Exploration
8. Wann hatten Sie den ersten Kontakt mit Alkohol und wann haben Sie das erste Mal Alkohol zu sich genommen?
(Allererste Erinnerung und erster Konsum)
Bei Familienfesten wurde mal ein Bier oder Wein getrunken. Nie übermäßig. Nichts Hochprozentiges. Die erste Erinnerung, die mir aber kommt, ist, dass mein Großvater abends immer warmen Most zum Abendbrot trank. Mein Vater mag kein Alkohol, weil er es einmal übertrieben hat, meine Mutter hat ab und zu mit ihren Freundinnen einen Sekt getrunken.
Ich habe an meinem 16. Geburtstag das erste Mal Alkohol getrunken.
9. Haben Sie regelmäßig Alkohol getrunken, und wie hat sich ihr Trinkverhalten in den letzten Jahren entwickelt?
Ja. Mit der Volljährigkeit und der Sturm- und Drang-Zeit gab es einige Partys, bei denen auch mal mehr getrunken wurde. An massive Ereignisse kann ich mich hier aber nicht erinnern. Ich war meistens der Fahrer.
Meine „Hochzeit“ beim Alkoholkonsum hatte ich mit Mitte 20 als Student. Hier ist man fast jedes Wochenende feiern gegangen, bei dem es an mindestens einem Abend größere Mengen Alkohol gab.
Am Ende meines Studiums und nach dem Beenden einer toxischen Beziehung entschied ich mich, einige Dinge im Leben zu verändern. Ich verzichtete für fast drei Jahre komplett auf Alkohol, machte sehr viel Sport und konzentrierte mich auf meinen Master-Abschluss.
Ich lernte dann meine Frau kennen und fand daraufhin den Weg ins Berufsleben. Im Berufseinstieg hatte ich dann sehr viel mit der Brauwirtschaft zu tun. Ohne mal ein Bier zu trinken, hat man hier keine Chance, sich etwas zu erarbeiten. Der Druck als Berufseinsteiger war groß. Also habe ich angefangen, ab und zu wieder Alkohol zu mir zu nehmen. Regelmäßige Partygänge oder Eskapaden gab es aber nicht mehr. Natürlich gab es besondere Anlässe, an denen man mal mehr getrunken hat. Das waren vielleicht vier bis sechs Anlässe im Jahr. Ansonsten habe ich aus Genussgründen abends gerne mal ein Bier, Wein oder einen Whiskey getrunken.
Meine Frau kennt mich seit 2014 und sagt, dass sie zu keinem Zeitpunkt das Gefühl hatte, mit meinem Alkoholkonsum würde etwas nicht stimmen. Meine Frau trinkt so gut wie keinen Alkohol.
10. Wie viel und wie oft haben Sie getrunken?
(Genaue Angaben in Sorte, Menge, Häufigkeit)
Als Schüler einmal im Monat. Als Student mehrmals im Monat.
Hauptsächlich habe ich Bier getrunken. Selten ein Whiskey mit Cola. Noch seltener Wein oder Schnäpse. Da dies mehr als 10 Jahre her ist, kann ich mich an die Menge nicht mehr erinnern. Jedenfalls war sie ausreichend, um regelmäßig einen Rausch zu haben. Dabei kam es nie vor, dass ich nicht mehr ansprechbar war. Blackouts hatte ich dafür öfters.
Seit der Trinkpause und der Beziehung zu meiner Frau trank ich unregelmäßig Wein oder Bier zum Abendessen. In seltenen Fällen trank ich abends auf dem Sofa noch ein Glas Wein, Bier oder einen Whiskey auf Eis.
Selten gab es besondere Anlässe, an denen dann auch mal mehr getrunken wurde. Hier beschränkte ich mich meistens wieder auf Bier und Mischgetränke (Whiskey-Cola/Gin Tonic/etc.).
Mitte letzten Jahres entschied ich mich dann auf Bier zu verzichten. Nicht weil ich den Konsum besorgniserregend fand oder es mir nicht schmeckte, sondern weil ich das Gefühl hatte, es nicht mehr zu vertragen.
Ich hatte, sobald ich ein Bier trank, einen roten Ausschlag im Gesicht, der sich aber gleich wieder verzog. Auch hatte ich am nächsten Tag oft Verdauungsprobleme, selbst wenn nur ein Bier getrunken wurde.
Durch das Erfüllen eines langersehnten Traumes hatte ich dann letztes Jahr den Motorradführerschein gemacht und wollte, damit ich gut in meine erste Motorradsaison starte, körperlich wieder fit werden. Dabei hatte ich den Plan, bis auf besondere Ausnahmen vollkommen auf Alkohol zu verzichten. Der letzte Konsum vor der Tatnacht war Silvester, allerdings nicht übermäßig. Bis zur Tatnacht habe ich kein Tropfen zu mir genommen. Der Abend solle (10 Tage vor der Auslieferung meines neu gekauften Motorrads) eine Ausnahme sein. Voll reingelangt würde ich sagen!
11. Wo und mit wem haben Sie überwiegend getrunken?
Als Schüler mit Klassenkameraden in Bars und Discos, als Student in Bars und mit Freunden, die mir, als ich dann aufhörte zu trinken sagten, dass es lustiger mit mir wäre, wenn ich trinken würde. Sind jetzt nicht mehr meine Freunde.
Nach meiner Trinkpause trank ich im Beisein meiner Frau oder Freunden. Nicht allein.
Natürlich wurde auch mal auf einer Hochzeit, der Weihnachtsfeier oder auf dem Oktoberfest mehr getrunken. Besonders zu erwähnen sind berufsbedingte Verbandstreffen und Veranstaltungen, bei denen es dazugehörte, zu trinken.
12. Warum haben Sie getrunken?
(Innere + äußere Motive)
Als Schüler gehörte es zum Experimentieren und zum Austesten der Grenzen und dem Ausleben der „Selbstständigkeit“ dazu.
Die Motivlage veränderte sich als Student. Ich umgab mich mit Freunden, die gefühlt mit beiden Beinen schon im Leben standen, mehrere Beziehungen hatten, allein lebten, Geld verdienten und Freiheiten hatten, nach denen ich mich sehr sehnte.
Ich konnte mein Wunschstudium nicht machen, hatte noch nie eine Freundin, musste immer um Geld betteln, um weggehen zu dürfen und musste mich zu Hause für alles, was ich tat, noch mit Mitte 20 rechtfertigen.
Um den meist zahlenden Freunden etwas zurückzugeben, war ich der Party-Clown, der immer lustiger und ausgelassener wurde, je mehr er trank.
Zudem war es natürlich eine Verdrängung der Realität und der Flucht in eine lustige Zeit, wohingegen es in mir natürlich eher anders aussah.
Natürlich hat es auch Spaß gemacht. Alkohol löst und lockert. Mir fiel es mit Alkohol immer leichter, Frauen anzusprechen, zu tanzen und auch für mich eine schöne Zeit zu haben, weil ich mich dann mehr traute und das Gefühl hatte, dazuzugehören.
Nach dem Ende einer toxischen Beziehung bemerkte ich, dass mein Leben so nicht funktionieren kann und krempelte daraufhin einige Dinge um.
Bei den Verbandstreffen trank ich, um dazuzugehören, in der Tatnacht trank ich, weil ich nach den Schicksalsschlägen meines Freundes mit ihm eine lustige Zeit erleben wollte.
Ein Freund sagte letztens zu mir: du gibst dich selbst immer für andere auf und machst dich selbst dabei kaputt. Das ist das Motiv.
Natürlich trinke ich aber selbstbestimmt und bin für die getrunkenen Mengen selbst verantwortlich. Ich war nicht stark genug, hier klare Kante zu zeigen und nach mir zu schauen.
13. Welche Wirkung haben Sie in der Vergangenheit nach Alkoholgenuss bei sich beobachtet?
(bei wenig und bei viel Alkohol)
Alkohol wirkte bei mir stark euphorisierend. Als sehr angespannter, gestresst wirkender Mensch löst Alkohol die gedankliche Blockade und macht mich locker, gesellig, redselig und führt dazu, dass ich mich mehr traue. Ich konnte mich entspannen und abschalten.
Die Wirkung ist allerdings nicht immer gleich. Bei mir hatte immer einen starken Einfluss auf die Wirkung des Alkohols, mit welcher Einstellung ich ihn zu mir nahm.
Außerdem wirkte der Alkohol an manchen Tagen mehr als an anderen Tagen. Die Wirkung des Alkohols war bei mir stark tagesformabhängig. Dabei haben natürlich kleiner Mengen dennoch nicht so einen großen Effekt, vor allem wenn sie zum Abendessen oder zur Entspannung noch auf dem Sofa zu sich genommen wurden.
Auf jeden Fall hat mein Körper am Folgetag immer stark mit dem Alkohol zu kämpfen gehabt. Selbst bei keinem übermäßigen Konsum hatte ich teilweise schreckliche Kater.
14. Gab es kritische Hinweise Anderer auf Ihren Alkoholkonsum und wie haben Sie darauf reagiert?
In der Studienzeit kamen, weil ich zu Hause bei meinen Eltern lebte, manchmal spitze Kommentare meiner Mutter am Folgetag, ob es wohl wieder etwas zu viel gewesen wäre. Auch meine Freunde mussten mir am Folgetag manchmal erzählen, was in der Partynacht passiert war. „Du warst ganz schön beieinander“ hat man mir da natürlich auch mal gesagt. Meist waren aber meine Freunde mindestens genauso beieinander, konnten sich aber nur noch besser an den Abend erinnern.
In acht Jahren Beziehung zu meiner Frau erhielt ich aber nach meiner Auszeit und dem Berufseinstieg nie die Aussage, dass mein Alkoholkonsum unangebracht oder problematisch wäre. Mein Arbeitgeber attestierte mir im letzten Arbeitszeugnis eine außergewöhnliche Arbeitsmotivation und -leistung.
Ich übernehme auch privat sehr viele Verantwortungen. Auf mich ist Verlass.
15. Welche Auswirkungen und Folgen hatte Ihr Alkoholkonsum auf Ihr Leben und Ihr Umfeld?
Als Student wurde mir trotz der lustigen Stunden bewusst, dass man mich als „Clown“ missbrauchte, um den Abend noch lustiger zu gestalten. Wenn dann die Geschichten des Vorabends kamen, hatte man natürlich ein schlechtes Gewissen, allein, weil man sich nicht mehr richtig daran erinnern konnte. Der Spaß vom Vortag ist also oft ins andere umgeschwungen. Trotzdem wollte man bei der nächsten Gelegenheit wieder lustige Stunden erleben und bei den „großen“ dazugehören. Lieber zum Affen machen, als nicht dabei zu sein. Die Sonntage alleine zu Hause bei meinen Eltern waren oft sehr einsam.
Außerdem bemerkte ich im zunehmenden Alter, dass er mir immer schlechter bekam. Von roten Flecken beim Biertrinken über Gedächtnislücken und Verdauungsproblemen war für mich klar, die Art des Alkohols und die Trinkmenge zu reduzieren und bis auf einzelne Ausnahmen auf ein Mindestmaß für den Genuss zu beschränken. 2022 wollte ich so gut wie keinen Alkohol mehr trinken.
Die größte Auswirkung habe ich jetzt aber durch den Verlust der Fahrerlaubnis. Ich wohne mit meiner Frau und meinem bald vierjährigen Sohn auf dem Land und kann nicht ohne Weiteres bestimmte Dinge erledigen. Außerdem habe ich eine verantwortungsvolle Aufgabe, die sich zu 90% im ländlichen Raum abspielt und ohne Fahrerlaubnis nicht ausgeführt werden kann. Wo große Flexibilität notwendig ist, bin ich gerade maximal eingeschränkt. Die Arbeit (mein Arbeitgeber) sowie mein Privatleben (Frau/Sohn) leiden. Die ohnehin angespannte Situation aus Kinderbetreuung, Erledigungen, Arbeitsbewältigung, Besuch meines kranken Vaters in der Heimat führen einen jeden Tag an die Belastungsgrenze.
Ich war in einem stabilen Umfeld. Dieses wankt seit der Tatnacht gehörig.
16. Gab es in Ihrem bisherigen Leben frühere Zeiten, in denen sie weit mehr Alkohol als heute getrunken haben?
Wenn ja, nennen sie bitte die Lebensabschnitte und mögliche Ursachen und Umstände dafür.
Ja, als Student habe ich weit mehr getrunken als heute. Ich war mit meinem Leben unzufrieden, bewegte mich in einem problematischen Freundeskreis, der meinen Alkoholkonsum anfeuerte. Getrunken habe ich natürlich aber selbst.
Ich war mit meinem Studium nicht glücklich, mochte mein Aussehen nicht, hatte noch nie eine Freundin, hatte kein regelmäßiges Einkommen und lebte mit Mitte 20 bei meinen Eltern im Kinderzimmer und schlief in einem Kinderbett.
Der Alkoholkonsum war eine Flucht vor dem, was ich nicht wollte.
17. Haben sie jemals die Kontrolle über ihre Trinkmenge verloren und bis zur Volltrunkenheit Alkohol konsumiert?
Als Student war ich niemals nicht mehr ansprechbar, konnte mich aber häufig an die Geschehnisse des Abends nicht mehr vollumfänglich erinnern.
18. Haben Sie früher schon einmal oder öfter über einen längeren Zeitraum bewusst und mit Absicht völlig auf den Genuss von Alkohol verzichtet?
Ja. Nach einer gescheiterten toxischen Beziehung gegen 2012 konzentrierte ich mich voll auf Sport, den Abschluss meines Studiums und trank etwa drei Jahre lang keinen Alkohol mehr. Hier beendete ich auch den regelmäßigen Kontakt zum problematischen Freundeskreis.
19. In welcher Kategorie eines alkoholtrinkenden Menschen haben Sie sich früher gesehen und wie stufen Sie sich heute rückblickend ein?
(mit Begründung)
In der Studienzeit war mein Alkoholkonsum zu hoch. Zwar wurde nur am Wochenende getrunken, hier meist dann aber exzessiv. Ich hatte aber nicht das Gefühl, Alkohol zu brauchen. Es gab auch Wochenenden, an denen ich Fahrdienst übernommen habe, was für mich kein Problem war. Die Wochenenden, an denen ich getrunken habe, war aber rein der Abend betrachtet natürlich „lustiger“. Der Konsum hier war grenzwürdig.
Nach meiner Trinkpause würde ich mich zu den Gelegenheitstrinkern zählen. Natürlich gab es hier auch mal „Ausreißer“ an besonderen Anlässen. Diese waren aber sehr selten und unregelmäßig. Die Trunkenheitsfahrt lässt sich dadurch aber nicht wegdiskutieren. Wäre mir allerdings zum Tatzeitpunkt die rechtliche Einordnung bewusst gewesen, hätte ich den Scooter nicht benutzt.
Durch die Trunkenheitsfahrt ist mir nun aber bewusst geworden, dass die Teilnahme am Straßenverkehr, selbst wenn es sich nur um ein Fahrrad handelt, zu unterlassen ist.