Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 2,29

Hat jemand Erfahrung damit? Darf eine Lücke zwischen dem Haar- und dem Urinscreening von 14 Tagen liegen?

Ist es richtig, dass ich mir einen MPU-Berater suchen muss? Ist damit MPU-Berater analog Verkehrspsychologe gemeint?
Ein Abstinenzprogramm muss immer lückenlos erfolgen. Einzige Lücke ist erlaubt zwischem letztem Screening und der MPU ... selbst diese ist unbedingt mit dem jeweiligen Institut abzuklären.
Für die Vorbereitung auf eine MPU gibt es keine Vorschriften, daher ist ein MPU-Berater oder Verkehrspsychologe immer freiwillig.

Der DEKRA ist es nicht erlaubt eine Beratung durchzuführen. Vergiss auch das Gespräch mit der gewissen "Psychologin", auch sie darf dir keine Beratung geben. Außerdem ist es völlig ungewiss, welcher Psychologe dir bei deiner MPU gegenüber sitzt.
 
Zu deinem gestrigen Post schreibe ich mal hier in deinem Faden :smiley22:
Die Vermeidungsstrategien anderer Menschen nutzen dir nichts.
Sie sind genauso individuell wie das Motiv.

Das Einzige, was zählt, ist deine Person mit ihrer ureigenen Geschichte.
 
Die Vermeidungsstrategien anderer Menschen nutzen dir nichts.
Sie sind genauso individuell wie das Motiv.
Hallo Karl-Heinz,

es war eigentlich nur interessenhalber. Ich versuche die letzten 7 Monate meine eigenen Vermeidungsstrategien zu erarbeiten, bin aber noch nicht abschließend fertig, denke ich. Es sind so vielschichtige Prozesse für mich. Ich führe seit dem Vorfall am 14.09.2023 ein Tagebuch, um unterstützend (auch im Nachhinein) zu erkennen, was für mich hilfreich sein kann in meinen depressiven Episoden. Zum einen hilft mir schon das Niederschreiben, zum anderen konnte ich bei einigen angewandten Methoden sehen, was mir gut geholfen hat. Dabei hilft mir das gemeinsame Erarbeiten mit meiner Psychotherapeutin. Meine persönlichen Verhaltensmuster zu verändern, stellt dabei die größte Herausforderung dar. In meinen schlimmen Phasen ziehe ich mich völlig zurück und versuche die Dinge immer mit mir alleine auszumachen. Das tue ich, weil ich niemanden mit meinen Phasen belasten möchte. Es sind große innere Kämpfe für mich, dass zu durchbrechen. Die ersten Schritte sind das Öffnen gegenüber meiner Therapeutin, der Beraterin in der Suchtberatungsstelle und in meiner Selbsthilfegruppe. Es scheint leider, dass es ein langer, steiniger Weg ist. Für mich persönlich ist Sport sehr hilfreich, leider schaffe ich es noch nicht so oft, dass in meinem Alltag mit einzubauen.
 
Das hört sich doch alles gut an !
Du machst dich auf den Weg, und ja, es ist anstrengend, aber es lohnt sich, versprochen !
Als Tipp würde ich dir mit auf den Weg geben, dass es einfacher ist, erst deine Motive zu erarbeiten.
Wenn du diese erkannt hast, kommen die Vermeidungsstrategien quasi von allein…

Liebe Grüße :smiley138:
 
Meine Motive aus der Vergangenheit erarbeite ich parallel dazu. Zusammenfassend kann man sagen, dass vieles aus völliger Überlastung und -forderung herausresultierte. Ein Vollzeitjob mit vielen überregionalen Diensten und jede Menge vorbereitender Tätigkeit am späten Abend, dazu meine 3 Kinder (wobei zwei noch relativ klein sind), ein Haus + Garten und drei ehrenamtliche Tätigkeiten. Zudem ist es meiner Persönlichkeit (noch) nicht richtig gegeben, das Wort NEIN zu benutzen. Es war ein gesteigertes Entlastungstrinken, wenn das Fass der Probleme, der Niedergeschlagenheit und der fehlenden Lebensfreude wieder voll war. Zum Tag des Vorfalls gab es noch einen besonderen Vorfall, der dann die ursprünglichen Motive vervielfachte.
 
Hallo zusammen,

ich möchte euch um eure Unterstützung in meinem Fall bitten. Ich habe den Fragebogen ausgefüllt und möchte ihn mit der Bitte um Durchsicht und kritische Anmerkungen hier einstellen.

Mein MPU Termin ist voraussichtlich am 25.03.2025. Ggf. kann ich auch in der Woche davor schon erscheinen (es gäbe noch eine Terminlücke, die ich aber noch nicht bestätigt habe). Wäre das zeitlich machbar?

Mein Abstinenzvertrag ist mit dem 25.02.2025 beendet. Dann hätte ich 15 Monate Abstinenz vorliegen.

Ich möchte mich im Vorfeld für all eure Bemühungen bedanken.
 
Tathergang

1. Beschreiben Sie den Tag Ihrer Trunkenheitsfahrt aus eigener Sicht mit Datum und Uhrzeiten. (Wann, wo und mit wem getrunken / wann und wie aufgefallen / Promille)
Am Vorabend der Tat, dem 13.09.2023, hatte ich äußerst massiven Streit mit meinem Expartner.

Es ging um die damalige Situation: Ich arbeitete zu dieser Zeit sehr viel, mindestens 50 Stunden pro Woche und hatte nie Zeit für ihn.

Hinzu kamen meine 3 Kinder, ein großes Haus + Grundstück, vier ehrenamtliche Verpflichtungen (Schulverein, Kreiselternrat , Elternrat Grundschule und Elternrat Kita) und eine Nachbarin mit kleinteiliger Pflegebetreuung (Einkaufen, Fürsorge, regelmäßiges Prüfen, ob die Türen alle ordnungsgemäß verschlossen sind und es ihr gut geht, Tierarztbesuche mit ihrem Hund, Gartenbewässerung im Sommer).

Ich war so extrem unter dauerhaften Druck in allen Bereichen, es war nur noch angespannt und wahnsinnig stressig. Ich war völlig überlastet und –fordert. Ich habe meinen Zustand in diesem funktionierenden Rhythmus nicht wahrgenommen.

Mit meinem Partner gab es bereits aufgrund der vorher geschilderten Situation viele Probleme und Streitigkeiten. Er ließ mich aus beruflichen und persönlichen Gründen sehr oft mit allem allein.

Wir hatten zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Umstände schon keine funktionierende Beziehung mehr. Hinzu kamen einige Nachrichten/Äußerungen einer anderen Frau, mit der mein Partner seit einiger Zeit intensiven Kontakt pflegte.

An dem Abend vom 13.09.2024 endete alles in einem dramatischen Streit. Mein Mann fuhr gegen 20 Uhr los. Ich wusste nicht wohin mit mir und meinen Gefühlen, ich war so extrem niedergeschlagen und fühlte mich hilflos. Ich brachte meine drei Kinder ins Bett und öffnete mir anschließend die erste Flasche Wein und wartete auf meinen Mann. Gegen 22 Uhr öffnete ich die zweite Flasche Wein, trank davon ungefähr noch zwei Gläser und ging schlafen. Am nächsten Morgen wachte ich verkatert auf. Ich machte die Kinder für die Einrichtungen fertig. Mein Partner kam dann gegen 07:00 Uhr morgens nach Hause. Ich versuchte vor den Kindern meinen Frust & meine Traurigkeit zu verstecken und fragte ihn, ob er die Kinder in die Einrichtungen bringen könnte. Das tat er auch. Er kam wieder und erzählte mir, dass er in der letzten Nacht bei einer anderen Frau gewesen war. Anschließend fuhr er zur Arbeit. Ich war entsprechend am Boden zerstört und völlig verzweifelt. In meinem vom Vorabend noch völlig verkaterten Zustand griff ich zu der geöffneten Flasche Wein. Ich war so wütend, traurig und niedergeschmettert. Ich wollte mich nur noch betäuben vor lauter Verzweiflung. Ich war wie in einem Tunnel gefangen. Zu diesem Zeitpunkt war ich offiziell noch mit einem Knochenbruch krankgeschrieben. (Offiziell meine ich, da ich im Background trotz meiner Krankschreibung weiter gearbeitet habe. Ich bin in einer Projektarbeit tätig, bei der ein hohes Leistungsvolumen gefordert wird.)

Gegen ca. 9 Uhr hatte ich bereits die nächste Flasche aufgemacht. Mir war in dem Zustand schon noch bewusst welche Termine an diesem Tag anstanden und vor allem auch das Abholen meiner Kinder von den Einrichtungen. Ich fing in meinem fortgeschrittenen Absturzszenario also an, einiges zu koordinieren, z.B., dass die Kinder von den Großeltern abgeholt werden und dort für diesen Tag bleiben sollten, diese wurden donnerstags sowieso von ihnen immer abgeholt und ich sicherte den Verbleib über Nacht dort ab. Dort erzählte ich, dass es mir nicht gut geht und ich einen heftigen Streit mit meinem Exmann hatte.

Ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht, wie der Tag enden würde.

Weiter sagte ich auch den Termin bei meiner Ärztin um 10:30 Uhr und den Termin bei der Physiotherapie um 14:30 Uhr ab. Ich hatte auch noch einen Termin bei einem Friseur um 12 Uhr. Ich bin der Meinung, dass ich eigentlich in meinem Kummergelage überhaupt nicht vor hatte, irgendwo hinzufahren.

Ich kann mich auch nicht mehr erinnern, was ich gegen 12 Uhr gedacht habe, aber ich sah dann später in meiner Telefonliste, dass ich um 12:05 Uhr beim Friseur angerufen hatte. Ich kann bis heute nicht sagen, wie ich mit dem Auto dort hingekommen bin oder welche Strecke ich gefahren bin. Ich weiß gar nichts mehr – nicht einmal kleine Bruchstücke. Die Mitarbeiter des Salons riefen natürlich gleich die Polizei, da sie den Autoschlüssel von mir gesehen hatten. Ich habe gemäß den Zeugenaussagen in der Polizieiakte dann später gesehen, dass ich dort gesagt habe, dass ich wieder los müsse. Eine Mitarbeiterin und ein weiterer Kunde folgten mir, um zu prüfen, ob ich wirklich mit dem Auto fahren werde bzw. gefahren bin, um dies dann der Polizei entsprechend zu melden. Ich bin wohl schwankend, stark taumelnd zu dem Auto gegangen, bin über die Beifahrerseite rückwärts völlig schaukelnd und instabil eingestiegen und fuhr dann wohl mit Schlangenlinien los.

Ich kann mich dann nur wieder an einige Bruchstücke erinnern, wo die Polizei bei mir zu Hause vor der Tür stand und mich mitnahm zum Revier. Es wurden 2,29 Promille festgestellt.

Ich verurteile mich dafür auf das Schärfste und verachte mich völlig für diese Tat. Ich war eine furchtbare Gefahr, für alle, die in diesem Moment unterwegs waren. Es hätte so viel Schlimmes passieren können und ich bin so unendlich dankbar, dass niemand anderes zu Schaden gekommen ist.

2. Was und wie viel haben Sie am Tattag insgesamt getrunken? (Genaue Angaben in Sorte, Menge, Trinkzeit)

20 -22 Uhr: eine Flasche Wein 0,75l
22-22:30 Uhr: ca. zwei weitere Gläser 0,2l

09:00 – 10:00 Uhr: weitere zwei Gläser der offenen Weinflasche

10:00 – 11:00 eine weitere Flasche Wein 0,7l

11:00 – 12:00 ca. eine weitere Flasche Wein, wovon ungefähr 0,4l fehlte

Die genauen Angaben vom Folgetag, also den Vormittag kann ich nur einschätzen, mit dem was ich dann noch an leeren Flaschen vorgefunden habe – ich kann mich eigentlich an gar nichts mehr so richtig erinnern.

3. Wie viel Kilometer fuhren Sie, bis Sie aufgefallen sind und wie viel Kilometer wollten Sie insgesamt fahren?
Die einfache Strecke zum Friseur beträgt ca. 1km.

4. Hatten Sie das Gefühl, noch sicher fahren zu können? (Ja/Nein +Begründung)
Ich kann mich an die Fahrt überhaupt nicht erinnern, nicht einmal ein kleines Bruchstück. Weder an die Hin- noch an die Rückfahrt. Es ist einfach alles gelöscht. Ich habe nicht eine Erinnerung daran.

Ich habe mir scheinbar über die Folgen und den furchtbaren Gefahren, die ich allen Verkehrsteilnehmern hätte zufügen können, absolut keine Gedanken gemacht.

5. Wie haben Sie die Trunkenheitsfahrt vermeiden wollen (wenn überhaupt)?
Die Abholung meiner Kinder bzw. die Betreuung am Vormittag durch die Großeltern hatte ich bereits abgesichert. Die Termine für diesen Tag, wie Physiotherapie und Facharzt, hatte ich ebenfalls am Morgen abgesagt - den Friseurtermin - aus unerfindlichen Gründen - nicht. Ich weiß aber, dass ich am Morgen, während des Rausches, mehrmals daran gedacht habe, das Haus nicht zu verlassen. Ich wollte einfach nur allein sein und mich völlig betäuben.

6. Haben Sie bereits früher im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss gestanden und sind aufgefallen?
Nein

7. Wie oft haben Sie alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen ohne aufzufallen und was folgern Sie daraus?
Ich schätze, dass es im Laufe der Jahre mehrere hundert Mal waren. Dabei zähle ich alle Fahrten mit wenig Alkohol, mit mehr Alkohol und auch mit Restalkohol.

Wenn ich heute darüber nachdenke, wird mir auf brutale Weise bewusst, welche Gefahren damit verbunden waren. Ich bin unendlich dankbar, dass niemand zu Schaden gekommen ist.

Seit meiner TF denke ich so oft daran, wenn ich mit meinen Kindern Fahrrad fahre oder an der Straße entlang gehe: “Was wäre, wenn jetzt ein anderer Autofahrer so betrunken durch die Gegend fahren würde wie ich damals und meine Kinder oder andere Menschen gefährden würde“. Ich schäme mich maßlos für diese Tat und dafür, dass ich es so weit habe kommen lassen.


Exploration

8. Wann hatten Sie den ersten Kontakt mit Alkohol und wann haben Sie das erste Mal Alkohol zu sich genommen? (Allererste Erinnerung und erster Konsum)

Die allererste Erinnerung ist meine Jugendweihe. Es gab ein Glas Sekt zum Anstoßen.

9. Haben Sie regelmäßig Alkohol getrunken, und wie hat sich ihr Trinkverhalten in den letzten Jahren entwickelt?
Rückblickend lässt sich sagen, dass ich bei Anlässen wie Geburtstage, Weihnachten, Silvester regelmäßig Alkohol getrunken habe, die zu einer stetigen Alkoholgewöhnung geführt haben. Während meiner Schwangerschaften und den daran anschließenden Stillzeiten habe ich nicht getrunken.

Ab Sommer 2022 habe ich dann angefangen zunehmend immer mehr Alkohol zu trinken.

Mit den zunehmenden Belastungssituationen entwickelte sich auch mein Trinkverhalten proportional steigend.

Nach meiner TF am 14.09.2023 habe ich den Alkoholkonsum sofort eingestellt und lebe abstinent.

10. Wie viel und wie oft haben Sie getrunken? (Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
  • Schulzeit (16-18 Jahre): 1x im Monat; 1-2 Gläser Schaumwein oder Sekt
  • Ausbildungszeit und erste Berufstätigkeit (19-23 Jahre): 1x - 2x im Monat; 1-4 Gläser Schaumwein oder Sekt
  • Studium (24-28 Jahre): 1x – 4x im Monat; 1-4 Gläser Schaumwein oder Sekt, auch mal Mixgetränke wie Gin-Tonic beim Weggehen
  • Berufstätigkeit (28-32 Jahre): 1x – 4x im Monat; ; 1-6 Gläser Schaumwein oder Sekt, auch mal Mixgetränke wie Gin-Tonic beim Weggehen
  • Berufstätigkeit (35-37 Jahre): 1x-2x im Monat; 1-3 Gläser Wein
  • Berufstätigkeit (ab 40 Jahre): 1x-2x im Monat 2-4 Gläser Wein,
  • Im letzten Jahr vor der TF ca. 1x-2x monatlich meistens ca. 2 Flaschen Wein, zum Ende hin mit einer Freundin noch mehr – manchmal bis zu 2,5 Flaschen Wein am Abend
11. Wo und mit wem haben Sie überwiegend getrunken?
Während der Schul- und Studienzeit habe ich mit meinen engen Freunden getrunken. Die Trinkanlässe waren meistens anlassbezogen wie Geburtstage, Feiertage oder aber auch ohne weiteren Grund, z.B. Frauenabende.

Die letzten Jahre habe ich mit einem kleinen bestimmten Freundeskreis getrunken. Mit den Kindern später gab es dafür kaum Gelegenheiten. Eine Freundin kam ab und an zu mir (monatlich). Meistens um sich über Sorgen und Probleme zu unterhalten. Es entwickelte sich für mich ein totales Entlastungs- und Problemtrinken. Ich trank dann aber auch zunehmend öfter allein, um mich zu entspannen und mich bei Problemen zu betäuben.


12. Warum haben Sie getrunken? (Innere + äußere Motive)

Innere Motive:

Im Jahr 2023 war ich absolut überlastet und überfordert. Das lag an massiven Problemen im privaten wie im dienstlicheBereichen.

Ich neigte dazu, mir alles aufzubürden - privat und beruflich. Mein Problemhaufen war riesig. Es fing damit an, dass ich beruflich in die Situation kam, mehrere Stellen gleichzeitig vertreten zu müssen, da diese durch Krankheit und Elternzeit ausfielen. Mir war natürlich klar, dass ich das nicht lange durchhalten kann, aber ich habe es trotzdem versucht. Das sah dann oft so aus, dass ich unter der Woche von morgens bis abends gearbeitet habe. Wenn die Kinder und der Haushalt erledigt waren, setzte ich mich wieder an den Computer. Auch an den Wochenenden und im Urlaub habe ich immer versucht, punktuell zu arbeiten, um das Spannungsfeld dort etwas zu reduzieren. Das heißt, ich habe immer versucht, alles zu machen. Das Wort „Nein“ war damals nie in meinem Wortschatz. Ich habe immer zuerst versucht, es allen recht zu machen und habe mich dabei völlig verloren. Meine Selbstfürsorge ist in den letzten Jahren völlig verloren gegangen. Ich habe meine Grenzen total überschritten. Frustration, Trotz und Niedergeschlagenheit waren oft meine täglichen Begleiter.

Meine Kinder und deren Betreuung, der Haushalt und die Bewirtschaftung des Grundstücks, die Unterstützung meiner pflegebedürftigen Nachbarin füllten die Zeit aus, die mir neben der Arbeit noch blieb. Außerdem engagierte ich mich ehrenamtlich. Und nicht zuletzt hatte ich damals auch noch eine Partnerschaft. Alles in allem war ich völlig überfordert, belastet, unzufrieden und unglücklich.

Erst im letzten Jahr, als ich über meine Probleme nachdachte, wurde mir so richtig klar, dass ich das alles nicht mehr schaffe.

Ich habe getrunken, weil ich ständig unter großer Anspannung stand. Ich stand immer unter enormen Strom. Wenn das Fass mit Sorgen, Problemen und Stress wieder einmal übergelaufen war, suchte ich Erleichterung und Trost im Alkohol.

Äußere Motive:
Bei Feiern oder Anlässen wie Weihnachtsmarktbesuchen, Geburtstagen, in geselliger Runde habe ich mich meistens dazu hinreißen lassen, Alkohol zu trinken. Das waren Momente ohne Stress und Anspannung. Alkohol wurde dann von mir hauptsächlich als Genussmittel getrunken.
 
13. Welche Wirkung haben Sie in der Vergangenheit nach Alkoholgenuss bei sich beobachtet? (bei wenig und bei viel Alkohol)
Bei wenig Alkohol stellte sich bei mir ein beruhigendes, entspanntes Gefühl ein. Ich war redselig, euphorisch und gut drauf. Meine Anspannung schien sich immer mehr aufzulösen. Bei mehr Alkohol wirkte meine Anspannung völlig aufgelöst zu sein. Bei viel Alkohol ging es dann nur noch um das radikale Betäuben von meinen Sorgen und Problemen. Ich wurde traurig, unkoordiniert und habe die Selbstkontrolle völlig verloren.

14. Gab es kritische Hinweise Anderer auf Ihren Alkoholkonsum und wie haben Sie darauf reagiert?
In meinem direkten Umfeld aus engen Freunden und Arbeitskollegen gab es keine kritischen Hinweise auf meinen Alkoholkonsum. Das Trinken von Alkohol gehörte bei Feiern dazu. Mein Mann bekam das irgendwie nicht so richtig mit, wenn ich solche Abende zum damaligen Zeitpunkt hatte. Vielleicht hat er es auch mitbekommen, aber wir haben damals nie darüber gesprochen.

15. Welche Auswirkungen und Folgen hatte Ihr Alkoholkonsum auf Ihr Leben und Ihr Umfeld?
Bis zu meinem 42. Lebensjahr gab es keine alkoholbedingte Auswirkungen auf mein Leben. Ab dem Sommer 2022 haben die Betäubungsversuche ihre Spuren hinterlassen. Angefangen bei den verkaterten Tagen im Nachhinein, der immer größer werdenden Dünnhäutigkeit, des schlechten Gewissens gegenüber meinen Kindern. Dennoch funktionierte ich und ich erfüllte alle täglichen Aufgaben – dienstlich und privat. Der Tag der TF hatte die weitreichendsten Auswirkungen auf mein Leben und damit auch auf mein Umfeld. Das war mehr als ein Weckruf. Anfänglich bin ich durch meine massiven Scham- und Schuldgefühle weiter in eine depressive Phase gelandet. Es hat sehr viel Kraft gekostet mich dort herauszuarbeiten. Ich habe gottseidank gleich Anfang Oktober 2023 eine Psychotherapeutin gefunden. Erst dann konnte ich alle meine Problemfelder lokalisieren, sortieren und so ändern, dass ich wieder ein zufriedenes Leben erreicht habe.

16. Gab es in Ihrem bisherigen Leben frühere Zeiten, in denen sie weit mehr Alkohol als heute getrunken haben? Wenn ja, nennen sie bitte die Lebensabschnitte und mögliche Ursachen und Umstände dafür.
Ich habe am meisten Alkohol ab dem Sommer 2022 bis zum Tag der Trunkenheit getrunken. Ich habe damals sehr viel gearbeitet mit einer nicht unerheblichen Fahrzeit. Parallel hatte ich immens mit dem privaten Alltag zu kämpfen – Kinder, Haushalt, ehrenamtliche Tätigkeiten, Unterstützung meiner Nachbarin. Es war einfach alles zu viel: das enorme Spannungsfeld im Beruf und die dortigen Diskrepanzen, meinen Kindern eine gute Mama zu sein, meine ehrenamtlichen Nebentätigkeiten, die Unterstützung meiner Nachbarin. Nach außen wollte ich immer die perfekte Frau darstellen, die alles alleine meistert. Ich habe nie Hilfe angenommen. Ich war ziemlich schnell völlig überfordert und –lastet, was ich mir aber nicht eingestehen wollte. In dieser Zeit gab es für mich keine Selbstfürsorge. Nach außen wollte ich dennoch die Um diesen Druck stand zu halten, suchte ich die Entspannung in Alkohol, in viel Alkohol.

17. Haben sie jemals die Kontrolle über ihre Trinkmenge verloren und bis zur Volltrunkenheit Alkohol konsumiert?
Es gab mehrere Abende bei denen ich nicht auf die Trinkmenge geachtet habe, auch wenn ich mir vorgenommen habe nur eine gewisse Menge an Alkohol zu trinken. Es kam öfter in dem Jahr vor der TF zur Volltrunkenheit.

18. Haben Sie früher schon einmal oder öfter über einen längeren Zeitraum bewusst und mit Absicht völlig auf den Genuss von Alkohol verzichtet?
Ja, ich habe in meinen Schwangerschaften und der anschließenden Stillzeit völlig auf Alkohol verzichtet.

19. In welcher Kategorie eines Alkohol trinkenden Menschen haben Sie sich früher gesehen und wie stufen Sie sich heute rückblickend ein? (mit Begründung)
In der Zeit, in der ich problembedingt sehr viel Alkohol getrunken habe, gab es einen immensen, sehr problematischen Alkoholmissbrauch. Damals war ich so in meinen Problemen gefangen, dass ich das nicht rational erfassen und einschätzen konnte.Im Nachhinein sehe ich, dass es mir absolut nicht gut getan hat. Meine Probleme sind mit dem Konsum größer gewordenHeute lebe ich sehr zufrieden in überzeugter Abstinenz. Ich bin an den Herausforderungen, die an mich gestellt wurden, gewachsen und habe mein Leben wieder in den Griff bekommen. Ich habe mich in der letzten Zeit so vielen Tiefs gestellt bzw. stellen müssen und am Ende immer wieder feststellen können, dass ich mit Zuversicht und Mut alles bewältigen kann.

Heute und in Zukunft

20. Trinken Sie heute Alkohol? Wenn ja, was, wie viel und wie oft? (Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Nein, ich lebe seit der TF am 14.09.2023 abstinent.

21. Wann haben Sie zuletzt Alkohol getrunken?
Am Tag der TF (14.09.2023)

22. Trinken sie gelegentlich alkoholfreies Bier?
Nein.

23. Warum trinken Sie heute Alkohol/keinen Alkohol?
Am Tag nach der Trunkenheitsfahrt stand ich unter Schock und brauchte einige Wochen, um zu begreifen, was passiert war. Nachdem ich mir über die strafrechtlichen Konsequenzen im Klaren war, habe ich versucht, einen Hilfeplan zu erstellen. Mir war bewusst, dass ich sehr tief gefallen war und mich mitten in einer Abwärtsspirale befand. Das musste sofort aufhören. Ich vereinbarte sofort einen Termin bei der örtlichen Suchtberatungsstelle. Dort war ich bis heute acht Mal.

Gleichzeitig habe ich versucht, einen Platz bei einem Psychotherapeuten zu bekommen. Das klappte relativ schnell. Seit Anfang Oktober 2023 bin ich in Therapie und hatte 23 Sitzungen.


24. Warum haben Sie das Trinken reduziert bzw. aufgegeben und warum nicht schon eher?
Seit meinem absoluten Tiefpunkt am Tag der TF (14.09.2023) ist mir sehr deutlich geworden, dass ich ein riesiges Problem mit Alkohol habe. Leider habe ich erst ab diesem Tag gesehen, in welcher Abwärtsspirale ich mich befand.

Mir wurde klar, dass ich mein Verhalten nur durch eine dauerhafte Abstinenz ändern kann.

Ich hatte das Glück, eine Psychotherapeutin zu finden, die mich zunächst in einer Notfallsprechstunde anhörte. Nach einer zweistündigen Sitzung nahm sie mich als Patientin auf. Seitdem arbeiten wir gemeinsam an meinen Problemfeldern. Wir haben alle Felder der Reihe nach sortiert. Früher kamen die Probleme geballt auf mich zu und ich fühlte mich erdrückt. Ich hatte das Gefühl, ich wollte alle Probleme auf einmal lösen, was natürlich schief ging.

Heute gehe ich meine Probleme differenziert an. Zuerst versuche ich ruhig zu bleiben und die Situation zu reflektieren. Dann überlege ich mir Lösungsmöglichkeiten.

25. Wie haben Sie die Änderung Ihres Trinkverhaltens erreicht und dabei die Umstellungsphase erlebt?
Für mich war nach dem TF sofort klar, dass ich Hilfe brauche, die ich zum Glück schnell bekommen habe. Nachdem ich meine Probleme sortieren konnte, habe ich nach und nach angefangen, sie in Ordnung zu bringen. Ich habe gelernt, meine Probleme nacheinander anzugehen. Früher hatte ich das Problem, dass alle Probleme in geballter Form auf mich einprasselten. Alles hat mich erdrückt. Also habe ich angefangen, alles Schritt für Schritt anzugehen. Zuerst habe ich meinen Antrag auf Teilzeit durchgesetzt. Das war die erste Maßnahme, zumal ich jetzt sowieso viel längere Arbeitswege mit öffentlichen Verkehrsmitteln hatte.

Ich habe mir zu diesem Zeitpunkt vorgenommen, alles ohne Ausfallzeiten zu machen. Ich habe mich bewusst nicht krankschreiben lassen, sondern bin den Weg mit allen Herausforderungen gegangen. Für mich war klar, dass meine Probleme und Sorgen - privat und beruflich - ein Leben lang bestehen bleiben würden. Also wollte ich versuchen, die Probleme zu minimieren und damit zu leben.

Ich begann ein Wutbuch zu führen, in dem ich alle meine Sorgen, Probleme und Misserfolge aufschrieb. Am Anfang hat es sehr lange gedauert, da ich mich in einer absolut depressiven Phase befand. Ich war gefangen in so vielen Selbstzweifeln, gepaart mit massiven Scham- und Schuldgefühlen. Ich habe dann versucht, mich in ganz kleinen Schritten vorwärts zu tasten. Ich habe angefangen, jeden Abend eine Dankbarkeitsliste zu schreiben. Das habe ich dann immer abends gemeinsam mit meinen Kindern gemacht. So wurde es ein abendliches Familienritual. Später wurde aus meinem Wutbuch auch ein Mutbuch. Ich schreibe jetzt auch alles auf, was gut läuft und was kleine Erfolge für mich sind.

Den Sport habe ich nach und nach (wieder) eingebaut, soweit das möglich war. Das Fahrrad musste ich jetzt sowieso benutzen und so habe ich die Zugfahrt zur Arbeit mindestens zweimal in der Woche auf das Fahrrad verlegt. So konnte ich auch die Abholzeiten für meine Kinder besser planen. Die Züge fallen oft aus und es ist eine große Herausforderung, meine Kinder dann von jemand anderem aus den Einrichtungen abholen zu lassen. Außerdem besuche ich jeden Freitagabend einen Pilateskurs.

Meine Kinder und ich haben die Garage, die jetzt leer stand, in eine Hobbygarage umgewandelt. Dort haben wir gemeinsam alle Hobbys untergebracht, die wir gerne machen. Zum Beispiel habe ich mir und den Kindern eine Staffelei gekauft. Mindestens einmal in der Woche versuchen wir zu malen oder Gipsreliefs zu gestalten. Das entspannt mich und meine Kinder sehr. Außerdem habe ich mir ein Spinningbike gekauft, das ich bei schlechtem Wetter nutzen kann. Die Kinder haben eine große Spielecke mit einer Dartscheibe und einem Tischkicker, die wir oft gemeinsam nutzen.

Zurzeit gehe ich mit meinen Töchtern in die Musikschule. Eine hat Talent am Klavier und das habe ich auch für mich entdeckt. Es macht mir Spaß, etwas Neues zu lernen, und es lockert meinen oft schwierigen Alltag auf.


Ich habe gelernt, Hilfe anzunehmen (das habe ich früher nie getan, auch wenn sie mir angeboten wurde). Das war ein großer Drahtseilakt für mich, denn ich musste mich mit meinem Ex-Mann arrangieren, nach allem, was passiert war. Inzwischen bin ich nicht mehr allein erziehend, sondern getrennt. Er versucht mich oft zu unterstützen. Auch von seinen Eltern nehme ich Hilfe an.

Für meine Nachbarin haben wir einen Pflegedienst engagiert, so dass ich nur noch abends schaue, ob sie richtig im Bett liegt und ob alle Türen geschlossen sind. Am Wochenende besuchen wir sie noch, um uns mit ihr zu unterhalten und ihr Kuchen zu bringen. Auch das war eine große Erleichterung.

Ich konnte fast alle Problembereiche angehen und reduzieren. Ich versuche, aufmerksam zu sein. Das Wort „Nein“ fällt mir immer noch schwer, aber ich habe gelernt, mir Bedenkzeit zu geben, bevor ich eine endgültige Antwort gebe. Meistens sage ich dann, dass ich jetzt noch nichts sagen kann und komme später darauf zurück. Das funktioniert sowohl beruflich als auch privat ganz gut, um erst einmal in Ruhe darüber nachzudenken, ob ich das möchte oder nicht.

26. Wie wirkt sich Ihr geändertes Verhalten auf Sie, Ihr Leben und Ihr Umfeld aus?
Ich bin zufrieden und glücklich. Mein Privatleben ist geordnet und stabil.

Seitdem ich offen mit meinen Problemen umgehe, erhalte ich viel Beistand. Ich hätte nie erwartet so viel Zuspruch und Unterstützung zu erhalten. Fast alle meine engen Freunde und meine Familie halten zu mir. Es stellte sich sogar heraus, dass ich gar nicht so allein mit einigen Sorgen und Problemen bin. Einige Freundschaften haben sich seit meiner Offenbarung intensiviert. Einige musste ich stilllegen, nachdem ich feststellte, dass es aufgrund von vorliegenden Trinkgewohnheiten nicht mehr so passt.

Ich bin mental gestärkter als damals und habe wieder Kraft und Vertrauen. Es gab in den letzten 15 Monaten so viele emotionale und physische Herausforderungen, die ich bewältigt habe ohne wieder in dieses labile Muster zu verfallen.

27. Wie stellen Sie sicher, dass Ihr neues Verhalten dauerhaft stabil bleibt?
Ich bin sehr achtsam geworden und versuche meine erlernte Struktur mit den täglichen Ritualen (Morgenroutine kurze Zusammenfassung in mein Mut-Wut-Buch schreiben, abends Dankbarkeitsliste führen, ggf. weitere Einträge in mein M-W-Buch – am WE plane ich die kommende Woche durch, damit ich die Übersicht aller Termine und Ereignisse behalte.

Sollte es dennoch unvorhersehbare brisante Situationen geben, kann ich in erster Linie bei meinen Freunden sofort Hilfe suchen. Ich habe ihnen alles offenbart und seitdem versuchen sie mich, so gut es geht, zu unterstützen. Wir haben eine kleine, ganz enge Runde mit 5 Leuten, bei denen sogar zwei ebenfalls die Abstinenz angetreten sind, weil sie durch meine Problemlage Vergleiche gezogen haben und sich bewusst dazu entschieden haben. In unseren Treffen und Unternehmungen sprechen wir über oft über Probleme und Erfolge.

Sollte keiner von ihnen erreichbar sein, sind meine Eltern und mein Bruder ebenfalls immer für mich da. Meine Offenbarung über meine Probleme hat mir bei ihnen sehr viel Unterstützung gebracht. Grundsätzlich hat mir die Ehrlichkeit und die Offenheit zu meiner Alkoholproblematik überwiegend gut getan. Es gab zwar schon einige Menschen, die nicht so angenehm reagiert haben, aber für mich war es wie ein Befreiungsschlag.
In dem Fall, dass es zeitlich nicht möglich ist und ich keinen zum Reden habe, schreibe ich in mein Wut-Buch und versuche einen Spaziergang bzw. etwas Sportliches (Joggen, Fahrradfahren oder Pilates) einzubauen. Das verhilft immer zu einer ersten Linderung und ich sehe die Dinge nach dem Schreiben u./o. dem Auspowern meistens schon viel beruhigter.

28. Können Sie sich vorstellen, jemals wieder in Ihre alten Gewohnheiten zurückzufallen? (mit Begründung)
Ich denke, dass es jederzeit möglich ist, in alte Gewohnheiten zurückzufallen. Ich habe allerdings genügend Strategien erlernt und versuche immer achtsam zu sein, damit ich solchen Situation entgegnen kann.

29. Wie wollen sie in Zukunft das Trinken vom Fahren trennen?
Ich lebe abstinent.

30. Haben Sie zum Abschluss noch etwas hinzuzufügen?
Ich bin sehr froh, dass durch mich niemand zu Schaden gekommen ist. Ich bin auch sehr dankbar den richtigen Weg zurück zu mir gefunden zu haben.
 
Zuerst einmal finde ich es toll, dass du offenbar weiterhin zufrieden abstinent bist.

Leider ist dein FB noch nicht MPU-tauglich.

Deine Konsumhistorie ist unglaubwürdig.
Es ist ausgeschlossen, dass du 1-2mal monatlich 1-2 Flaschen Wein getrunken hast und dann dich vormittags so besäufst, dass du mittags auf fast 2,5 Umdrehungen kommst.

Statistisch ausgeschlossen ist auch, dass diese deine erste TF war.
Von Restalkohol spreche ich nicht.

Deine Motive sind nur oberflächlich vorhanden.
Viele sind überlastet und werden von ihrem Partner betrogen, die sich aber nicht mit 2,5‰ ans Steuer setzen.
Warum du ?

Daher hast du auch keine Vermeidungsstrategien.

Es wartet noch eine Menge Arbeit auf dich :smiley138:
 
@Karl-Heinz:
Ich habe nicht gesagt, dass es meine erste TF war - oder doch? Wenn ja, an welcher Stelle? Ich habe leider (zu) oft mit Alkohol gefahren.

Ich sehe mir meine Motive nochmal genau an und versuche es erneut etwas tiefgründiger.
 
Bezüglich der TF habe ich mich falsch ausgedrückt.
Du schreibst so betont, dass auch viele Fahrten mit Restalkohol bzw. wenig Alkohol waren.
Der erste Teil der Antwort ist besser.
 
Ergänzend @Karl-Heinz würde ich meinen: Du darfst da auch gern tiefere Erkenntnisse aus Deiner Therapie mit reinnehmen - der Gutachter spürt dann, dass du dir da wirklich was mitgenommen hast.

Daher hast du auch keine Vermeidungsstrategien.
.. aber eigentlich solltest du sie, nach der Therapie, gut benennen können.
Ich habe allerdings genügend Strategien erlernt und versuche immer achtsam zu sein, damit ich solchen Situation entgegnen kann.
hier wird der Gutachter nachfragen, welche.
Und: der "Versuch" beinhaltet auch immer das Scheitern. Nicht "versuchen", sondern "tun"!
Du kennst Deine Frühwarnzeichen? Wann wirst du reagieren, wie wirst du reagieren?
 
Hallo zusammen,
ich möchte auf die Kommentare eingehen und versuchen, meinen Prozess näher zu erläutern. Ich bin sehr dankbar, wenn mir jemand weiter hilft und mich unterstützt.

Warum habe ich getrunken in dieser Situation, an diesem Vormittag und an so vielen Malen zuvor?

Rückblickend hatte ich ein massives Alkoholproblem, das sich durch eine enormen Alkoholkonsum in den letzten Jahren entwickelte – bis hin zu einer psychischen Abhängigkeit (meine persönliche Einschätzung). Ich bildete mir ein und fühlte es auch so, dass es mir mit Alkohol in den (vermeintlich für mich) schlimmen Situationen besser ging. Ich fühlte in diesen Momenten mehr Leichtigkeit, die Anspannung im Körper verschwand.



Warum kann ich nicht Nein sagen und warum tue ich mir so viel an?

Ich bin ein sehr harmoniebedürftiger Mensch, der oft mit Selbstzweifeln kämpft und deshalb unsicher ist. Ich möchte anderen nicht zur Last fallen und kann deshalb kaum Hilfe annehmen. Meine eigenen Wünsche und Bedürfnisse werden/wurden von mir selten berücksichtigt.

Ich denke, ich muss das bei mir in mehrere Bereiche aufteilen: Einerseits bin ich von meiner Persönlichkeit her jemand, der anderen, vor allem nahestehenden Menschen, hilft, wo er kann.

Andererseits möchte ich generell unangenehme Gefühle, Reaktionen und Konflikte, aber auch Ablehnung vermeiden, bei einem sicheren JA stellt sich bei mir zunächst ein gutes Gefühl ein, das dann aber meist schnell in ein schlechtes Gefühl umschlägt, weil ich immer wieder meine persönlichen Grenzen überschreite bzw. überschritten habe. Was die Entstehung dieser persönlichen Eigenschaften betrifft, bin ich mir noch nicht sicher. Meine Therapeutin sagt, dass es nicht so wichtig ist, wie es entstanden ist, sondern dass ich lerne, damit umzugehen und es zu verändern. Was meint ihr dazu? Soll ich erklären oder benennen, woher es kommt?

Ich bin mir meiner persönlichen Grenzen bewusst geworden. In jeder Situation, in der ich geneigt bin, das Wort „JA“ zu verwenden, überlege ich mir, ob dieses „JA“ für mich gut ist oder nicht. Meistens gebe ich mir eine Bedenkzeit, um in Ruhe darüber nachzudenken. Ein Beispiel dafür ist, dass ich bei der Arbeit immer wieder gefragt werde, ob ich noch zusätzliche Arbeiten übernehmen kann. Dann sage ich, dass ich das wahrscheinlich nicht machen kann. Damit habe ich mir Zeit verschafft und kann für mich noch einmal in Ruhe prüfen, ob ich das übernehmen kann. Wenn ich ein ungutes Gefühl habe, dann sage ich ab. Das Wort NEIN ist das Wichtigste, was ich in der Therapie gelernt habe. Ich musste lernen, Grenzen zu setzen. Menschen in meinem beruflichen und privaten Umfeld zu enttäuschen und auch Entscheidungen für mich zu treffen. Ich musste lernen, ganz klar zu kommunizieren, das will ich und das will ich nicht. Auch wenn es für mich oft schmerzhaft ist und ich jemanden vor den Kopf stoße. Das war ein sehr unangenehmer Prozess für mich, denn die Menschen um mich herum waren es gewohnt, dass ich immer JA sage.

Bei den ehrenamtlichen Tätigkeiten war ich zum Beispiel auch ganz ehrlich und habe gesagt, dass ich mich mit den zusätzlichen Aufgaben nicht wohl fühle und dass ich dafür keine Kapazitäten habe. Generell bin ich meistens auf Verständnis gestoßen, wenn ich gesagt habe, dass ich Aufgaben leider ablehnen muss.

Aber nicht nur das musste ich lernen, sondern vor allem musste ich herausfinden, was meine ganz persönlichen Bedürfnisse sind.

Ich achte auf mich, indem ich versuche, in mich hineinzuhorchen. Ist es gut, meine To-Do-Liste im Eiltempo abzuarbeiten oder sollte ich eine Pause einlegen und Aufgaben auf den nächsten Tag verschieben? Brauche ich Sport und wie baue ich das in meinen Tagesablauf ein, was nicht so einfach ist mit einem Teilzeitjob, der durch die Fahrzeit von zusätzlichen 3,5 Stunden, doch zu einem Vollzeitjob wird, meine Kinder und die täglichen Aufgaben im Haushalt. Das heißt, ich musste trainieren, meine Struktur zu verändern und bewusste Entscheidungen zu treffen.

Das hat natürlich sehr viel Zeit in Anspruch genommen und ich stand oft wie vor einer verschlossenen Tür und wusste nicht, wie ich Veränderungen angehen sollte. Ich war in meinem Hamsterrad gefangen. Es war zum Beispiel schrecklich für mich, den Haushalt zu vernachlässigen, weil die Hausaufgaben meines Kindes wichtiger waren oder einfach mit ihnen zu spielen. Ich war ja jetzt alleinerziehend oder besser gesagt getrennt erziehend. Es war eine große Überwindung für mich, abends nur die halbe Wäsche zu machen und mich lieber noch 20 Minuten auf das Spinningbike zu setzen, aber ich fühlte mich danach besser. Grundsätzlich kann ich sagen, dass ich mich nach jeder kleinen Umsetzung einer Veränderung in meiner Tagesstruktur besser gefühlt habe - weil es immer ein kleiner (großer) Erfolg war.

Dabei musste ich oft feststellen, dass nicht alles linear verläuft. Es gab auch immer wieder Aufgaben, die ich mir vorgenommen hatte und die ich nicht oder nur teilweise bewältigen konnte. Dann war ich wütend und enttäuscht. Ich dachte „Das schaffe ich nie“. Ich habe versucht, genau diese Situationen mit meiner Therapeutin genauer anzuschauen. Dabei ging es vor allem darum, herauszufinden, warum ich es nicht schaffe. Zuerst haben wir uns meine persönlichen Voraussetzungen angeschaut. War ich zu müde, zu schwach, hungrig oder durch Stressmomente überfordert. Darauf gab es immer eine Antwort. Also habe ich es einfach ein paar Tage später wieder versucht. Ich habe gelernt, dass es schwache und starke Tage gibt. Ich habe auch gelernt, dass ich unangenehme Gefühle oder schwache Momente aushalten kann, weil ich gelernt habe, dass diese Momente auch wieder vorbeigehen. Nur weil es an einem Tag nicht so gut gelaufen ist, heißt das für mich nicht, dass es am nächsten Tag wieder so sein muss. Das schreibe ich dann meistens auf. Meistens ergeben sich daraus Lösungen. Ich reflektiere die Situationen noch einmal und überlege, warum meine Einstellung so ist. Ich nehme jedes Tief als neue Chance und Herausforderung.

Ein anderes Problem oder eine andere Erkenntnis für mich war, dass ich immer sehr hart mit mir selbst war. Ich habe mich bei Problemen, Fehlpässen, Sorgen selbst gequält. Ich suchte die Schuld ausschließlich bei mir und redete sie mir dann massiv ein. Ich habe gelernt, netter zu mir zu sein. Ich habe mehr Verständnis für mich selbst. Ich gebe jeden Tag mein Bestes und wenn es mal nicht so gut läuft, dann versuche ich einfühlsam mit mir umzugehen. Das habe ich gelernt, indem ich mir vorstelle, wie ich in solchen Situationen zu einer Freundin bin. Ich gehe aus der Situation heraus und betrachte mich als Freundin. Ich schimpfe nicht mehr mit mir, sondern finde liebevolle und tröstende Worte.

Ich habe gelernt, Dinge nicht mehr mit mir selbst auszumachen, sondern offen und ehrlich darüber zu sprechen. Nicht nur in der Therapie. Ich spreche Probleme auch in meinem Umfeld an, wenn es sich falsch, unfair oder unangenehm anfühlt. Ich halte nichts mehr zurück und spreche die Dinge immer sofort an. So schaffe ich sie so schnell wie möglich aus dem Weg. Das hilft nicht nur mir, sondern auch meinen Mitmenschen. Ich versuche auch zu unterscheiden, ob ich die Probleme beeinflussen kann oder nicht. jIch habe gelernt, dass ich manche Sorgen leider so hinnehmen muss und dass ich die Welt nicht verändern kann.

Aber letztlich habe ich in meiner Therapie auch den sicheren Ort gefunden, an dem ich alles erzählen kann, ohne dass mir jemand dazwischenredet. Hier kann und darf ich ganz ich selbst sein. Das war für mich der erste Schritt und eine tolle Möglichkeit, meine Sorgen und Probleme, die sonst im Verborgenen bleiben, auszusprechen und anzusprechen. Dabei habe ich gelernt, dass es gar nicht so schlimm ist, offen und ehrlich über meine Probleme zu sprechen. Natürlich mache ich das nicht mit irgendwelchen Leuten. Es ist mein engstes Umfeld, aber auch das war vorher nie ein Thema für mich. Jetzt kann ich es und es fühlt sich so gut an.
 
Sehr gut, du bist auf einem guten Weg !

Zu der Frage nach dem „Warum“ ?
Deine Therapeutin hat durchaus Recht.
Zur Selbstfürsorge gehört nicht unbedingt diese Frage.
In der MPU wird das aber von dir erwartet und ist in den BUK auch explizit geregelt.
Da gilt es also zu graben.

Es gibt mehrere Ansatzpunkte.
Einer mal hier als Beispiel: Kinder, die in einem gewalttätigen, von psychischer und / oder physischer Gewalt geprägten, Umfeld groß werden, können im Erwachsenenalter so ein Übermaß an Harmoniebedürftigkeit / Angepasstheit etc. zeigen.

Wenn du dem auf den Grund gehst, kannst du wahrscheinlich auch diese für dich im Moment noch widersprüchlichen Persönlichkeitsmerkmale, einerseits helfen, andererseits unangenehmen Situationen aus dem Wege zu gehen, ergründen.

Wie schon gesagt, du bist auf dem richtigen Weg und deine Strategien, die du schon anwendest, sind sehr gut.

Lies dich mal zum Thema „Gesunder Egoismus“ ein, nur mal so als Tipp :smiley138:
 
Lieber Karl-Heinz,

vielen Dank für Deine schnelle Antwort.
Es gibt tatsächlich Begebenheiten in meinem Leben, bei denen ich einen Zusammenhang mit der Entstehung dieser nicht so schönen Persönlichkeitsmerkmale sehe.
Zum einen wurde ich als Kind mit 14 Jahren gemobbt. Das ging ein Jahr lang so. Bis die Schüler nicht mehr in meiner Schule waren. Zum anderen wurde ich mit 16 Jahren vergewaltigt. Ich dachte eigentlich, dass ich das alles im Laufe der Jahre gut verarbeitet hätte. Erst jetzt wird mir vielleicht das Ausmaß dieser Vorfälle bewusst.
Da gerade das letzte Thema sehr emotional ist, würde ich gerne wissen, wie viel ich davon im Detail erzählen muss. Um ehrlich zu sein, war ich mein ganzes Leben lang ein Meister des Verdrängens. Es gab nur wenige Momente, in denen es massiv aus mir herausbrach.
Das Thema ist für mich eine tiefe Narbe, die aufbrechen kann, wenn ich darüber spreche. Braucht es das zur Aufarbeitung meiner Alkoholproblematik?
 
Das tut mir aus tiefstem Herzen Leid.

Deine Stärke, dich hier zu öffnen, ist hochgradig bemerkenswert.
Nutze diese Stärke für dich !

Um deine Frage nach dem Maß der Offenheit zu beantworten, versuche ich dieses aus 2 Perspektiven.
In der MPU ist es in jedem Falle für dich von Vorteil, je tiefer du dein destruktives Verhaltensmuster durchdrungen hast.
Was und in welcher Tiefe du überhaupt schildern kannst, hängt stark vom Verlaufe des Gespräches ab.
Wenn der GA aus seiner professionellen Sicht bemerkt, dass du zu deinem inneren Motiv noch 30 Minuten berichten könntest, genügen meist 2 Minuten.
Im Detail bzgl. der Vergewaltigung musst du es nicht schildern !
Für dich, für dein Leben würde ich dir auf jeden Fall raten, dieses Trauma mit deiner Therapeutin aufzuarbeiten.
Es ist wie eine eiternde Wunde, die erst heilen kann, wenn man sie aufbricht.

Auch kann ich dir nur anˋs Herz legen, das Thema „Verdrängung“ noch weiter zu behandeln.
Verdrängung führt immer über kurz oder lang in die Dekompensation.

Verdrängung ist der Zucker im Tank der Seele.
 
Nun, ich suche nach den Ursachen für mein Verhalten. Vielleicht liegt es unter anderem an diesen Ereignissen. Im Forum kann ich offen sein, zum einen bin ich hier anonym. Zum anderen habe ich in den letzten Monaten gelernt, offen(er) mit meinen inneren Beweggründen umzugehen. Ich habe nichts zu verlieren.

Es ist ja so, dass wir in der Therapie gesagt haben, dass wir uns (vorerst) nicht mit den Themen der Vergangenheit auseinandersetzen und uns erst einmal mit der Gegenwart / Zukunft beschäftigen.

Ich habe so lange mit der Vergangenheit gelebt und ich möchte für mich auch sagen, dass ich damit abgeschlossen habe. Es ist eine schreckliche Erfahrung, aber ich habe für mich damit abgeschlossen. Ich weiß, dass ich es vielleicht nicht richtig verarbeitet habe. Aber ich habe es geschafft, dass es in meinem jetzigen Leben keinen Platz mehr hat. Ich habe Angst davor, was mit mir passiert, wenn ich es wieder hochkommen lasse. Natürlich, wenn das der Schlüssel zu meinen Fehlpässen im Leben ist, dann bin ich bereit, mich damit auseinander zu setzen. Aber ich weiß es nicht und was bedeutet das für meine anstehende MPU? Soll ich die MPU erst in Angriff nehmen, wenn ich all die tief verborgenen Ereignisse aufgearbeitet habe?

Meine Priorität liegt bei meinen Kindern. Ich muss für sie gut funktionieren, damit diese kleinen unschuldigen Wesen eine liebevolle und schöne Kindheit haben. Aber natürlich weiß ich auch, dass ich nur dann ein ordentliches Päckchen auf den Schultern tragen kann, wenn es mir gut geht.

Diese beiden Themen (Vorfall und Verdrängung) werde ich bei meinem nächsten Therapietermin noch einmal ansprechen.

Für mich stellen sich im Moment zwei Fragen:

1. Mein Antrag wurde von der FSST auf den 10.05.2025 terminiert. Meinen MPU-Termin habe ich mit dem MPI für den 25.03. vereinbart, mir wurde auch eine Vorverlegung auf den 12.03.2025 angeboten. Eigentlich möchte ich die MPU so gerne machen, aber nur wenn meine Aufarbeitung entsprechend passt. Im Moment fühlt sich alles so wackelig an. Ist es aussichtslos, im März zur MPU zu gehen? Soll ich den Termin verschieben und meinen Antrag zurückziehen?

2. Gibt es überhaupt eine Chance, die MPU mit destruktiven Verhaltensmustern zu bestehen, auch wenn ich in den letzten Monaten Strategien trainiert habe, diese zu durchbrechen?

(Ich bin gerade sehr verunsichert.)
 
Ich will es mal so sagen:
Eine Aufarbeitung von destruktiven Verhaltensmustern ist ja nicht am Tag der MPU zu Ende.
Das darf sie auch nicht.
Der äußere Druck der Auseinandersetzung mit sich selbst fällt bei positivem Ergebnis weg.
Die eigentliche intrinsische Motivation, nicht in alte Verhaltensmuster zu fallen, muss aufrechterhalten werden.
Das ist harte Arbeit.

Dieses weiß der Gutachter.
Demzufolge ist es nicht aussichtslos.

Allerdings ist dein FB aus #28, wie oben kommentiert, noch nicht tauglich für eine positive Prognose.
 
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