Ich finde es ganz stark von dir, so offen davon zu berichten. Ich bin zwar noch komplett am Anfang meiner Abstinenz (juchu ein Viertel Jahr schon geschafft), aber ich kann deine Gedanken gut nachvollziehen. Auch was du bezüglich Arbeit, Bahnfahrt, Hobby usw. geschildert hast.
Ich bin kein Experte, aber ich denke sowas ist relativ normal. Es ist wie bei Rauchern, die aufhören und trotzdem immer mal wieder extremen Bock auf ne Kippe haben. Ich bin der Meinung das hat alles viel mit dem Suchtgedächtnis zu tun, bzw. mit dem Belohnungsprinzip. Einmal kennengelernt und schon bildet sich der Geist seine ganz eigene Meinung dazu... und dann ist es schwer diese Verknüpfungen zu lösen. Bei mir ist es jetzt zur warmen Jahreszeit die Lust auf ein kühles Bier. Aber warum denkt sich mein Hirn "boah ja, jetzt n kühles Bier", warum denkst es nicht "boah ja, jetzt n Kühler Eistee"? Tja... Gewöhnung, Training, Belohnung. Ist schon ziemlich verflixt das ganze...
Ich habe regelmäßig richtig schlimme Albträume, in denen ich träume, dass ich trinke und zwar nicht nur ein kühles Bierchen, sondern viel zu viel. In diesen Träumen ärgere ich mich, weine und bin verzweifelt, weil ich durch diese Aktion wieder alles aufs Spiel gesetzt habe und bei Null anfangen darf. Diese Träume stressen mich extrem und ich merke, wie sehr mich das alles belastet. Aber ich denke, die Tatsache, DASS ich so träume, spricht für Selbstreflexion und spiegelt einen Prozess in mir wieder, der also eindeutig am Laufen ist. Ist es nicht vielleicht genau das, wofür wir diese Zeit nutzen sollen?! Ein Bewusstsein zu entwickeln für die Straftat, die wir begangen haben und die charakterliche Weiterentwicklung, die wir anstreben sollten?
Langer philosophischer Rede kurzer Sinn: Ich denke, deine Gedanken hierzu sind völlig normal und bezeichnen einen Prozess. Und letztendlich ist es am wichtigsten wie du in solchen Situationen handelst und was dabei in dir vorgeht. Du bist standhaft geblieben und darauf solltest du stolz sein! Ich bin zumindest stolz auf dich.