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Kein Wiederholungstäter, aber dennoch 2. MPU wegen Alkohol (1,7)

Warum willst Dich in ein so schlechtes Licht selbst rücken. Im Verlauf der Erzählung, daß nie die Kontrolle verloren hast. Hier gehts auch um Filmrisse, welche Du denke ich nie gehabt hast (also am nächsten Tag irgendwo aufgewacht ohne Erinnerung an den Abend).
Ich würde das umformulieren, beginnend mit Nein.. Du hast so viel getrunken wie Du wolltest etc.

Ein Wirkungstrinker hat nichts mit Betäubung zu tun. Der sucht direkt die Wirkung des Alks und sonst nichts. Also fortgeschrittenes Problem. Du hast getrunken um Deine Ängste zu betäuben. Formulier es einfach um.
Hey Andi,

ursprünglich hatte ich diese Frage komplett falsch verstanden und habe dies dann verbessert. Aber guter Hinweis. Klar abgrenzen, was Sache war. Nein Blackouts hatte ich keine und auch nicht zwanghaft die Flasche noch geleert. Ich formuliere das aber entsprechend um. Danke dir
 
Allgemein noch einmal zum Thema Sport. An der Stelle noch mal Danke, das auch das angesprochen wird. Ich möchte mich gerne dazu äußern.

Mein Sport wird nicht über alles andere gestellt. Er schadet keinem anderen Lebensbereich, im Gegenteil. Er hilft mir gerade zu bleiben. Auf etwas hinzuarbeiten, lehrt mich Achtsamkeit auf die Ernährung. Sport ist bei mir in meinen Tagesablauf integriert. Da wo andere morgens mit Kaffee ihre 2-3 Kippen auf dem Balkon beginnen, bin ich im Wald 30 min. laufen. Und da wo andere am Abend Fernseh schauen, mache ich 30-40 min Kraftsport. Ich trainiere nicht für Marathon und laufe auch nicht jeden Monat länger. Ich würde sagen unter der Woche 4x 5-6 km am WE 1x 10-12 km und Kraftsport konstant 30-40 min. Ich habe zudem schon in meiner Kindheit Handball im Verein gespielt und war bei der Bundeswehr als Gebirgsjäger unterwegs. Für mich gibt es fast nichts befriedigenderes als ganz früh am morgen, wenn Deutschland noch schläft, im Wald laufen zu gehen. Der Wald duftet in der Früh zu jeder Jahreszeit am besten.

Und ja wenn ich verletzt bin mache ich keinen Sport. Hatte schon mal einen Bizepssehnenanriss, da geht auch kein Sport.
 
Hier noch ein kurzes Update:

Hatte heute mein 3. Gespräch mit meiner VP des Vertrauens. Sie schreibt mir noch eine Bestätigung der Teilnahme und eine Empfehlung, das ich meine Situation gut reflektiert habe. Ihr gefällt mein FB gut ( diesen habe ich bereits weiter verfeinert ) Sie gab mir noch ein paar Stellen zum Nachdenken mit.

Habe jetzt 15 Monate ETG mit Beleg, zusätzlich 6 Monate BtmG Abstinenz mit Beleg ( VP meinte ist keine Pflicht aber nice2have)
Gehe seit April 2022 jede Woche Samstags in meine Selbsthilfegruppe
Habe 3 Termine mit meiner VP absolviert

Hier meine aktuellen Leberwerte (bitte im eure Meinung):

- CDT 0,66 Referenz ab 1,75
- GGT 15 Referenz 10-71
- GOT 43 Referenz 10-50
- GPT 64 Referenz 10-50
- MCV 93,8 Referenz 80-95

Mein GPT Wert ist ausserhalb der Referenz, was mir ein wenig Bauchschmerzen bereitet. Ich nehme absolut keine Medikamente oder sonstiges. Erklären kann ich es mir auch nicht. Ich habe recherchiert, das bei Personen die viel Sport machen, eben dieser Wert oft schwankt/erhöht ist, da dies was mit der Skelettmuskulatur zu tun hat. Was meint ihr denn dazu? Ich muss ja diesen Laborbericht nicht abgeben richtig? Der CDT Wert ist ein extra Bericht. Ich würde sicherheitshalber 4 Tage vor meinem MPU Termin keinen Sport mehr betreiben.

Apropos MPU Termin. Es ging jetzt ziemlich schnell. Am Montag kam die Rechnung, diese habe ich per Blitzüberweisung bezahlt und heute war bereits der Termin im Briefkasten. Meine MPU ist schon am 08.08.2022
 
Und noch eine Frage zum Verständnis:

Bin ich jetzt für das MPI ein Wiederholungstäter oder welche Ausgangssituation habe ich?

Hintergrund ist der, dass ich für meine Ersterteilung Führerschein eine MPU absolvieren musste aufgrund der Aktenlage. Vorstrafen BtmG mit stationärer Therapie. Mir wurde jetzt das erste Mal der Führerschein abgenommen, laut meines Verständnisses also kein WHT.
 
Naja, schon WHT da es ja schon Zweifel an deiner Eignung gab. Hast du deine Akte mal angesehen? Denn dann weisst du ja was der GA serviert bekommt. Da es weniger als 10 Jahre her ist, würde ich davon ausgehen dass es noch drinsteht…
 
Rüdscher hat hier schon super Hinweise gegeben. Ich will hier nur noch etwas nachhaken, um vlt die Gedanken anzukurbeln.


Schau Dir die Frage 10/11 an und versuche anhand einer Zeitachse die Entwicklung zu skizzieren. Anzahl und Menge pro TA, Angabe des Max Trinklevels. Das Maximum, i.d.F. mit 1,7‰ solltest so alle 4-6 Wochen erreicht haben.
Die Kurve zeigte wohl ab März20 mit Arbeitslosigkeit nach oben bis zur TF 04/21

Du thematisierst mangelndes Selbstbewusstsein mit Erinnerung aus Deiner Drogenzeit, entsprechenden Zukunftsängsten.
Was hattest denn bei der Mpu damals gesagt, warum Drogen genommen hast? Vlt gibts hier einen Bezug?

Es muß aber was anderes gewesen sein. So habe ich im Zitat bei F13 was Fett markiert, was sogar im Zusammenhang mit Deinen Ausführungen in F12 steht.
Hast Du einen ausgeprägten Hang zu Perfektionismus? Anspruch an die perfekte Familie? Wie war/ist es im Elternhaus? Hat dort alles Immer problemlos geklappt, Vater/Mutter etc.? Du hast von einer Freundin geschrieben, gibts dort Unzufriedenheiten/Ansprüche ihr gegenüber? Mangelndes Selbstwertgefühl als Versorger der Familie im klassischen Sinne?
Hoffe das hilft etwas die Gedanken anzukurbeln.

Und noch mal nehme ich gerne Bezug auf deine Beobachtungen.

F13 habe ich komplett überarbeitet. Nun steht auch etwas zu meiner schwierigen Kindheit drinnen. Ich bin Vollwaise und kam mit meiner Schwester ich 3 sie 2 in ein Kinderheim. Wir konnten noch nicht sprechen. Wir waren unterentwickelt. Ich konnte mich als Knirps nicht Altersgerecht ausdrücken und wurde schon mit 3-4 Jahren handgreiflich. Meine Wurzeln werde ich nie kennenlernen, damals gab es ein Gesetz, das die leiblichen Eltern anonym bleiben dürfen wenn Sie es denn wünschen. Heute gibt es das nicht mehr und man darf Verlangen zu erfahren woher man kommt. Daher habe ich ein sehr geringes Selbstwertgefühl. Dieses versuche ich durch Leistung zu kompensieren. Leistung = Anerkennung. Es funktionierte für mich, bis die Arbeit wegfiel. Auch durch Sport holte ich mir Anerkennung aber derviel auch erst mal weg, da die Gyms geschlossen haben. Dieser Strukturverlust hat mich und meine Persönlichkeit in eine krasse Schieflage gebracht. Das Sebstbewusstsein brach weg, dann die Kränkung durch die Kündigung, die soziale Isolation des Lockdowns. Ich kam damit nicht mehr zurecht. Mehr dazu in meinem FB versprochen.

Wer so einen langen Weg aus der Drogensucht hinter sich hat, der hat mit Sicherheit bei Webruch der Arbeit etc. Zukunftsängste. Auch hatte ich sehr gut verdient und viel nun in ALG1. Fixkosten konnte ich nicht mehr decken und Bewerbungsabsagen noch und nöcher. Was ich nicht gemacht habe, ist hier mich jemanden anzuvertrauen. Schwäche nicht zeigen zu können rührt auch aus meiner Kindheit her...
 
Hatte heute mein 3. Gespräch mit meiner VP des Vertrauens. Sie schreibt mir noch eine Bestätigung der Teilnahme und eine Empfehlung, das ich meine Situation gut reflektiert habe. Ihr gefällt mein FB gut ( diesen habe ich bereits weiter verfeinert ) Sie gab mir noch ein paar Stellen zum Nachdenken mit.
Super, wir sind auf deine Änderungen gespannt. :)
Habe jetzt 15 Monate ETG mit Beleg, zusätzlich 6 Monate BtmG Abstinenz mit Beleg ( VP meinte ist keine Pflicht aber nice2have)
Gehe seit April 2022 jede Woche Samstags in meine Selbsthilfegruppe
Habe 3 Termine mit meiner VP absolviert
Klingt für mich sehr solide.

Hier meine aktuellen Leberwerte (bitte im eure Meinung):
Was sagt dein Arzt dazu?
Wenn ich das richtig verstanden habe, haben die Leberwerte aber eh nicht so viel Gewicht wie die AN. Und damit kannst du ja unbestritten deine Abstinenz belegen. Falls der GA sich die überhaupt anschaut und stutzig werden sollte, kannst du das ja mit dem Sport erwähnen. Ich weiss nicht wie bedeutend DER EINE Wert im Vergleich zu allem anderen sein könnte...
 
Für mich liest sich das so, dass es gut erklären könnte woher der Geltungsdrang, Leistungsdruck, mangelndes Selbstbewusstsein kamen. Strukturverlust kurbelte die Spirale dann wieder an.
Mal sehen was die Experten sagen, ich finde es aber schlüssig.
Da stimme ich zunächst mal zu, das ist eine krasse Geschichte und eine sehr ehrliche und offene Aufarbeitung, die auch sehr gut erklärt, wie es denn zu der Trinkerei und so kommen konnte. Finde ich soweit schon recht gut.
Was dann natürlich im FB kommen muss ist, dass genau auf diese Themen eine Vermeidungsstrategie aufgezogen wird, so dass du klar darstellen kannst, wie du künftig mit den Themen (Leistungsdruck, Selbstwert, Strukturverlust, ...) umgehen wirst, denn du musst ja erstens das Fahren unter Alkohol, zweitens aber auch das Thema Alkohol unter Kontrolle kriegen.
Hoffe, dass dir das weiterhilft...
 
Was dann natürlich im FB kommen muss ist, dass genau auf diese Themen eine Vermeidungsstrategie aufgezogen wird,
Genau. Ehrlich gesagt finde ich den Sport alleine hier nicht ausreichend genug. Es ist alles schlüssig was du sagst, Chepeto, aber Sport alleine und mit einem so konzentrierten Fokus darauf finde ich nicht ganz unproblematisch (auch wenn ich es sehr schön finde, dass du heute ein Sportler bist und kein Junkie mehr - entschuldige die Wortwahl, aber dein Leben ist nun mal gezeichnet von Extremen). Ich finde deine Lebensveränderungen nach wie vor krass und bewundernswert und dafür hast du meinen größten Respekt!

Vielleicht überlegst du dir noch Vermeidungsstrategien, die eher dein Inneres ansprechen, weisst du was ich meine? Nicht, dass nachher noch dein exzessiver Sport als negativ ausgelegt und lediglich als Ablenkung angesehen wird. Eben Dinge, die genau auf diese psychischen Defizite anspielen. Ich glaube "darüber reden" kommt ganz gut (SHG, Freundin, Bro, whatever), einen Notfall-Plan haben, Achtsamkeitsübungen etc...
Du bist auf einem tollen Weg! :hand0051:
 
Vielleicht überlegst du dir noch Vermeidungsstrategien, die eher dein Inneres ansprechen
Ich sehe den Sport zunächst als Beschäftigung, aber nicht als Vermeidung. Aus dem einfachen Grund, dass in den oben dargestellten Trinkmotiven ja ganz klar auch eine krasse Lebensgeschichte rauskam.

Ich mache es mal besonders platt:
Waisenkind - Lösung: Gewichte heben
Leistungsdruck - Lösung: Gewichte heben
...
Das sind Alternativen zum Feiern und Saufen, aber erst mal keine Vermeidungsstrategien, die direkt an dem originären Thema angreifen, sowie Pbuddy es sagte.

Wie gehst du aktuell mit dem Thema Leistungsdruck um? Was ist deine persönliche Reaktion auf das Thema? Was die direkte Antwort? Denn Sport ist eine andere Form von Leistung, also bewegst du dich in einer Leistungsspirale, aus der du nicht rauskommst, die dann im schlimmsten Fall wieder im Missbrauch von Alkohol oder Drogen endet.
Wenn du das klar darstellen kannst, sehe ich bei der MPU keine nennenswerten Probleme, dann feilen wir noch ein bisschen an Details, aber es gibt dann glaub keine grossen Hürden mehr...
 
Hallo Chepeto,

Siehst du persönlich irgendeinen Zusammenhang zwischen der ersten BTM MPU und der folgenden ?

Würde noch die SHG mehr in den Mittelpunkt stellen, besonders für die Zeit nach der MPU als Stützpfeiler und für die eigene Motivation, Selbstwahrnehmung weiterhin Abstinent zu leben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hey ✌️, ja ich bin jetzt gerade unterwegs darum kann ich mein Din A4 Blatt nicht sparen.

Ich hab neben dem FB auch ein einzelnes Blatt mit Stichpunkten.

Erster Punkt ist hier das Konsummuster grob das bezogen auf BtmG und detailiert auf Alk.

Zweiter Punkt sind
a: die inneren Motive
b: äußere Motive

Dritter Punkt sind die Vermeidungsstrategien.

Alles in Stichpunkten. Sport alleine da gebe ich euch Recht wäre gefährlich und zu dünn und hat ja schon einmal nicht funktioniert. Der GA würde es im FB ja selbst mitbekommen. Ich teile das später gerne wie die genauen Stichpunkte da sind. Vorweg geschrieben, hat mir am meisten geholfen mich einem engen Freundeskreis zu öffnen. Darüber einfach offen zu sprechen. Dieser enge Kreis kennt auch meine Vergangenheit, das mit Alkohol hat zwar jeden überrascht aber keinen abgestoßen.
 
So meine lieben Leute, langsam steigt ein wenig die Aufregung. Das "Durchlesen" meines FB*s beruhigt mich aber immer ein wenig. Finde ich gut aufgearbeitet und deutlich tiefergehend aufgearbeitet.

Noch mal zusammengefasst was ich alles unternommen habe um meine MPU am 08.08 zu bestehen.

- Mittlerweile 15h SH-Gruppe (wird auch weiter besucht)
- VP Sitzungen 3x 1h
- 15 Monate Abstizenz ETG mit Beleg
- 6 Monate Abstinenz Btm mit Beleg
- Leberwerte inkl. CDT
- FB und Online Vorbereitung hier

Ich stelle jetzt zunächst meinen stichpunkthaltigen Merkzettel rein und im Anschluss den neuen FB. Mit Bitte um knritsche Blicke und
Meinungen. Danke Leute...
 
Konsummuster

von Mai 1995 bis August 2009 Konsum von THC, Amphetamine, XTC und Crystal
von 1994 bis Dezember 2014 Zigaretten


Rückfälle mit Rauschmittel ab 2018

von Mai 2018 bis Dezember 2018 1x 2 Gläser Sekt und 1x Tasse Glühwein (0,2l)
von März 2019 bis Dezember 2019 4x geringe Mengen Alkohol, Geburtstag, Arbeit, Weihnachten und Silvester, jeweils 1-2 Gläser 0,2l

ab April 2020 regelmäßiger und missbräuchlicher Alkoholkonsum

von April 2020 bis Aug. 2020 3x wöchentlich jeweils ca. je 1 Flasche Weißwein (1L 12%)
von Sept. 2020 bis Nov. 2020 3-4x wöchentlich ca. je 1,5 Flaschen Weißwein (1L 12%)
von Dez. 2020 bis April 2021 4-5x wöchentlich ca. 1,5 Flaschen Weißwein (1L 12%) und
1-3 Vodka Gorbatschow (0,1L 37,5%)


Innere Motive

Durch die Kündigung meiner Arbeitsstelle kaum Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen
Starke Kränkung durch Ablehnung
Fehlende Anerkennung
Große Zukunftsängste
Einsamkeits- und Leeregefühl
Große Angst meine Schwächen zu zeigen und um Hilfe zu bitten (Schamgefühl)
Auswirkungen meiner Kindheit (Vollwaise und Kinderheim) nicht genug beachtet

Äußere Motive

Fehlende Struktur, Arbeitslosigkeit
Große finanzielle Sorgen
Durch den Lockdown eingesperrt und isoliert
Die Gesamtsituation und Nachrichten über Corona
Keine Bewegung im Arbeitsmarkt
Geschlossene Fitnesscenter und Kontaktsperre
Ich wollte das aufgebaute und hart erarbeitete Image Mr.100&, der Starke nicht verlieren

Vermeidungsstrategien

-Probleme, alltägliche Dinge nicht aufstauen lassen (Druck nicht unnötig groß werden lassen)
-Ganz wichtig, bei Problemen/Belastungen sich öffnen und darüber sprechen
-Akzeptieren das Schwäche nichts Schlimmes ist, diese Schwäche auch zeigen
-Gefühle besser kontrollieren (positive und negative) Impulskontrolle > Ablenkung
-Akzeptieren, dass man scheitern darf, gehört doch dazu, eigene Fehler akzeptieren
-Meine Kindheit akzeptieren und damit Frieden schließen
-Sich selbst nicht mehr anlügen, nichts verharmlosen oder bagatellisieren
-Einen Notfallplan (meine Schwester, Kai) kontaktieren, wir telefonieren jetzt min. 2x die Woche
-Sich regelmäßig mit dem Thema Alkohol, Sucht und Missbrauch auseinandersetzen (Achtsamkeit durch weitere TN in der SHG)
-Einen Tag in der Woche nur um sich selbst kümmern, Handy aus, Laptop aus, Bewusst Leben Wald baden – in sich hineinhören – was tut dir gerade nicht gut was tut dir gut?
-In schwierigen Situationen den Ort verlassen, spazieren gehen oder besser ein Buch lesen
-Wieder lernen um Hilfe zu bitten bei Familie und Freunden
 
Tathergang
1. Warum sind Sie heute hier?


zu 1. Ich will Ihnen heute versuchen zu erklären, warum es zu diesem massiven Alkoholmissbrauch kam, wie ich das aufgearbeitet habe und wie ich in Zukunft damit umgehen möchte/werde.

2. Beschreiben Sie den Tag Ihrer Trunkenheitsfahrt aus eigener Sicht mit Datum und Uhrzeiten. (Wann, wo und mit wem getrunken / wann und wie aufgefallen / Promille)

zu 2. Am 16.04.2021 kam ich von einer 1-wöchigen Schulung, da ich gerade eine neue Arbeitsstelle als Monteur begonnen hatte, nach Hause. Ich war gegen 19:00 Uhr daheim und kaufte mir bereits auf dem Heimweg Alkohol. Zuhause angekommen habe ich auch gleich angefangen zu trinken. Ich hatte nichts mehr vor und wollte den Tag betrunken ausklingen lassen. Gegen 21:00 Uhr bekam ich eine Nachricht von einer neuen Bekanntschaft, die ich eine Woche davor bei einem Online Date kennengelernt hatte. Sie fragte, ob ich nicht Lust hätte vorbeizukommen und einen schönen Abend zu verbringen. Ich sagte ja das wäre eine tolle Idee, aber da ich bereits getrunken hatte, fragte ich Sie, ob Sie nicht zu mir kommen kann. Da Sie einen kranken Hund zuhause hatte ging das nicht. Ich hatte schön länger keine Freundin und warf meine Bedenken in meiner Selbstüberschätzung über Board. Ich machte mir noch etwas zum Essen und duschte kalt um mich besser zu fühlen. Ich fuhr dann gegen 22:45 Uhr mit meinem Auto los. Gegen 23:00 Uhr wurde ich von der Polizei angehalten. Die Polizei fragte mich direkt, ob ich wisse warum Sie mich angehalten haben? Ich verneinte und Sie sagten mir, dass es ab 21:00 Uhr eine Ausgangssperre gäbe. Ich wurde gefragt, ob ich etwas getrunken hätte und ob ich etwas gegen einen Atemalkoholtest hätte. Ich erklärte mich dazu bereit und gab auch an etwas getrunken zu haben. Ich hatte dann 1,01°% Atemalkohol. Daraufhin wurde mir sofort der Führerschein abgenommen. Es wurde eine Blutabnahme angeordnet, die dann ca. 45 min später in einem Krankenhaus erfolgte. Am Ende waren es dann im Mittel 1,66°% Blutalkohol.

3. Was und wie viel haben Sie am Tattag insgesamt getrunken? (Genaue Angaben in Sorte, Menge, Trinkzeit).

zu 3. Trinkbeginn war ca. 19:15 Uhr. Ich habe mir dazu eine Flasche Wein (1L 12%) und zwei Vodka Gorbatschow (0,1L 37,5%) gekauft. Das Trinkende war 22:45 Uhr als ich mit dem Auto losgefahren bin. Ich hatte sowohl den Wein als auch den Vodka getrunken.

4. Wie viel Kilometer fuhren Sie, bis Sie aufgefallen sind und wie viel Kilometer wollten Sie insgesamt fahren?

zu 4. Ich wollte knapp 10 Kilometer fahren und wurde bei der Hälfte der Strecke, also nach 5 Kilometern von der Polizei gestoppt.

5. Hatten Sie das Gefühl, noch sicher fahren zu können? (Ja/Nein + Begründung).


zu 5. Ich fand die Strecke doch sehr lang und hatte deswegen auch kein gutes Gefühl. Ich habe abgewogen, ob ich fahren sollte. Ich habe dann gegen 22:00 Uhr eine Pizza gegessen und danach kalt geduscht um mich besser zu fühlen. Da ich an diese Trinkmenge gewöhnt war (genau diese Menge habe ich regelmäßig getrunken und war für meine Begriffe „normal“) gab es eine Gewöhnung. Ich fühlte mich in meiner Selbstüberschätzung fahrtüchtig.

6. Wie haben Sie die Trunkenheitsfahrt vermeiden wollen (wenn überhaupt)?


zu 6. „Normalerweise“ halte ich mich seit vielen Jahren an die Gesetze und Regeln. Da ich aber schon längere Zeit keine Freundin hatte war ich hin und hergerissen. Als mich die Freundin fragte, ob ich vorbeikommen will, habe ich gesagt klar gerne, aber ob Sie nicht die Möglichkeit hätte zukommen, da ich schon etwas getrunken hätte. Das ging bei ihr aber nicht. Mir ging es in dieser Zeit nicht gut und die Aussicht auf ein paar schöne Stunden haben mich ins Auto setzen lassen.


7. Haben Sie bereits früher im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss gestanden und sind aufgefallen?

zu 7. Nein, bis zu diesem Tag bin ich deswegen noch nie angehalten oder verurteilt worden, jedoch war es nicht meine erste Trunkenheitsfahrt.

8. Wie oft haben Sie alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen ohne aufzufallen und was folgern Sie daraus?


zu 8. Die genaue Anzahl kann ich nicht ehrlich beantworten (30-40x). In dem Jahr meiner Arbeitslosigkeit habe ich mich generell vom sozialen Leben (nicht nur wegen den Lockdowns) zurückgezogen. Zum größten Teil aus Scham, denn meinen Alkoholkonsum sollte mein direktes Umfeld auf keinen Fall mitbekommen. Es kam aber vor, dass mir nach Ladenschluss der Alkohol ausging und wenn der Drang zum Trinken bzw. mein Level noch nicht erreicht wurde bin ich ins Auto gestiegen und zur Tankstelle gefahren (ca. 4km entfernt).

Daraus folgere ich, dass ich durch den Alkohol immer mehr die Kontrolle über mich verloren hatte. Ich habe eine TF in Kauf genommen um meine Bedürfnisse zu befriedigen, ohne groß über die möglichen Konsequenzen nachzudenken.
 
Exploration

9. Wann hatten Sie den ersten Kontakt mit Alkohol und wann haben Sie das erste Mal Alkohol zu sich genommen? (Allererste Erinnerung und erster Konsum)


zu 9. Mit 14 Jahren hatte ich meinen ersten Vollrausch, der Nahe an einer Alkoholvergiftung war. Ich konnte damals damit nicht wirklich umgehen. Als ich Nachhause kam, haben meine Eltern das sofort gemerkt, da ich nicht mehr richtig sprechen und stehen konnte. Mir ging es richtig schlecht und meinen Eltern sagten noch, das geschieht dir Recht. Hoffentlich geht es dir richtig schlecht. Ich musste mich damals mehrmals übergeben. Nie wieder, sagte ich mir. So einen Kontrollverlust wollte ich nicht mehr erleben. Kurze Zeit später begann meine Drogenkarriere und hier hatte ich in Verbindung mit Alkohol auch keine guten Erfahrungen gemacht.

10. Haben Sie regelmäßig Alkohol getrunken, und wie hat sich ihr Trinkverhalten in den letzten Jahren entwickelt?


zu 10. Alkohol war lange kein Thema für mich. Aufgrund der schlechten Erfahrung, aber auch weil ich eine langjährige Drogenkarriere hinter mir habe. Zu meinen Drogen hatte Alkohol nie gepasst. Ich hatte zudem eine gewisse Abneigung gegenüber Alkoholikern bzw. Personen, die im Vollrausch unterwegs sind. Meistens ging genau von solchen Personen beim Weggehen Aggressionen aus. Nach dem ich zwei stationäre Therapien hinter mir hatte, habe ich auch gelernt und gesehen, dass es oft eine Suchtverlagerung hin zum Alkohol gibt. Ich hatte mir dabei immer selbst gesagt, das passiert mir nicht. Heute weiß ich, dass ich das Thema Alkohol in Verbindung mit Suchtverlagerung total unterschätzt habe. Nach der letzten Therapie ging es mit mir stets nach oben, sowohl privat als auch beruflich. Ich festigte meine Drogenabstinenz, hörte mit dem Zigaretten rauchen auf und startete ein Abendstudium. Wichtige Eckpfeiler waren meine damalige Freundin und mein Sport. Ich war sozusagen auf der Welle des Erfolges. Meine Drogenvergangenheit und die Themen Sucht, Drogen verschwanden immer mehr in den Hintergrund, ich habe mich gnadenlos selbstüberschätzt und war mir zu sicher. Beim Weggehen hatte ich keine Probleme nichts zu trinken. Ich habe nie gedanklich auf Alkohol verzichtet, ich habe schlichtweg einfach keinen Drang oder Lust dazu gehabt. Ich war auch soweit ich mich zurückerinnere, nie der Einzige der nichts getrunken hatte. In solchen trinkfesten Kreisen war ich nicht unterwegs.

Was mir zur damaligen Zeit nicht bewusst war, bzw. erst durch meine intensive Aufarbeitung bewusstwurde und dem Drang es selbst verstehen zu wollen waren folgende Dinge:

Im Verlaufe der Zeit gab es aber immer wieder Verharmlosungen aus meinem Umfeld. Nicht böse gemeint oder nach der Art: boah den Vollrausch habe ich gebraucht. Sondern so kleine Randbemerkungen, wie Markus ich hatte doch neulich mein Date. Hätte ich nicht 2 Gläser Wein getrunken, ich wäre zu schüchtern gewesen. Oder, Markus ich wurde gekündigt. Auf den Schock musste ich erstmal einen Schnaps trinken. Ich begann Alkohol zu verharmlosen und auch irgendwie Verständnis dafür aufzubauen. Das Thema Suchtverlagerung war bei mir nicht mehr präsent und so bahnte sich mein erster Rückfall mit Alkohol an. Mitte 2018 wurde ich von einem Arbeitgeber abgeworben und ich erhielt einen Arbeitsvertrag mit einem 6stelligen Gehalt. Mein neuer Arbeitgeber gratulierte mir und schenkte mir eine Flasche Sekt. Ich habe nicht viel nachgedacht, sondern mit meinen neuen Kollegen darauf angestoßen. Ich trank an diesem Tag 2 Gläser. Ende 2018 trank ich im Kreise meiner Familie eine Tasse Glühwein. Ich habe dann in den nächsten zwei Jahren zu besonderen Anlässen Alkohol konsumiert ohne mir darüber tiefere Gedanken zu machen bzw. es einfach zu verharmlosen. Ende 2019 verlor ich zuerst meinen Job, dann die sozialen Kontakte und die Möglichkeit Sport zu machen. Durch den Strukturverlust war ich mental sehr angeschlagen, wusste nichts mit mir anzufangen und hatte eine schwierige wirtschaftliche Situation. Es fühlte sich aussichtslos an und ich hatte große Zukunftsängste alles zu verlieren was ich mir erkämpft und aufgebaut hatte. Ab Mitte April 2020 fing dann mein regelmäßiger Alkoholkonsum an. Dieser entwickelte sich stetig sowohl was die Menge anging als auch der Trinkhäufigkeit. Ich habe nicht täglich getrunken, es gab bis zum Ende immer wieder Trinkpausen, allerdings waren es zu Beginn 3 Trinktage und zum Ende 4-5. Auch die Alkoholmenge hatte sich mehr als verdoppelt.

11. Wie viel und wie oft haben Sie getrunken? (Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)


zu 11. Ich habe rückblickend am Ende fast täglich getrunken. Es gab Phasen, wo ich auch 2-3 Tage nacheinander getrunken habe. Dann aber auch wieder 1-2 Tage ohne Alkohol. Anfangs trank ich nur Wein. nie Bier, Cocktails oder Liköre. Später, als die Wirkung nicht mehr so wie Anfangs war, habe ich Schnaps und hier eigentlich nur Vodka dazu genommen. Ganz zu Beginn hat mir eine halbe Flasche Wein gereicht um richtig betrunken zu sein und einzuschlafen. Das hat sich aber meiner Meinung nach relativ schnell gesteigert. Kurze Zeit später wurden daraus eine ganze Flasche Wein, also jeweils eine Flasche (1L) je Trinkabend 3x die Woche. Ab September in etwa, war ich bereits bei 1,5 Flaschen (1L) Wein je Trinkabend und hier 3-4 die Woche. Im Dezember war mein Missbrauch weit fortgeschritten, da ich bereits angefangen hatte meinen Alkohol mit Schnaps zu erweitern. Ich trank nun fast jeden Tag mindestens 4x oft 5x die Woche und je Trinkabend 1 Flasche Wein und 1 bis 3 Vodka Gorbatschow 0,1L. Ich habe bis auf eine Handvoll an Tagen nie in der Früh angefangen zu trinken. Ich hatte meine feste Routine. Eine Routine die mich fadenscheinig glauben ließ Kontrolle zu haben. In der Früh habe ich, wenn es ging Sport gemacht, gegessen und Bewerbungen geschrieben bzw. auch Bewerbungsgespräche geführt. Ich habe zusätzlich übermäßig viel TV gesehen zur Ablenkung. Erst gegen frühen Abend fing ich mit dem Trinken an. Das hatte sich auch mit der Zeit nie verändert.

12. Wo und mit wem haben Sie überwiegend getrunken?


zu 12. Ich habe tatsächlich stets Alleine und für mich getrunken. Ich habe mich in Grund und Boden geschämt. Ich bin bei meinen Freunden als der Sportler bekannt, als der beruflich stets nach oben geht. Der Mister 100%. Derjenige der etwas gegen stark alkoholisierte Menschen hat. Dieses Image und Bild wollte ich weiter aufrechterhalten und lebte in der Heimlichkeit. Zudem habe ich keine solchen Saufpartner. Keiner aus meinem Umfeld hätte mich so akzeptiert.

13. Warum haben Sie getrunken? (12a. Innere und 12b. äußere Motive)


zu 13a. Die Kündigung durch meine damalige Firma wurde mit harten Worten ausgeführt. Ich viel aus allen Wolken, da es bis zu dem Tag keinerlei Hinweise gab. Ich bekam einen neuen Chef, der gerade zwei Monate im Unternehmen tätig war und der mir dann mit den Worten: er hält von mir und meinem Können gar nichts, kündigte. Das hat in mir viel ausgelöst. Bei weitem mehr als mir bewusst war, ich war sehr gekränkt und voller Selbstzweifel. Ich habe mich seit vielen Jahren über den Job definiert. Ich habe dafür hart gearbeitet um mir Anerkennung zu holen, die dann mein Selbstwertgefühl hoben. Ich war Selbstbewusst und auch unter Druck hatte ich keine Probleme. Die berufliche Anerkennung gab es gar nicht mehr. Auch der Sport, durch den ich vieles kompensieren konnte, brach erst einmal weg, da die Fitnesscenter schließen mussten. Ich hatte das Gefühl, die Welt hat sich mit voller Breitseite gegen mich gewendet. Ich fiel regelrecht in ein Loch. Von einem hohen Gehalt in das Arbeitslosengeld. Ich hatte gewisse Fixkosten, die ich nicht mehr bedienen konnte und sah Schuldenberge wachsen. Es war fast wieder wie früher. Ich schämte mich dafür und wollte und konnte mich niemanden anvertrauen. Auch nicht meiner Familie, weil diese endlich mal stolz auf mich war. Das war lange nicht mehr so. Ich wurde ja adoptiert und hatte eine sehr schwierige Kindheit, lernte erst mit 3 Jahren im Waisenheim das sprechen und war bis 13 Jahre Bettnässer. Mit 18 Jahren flog ich dann aus dem Elternhaus raus (15 Jahre keinen Kontakt) und erst in den letzten Jahren haben wir uns wieder genähert. Eben auch weil meine Adoptiveltern gesehen haben, der hat was aus sich gemacht, noch mal studiert und nimmt keine Drogen mehr. Auch meine stetigen Bemühungen um einen neuen Arbeitsplatz blieben ohne Erfolg. Absagen über absagen, die mich weiter nach unten drückten und ich sagte mir innerlich: Markus das wars du hast deinen Zenit überschritten, ab jetzt geht es abwärts. Je länger ich Arbeitslos war, desto größer wurde meine Angst bzw. Panik. Die Angst nicht mehr aufstehen zu können war so groß, dass ich in der Regel nicht länger als vier bis fünf Stunden schlafen könnte.

Diese Drucksituation habe ich nicht ausgehalten und versuchte mit Alkohol davon loszukommen.

zu 13b. Der Lockdown hat den Weg in die soziale Isolation geebnet. Ich war arbeitslos und verlor dann auch noch die Möglichkeit Sport im Fitnessclub zu machen. Mit diesem Strukturverlust habe ich nicht umgehen können. Auch der Arbeitsmarkt, gerade in meinem Umfeld hat sich nicht mehr bewegt. Meine wirtschaftliche Situation von einem hohen Gehalt in das Arbeitslosengeld hat mir große Angst bereitet und hat sich zugespitzt. Dadurch das ich mein Image nach aussen nicht aufgeben wollte, konnte ich mit niemanden über meine Situation reden.

14. Welche Wirkung haben Sie in der Vergangenheit nach Alkoholgenuss bei sich beobachtet?
(bei wenig und bei viel Alkohol)


zu 14. Zu Trinkbeginn hat es mir geholfen. Ich fühlte mich Selbstbewusst und wollte es dann morgen anpacken locker anpacken. Siegermentalität. Ab einer gewissen Menge Alkohol kippte dann aber oft die Stimmung ins „negative“ und ich erzielte genau das Gegenteil. Wenig Alkohol gab es bei mir nicht.

15. Gab es kritische Hinweise Anderer auf Ihren Alkoholkonsum und wie haben Sie darauf reagiert?


zu 15. Einmal, es war noch am Anfang meiner Alkoholkarriere, kurz nach dem der erste Lockdown aufgehoben wurde. Es rief mich eine Freundin am frühen Abend an. Sie wollte am nächsten Tag spazieren gehen und ich antwortete ja gerne wo wollen wir uns treffen. Sie fragte vollkommen verdutzt, ob ich betrunken sei, weil ich lallte. Ich war schockiert und verneinte mit den Worten: ich melde mich bin voll am Pennen. Ich beschloss ab sofort nicht mehr ans Telefon zu gehen, wenn ich getrunken habe. Ansonsten hat es niemand mitbekommen, da ich Alleine und in Heimlichkeit getrunken hatte.

16. Welche Auswirkungen und Folgen hatte Ihr Alkoholkonsum auf Ihr Leben und Ihr Umfeld?


zu 16. Es hatte weitreichende Folgen. Ich habe mich komplett zurückgezogen aus dem Leben. Daran waren nicht nur die Lockdowns Schuld. Wie es mir geht und was ich mache sollte niemand mitbekommen. Mein Umfeld hat dadurch ebenfalls gelitten, weil ich für niemanden mehr erreichbar war. Durch den Alkohol habe ich nicht wie gedacht Selbstbewusstsein getankt im Gegenteil es raubte mir mein Selbstvertrauen und hinderte mich sicher auch bei meinen Bewerbungsgesprächen, da jemand der im Bereich Beratung tätig ist, zuallererst einmal positives Selbstvertrauen ausstrahlen muss. Durch den Alkohol habe ich die eigentlichen Probleme nicht bearbeitet nur verdrängt und viele falsche Entscheidungen getroffen. Ich war körperlich oft schlapp und mental schlecht drauf. Ich hatte mich rückblickend fast aufgegeben. Meine sportlichen Aktivitäten waren sehr eingeschränkt was mich zusätzlich belastete und wütend machte. Rückblickend habe ich wohl auf ein Wunder gehofft.

17. Gab es in Ihrem bisherigen Leben frühere Zeiten, in denen sie weit mehr Alkohol als heute getrunken haben? Wenn ja, nennen sie bitte die Lebensabschnitte und mögliche Ursachen und Umstände dafür.


zu 17. Heute trinke ich keinen Alkohol, also Abstinent. Dies schon seit 15 Monaten nicht mehr. Davor gab es die Phase mit Alkoholmissbrauch von April 2020 bis April 2021 in denen ich übermäßig viel Alkohol getrunken habe um von meiner damaligen Situation abzulenken.

18. Haben sie jemals die Kontrolle über ihre Trinkmenge verloren und bis zur Volltrunkenheit Alkohol konsumiert?


zu 18. Nein, ich hatte nicht das Bedürfnis bis zur Volltrunkenheit oder einem Blackout zutrinken. Mein Ziel war es meine Ängste und Gefühle zu manipulieren. Ich habe auch nie Alkohol auf Vorrat gekauft. Sondern immer die Menge, die ich meinte, für den Nachmittag/Abend zu brauchen.

19. Haben Sie früher schon einmal oder öfter über einen längeren Zeitraum bewusst und mit Absicht völlig auf den Genuss von Alkohol verzichtet?


zu 19. Aufgrund meiner Erfahrung in der Jugend, meiner Drogenkarriere, habe ich bis vor 4 Jahren gar keinen Alkohol konsumiert. Es war kein“ ich muss verzichten“ Thema, sondern ich mochte einfach nicht. Das Thema Suchtverlagerung Alkohol habe ich damals auf Therapie kennengelernt, aber nie für mich selbst erkannt bzw. angenommen, da ich davon ausging mich betrifft doch eh nicht. Ich will damit sagen, ich hatte nicht das Gefühl verzichten zu müssen. Es gefiel mir nicht, ich konnte es nicht leiden die Kontrolle im Rausch zu verlieren und ich mochte stark alkoholisierte Menschen nicht.

20. In welcher Kategorie eines Alkohol trinkenden Menschen haben Sie sich früher gesehen und wie stufen Sie sich heute rückblickend ein? (mit Begründung)


zu 20. Ich habe von Anfang an nicht wegen des Genusses oder des „tollen“ Geschmackes getrunken, sondern um mich zu betäuben, Gefühle auszublenden und mich stark zu fühlen. Aufgrund der Menge und der Trinkhäufigkeit und des Alleine trinkens, habe ich einen gefährlichen und heimlichen Alkoholmissbrauch betrieben. Rückblickend bin ich dankbar, dass ich mit einem Denkzettel einem blauen Auge aus dieser Talfahrt herausgekommen bin. Wäre ich nicht durch die Polizei gestoppt worden, ich wüsste nicht an welcher Stelle im Leben ich heute stehen würde. Ich habe gelernt, dass ich weder die Trinkmenge (bei einem Glas Wein bleibt es nicht mehr, nie) noch die Trinkfrequenz steuern oder kontrollieren kann, daher kommt für mich nur eine, wie davor gelebte Abstinenz in Frage. Ich habe das mit aller Härte gelernt, denn ich weiß, dass ich mir damals immer eingeredet habe, du machst ja „Sport“ und wenn du wieder eine Arbeit hast hörst du auf. Ergo habe ich ja die Kontrolle. Nur hatte ich dann eine Arbeit, aber schon die nächste Ausrede auf Lager. Es ist ja nicht die Arbeit die du eigentlich machen wolltest.
 
Heute und in Zukunft

21. Trinken Sie heute Alkohol? Wenn ja, was, wie viel und wie oft? (Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)


zu 21. Nein, ich trinke seit dem 18.04.2020 keinen Alkohol mehr. Ich möchte das Leben davor wieder haben und bewusst Leben. Meine Gesundheit ist mir schon sehr lange wichtig. Daher verzichte ich u.a. auch auf Zigaretten und Drogen.

22. Wann haben Sie zuletzt Alkohol getrunken?


zu 22. Am 16.04.20 war die Trunkenheitsfahrt. Am 17.04.20 war ich noch wütend, schockiert, traurig und nutzte die nächste Gelegenheit mir Alkohol zu erlauben. Jetzt ist ja eh alles egal. Mein Leidensdruck war aber erreicht. Am 18.04.20 rief ich zuerst meine Schwester an. Wir haben sehr sehr lange gesprochen. Sie hat geweint, als ich ihr das letzte Jahr beschrieb. Das hat mich hart getroffen. Ich versprach ihr nichts mehr zu trinken und alles zu tun um nicht mehr zu trinken. Mir war irgendwie ziemlich klar, wenn nicht jetzt das Ruder nicht herumreise, dann wars das. Und das wollte ich nicht mehr.

23. Trinken sie gelegentlich alkoholfreies Bier?


zu 23. Nein, das tue ich ganz sicher nicht. Ich würde auch keinen alkoholfreien Wein trinken. Das habe ich auch davor in der Abstinenz nicht getan. Außerdem habe ich in meiner Selbsthilfegruppe gelernt, dass auch in einem alkoholfreien Bier Alkohol vorhanden ist und dies bereits einen Rückfall darstellen kann.

24. Warum trinken Sie heute Alkohol/keinen Alkohol?

zu 24. Weil mir heute sehr klar und bewusst ist, wo das enden wird. Ich habe gelernt, dass Alkohol schon alleine wegen meines Suchtgedächtnisses nichts für mich ist. Für mich gibt es kein: ein Glas geht schon. Ich kann das nicht kontrollieren/steuern, aber ich kann kontrollieren, dass ich nicht trinke. Das habe ich in den letzten Monaten gelernt. Ich will einfach wieder Leistungsfähig sein, meinen Sport machen und wieder vorwärtskommen. Als ich getrunken hatte war ich in der Heimlichkeit und Isolation. War oft schlapp, lustlos und mental schlecht drauf. Ich habe mich nicht aus der Drogensucht gekämpft um an Alkohol zu scheitern. In den letzten Jahren habe ich viel für meine Gesundheit und meinen Körper getan. Ich zahle seit Jahren in meine Altersvorsorge. Beruflich kann ich da wieder anknüpfen, wo ich stehen geblieben bin. Weil für mich das Leben ohne Rausch durch Alkohol und Drogen meistens schön ist und ich das lange genießen möchte.

25. Warum haben Sie das Trinken reduziert bzw. aufgegeben und warum nicht schon eher?

zu 25. Aufgegeben habe ich das Trinken, weil ich verstanden habe, dass ich keine Kontrolle habe wieviel ich trinke (damit meine ich auch einfach mal nur ein Glas Wein) und wie oft. Meine TF hat hier den Stein ins Rollen gebracht. Ich habe immer eine Rechtfertigung gefunden warum ich ausgerechnet heute wieder trinken darf. Körperlich hatte ich deswegen oft Magen und Darmbeschwerden, fühlte mich unwohl und schlapp, aber auch seelisch hat mir der Alkohol sehr zugesetzt. Im sozialen Umfeld war ich nicht mehr sichtbar. Mein Sport hat darunter sehr gelitten und Sport ist mir wichtiger. Gesundheit ist mir sehr wichtig. Ich habe erkannt, dass Alkohol mich kein Stück weiterbringt oder mir in irgendeiner Gefühlslage auf Dauer etwas bringt. Im Gegenteil, es führt direkt in die andere Richtung und verschlimmert die Situation. Warum ich nicht schon eher darauf gekommen bin. Es gab eine Zeit, wo ich mir eingeredet habe, Markus du machst deinen Sport, du bewirbst dich, du trinkst erst abends, deine Situation ist gerade schwierig, also alles gut du hast kein Problem mit Alkohol. Ich habe mich hier oft leider sehr erfolgreich angelogen. Als mir langsam dämmerte, dass Alkohol doch ein Problem sein könnte, habe ich mir gesagt, sobald du wieder eine Arbeit hast, hörst du mit dem Trinken auf. Ich hatte dann Arbeit, aber auch die nächste Ausrede. Was ich sagen will ist, ich habe es bis zum bitteren Ende nicht wahrhaben wollen das ich ein Problem mit Alkohol habe. Das mein unkontrollierter Alkoholkonsum meine Situation massiv verschärft hat.

26. Wie haben Sie die Änderung Ihres Trinkverhaltens erreicht und dabei die Umstellungsphase erlebt?

zu 26. Als ich mich zuerst meiner Schwester anvertraut und geöffnet habe, löste das bei mir eine Kettenreaktion aus. Das hat mir sehr viel Druck genommen und es tat unheimlich gut aus der Heimlichkeit zu kommen. Ich konnte nicht mehr, ich war trotz der neuen Arbeit seelisch am Ende. Den mittlerweile wusste ich, Alkohol ist mein Problem. Auf meiner damaligen Therapie habe ich die Skills gelernt, was zu tun ist, wenn man einen Rückfall hat oder kurz davorsteht. Hilfe suchen, sich jemanden anvertrauen. Eine andere Meinung einholen eine andere Sichtweise hilft ungemein. Meine Schwester hat mir ganz klar gesagt (das was ich nicht hören wollte), Markus, ja du hast ein Alkoholproblem. Das aus einem anderen Mund zu hören war für mich sehr wichtig. Ich vertraute mich weiteren engen Freunden an. Die meisten konnten es anfangs nicht glauben. Wie du hast ein Alkoholproblem und den Führerschein verloren. Ich wurde von keinem einzigen verurteilt, nur warum ich nicht früher etwas gesagt habe. Jeder Mensch strauchelt doch im Leben und niemand muss Mister100% sein. Das habe ich wieder erlernen und müssen. Das offen darüber reden hat mir am meisten geholfen. Das Nachdenken über die Trinkmotive, die nicht wie zuerst angenommen nur wegen negativen Gefühlen erfolgte, sondern eben auch, wenn ich mal ein gutes Bewerbungsgespräch geführt hatte, war eine weitere wichtige Erkenntnis über mich selbst. Die Erkenntnis, dass ich immer einen Grund gefunden habe Alkohol trinken zu dürfen. Ich denke noch immer jeden Tag daran, was war und wie es war. Es arbeitet auch heute noch jeden Tag in mir und das ist gut so. Die Umstellung am Anfang viel mir nicht so schwer. Das schwere für mich sind die Themen und Probleme die mich zum Trinken getrieben haben, anzusprechen/auszusprechen und zu bearbeiten. Sich den Alkoholmissbrauch einzugestehen und es zu akzeptieren, war für mich der schwierigste Teil und dauerte eine Zeit. Es gab diese gewissen Drucksituationen, wo der Gedanke ans Trinken aufkam. Den Prozess konnte ich bisher mit meinen Vermeidungsstrategien kontrollieren. Mich nicht von dem ersten Gefühl leiten lassen, sondern auch wenn es schwer ist, das Gefühl zu kontrollieren. Auch wenn es erstmal nur eine Ablenkung ist. Das macht mich stolz wie Oskar. Auch das Auseinandersetzen mit dem Thema Suchtverlagerung, gesundheitliche Langzeitschäden durch Alkohol, Alkohol und Sport und der Gespräche in meiner SHG helfen mir viel bei meiner Motivation.

27. Wie wirkt sich Ihr geändertes Verhalten auf Sie, Ihr Leben und Ihr Umfeld aus?


zu 27. Wie erhofft will ich sagen. Ich habe es wieder angepackt das Leben. Verfolge wieder Ziele, habe bei meinem Sport ein ganz neues Level erreicht. Sportlich war ich noch nie besser als heute. Das ist ein wenig mein postiver Trotz an mich selbst. Ich bin wieder mehr Selbstbewusst und ausgeglichener irgendwie befreiter. Ich lache mehr. Ich kann, will und gehe wieder unter Leute. Ich spiele nicht erst seit gestern mit dem Gedanken ein Masterstudiengang zu absolvieren. So wie damals. Im Juni war ich aus Eigeninitiative, als Besucher auf einer Messe in Köln. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass die Firmen und Aussteller dort oft auch nach Personal suchen. Ich spreche hier gerade mit einem Startup aus Österreich, die mich gerne als Head of Sales einstellen wollen. Hängt nur von Ihrer Finanzierungsrunde im November ab. Also es gibt gerade wieder viel frischen Aufwind.

28. Wie stellen Sie sicher, dass Ihr neues Verhalten dauerhaft stabil bleibt?


zu 28. Momentan sind meine Schwester und mein bester Freund Kai meine stärksten Bezugspersonen Wir telefonieren jetzt wieder mehrmals wöchentlich. Da ich nicht mehr der Mr. Perfekt sein muss, kann ich über die Dinge sprechen die mich beschäftigen. Auch der engste Freundeskreis ist jederzeit für mich da. Ich lerne gerade wieder um Hilfe zu bitten und die Dinge die mich beschäftigen anzusprechen. Das um Hilfe bitten hatte ich in den Erfolgsjahren verlernt. Zudem trainiere ich meine Achtsamkeit. In sich hinein hören. Tut mir das gerade wirklich gut. Es gibt Situationen (immer wieder mal) wo sich Druck aufstaut und ein Impuls trinken ruft, aber hier habe ich gelernt innezuhalten, hineinhorchen den Prozess erstmal stoppen. Ablenken… Sich selbst ermahnen und erinnern. Das klappt gut, wenn ich die Situation den Ort verlasse und mich ablenke. Telefonieren ist hier super, spazieren gut und am besten funktioniert das wiederentdeckte Lesen. Ich lese dann ein Buch, eine Stunde und der Druck der Impuls ist weg. Also eine Impulskontrolle. Ich habe mir eine Mahntafel geschrieben, mit all den negativen Dingen, die ich mit und durch Alkohol hatte. Die habe ich auf dem Handy und ich habe mir eine wöchentliche Erinnerung mit der Mahntafel in meinem Kalender eingetragen. Und dann habe ich noch meine Selbsthilfegruppe. Die ich regelmäßig weiter Besuchen werde. Ist eine facettenreiche Truppe. Jeder hat seine Geschichte. Wir haben hier einen Zahnarzt eine Lehrerin, also nicht das erwartete Klischee. Ganz anders als ich anfangs gedacht hatte.

29. Können Sie sich vorstellen, jemals wieder in Ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen?
(mit Begründung)


zu 29. Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass es passieren kann. Daher kann ich keine Garantien abgeben. Ich bin aber zuversichtlich, dass ich mich durch diesen Rückfall und was dabei passiert ist, weiterentwickelt und sensibilisiert habe. Die Angst eines Rückfalls ist sehr präsent und ich halte mir diese Angst am Leben, denn diese Angst lässt mich Achtsam sein.

30. Wie wollen sie in Zukunft das Trinken vom Fahren trennen?


zu 30. Diese Frage stellt sich mir nicht mehr. Ich lebe in Zukunft abstinent. Falls ich einmal einen Rückfall haben sollte, ist mein Wunsch diesen Prozess schnell zu stoppen. Ich habe meine Vertrauenspersonen und meine Selbsthilfegruppe, die mich hier unterstützen und die ich um Hilfe ersuche. Ich werde aber ganz sicher kein Fahrzeug bedienen.
 
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