Exploration
8. Wann hatten Sie den ersten Kontakt mit Alkohol und wann haben Sie das erste Mal Alkohol zu sich genommen?
(Allererste Erinnerung und erster Konsum)
In meiner Familie wurde zu Anlässen regelmäßig geringe Mengen Alkohol getrunken, pro Kopf nicht mehr als 3-4 TE. Darauf beruhen meine ersten Kontakte mit Alkohol, ohne selbst getrunken zu haben. Zum ersten Mal selbst getrunken habe ich im Alter von 17 Jahren auf einer Klassenfahrt. Damals habe ich Bier probiert, und in den folgenden 3 Jahren habe ich immer mal wieder verschiedene Sorten Bier auf Feiern mit Freunden getrunken. Mein Konsum variierte zwischen 3 und später auch 6 Flaschen à 0,33l pro Abend.
9. Haben Sie regelmäßig Alkohol getrunken, und wie hat sich ihr Trinkverhalten in den letzten Jahren entwickelt?
Während meiner Zivildienstzeit, also im Alter 20-21, habe ich an mindestens 2, meistens 3 Wochenenden im Monat mit meinen Freunden getrunken. In einer Nacht erst mehrere Bier, dann gab es Schnaps. Meine Trinkmenge lag zwischen 3 bis 6 Flaschen Bier à 0,33l und 2 bis 4 Schnaps à 2cl, teilweise auch 4cl. Es folgten dann 3,5 Jahre Studium. Während der Vorlesungs- und Prüfungszeiten habe ich keinen Alkohol getrunken, in der vorlesungsfreien Zeit aber etwa 2x im Monat am Wochenende gefeiert. Die Trinkmengen wurden höher als vorher, ich habe Bier, Schnaps und Longdrinks konsumiert, typischerweise 3 oder 4 Bier à 0,33l, ebenso viele Runden Schnaps à 2cl oder 4cl, 3 oder 4 Longdrinks mit je 4cl Schnaps. Nach dem Studium nahm die Feierei sogar noch zu. Die nächsten 2 Jahre habe mich 2-3x im Monat mit Freunden getroffen, um zu trinken. Es blieb bei den gleichen Sorten von Alkohol, ich bewegte mich im Bereich von weiterhin 3 oder 4 Bier à 0,33l, 3 oder 4 Schnaps à 2cl oder 4cl, 5 oder 6 Longdrinks à 4cl, zwischendurch auch mal 1 oder 2 Biermischgetränke (Desperados etc.) à je 0,33l. Mit 26 Jahren habe ich dann meinen Job und meinen Wohnort gewechselt. Die Trinkanlässe gingen zurück, aber ich habe mich noch regelmäßig (etwa 1-2 mal im Monat) mit den alten Freunden getroffen, um zu trinken. Der Pegel ist dabei geblieben.
10. Wie viel und wie oft haben Sie getrunken?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
17-20 Jahre (2003-2006): ca. 2x im Monat, 3-6 Bier à 0,33l (5 bis 10 TE)
20-21 Jahre (2006-2007): ca. 3x im Monat 3-6 Bier à 0,33l, 2-4 Schnaps à 2-4cl (9 bis 18 TE)
21-24 Jahre (2007-2010): ca. 2x im Monat 3-4 Bier à 0,33l, 3-4 Schnaps à 2-4cl, 3-4 Longdrinks mit ca. je 4cl Schnaps (14 bis 22 TE, mit Pausen während der Vorlesungs- und Prüfungszeit)
24-26 Jahre (2010-2013): ca. 2-3x im Monat 3-4 Bier à 0,33l, 3-4 Schnaps à 2-4cl, 5-6 Longdrinks mit ca. je 4cl Schnaps, z.T. 1-2 Biermischgetränke à 0,33l (18 bis 26, Konsumspitze um die 30 TE)
26-27 Jahre (2013-2014): ca. 1-2x im Monat 3-4 Bier à 0,33l, 3-4 Schnaps à 2-4cl, 3-4 Longdrinks mit ca. je 4cl Schnaps, z.T. 1-2 Biermischgetränke à 0,33l (18 bis 26, Konsumspitze um die 30 TE)
Zu den Schnapssorten zählten v.a. Wodka, Gin, und Sambuca – erstere habe ich auch in Longdrinks gemischt. In den letzten Jahren, also seit 2010, habe ich die Konsumspitze von ca. 30 TE 4 oder 5 mal erreicht, 2 davon waren mit einem Blackout verbunden. Eine davon war die Nacht der TF.
11. Wo und mit wem haben Sie überwiegend getrunken?
Die Trinkanlässe liefen in aller Regel wie folgt ab: Am Wochenende, also freitags oder Samstag abends, habe ich mich mit Freunden und Bekannten getroffen. Solche Abende konnten einen bestimmten Anlass haben (Geburtstag, Jahrestag,…) oder „einfach so“ stattfinden. Ich habe dann bei Freunden zu Hause angefangen zu trinken, und wir sind teilweise später noch weitergezogen, in Kneipen, Bars oder Clubs. Dort habe ich dann noch weitergetrunken.
12. Warum haben Sie getrunken?
(Innere + äußere Motive)
Mein Konsum begann mit einer gewissen Neugierde und vor allem dem Wunsch nach Zugehörigkeit und Akzeptanz in der Gruppe. Im Alter zwischen 17 und 20 Jahren war es in meinem Umfeld normal, zu trinken, und ich wollte nicht ausgegrenzt werden. Aus diesem Grund habe ich auch weiter Alkohol konsumiert, obwohl ich anfangs weder mit Geschmack noch Wirkung viel anfangen konnte. Ich habe mir eingeredet, dass ich mit Freunden aus Spaß trinke, um gemeinsam "witzige" Abende zu erleben. Daraus wurde dann ein Gewohnheitstrinken bei Anlässen, Feiern oder Discobesuchen. Verstärkt wurde der Effekt während meiner Zivildienstzeit durch pure Langeweile und Frust über einen Dienst, der aus damaliger Sicht sinnlos erschien.
Ich habe den Alkohol eingesetzt, um aufgeschlossener, redseliger und witziger zu werden. Ich war früher recht introvertiert, und der Alkohol half mir, aus mir herauszukommen. Zumindest dachte ich das. Ich hatte das Gefühl, mich verstellen zu müssen, um mit anderen ins Gespräch und besser anzukommen. Natürlich hat der Alkoholkonsum eher das Gegenteil bewirkt, am Ende der Nacht war ich betrunken, konnte mich manchmal nicht mehr klar artikulieren – gelernt habe ich daraus nicht. Die betäubende Wirkung sorgte bei mir zudem dafür, dass ich Langeweile und Frust vergaß, für eine Zeit lang einfach abschalten konnte.
Nach Abschluss meines Studiums habe ich mich in einer ähnlichen Situation wie während der Zivildienstzeit wiedergefunden. Ich hatte einen Job, der mich in keiner Hinsicht ausfüllte, und nur Ärger und Frust verursachte. Zudem war ich damals in einer Beziehung, in der ich das Gefühl hatte, nicht ich selbst sein zu können, um gemocht zu werden. Die Folge war, dass ich mir mehr Trinkanlässe gesucht habe, um die Probleme herunterzuspülen. So bin ich auf Feiern gegangen, die ich sonst ausgelassen hätte, weil ich z.B. den Gastgeber nur flüchtig kannte. Auch habe ich die Trinkmenge weiter erhöht, da die Wirkung mit steigender Gewöhnung natürlich nachließ.
Mitte 2012 wurde mir klar, dass es so nicht weitergehen konnte. Ich kündigte meinen Job, suchte mir einen neuen Job in einer anderen Stadt, zog um und machte mit meiner damaligen Freundin Schluss. Die Zufriedenheit mit der neuen Situation, die bis heute anhält, und der Schub an Selbstbewusstsein, der darauf beruhte, das eigene Leben komplett umkrempeln zu können, hat die Anzahl der Trinkanlässe zwischen Mitte 2012 und Mitte 2014 deutlich reduziert. In dieser Zeit habe ich auch meine Verlobte kennengelernt, die ich dieses Jahr (2015) heiraten werde. Geblieben war, dass ich mich 1-2 mal im Monat mit den alten Freunden traf, und geblieben war das Trinken aus Gewohnheit, um Spaß zu haben, aus dem Wunsch nach Zugehörigkeit zur Gruppe – und der Pegel an sich. Ich hatte mir in den Jahren eine hohe Gewöhnung antrainiert, die dazu führte, dass ich größere Mengen zu mir nehmen konnte.
13. Welche Wirkung haben Sie in der Vergangenheit nach Alkoholgenuss bei sich beobachtet?
(bei wenig und bei viel Alkohol)
Bei wenig Alkohol verspürte ich zunächst eine auflockernde Wirkung, ich wurde gesprächiger, kontaktfreudiger, begeisterungsfähiger bis hin zu einer euphorisierenden Wirkung. Mein Urteilungsvermögen wurde eingetrübt, die Risikobereitschaft stieg. Gleichzeitig sorgte der Konsum geringerer Mengen meist dafür, dass ich weiter trank. Ich nahm mir manchmal vor, an einem Abend nicht so viel zu trinken, und warf die Vorsätze in den meisten Fällen nach den ersten TE wieder über Bord. Mit zunehmender Trinkmenge bekam ich Schwierigkeiten, mich klar und deutlich auszudrücken, das Hör- und Sehvermögen ließ nach, ich lief mit Tunnelblick über Partys und verständigte mich schreiend mit meinen ebenso betrunkenen Freunden. Später, wenn die Party sich dem Ende neigte, bekam ich häufig Kopfschmerzen und wurde müde.
14. Gab es kritische Hinweise Anderer auf Ihren Alkoholkonsum und wie haben Sie darauf reagiert?
In meinem Umfeld gab es keine kritischen Hinweise. Im Kreis meiner damaligen Freunde und Bekannten bewegte sich meine Trinkmenge im Durchschnitt, sodass es nicht weiter auffiel. So habe ich mir auch eingeredet, dass mein Konsum „normal“ sei. Wenn jemand in einer Nacht besonders über die Stränge schlug, haben wir uns am nächsten Tag gemeinsam über die daraus resultierenden Ausfallerscheinungen lustig gemacht. So wurde der Konsum ins Lächerliche gezogen und bagatellisiert.
15. Welche Auswirkungen und Folgen hatte Ihr Alkoholkonsum auf Ihr Leben und Ihr Umfeld?
Da ich Alkohol ausschließlich am Wochenende trank, blieben die Folgen für mein Leben überschaubar. Die schlimmste Auswirkung waren zahlreiche Samstage und Sonntage, die ich verkatert auf der Couch verbracht habe. Meine körperlich und geistige Leistungsfähigkeit war an solchen Tagen direkt nach einem Trinkanlass natürlich alles andere als optimal. Das Gefühl war beim nächsten Trinkanlass wieder vergessen. Damals machte ich mir aber keine großen Gedanken darüber, insbesondere in den Phasen, in denen ich mich ohnehin kaum gefordert fühlte. Ironischerweise hatte ich sogar das Gefühl, dass sich mein Umfeld verbesserte, da ich durch die häufigen Partys natürlich viele Leute kennenlernte und mich geschätzt fühlte. Heute weiß, dass ich auf einen Großteil dieser Bekanntschaften verzichten kann.
16. Gab es in Ihrem bisherigen Leben frühere Zeiten, in denen sie weit mehr Alkohol als heute getrunken haben?
Wenn ja, nennen sie bitte die Lebensabschnitte und mögliche Ursachen und Umstände dafür.
Nun, heute trinke ich gar keinen Alkohol. Wie oben beschrieben, gab es aber früher Phasen, in denen ich häufiger und mehr getrunken habe als sonst. Ich habe insbesondere in den 1,5 Jahren nach Ende meines Studiums regelmäßig an 2-3 Wochenenden im Monat größere Mengen Alkohol getrunken. Die Ursachen waren wie gesagt Frust über meine Arbeit und meine Beziehung kombiniert mit der Gewöhnung der vergangenen Jahre und dem Wunsch nach Zugehörigkeit und Akzeptanz.
17. Haben sie jemals die Kontrolle über ihre Trinkmenge verloren und bis zur Volltrunkenheit Alkohol konsumiert?
Ja, das kam vor. Bewusst kontrolliert habe ich meine Trinkmenge eigentlich nie, ich habe aufgehört, wenn ich müde wurde, die Party zu Ende ging oder ich einfach nach Hause wollte. Meist hatte ich irgendwann keine Lust mehr, weiterzutrinken, wenn der „Grenznutzen“ des nächsten Glases deutlich abnahm, sprich zu erwarten war, dass ich zu betrunken werden würde, um von dem Abend noch etwas mitzukriegen. Mit steigender Toleranz gegenüber dem Alkohol gab es aber auch einige wenige Abende, an denen ich einfach betrunken werden wollte – sei es, um Probleme zu verdrängen, mich zur Gruppe zugehörig zu fühlen oder weil ich Spaß haben wollte – und die Wirkung nicht gleich einsetzte. Ich habe dann die Frequenz erhöht, mit der Folge, dass ich schlagartig betrunken wurde. An solchen Abenden habe ich ganz die Kontrolle und Übersicht über den Konsum verloren. Es ist mir auch passiert, dass ich hinterher Erinnerungslücken von einigen Stunden hatte. In der Zeit zwischen 2010 und 2014 komme ich auf 2 solcher Nächte, vorher ist mir das nicht passiert. Die Nacht der TF war wie gesagt eine solche.
18. Haben Sie früher schon einmal oder öfter über einen längeren Zeitraum bewusst und mit Absicht völlig auf den Genuss von Alkohol verzichtet?
Ich habe während meines Studiums in den Vorlesungs- und Prüfungsphasen auf Alkohol verzichtet, um mich auf das Studium konzentrieren zu können. In der vorlesungs- und prüfungsfreien Zeit habe ich dann wieder getrunken.
19. In welcher Kategorie von Trinker haben sie sich früher gesehen und wie stufen Sie sich heute rückblickend ein?
(mit Begründung)
Früher habe ich mich in gar keine Kategorie eingeordnet. Ich habe über meinen Alkoholkonsum nicht weiter reflektiert und die Auswirkungen verdrängt oder bagatellisiert. Alkohol habe ich als Genussmittel gesehen. Mir war nicht klar, dass mein Alkoholkonsum ein Ausmaß erreicht hatte, das mich gefährdete. Heute weiß ich, dass ich Alkoholmissbrauch betrieben habe, d.h. ich habe die Wirkung des Alkohols eingesetzt, um mich besser zu fühlen. Nachdem ich mich mit meinen Trinkmotiven auseinander gesetzt habe, würde ich mich als eine Mischung aus Alpha- und Betatrinker einstufen. Ich war nicht körperlich oder seelisch abhängig, aber gefährdet, Gamma-Trinker zu werden. Während ich das „Alpha-Trinken“ abstellen konnte, ging das „Beta-Trinken“ auch nach den Änderungen in meinem Umfeld weiter. Unter Alpha-Trinken verstehe ich dabei das Trinken, um Verstimmungen zu beseitigen und sich zu entspannen. Unter Beta-Trinken verstehe ich das Trinken bei bestimmten Gelegenheiten im sozialen Umfeld, wie Feiern und Geburtstage.