Was ist passiert?
Vorgeschichte:
1. Wann haben Sie das allererste Mal von illegalen Drogen gehört?
Das war wohl in der Realschule. Wir haben mal Christiane F. geschaut und den Film besprochen. Da ging es in der Hauptsache um Heroin, wenn ich mich recht erinnere.
(2. Wann haben Sie das erste Mal konsumiert? (Datum)
Ich habe im Alter von 24 Jahren das erste Mal Cannabis aus Neugier probiert.
3. Wie sah der Konsum aus? (Konsumbiografie-Was, Wie, Welche Gelegenheit?)
Ich habe Cannabis stets in Verbindung mit Tabak als Joints bzw Cannabiszigaretten konsumiert.
Als ich noch jung war (24 bis 35 Jahre), war der Konsum sehr sporadisch, wenn ein Joint herumgereicht wurde, auf Partys oder im Bekanntenkreis abends am Wochenende.
Ab ca. 35 Jahren habe ich meist mit einem damaligen Freund konsumiert. Wir haben uns dabei oft unterhalten und Filme geschaut oder sind in einen nahen Wald gegangen. Der Konsum war gelegentlich und immer an Wochenenden, wenn wir beide frei und Zeit hatten. Die Freundschaft hielt bis ich 40 war.
Ab 40 habe ich mir hin und wieder selbst etwas gekauft und an den Wochenenden konsumiert. Ich hatte aber auch immer wieder längere Konsumpausen, die teils Monate dauerten. Ich hatte eine längere Pause von einem Jahr (mit ca. 42), weil ich dachte, dass der Konsum zu regelmäßig wurde.
Ab Juli 2020 (mit 48) begann der Konsum immer regelmäßiger zu werden. Ich habe oft mit einem Nachbarn nach Feierabend oder am Wochenende konsumiert, aber auch alleine. Am meisten habe ich konsumiert, wenn ich mich im Urlaub einsam fühlte. An Weihnachten 2020 und auch im Urlaub um Pfingsten habe ich viel konsumiert, beinahe täglich und oft schon nachmittags.
4. Haben Sie Drogen zusammen mit Alkohol konsumiert?
Nein, nie.
5. Wie ist der Umgang mit Alkohol gewesen?
Ich trinke gelegentlich ein oder zwei Gläser Bier oder ein Glas Wein, zum Beispiel zu einem Essen mit Freunden oder auf Feiern.
6. Sonstige Suchtmitteleinnahme?
Ich rauche 15-20 Zigaretten und trinke 2-3 Tassen Kaffee am Tag.
7. Haben Sie bei sich negative Folgen festgestellt?
Beim gelegentlichen Konsum habe ich keine negativen Folgen festgestellt. Später habe ich gemerkt, dass ich träge wurde und ich noch mehr als sonst in mich gekehrt war. Das habe ich aber damals nicht mit dem Konsum in Verbindung gebracht. Heute weiß ich, dass da ein Zusammenhang besteht und der Konsum mich noch einsamer und träger gemacht hat.
8. Haben Sie trotz negativer Folgen weiter konsumiert?
Ja, da ich die negativen Folgen zunächst nicht mit dem Konsum in Verbindung brachte und mir eingeredet habe, meine Trägheit sei durch die Einsamkeit bedingt. Denn wenn ich konsumiert hatte, war ich für den Moment gut drauf, konnte mit den anderen lachen, Probleme waren weit weg und ich war dadurch von diesen abgelenkt. Die negativen Folgen habe ich dann verdrängt. Ich konnte im Rausch nicht klar denken und wollte es auch gar nicht. Erst durch die Kontrolle und das Quit-the-shit-Programm sind mir die Zusammenhänge von Konsum und negativen Folgen richtig bewusst geworden.
9. Was für Werte wurden bei Ihrer Auffälligkeit festgestellt?
25 ng/ml THC und 128 ng/ml THC-COOH. Die Kontrolle war am 27.05.2021
10. Wann und wieviel haben Sie in der Woche vor der Auffälligkeit konsumiert?
In der Woche vor der Auffälligkeit hatte ich Urlaub und habe da beinahe täglich konsumiert. Ich kann nicht genau sagen, wie viel, aber ich schätze so ein halbes bis ganze Gramm täglich.
11. Wieviel und was haben Sie am Tag der Auffälligkeit Konsumiert?
Ich habe zwei Cannabiszigaretten geraucht, eine davon kurz vor Fahrtantritt.
12. Gab es einen besonderen Grund für diesen Konsum?
Ja, mich hatte an diesem Tag der fehlende Lebenswille bis hin zu Selbstmordabsichten der Freundin mit dem Schlaganfall besonders mitgenommen, da ich sie am Vormittag besucht habe. Hinzu kam das Gefühl der Einsamkeit.
13. Wie sind Sie auffällig geworden?
Ich wurde kontrolliert, als ich auf einem Rastplatz hielt. Der Polizist hatte es sofort gerochen.
Nur für die, die im Straßenverkehr ermittelt wurden (auch Parkplatz):
14. Was war der Zweck der Fahrt?
Ich wollte vor meinen Problemen fliehen und weg aus der gewohnten Umgebung. Gerade an diesem Tag hatte ich das Gefühl, dass mir die Decke auf den Kopf fiel. Ich wollte mich zerstreuen, da zuhause meine Gedanken immer nur um meine Probleme kreisten.
15. Wie weit wollten/sind Sie (ge)fahren?
Circa 40 km. Ich war auf dem Rastplatz, um auf die Karte zu gucken, wie ich wieder nach Hause komme.
16. Wie oft waren sie bereits unter Drogeneinfluss im Straßenverkehr unterwegs?
Da ich mittlerweile weiß, dass man auch noch bis zu 72 Stunden nach dem Konsum unter dem Einfluss von Cannabis stehen kann, wohl einige hundert Mal. Wie ich heute weiß, wird im Schnitt nur jede 300. Drogenfahrt aktenkundig, da man nur selten kontrolliert wird. Wahrscheinlich wäre ich nicht kontrolliert worden, wenn die Polizei nicht zufällig auf dem Parkplatz eine Kontrolle durchgeführt hätte. Heute bin ich froh darum, dass ich aufgefallen bin.
17. Wie haben Sie den Konflikt zwischen dem Drogenkonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeuges gelöst?
Ich hatte keinen Konflikt, da ich mir keine Gedanken darum gemacht hatte. Vielmehr habe ich fälschlicherweise angenommen, dass ich trotz Berauschung noch fahren konnte.
18. Wieso ist es verboten unter Drogeneinfluss ein KFZ zu führen?
(Beschreibung bitte für die zutreffende Substanz)
Weil sich Cannabis stark auf die Fahreignung auswirkt, man weniger konzentriert und leichter ablenkbar ist, die Reaktion schlechter ist und die Gefahr eines Unfalls stark ansteigt.
19. Wie lange stehen Sie nach dem Konsum von Drogen unter deren Einfluss?
Bei Cannabis bis zu 72 Stunden.
20. Sind sie sich darüber im Klaren, welche Folgen es bei einem täglichen Konsum gibt?
Ja, man gewöhnt sich daran und kann abhängig werden. Zudem drohen gesundheitliche Schäden, insbesondere der Lunge, aber auch Parodontitis ist häufiger bei Konsumenten und als Spätfolge Demenz. Konsumenten werden sozial träge. Außerdem können latente Psychosen ausbrechen oder psychische Krankheiten, wie Depressionen, auftreten.
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Warum ist es passiert?
21. Welche persönlichen Hintergründe gab es für den Cannabis- Drogenkonsum?
Über die Jahre gab es verschiedene. Ganz zu Anfang war es Neugier. Später dann zur gelegentlichen Entspannung. Ich hatte mein Leben im Großen und Ganzen immer gut im Griff und immer auch Phasen gehabt, in denen ich gar nicht konsumierte und dann zum Beispiel meine Wohnung renovierte.
Problematisch wurde es nach einer Trennung von einer langjährigen Freundin (Weihnachten 2019, mit 48). Ich fühlte mich zunehmend einsam, hatte wenig Erfolg beim Online-Dating und auch im Bekanntenkreis keine passende Freundin mehr gefunden. Mich bedrückte das Alleinsein zunehmend. Ich habe mich in mich zurückgezogen und mehr Zeit alleine zuhause und weniger Zeit mit Freunden verbracht, mich meinem Selbstmitleid hingegeben. So kam es dann, dass ich ab etwa Juli 2020 immer regelmäßiger konsumierte. Ein damaliger Nachbar hatte mich mit Cannabis versorgt. Mit diesem habe ich auch zusammen konsumiert. Aber ich habe auch alleine konsumiert, um vor meinen Problemen weg zu laufen. Da habe ich jedes Wochenende konsumiert. Im Urlaub habe ich fast täglich konsumiert, so zu Weihnachten 2020, weil das für mich eine Zeit ist, die ich normalerweise mit der Freundin verbracht habe. Nur wenn ich bei meiner Familie war, habe ich nicht konsumiert. Eine besondere Belastung war dann noch eine Freundin meiner Schwester, die durch einen Schlaganfall und Herzinfarkt im Rollstuhl saß. Ich bin generell ein hilfsbereiter Mensch und ich hattte Mitleid mit ihr, aber sie war sehr depressiv und hatte Todessehnsucht, die sie mir gegenüber auch immer geäußert hat. Ich habe ihr des öfteren bei Problemen mit Internet, Computer und Smartphone geholfen. Ich hätte froh sein sollen, dass ich gesund bin, aber ich habe dann immer vor Augen gehabt, dass ich selbst so enden könne. Ich habe Cannabis missbraucht, um diese Dinge auszublenden, um vor diesen Problem zu flüchten. So habe ich dann die Kontrolle über meinen Konsum verloren, immer mehr konsumiert und schweren Missbrauch betrieben.
22. Wie hat sich Ihr Umfeld über Ihren Drogenkonsum geäußert?
Meine Familie wusste nichts von meinem Konsum, da ich nie darüber gesprochen habe. Gut möglich, dass sie es ahnten. Ebenso habe ich nie mit Kollegen darüber gesprochen. Meine Freunde wussten von meinem Konsum, aber die meisten wussten nicht von der Konsumintensität. Sie fanden Cannabiskonsum okay, fanden es nicht schlimmer, als Bier zu trinken. Meine beste Freundin war die Einzige, die im Bilde war über meinen regelmäßig gewordenen Konsum und meine Probleme. Sie empfand Cannabiskonsum nicht generell als schlimm, meinte aber, dass ich doch sehr viel konsumiere. (Daraufhin habe ich mich informiert und erstmals von Quit-the-shit gehört, mich aber zu dem Zeitpunkt noch nicht angemeldet.)
[WAS NOCH?]
23. Gab es Ereignisse in Ihrem Leben, die zu verstärktem Konsum geführt haben?
Ja, die Einsamkeit und wenigen sozialen Kontaktmöglichkeiten, gerade auch um Weihnachten 2020. Da habe ich beinahe täglich konsumiert, außer wenn ich bei meiner Familie zu Besuch war. Dann insbesondere die Belastung durch die Freundin meiner Schwester, die mit dem Schlaganfall und der Todessehnsucht. Das hat mich bei jedem Kontakt sehr deprimiert und ich habe danach immer konsumiert. Dennoch konnte ich ihr meine Hilfe nicht verweigern, wenn sie mich bat bei Computerproblemen zu helfen. Das war ab Frühjahr 2021.
24. Haben Sie sich an Jemand um Hilfe gewandt, um den Drogenkonsum zu beenden?
(Warum, wann, wer?)
Nein, nicht vor der Kontrolle. Nach der Kontrolle wurde mir schlagartig bewusst, was ich da tue, habe dann sofort aufgehört und mich noch in der gleichen Woche bei einem Online-Programm (Quit-the-shit) angemeldet.
25. Gibt es in Ihrer Familie aktenkundige Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz oder Suchtkrankheiten?
Nein.
26. Hatten sie Konsumpausen/spitzen?
Warum? Wann?
Ja, ich hatte über die Jahre immer wieder Konsumpausen. Wenn ich merkte, dass der Konsum zu häufig wurde, habe ich pausiert. Ebenso, wenn ich den Kopf längere Zeit frei haben musste für die Arbeit oder Bewerbungen. Aber auch eine Freundin war mal der Grund für eine lange Konsumpause (2 Jahre).
Ab Mitte 2020 habe ich jedoch die Kontrolle über den Konsum verloren und schrittweise mehr konsumiert, bis ich zum Schluss fast täglich konsumiert habe: Nach der Arbeit zuhause, an den Wochenenden und im Urlaub auch schon am frühen Nachmittag.
27. Was hat Sie daran gehindert, ohne Droge abzuschalten?
Ich war unfähig, mit der Einsamkeit und mit Belastungen umzugehen. Ich hatte mich in mein Schneckenhaus zurückgezogen und ging weniger auf Menschen zu. Ich hatte dann oft Langeweile, war aber unfähig neue soziale Kontakte aufzubauen, war antriebslos und habe die entstandende Langeweile wieder für Konsum genutzt. Ich hatte ein paar Freunde, die aber wenig gesehen, wir standen meist aber über Messenger in Kontakt. Ich scheute mich aber aus Scham davor, über meine Probleme zu reden und wenn ich es doch tat, konnte mir keiner helfen. Was mir auch fehlte, waren persönliche Kontakte, die mir gut taten. Dazu muss man sagen, dass meine Freunde in anderen Städten wohnen und ich keine Freunde vor Ort hatte, mit denen ich regelmäßig etwas unternehmen konnte. Lediglich Bekannte, die ebenfalls konsumierten.
28. Waren Sie gefährdet in eine Drogenabhängigkeit zu geraten?
Ja. Ich hätte meine Probleme angehen sollen und mich nicht in den Cannabiskonsum flüchten sollen. Jeder, der konsumiert, kann abhängig werden.
29. Waren sie drogenabhängig?
Nein.
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