Absolute Abhängigkeit? Ich war in einer SHG, da gab es trockene Alkoholiker, die meinten absolute Abhängigkeit wäre ähnlich wie das Kettenrauchen, da hat man keine Kontrolle mehr, sondern muss
Alkohol zu sich nehmen um über den Tag zu kommen. Ich habe alle 4 bis 6 Wochen einen Rausch gehabt, natürlich kann ich jetzt sagen, ich bin psychisch abhängig, aber dieses Gefühl lässt sich mit Verhaltensänderung umstrukturieren. Diese Assoziationen FRUST durch Kränkung, Langweile, Niedergeschlagenheit, Einsamkeit führte dazu dass ich Muster einstudierte im Bezug auf Alkohol.
Gut warum ich glaube eine Therapie zu brauchen ist, dass ich diesen Kontrollverlust hatte, ich bin gefahren obwohl ich sturzbetrunken war, leider fehlte mir in dem Moment die Einsicht, ich dachte, ah zwei Bier da darfst noch fahren, jetzt denke ich, scheiße KONTROLLVERLUST . Wie soll ich plausibel darlegen, dass ich missbräuchlich mit dem Alkohol umgegangen bin und nicht trinke um an einen Rausch zu gelangen?:
Ich glaube, Du musst Dir erstmal über verschiedene Begrifflichkeiten klar werden.
"Kontrollverlust" bedeutet, nicht über Trinkbeginn, Trinkmenge, Trinkende entscheiden zu können - also zu saufen, bis nichts mehr reingeht (weil man es nicht mehr zum Kühlschrank schafft, weil man kotzt, weil man ohnmächtig ist). Was Du hier als Kontrollverlust bezeichnest, ist mangelndes Trennvermögen zwischen Trinken und Fahren. Da geht es zwar auch um Kontrolle, aber in einem anderen Sinne.
"Trinken um an einen Rausch zu gelangen" ist ebenfalls nicht gleichbedeutend mit Abhängigkeit, sondern erstmal nur Wirkungstrinken - und damit missbräuchlicher Konsum. Das kann ein Anzeichen einer Abhängigkeit sein, muss es aber nicht.
Die Feststellung, ob eine Abhängigkeit vorliegt, ist etwas komplizierter. Das ist nach der medizinischen Definition der ICD-10-Kriterien dann der Fall, wenn innerhalb des letzten Jahres mindestens drei der folgenden Kriterien gleichzeitig erfüllt waren (Quelle:
Wikipedia) :
*starkes, oft unüberwindbares Verlangen, die Substanz einzunehmen (vulgo "Craving")
*Schwierigkeiten, die Einnahme zu kontrollieren (was den Beginn, die Beendigung und die Menge des Konsums betrifft) (vulgo "Kontrollverlust")
*körperliche Entzugssymptome
*benötigen immer größerer Mengen, damit die gewünschte Wirkung eintritt
*fortschreitende Vernachlässigung anderer Verpflichtungen, Aktivitäten, Vergnügen oder Interessen (das Verlangen nach der Droge wird zum Lebensmittelpunkt)
*fortdauernder Gebrauch der Substanz(en) wider besseres Wissen und trotz eintretender schädlicher Folgen
Daneben gibt es noch etliche andere Klassifikationen, zB das
Jellinek-Schema (das freilich auch nicht unumstritten ist).
Ich will hier jetzt keine Ferndiagnose stellen, das wäre völliger Unsinn. Es kann sein, dass Du abhängig bist. Es kann aber auch sein, dass Du es nicht bist, Dich aber gerade in den Gedanken hineinsteigerst, abhängig zu sein. Deswegen solltest Du Dich einfach mal mit den wissenschaftlichen Grundlagen auseinandersetzen. (Lesetipp dazu:
Borowiak, Alk. Fast ein medizinisches Sachbuch.) Und Du solltest halt mit Profis darüber sprechen. In Deinem ersten Beitrag stand, dass Du bei der Suchtberatung warst. Was hat man Dir denn dort gesagt, nachdem Du Deine Geschichte dargelegt hast? (Sorry, falls das schon irgendwo hier steht, habe jetzt nicht den ganzen Thread gelesen.)
Du bist doch auch wegen Deiner Depression in Behandlung. Hast Du dort mal das Thema Alkohol angesprochen? Wenn ja, was hat man Dir dort gesagt?
Ich will Dich um Gottes Willen nicht davon abhalten, eine notwendige Therapie zu machen. Es bringt ja auch nichts, jetzt zu sagen "oh, habe nur zwei der ICD-10-Kriterien erfüllt, bin also nicht abhängig und brauche keine Therapie" - aber nächstes Jahr kommt dann das dritte Kriterium und die Therapie wird nötig. Deshalb nochmal: Sprich mit Profis, Psychologen/Psychiatern/Suchtmedizinern/Suchtberatung. Ob Du eine Therapie brauchst, können die viel besser beurteilen als wir hier im Forum. Ich will Dir nur vermitteln: Simple Gleichungen wie "Kontrollverlust=Abhängigkeit" funktionieren nicht. Man kann sogar Entzugserscheinungen haben, ohne abhängig zu sein. Ist selten, aber kommt vor. (Ich kenne selbst ein Beispiel. Ein Kumpel von mir hat mal nach einem heftigen Saufurlaub festgestellt, dass ihm ohne Alk die Hände zitterten. Daraufhin hat er den Alk mithile einer Kiste Bier ausgeschlichen. Jeden Tag eins weniger, bis er auf Null und das Händezittern weg war. Das waren also Entzugserscheinungen, aber ohne Kontrollverlust. Das ist sicherlich riskant und absolut nicht zur Nachahmung empfohlen. Aber es gibt sowas.)
Für die MPU sieht es anders aus. Da bekommst Du die effektive Beratung natürlich hier. Es gibt ja durchaus auch die Möglichkeit, eine Therapie zu machen, und trotzdem als Missbräuchler in die MPU zu gehen - von der Therapie wissen die Behörden schließlich nix.