Hier nun endlich mein Fragebogen. Bei einigen Fragen bin ich mir echt unsicher, aber bevor ich da jetzt noch ewig drüber nachdenke, poste ich ihn einfach mal:
Was ist passiert?
Vorgeschichte:
1. Wann haben Sie das allererste Mal von illegalen Drogen gehört?
Ich kann mich dunkel daran erinnern, dass wir in der Oberstufe „Christiane F – Die Kinder vom Bahnhof Zoo“ thematisiert hatten. Das wird das erste Mal gewesen sein, dass ich von illegalen Drogen gehört habe.
2. Wann haben Sie das erste Mal konsumiert? (Datum)
Das war mit Mitte 20, so im Alter von 24 Jahren.
3. Wie sah der Konsum aus? (Konsumbiografie-Was, Wie, Welche Gelegenheit?)
In den Zwanzigern habe ich sehr selten konsumiert, meist wenn flüchtige Bekannte etwas hatten und mir dann auch angeboten haben. Damals hatte ich selbst nie Cannabis.
Ab Anfang Dreißig habe ich mir auch mal selbst etwas gekauft und hin und wieder konsumiert, wenn ich mit Bekannten zusammen war, die auch konsumierten, an den Wochenenden. Wenn ich Urlaub hatte, habe ich auch mal allein zuhause konsumiert und dabei Musik gehört, mich dabei mit kreativen Dingen am PC beschäftigt.
Nach Weihnachten 2020 ist der Konsum schleichend regelmäßiger geworden. Die nicht endende Coronazeit und die eingeschränkten Freizeitmöglichkeiten sowie das Schicksal einer Freundin hatten mir sehr zu schaffen gemacht.
4. Haben Sie Drogen zusammen mit Alkohol konsumiert?
Nein, nie.
5. Wie ist der Umgang mit Alkohol gewesen?
Als Teenager, mit 16 Jahren, habe ich das erste Mal Alkohol getrunken. Auf Partys mit Gleichaltrigen, da gab es immer Bier. Da wurde auch schon mal etwas mehr getrunken, als wir damals vertragen haben. Das gilt auch für mich. Übelkeit und Kater waren da die Folge. Nach dieser „Lernphase“ habe ich nur noch so viel Alkohol getrunken, wie ich auch vertragen habe. Halt immer auf Partys und Festen (Geburtstage, Schützenfeste), wo der Alkoholkonsum quasi zum guten Ton gehörte.
Bier trinke ich schon viele Jahre praktisch kaum noch, ganz selten mal. Seit einigen Jahren trinke ich gerne zu einem guten Essen mal guten Rotwein. Ich treffe mich dann mit Freunden und wir grillen oder kochen dann etwas, trinken dabei dann 1-2 Gläser Wein, manchmal auch drei. Manchmal auch mit einem guten Käse.
6. Sonstige Suchtmitteleinnahme?
Ich rauche Zigaretten, ca 15-20 am Tag, trinke Kaffee.
7. Haben Sie bei sich negative Folgen festgestellt?
Beim Cannabiskonsum? Nein, nicht wirklich. Ich war dann immer gut drauf, wir haben oft dazu Musik gehört. Am nächsten Tag habe ich aber meist länger geschlafen, als sonst.
8. Haben Sie trotz negativer Folgen weiter konsumiert?
Nein, da ich keine negativen Folgen wahrgenommen hatte.
9. Was für Werte wurden bei Ihrer Auffälligkeit festgestellt?
25 ng/ml THC und 128 ng/ml THC-COOH.
10. Wann und wieviel haben Sie in der Woche vor der Auffälligkeit konsumiert?
Ich habe in der Woche vor der Kontrolle jeden Tag geraucht. Ich hatte nach Pfingsten Urlaub genommen (Pfingstmontag, dann Urlaub 24.-28.05.2021, danach war noch Wochenende). Etwa ein halbes bis ganzes Gramm? So genau kann ich das nicht sagen, da ich es nie gewogen hatte.
11. Wieviel und was haben Sie am Tag der Auffälligkeit Konsumiert?
Ich habe an dem Tag zwei „Stickies“ im Auto konsumiert.
12. Gab es einen besonderen Grund für diesen Konsum?
Ich hatte zu der Zeit mehrere Probleme, die zusammen kamen. Zum einen die langen Corona-Maßnahmen und die daraus resultierende Einsamkeit und das Schicksal einer Freundin, die nacheinander mehrere Schlaganfälle und einen Herzinfarkt hatte. Sie saß dann im Rollstuhl und man merkte deutlich, dass ihr Gehirn nicht mehr ganz da war. Ich hatte ihr gelegentlich geholfen, mit PC, Smartphone, Internet. Dabei hat sie fast immer gesagt, dass sie sterben möchte. Das hatte mich alles sehr mitgenommen, ich fühlte mich einsam und zudem überlastet mit der Situation. Schließlich ist sie gestorben, etwa einen Monat nach der Kontrolle, am 29.06.2021.
13. Wie sind Sie auffällig geworden?
Ich bin auf einem Autobahnparkplatz kontrolliert worden. Der Polizist hatte es direkt gerochen.
Nur für die, die im Straßenverkehr ermittelt wurden(auch Parkplatz):
14. Was war der Zweck der Fahrt?
Es gab kein bestimmtes Ziel. Ich wollte an dem Tag einfach nur weg.
15. Wie weit wollten/sind Sie (ge)fahren?
Rund 40 km. Ich wollte wieder die Heimfahrt antreten, als ich kontrolliert wurde.
16. Wie oft waren sie bereits unter Drogeneinfluss im Straßenverkehr unterwegs?
Wahrscheinlich 20-30x, denn inzwischen weiß ich, dass die Wirkung von Cannabis bis zu 72h anhalten kann, auch wenn man glaubt, dass man längst nüchtern ist. Eigentlich glaubte ich
In der Woche vor der Kontrolle habe ich drei Mal vor und während der Fahrt konsumiert.
(Anmerkung: eigentlich war ich nur am Tag der Kontrolle unterwegs, aber denke mir, dass das vielleicht unglaubwürdig ist, da Zigarettenstummel von der Polizei ohne Laborüberprüfung als Jointstummel gewertet wurden).
17. Wie haben Sie den Konflikt zwischen dem Drogenkonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeuges gelöst?
Ich habe nicht richtig über die Folgen nachgedacht, mir war da alles egal, ich wollte einfach nur noch weg. Und ich habe mir eingebildet, dass ich immer noch fahren kann, habe mich selbst betrogen, mir etwas vorgemacht.
18. Wieso ist es verboten unter Drogeneinfluss ein KFZ zu führen?
(Beschreibung bitte für die zutreffende Substanz)
Weil Wahrnehmung und Reaktion sich verschlechtert, weil man leichter ablenkbar ist, weil man dazu neigt seine Fahrfähigkeiten zu überschätzen und sich und andere gefährdet.
19. Wie lange stehen Sie nach dem Konsum von Drogen unter deren Einfluss?
Bis zu 72h.
20. Sind sie sich darüber im Klaren, welche Folgen es bei einem täglichen Konsum gibt?
Ja, man gewöhnt sich daran, läuft Gefahr süchtig zu werden. Man schädigt seine Gesundheit, vor allem die Lunge, aber auch das Gehirn und andere Organe. Auch Parodontose ist häufiger bei Konsumenten und dadurch kann man früher dement werden.
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Warum ist es passiert?
21. Welche persönlichen Hintergründe gab es für den Cannabis- Drogenkonsum?
Lange Jahre habe ich hin und wieder Cannabis anstatt Alkohol konsumiert, weil mir die Wirkung lieber war als die von Alkohol.
Ab Weihnachten 2020 hat sich das verändert, da begann ich stetig mehr zu konsumieren. Ich wollte von meinen Problemen abschalten, sie verdrängen.
22. Wie hat sich Ihr Umfeld über Ihren Drogenkonsum geäußert?
Die meisten wussten gar nichts davon, vor allem nicht meine Familie. Bekannte, die auch konsumiert hatten, haben sich nie darüber geäußert. Manch enge Freunde haben das mal mitgekriegt, aber die fanden das nicht schlimm, obwohl die selbst kein Cannabis konsumierten. Ich erinnere mich noch daran, dass eine Freundin sagte, dass sie mal probiert habe, aber nichts gemerkt habe.
23. Gab es Ereignisse in Ihrem Leben, die zu verstärktem Konsum geführt haben?
Ja, siehe oben. Die wenigen Freizeitmöglichkeiten durch die lange Coronazeit, das Schicksal der Freundin und eine Rolle hat auch ein Nachbar gespielt, der viel konsumierte und damals den Kontakt zu mir suchte. Mit ihm habe ich häufig konsumiert.
24. Haben Sie sich an Jemand um Hilfe gewandt, um den Drogenkonsum zu beenden?
(Warum, wann, wer?)
Nicht vor der Kontrolle. Ein paar Tage nach der Kontrolle habe ich mich bei Quit-the-Shit angemeldet. Ich hatte dann aber keine so großen Probleme nichts zu konsumieren, habe nur hin und wieder daran gedacht, dem aber nicht nachgegeben. Auch die Probleme, die mich vorher so belastet haben, spielten auf Grund des „Schockerlebnisses“ keine so große Rolle mehr. Als die Freundin dann einen Monat später gestorben ist, war das wie eine Erleichterung, auch wenn das natürlich traurig war.
Später hatte ich mir dann einen MPU-Berater gesucht, der auch Suchtberater war und mir bis zu seinem überraschenden Tod auch sehr geholfen hat.
25. Gibt es in Ihrer Familie aktenkundige Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz oder Suchtkrankheiten?
Nein.
26. Hatten sie Konsumpausen/spitzen?
Warum? Wann?
Nein. Erst nach Weihnachten 2020.
27. Was hat Sie daran gehindert, ohne Droge abzuschalten?
Ich konnte auch ohne Drogen abschalten, z. B. wenn ich eine gute Zeit mit Freunden hatte. Ich war zum Beispiel sehr gerne mit meiner besten Freundin im Restaurant essen und wir haben viel gequatscht und rumgealbert. Bis dann die Coronazeit kam, da war dann halt Schluss mit vielen Freizeitaktivitäten und Restaurantbesuchen. Ich befürwortete die Coronamaßnahmen und es ging auch lange gut, aber mit der Zeit bedrückte mich das halt doch.
28. Waren Sie gefährdet in eine Drogenabhängigkeit zu geraten?
Ja. Ich hatte ein ungutes Konsumverhalten entwickelt. Ich hätte meine Probleme anders angehen sollen und mich nicht in den Cannabiskonsum flüchten sollen.
29. Waren sie drogenabhängig?
Nein. Ich hatte nach der Kontrolle kein Problem den Konsum einzustellen und abstinent zu bleiben. Hin und wieder habe ich daran gedacht zu konsumieren, das aber gut bewältigen können. Seit der Kontrolle bin ich komplett abstinent.
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Wieso passiert das nicht wieder?
30. Hätten sie, rückblickend, eine Drogenkarriere verhindern können?
Ja, ich hätte mich frühzeitiger meinen Freunden und meiner Familie anvertrauen sollen, über die Belastungen reden können. Stattdessen habe ich viel in mich hineingefressen. Ich habe gemerkt, dass es mir dadurch besser geht, dass ich mit ihnen darüber reden kann.
31. Wieso haben Sie sich für eine Abstinenz entschieden?
Mir ist schlagartig klar geworden, was ich für einen Bockmist gebaut habe, dass ich mir damit keinen Gefallen tue. Und vor allem wollte ich niemanden gefährden. Das hat sich im Laufe der nächsten Wochen dann noch gefestigt, auch durch das Quit-the-Shit-Programm und das Lesen von anderen Konsumenten, die teils große Probleme hatten, davon weg zu kommen.
32. Beschreiben Sie den Punkt, an dem Sie sich für ein abstinentes Leben entschieden haben (Knackpunkt)
Ein besonderer Knackpunkt war der Satz des Polizisten, dass Konsum ja okay sein, aber andere zu gefährden, das ginge gar nicht. Das hat auf mich gewirkt, auch weil ich Ersthelfer bin. Ich war einfach zu sehr auf meine eigenen Probleme fixiert und mir war nicht so klar, dass ich andere gefährde – obwohl es mir eigentlich hätte klar sein müssen.
Anfangs nach der Kontrolle hatte ich ziemlich gemischte Gefühle: ich ärgerte mich über mich selbst und auch darüber, dass man mich erwischt hatte. Im Laufe der nächsten Wochen habe ich mehr und mehr eingesehen wie mies mein Verhalten war und dass es im Grunde gut war, dass ich erwischt wurde und ich nicht noch einen Unfall gebaut habe, wobei vielleicht jemand zu Schaden gekommen wäre. Das hätte ich mir nie verzeihen können.
33. Wieso kommt für Sie nur Abstinenz und nicht für gelegentlicher Konsum in Betracht?
Ich weiß nicht, ob gelegentlicher Konsum jemals wieder in Betracht kommt. Im Moment und in den nächsten Jahren möchte ich jedenfalls keinesfalls wieder konsumieren, sondern abstinent bleiben. Das Ereignis hat mir gezeigt, dass ich wohl doch nicht so gut mit dem Konsum umgehen kann, wie ich dachte.
34. Wie haben Sie die Umstellung zur Abstinenz erlebt?
Ich hatte einen klareren Kopf, habe mehr geschafft und sinnvollere Dinge getan, wie zum Beispiel mehr gelesen, anstatt nur das Nötigste zu tun. Ich habe Gartenarbeit für mich entdeckt, den Garten zu einem Naturgarten umgestaltet. Und ich habe ein technisches Naturschutz-Projekt umgesetzt. Im breiten Schädel hätte ich das wohl nicht getan und umgekehrt bringt mir der Garten und der Naturschutz auch etwas, ich fühle mich dadurch besser und ausgeglichener.
35. Wer hat Ihnen dabei wie geholfen?
Meine Familie und meine Freunde haben mich unterstützt, vor allem meine beste Freundin und meine Schwester, die beide auf der einen Seite Verständnis gezeigt haben, aber mir auf der anderen Seite auch eine ehrliche und dringend notwendige Standpauke gehalten haben.
36. Wie reagiert Ihr Umfeld auf diese Umstellung?
Durchweg positiv. Meine Mutter ist erleichtert, sie war nämlich entsetzt, als sie das erfahren hat. Meine Schwester und meine engen Freunde sagen, dass sie es gut finden und dass man es halt sein lassen sollte, wenn der Konsum außer Kontrolle gerät und man unter Cannabiseinfluss Auto fährt. Sie unterstützen mich und sagten, dass ich jederzeit kommen könnte, wenn ich Probleme hätte.
37. Haben Sie nach der Auffälligkeit weiterhin Kontakt zu Ihren Drogenbekannten gehabt?
Nein. Ich habe den Kontakt zu anderen Konsumenten abgebrochen und gesagt, dass ich nicht mehr konsumiere und nicht mehr zur Verfügung stehe. Das haben die so hingenommen.
38. Haben Sie nach Ihrer Auffälligkeit miterlebt, wie Ihre Bekannten Drogen konsumiert haben?
Nein. Ich habe nur ein Mal einen ehemaligen Nachbarn bekifft gesehen, als ich ihm sagte, dass ich erwischt worden sei und keinen Bock mehr auf Konsum habe.
39. Wie haben Sie in Zukunft vor mit Cannabis/dem Konsum umzugehen?
Ich will auf absehbare Zeit nicht mehr konsumieren. Ob ich jemals wieder an einem Joint ziehen werde, kann ich nicht sagen. Aber keinesfalls darf sich das wieder zu einem problematischen Verhalten entwickeln, daher bleibe ich lieber für die nächsten Jahre bei der Abstinenz.
40. Haben Sie zu Hause Cannabis?
Nein.
41. Wie wollen Sie es gegebenen Falls in Zukunft verhindern, nochmals unter Drogeneinfluss ein KFZ zu führen?
Zunächst mal, indem ich einfach nicht mehr konsumiere. Ich arbeite an mir und will das einfach nicht mehr. Aber selbst, wenn ich irgendwann wieder bei einer Gelegenheit konsumieren würde, so bin ich mir heute sicher, dass ich die folgenden Tage sicherlich kein Fahrzeug anrühren würde, nicht mal einen Tretroller. Ich benutze noch mehr als früher den ÖPNV.
42. Wie wollen Sie einen beginnenden Rückfall erkennen?
So lange ich nicht konsumiere, droht die Gefahr ja nicht. Falls ich je wieder konsumieren sollte: es ist gut, dass ich darüber offen mit Familienmitgliedern und Freunden gesprochen habe. Denen kann ich mich daher nun leichter anvertrauen, da sie ja nun eingeweiht sind. Ich glaube auch, dass ich selbst wachsamer geworden bin, was selbstschädigendes Verhalten angeht. Außerdem will ich weiter Tätigkeiten ausbauen, die mir innerlich gut tun, wie Arbeit im Garten und für den Naturschutz. Das Rauchen von Zigaretten will ich außerdem auch bald endlich aufgeben. Das wird mir sicherlich auch zusätzlich helfen dauerhaft dem Cannabiskonsum fern zu bleiben.
43. Wie ist derzeit der Konsum von Alkohol bei Ihnen?
Ich trinke gelegentlich ein oder zwei Glas eines guten Rotweins, seltener auch mal drei, wenn ich mit Freunden etwas Besonderes koche oder Steaks grille. Je nachdem, manchmal gar nicht, manchmal ein bis zwei Mal im Monat, bei gutem Grillwetter und Urlaub vielleicht auch drei Mal.