennen mit denen ich mich dann öfter traf um zu feiern und da hat mir der Alkohol geholfen. Er machte mich entspannter, Kontaktfreudiger und ungehämmter Frauen anzusprechen und zu Flirten.
Genau wie mein Vater früher arbeite auch ich seid jetzt fast 26 Jahren im Bergbau beim selben Arbeitgeber. Einen anderen Arbeitsplatz wollte ich auch nie haben. Doch leider ist es so, dass mit den Jahren ein Steinkohlebergwerk nach dem anderen geschlossen wird. Und so kam es auch im Jahr 2001. „Mein“ Bergwerk auf dem ich fast 15 Jahre als Schlosser gearbeitet hatte wurde geschlossen. Ich wurde dann am 02.01.2002 auf ein anderes Bergwerk verlegt. Ich bekam dort eine Arbeit der mit meiner Früheren Tätigkeit nichts mehr zu tun hatte. Aber das hab ich hingenommen weil es sonst zu Konflikten gekommen wäre und das wollte ich natürlich nicht. Und dann war da auch dieser neue Chef, der fast all seinen Mitarbeiter schlecht behandelt hat, und vor dem ich regelrecht Angst hatte. Er hatte natürlich seine Lieblinge zu denen er nicht so mies war. Aber ich und viele andere gehörten nicht dazu. Und so hat er uns sehr oft und grundlos zur „Sau“ gemacht und ungerecht behandelt.
Die Tage vor der TF waren sehr Stressig. Wir hatten fast jeden Tag 10 Stunden gearbeitet wegen der Inventurvorbereitungen. Das war alles freiwillig und wir haben uns alle sehr viel mühe gegeben damit am Tag der Inventur auch alles stimmte. Natürlich kam vom Chef nie ein „danke“ oder ein Lob sondern immer wieder nur Vorhaltungen und blöde Sprüche. Und so war das auch am Tag der TF. Wir haben freiwillig unseren Sonntagvormittag
Geopfert und vom Chef kam nur Gemecker.
Ich war total wütend auf meinen Chef. Aber eigentlich war ich auf mich wütend weil ich mal wieder nicht den Mut hatte mir gegenüber meinem Chef mal „Luft“ zu machen, ihm wieder Worte zu geben und ihm vielleicht mal zu sagen das er mich zu unrecht angemeckert hat und das ich es scheiße von ihm finde wie er mit seinen Mitarbeitern umgeht. Ich hatte damals angst vor Konflikten und bin immer den einfachsten Weg gegangen. Die Probleme hab ich „runtergeschluckt“.
Und mit Alkohol konnte ich sie noch viel besser runterschlucken.
13. Welche Wirkung haben Sie in der Vergangenheit nach Alkoholgenuss bei sich beobachtet?
(bei wenig und bei viel Alkohol)
bei Wenig : fröhlicher ,lustiger ,redseliger, kontaktfreudiger, Selbstbewusster
Bei viel : Selbstüberschätzend, Launisch, Sprachstörungen, Müde
14. Gab es kritische Hinweise Anderer auf Ihren Alkoholkonsum und wie haben Sie darauf reagiert?
Nein, die gab es nie. Den Kontakt zu meiner Schwester hab ich in der Zeit ziemlich Stark vernachlässigt. Hätte sie gewusst das ich ein Problem mit Alkohol hab dann hätte sie sicher ein ernstes Gespräch mit ihrem kleinen Bruder geführt.
Leider hab ich erst spät mit ihr darüber reden können.
15. Welche Auswirkungen und Folgen hatte Ihr Alkoholkonsum auf Ihr Leben und Ihr Umfeld?
Also Probleme irgendwelche Termine wahrzunehmen wenn sie wichtig waren, oder pünktlich auf der Arbeit zu sein hatte ich nicht, da sich mein Alkohol-Konsum überwiegend auf das Wochenende beschränkt hat. Nur hab ich mich wenn ich z.b am Sonntag zu viel getrunken hab, am Montag auf der Arbeit nicht fit gefühlt. Hatte dann Kopfschmerzen und Magenprobleme. War unmotiviert! Im Leben gab es auch Tage wo es mir wichtiger war mir vor dem Fernseher den Kopp zuzuknallen als wie etwas Sinnvolleres zu unternehmen.
16. Gab es in Ihrem bisherigen Leben frühere Zeiten, in denen sie weit mehr Alkohol als heute getrunken haben?
Wenn ja, nennen sie bitte die Lebensabschnitte und mögliche Ursachen und Umstände dafür.
Ich lebe heute AB und habe keine Vergleiche.
17. Haben sie jemals die Kontrolle über ihre Trinkmenge verloren und bis zur Volltrunkenheit Alkohol konsumiert?
Ja am Tag der TF. Ansonsten war ich auch mit hohem Alkoholpegel meist Herr über mich selbst was wohl auch an meiner Trinkfestigkeit lag.
18. Haben Sie früher schon einmal oder öfter über einen längeren Zeitraum bewusst und mit Absicht völlig auf den Genuss von Alkohol verzichtet?
Nach der Trunkenheitsfahrt in der Zeit von 04.2003 – Ca. 05.2004 habe ich nichts getrunken.
19. In welcher Kategorie von Trinker haben sie sich früher gesehen und wie stufen Sie sich heute rückblickend ein? (mit Begründung)
In der Vergangenheit hatte ich mich als Gesellschafts-Gelegenheitstrinker angesehen. Das sich mein Alkoholkonsum in den Jahren stetig steigerte war mir nicht bewusst. Heute sehe ich mein Verhalten nach der Aufarbeitung meiner Trinkvergangenheit mit schrecken zurück. Meinen Umgang mit dem Alkohol habe ich gemeinsam mit meinem VP analysiert. Ich habe Alkoholmissbrauch betrieben und war Kurz vor der Alkoholabhängigkeit. Mein Konsum war riskant und gefährlich.
20. Trinken Sie heute Alkohol? Wenn ja, was, wie viel und wie oft?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Nein
21. Wann haben Sie zuletzt Alkohol getrunken?
31.12.2011
22. Trinken sie gelegentlich alkoholfreies Bier?
Nein
23. Warum trinken Sie heute Alkohol/keinen Alkohol?
Weil ich jetzt weiß das ich mit Alkohol nicht umgehen kann und diesen Missbraucht habe.
Ich habe festgestellt als ich begann auf Alkohol zu verzichten dass mir ohne diesen nichts fehlte in meinem Leben und ich nach einer Zeit auch kein Verlangen mehr hatte welchen zu konsumieren. Mir geht es heute wesentlich besser als früher da ich es geschafft habe bei Problemen andere Lösungen zu finden als diese mit Alkohol zu bekämpfen. Dadurch habe ich auch ein stärkeres Selbstbewusstsein als früher bekommen und mein Selbstwertgefühl stieg auch an dadurch. Kurz gesagt ich möchte nicht mehr in alte Gewohnheiten zurückfallen.
Heute weiß ich dass Alkohol die Probleme nicht beseitigt, sondern nur Probleme schafft. Mir ist klar geworden, dass ich andere und zuletzt auch mich selbst gefährdet habe.
24. Warum haben Sie das Trinken reduziert bzw. aufgegeben und warum nicht schon eher?
Bis zu dem Zeitpunkt zu dem ich mich für AB entschieden hab, hatte ich mir wenig bis keine Gedanken über meinen Alkoholkonsum gemacht. Die ersten 6 Stunden beim VP ging es nur um Alkohol, seine Wirkung auf den Körper, Folgeschäden u.s.w. Da hab ich begriffen welche folgen das hat, wie es enden kann und so wollte ich nicht enden.
25. Wie haben Sie die Änderung Ihres Trinkverhaltens erreicht und dabei die Umstellungsphase erlebt?
Anfangs war es schwer. Der Alkohol am WE fehlte mir. Ich hab oft gedacht „ach jetzt ein Bier als Belohung
Für eine anstrengende Woche das wäre schön. Ich musste mich auch von einigen Freunden trennen. Es gab immer welche die mich zum Trinken aufforderten und einfach nicht verstanden haben, dass ich nicht möchte.
Ich war schon einigen Versuchungen ausgesetzt, aber nachher war ich immer stolz, dass ich nein gesagt habe.
Das mit den Versuchungen wurde Stück für Stück weniger und mein Selbstvertrauen wuchs stetig.
26. Wie wirkt sich Ihr geändertes Verhalten auf Sie, Ihr Leben und Ihr Umfeld aus?
In so fern das ich heute z.b. die Wochenenden besser genießen kann. Ich fühle mich Morgens fitter und verbringe nicht wie früher des öfteren den Morgen und Vormittag im Bett mit Kopfschmerzen .Nach dem ich seid 01.08.2011 wieder in meinem erlernten Beruf Arbeite hab ich wieder Spaß an der Arbeit und bring mich da voll ein .Nach 2 Monaten bin ich in der Werkstatt Vorarbeiter geworden. Im nächsten Jahr habe ich die Möglichkeit bekommen noch einmal die Schulbank für 1 Jahr zu Drücken und eine Techniker Schule zu besuchen, danach wäre ich dann technischer Angestellter. Bei meiner Tätigkeit als Vorarbeiter muss ich mich häufiger Konflikten stellen, das hab ich mittlerweile gelernt. So suche ich jetzt bei Konflikt und Stresssituationen in der Arbeit, frühzeitig das Gespräch mit meinem Vorgesetzten um diese gleich aus dem Weg zu räumen, und verdränge diese nicht mehr wie ich es früher meist gemacht habe. Auch hab ich mein Altes Hobby wiederentdeckt, das Fahrrad fahren. So eine Tour durch den Wald oder zum Rhein der nicht weit weg ist von mir, macht den Kopf frei und entspannt. Ein weiteres Hobby von mir ist auch das Basteln an Ferngesteuerten Helikoptern und das fliegen damit. Meine Familie und Freunde sind stolz auf mich und auch darauf dass ich die MPU noch mal in Angriff nehmen will.
27. Wie stellen Sie sicher, dass Ihr neues Verhalten dauerhaft stabil bleibt?
Ich achte sehr darauf, dass ich über Probleme oder besonderen psychischen Belastungen mit den Menschen spreche, die mir nahe stehen. Wenn mir etwas zu viel wird, dann rede ich es mir von der Seele. Ich bin mittlerweile selbstbewusster geworden und muss mir keinen Mut antrinken. Außerdem habe ich gelernt Konflikte anzusprechen und mich nicht davor zu verstecken wie ich es früher tat. Wenn sich mein Suchtgedächnis meldet, geht bei mir eine Warnleuchte an. Ich stell
mir dann die Frage „Wie geht es dir Morgen damit wenn ich dem jetzt nachgibst?“. Die Parole heißt „Nichts Spontanes tun“. Manchmal vor dem Schlafen gehen ziehe ich eine Bilanz des Tages: Was war positiv, was war negativ, kann ich was daran ändern? Das hilft mir Probleme frühzeitig zu erkennen und was dagegen zu unternehmen.
28. Können Sie sich vorstellen, jemals wieder in Ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen?
(mit Begründung)
Theoretisch ja . Eine 100%ige Sicherheit gibt es nicht. In unsere Gesellschaft ist Alkohol überall zugänglich und die Versuchung lauert überall. Da hilft nur raus aus der Situation und Hilfe Anfordern. Zuerst wäre da meine Schwester zu nennen zu der ich ein jetzt wieder ein super Verhältnis habe und jederzeit anrufen kann. Oder ich setz mich ne halbe Stunde aufs Fahrrad. Für ganz schlimme Fälle, wenn keine Hilfe greifbar ist hab ich immer ein Notfallkärtchen in der Brieftasche das mich zum Nachdenken anregen soll. Diesen Tipp hat mir mein VP gegeben.
29. Wie wollen sie in Zukunft das Trinken vom Fahren trennen?
Ich lebe AB, von daher stellt sich die frage für mich nicht.
30. Haben Sie zum Abschluss noch etwas hinzuzufügen?
Nein